Entscheidungsdatum
17.11.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W207 2235685-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 18.09.2020, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer ist seit 20.07.2020 Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.). Die Ausstellung dieses Behindertenpasses erfolgte auf Grundlage eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 08.07.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.06.2020. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
„…
Anamnese:
GdB beträgt 30 v. H.: Deg. Veränderungen der WS 30%; Reaktiv depressives Syndrom mit Somatisierungstendenz 20%; Beckenschiefstand 2 cm re. 20%; Obstruktive Lungenerkrankung 20%
Bandscheibenvorfall, Z. n. 2 x Wurzelausschaltung - LWS-Schmerzen ins linke Bein ausstrahlend, er könne nicht rechts schlafen
Z. n. Sturz, der Kopf sei schlecht, Schmerzen im Nacken, auch li. Schulter Schlafstörungen, nervös, er nehme Tabletten
Psychisch belastet (offensichtlich), schwierige Lebenssituation; zeitweise verwechsle er Daten
14 Tage sei er im KH XXX gewesen wegen der Psyche - er erlebe viel Provokationen, Aggressionen ("töten darf man nicht")
Lungenprobleme, Atemnot bei Anstrengung, Rauch vertrage er überhaupt nicht - COPD III
Derzeitige Beschwerden:
s. oben
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Tramundal b. B., Rheutrop, Trimbow, Duloxetin, Novalgin, Trittico
Sozialanamnese:
verh., 4 Kinder, 3 davon seien behindert; AMS
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Dr. V., Pulmologe v. 30.9.2019: COPD III - Trimbow 2x2 Hb.
Dr. H., PA v. 14. 1. 2019: Diskusprolaps L5 bis S1, Spondylolisthesis Grad I LV S1
KH XXX, stationär v. 4. 6. 2019 bis zum 12. 6. 2019:
Diagnosen bei Entlassung
Ischialgie links mit neurologischen Ausfällen,
Spondylolisthesis vera L5/S1 Grad 1,
Discusprolaps L5/S1,
alter geringer Keilwirbel LWK I,
ND: chronische Bronchitis,
Adipositas
Zustand nach Sternoclaviculargelenksluxation links 2000 (LK Horn).
Therapie:
Konservativ.
CT-gezielte Wurzelausschaltung L5 links am 11.5.2019.
MRT der li. Hüfte v. 21. 3. 2019: Ganglienzyste li. Schenkelhals oberhalb vom Trochanter minor
KH XXX v. 8. 1. 2019: 1. Cont. capitis
2. Lumboischialgie li. mehr als re.
3. vorbekannter Morbus Scheuermann mit ventraler Keilwirbelbildung LWK I
4. Spondylolysis L V mit Spondylolisthesis Grad I nach Meyerding LV/S I
5. Diskusprotrusionen L IV/L V, L V/S I
Dr. R. v. 27. 2. 1017: V.a. Gonarthrosen bds.
Fasciitis plant, bds.
V.a. rheumat. Erkrankung Ischialgie re.
Therapie, Procedere, Empfehlungen:
Inf. bd Fersen, Schuheinlagenneuversorgung, Röntgenkontrolle LBH Region, bd Knie, bd Füße. Bitte um Blutbefunde (Rheumablute, Entzündungsparameter).
Pat. wirkt psych, sehr überlagert. Weiters scheint der Wunsch nach einem Behindertenpickerl im Vordergrund.
Rö v. 27. 2. 2017: Lendenwirbelsäule a.p. seitl.
Anatomischer Achsenverlauf.
Der I. LWK ventral gering höhenreduziert. Die übrigen WK normal hoch, zeigen zarte spondylophytäre
Randkantenausziehungen einzelner submarginaler Grund- und Deckplattenkanten.
Die Bandscheiben nicht höhenreduziert.
Die kleinen Wirbelgelenke ohne Auffälligkeit.
Ergebnis:
Geringe Höhenreduktion des I. LWK ventralseitig (posttraumatisch?)
Sonst ein rö. unauffälliger Befund.
Beckenübersicht stehend mit Raster
Die Ii. Hüfte um 28 mm höher stehend als die re.
Sonst bd. Hüftgelenk mit normal weitem Gelenkspalt und unauffälligen subchondralen Strukturen.
Am re. SIG gering vermehrt subchondrale Sklerosen der Gelenksflächen.
Kein osteodestruktiver Prozess.
Ergebnis:
Deutl. Beckenschiefstand mit Anhebung der Ii. Hüfte um 28 mm.
Mäßige SIG-Arthrose re.
Kniegelenk bds.
Unauffällig ossäre Grundstruktur.
Der femorotibiale und femoropatellare Gelenkspalt normal weit.
Die subchondralen Strukturen ohne Auffälligkeiten.
Kein osteodestruktiver Prozess.
Ergebnis:
Rö. unauffälliger Befund an bd. Kniegelenken.
Fuß bds. im Stehen Unauffällig ossäre Grundstruktur.
Bds. das Fußgewölbe mangelhaft überdacht.
Re. am dorsalseitigen Tuber calcanei ein zarter Sporn vorhanden.
Im Bereiche der Fußwurzel zeigt sich bds. medialseitig im Anschluss an das Os naviculare pedis ein akzessorisches Knöchelchen.
Sonst bds. im Fußwurzelbereich eine regelrechte Gelenkstellung mit normal weitem Gelenkspalt und unauffälligen subchondralen Strukturen.
Die Zehengelenke ohne Auffälligkeit.
Ergebnis:
Mäßiger Pes planum bds.
Dorsaler Fersensporn re.
Os tibiale externum bds.
Rö v. 11. 3. 2016: Ergebnis: Kleiner dorsaler Fersensporn rechts.
Im Übrigen normaler Skelettbefund des Rückfußes beidseits.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
normal
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 173,00 cm Gewicht: 123,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput: bland
Collum: bland
Cor: HT rein, rhy, normfrequent
Thorax: unauffällig
Pulmo: VA
Abdomen; Hepar am Ribo, Milz n. p, keine Defence oder Druckdolenz
Obere Extremitäten: Schulter- Ellenbogen, Handgelenke Finger frei beweglich, Faustschluss bds möglich
Wirbelsäule: im Lot, FBA 30 cm, SN und RT bland, Lasege neg, Zehen und Fersengang bds möglich, Einbeinstand bds möglich
Hüftgelenke: bds bland
Kniegelenke. bds bland
Sprunggelenke frei beweglich in allen Ebenen
Haut: keine Auffälligkeiten
Neurologisch: grob neurologisch unauffällig
Sonstiges: keine Auffälligkeiten
Gesamtmobilität - Gangbild:
sicher, raumgreifend, keine Gehhilfe
Status Psychicus:
voll orientiert, kontaktierbar, bewusstseinsklar, aufgeregt, belastet, Aggressionen - ihm wurde empfohlen, umgehend die Psychiatrie das KH XXX aufzusuchen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD III)
Unterer Rahmensatz, da keine Exazerbationen dokumentiert
06.06.03
50
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
Unterer Rahmensatz, da Zustand nach 2 x Wurzelausschaltung
02.01.02
30
3
Reaktiv depressives Syndrom mit Somatisierungstendenz
Eine Stufe über Unterem Rahmensatz, da Medikation notwendig
03.06.01
20
4
Beinverkürzung unter 3 cm rechts
Fixer Rahmensatz
02.05.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht weiter angehoben, da negatives wechselseitiges Zusammenwirken
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Mäßiger Pes planum bds., Dorsaler Fersensporn re., Os tibiale externum bds - keine relevanten Funktionseinschränkungen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 1 wurde um 3 Stufen angehoben da Verschlechterung Leiden 4 wurde um eine Stufe reduziert unter Anwendung der EVO
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Leiden 1 um 3 Stufen angehoben, GdB beträgt nunmehr 50 v. H.
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine - die Gehfähigkeit ist ausreichend, das Gangbild ist sicher und raumgreifend, eine kurze Wegstrecke ist bewältigbar, sicheres Ein- und Aussteigen sowie sicherer Transport sind möglich, ausreichende Standfestigkeit ist gegeben, die Beugefunktion an den Gelenken ist soweit erhalten, dass eine kurze Wegstrecke und die Überwindung einiger Stufen möglich ist. Bezüglich der Lungenkrankheit liegt eine Langzeitsauerstofftherapie nicht vor
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
…“
Am 28.07.2020 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage seines Behindertenpasses den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderung), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den - auf den Beschwerdeführer zutreffenden - Fall, dass er nicht über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in seinem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt.
Im August 2020 langten zwei aktuelle Befunde des Beschwerdeführers, und zwar ein Röntgenbefund vom 21.07.2020 und ein orthopädischer Befund vom 27.07.2020 folgenden Inhaltes bei der belangten Behörde ein:
Röntgenbefund vom 21.07.2020:
„Halswirbelsäule a.p. seitl.
Streckhaltung der siebengliedrigen HWS, keine Höhenminderung einzelner Wirbelkörper.
Angedeutete Uncovertebralgelenksarthrose der unteren HWS
Schulter links a.p. axial
Geringer Humerushochstand, mäßige AC-Gelenksarthrose, keine Sklerosierungen, keine signifikanten Kalzifikationen.“
Orthopädischer Befund vom 27.07.2020:
„Anamnese:
Patient schläft li. - jetzt Schulter und Nackenschmerzen li. Kreuzweh
Patient führt Schmerzsymptomatik auf Sturz im Jänner zurück, seither auch nervlich durcheinander, Suizidgedanken
Befund:
Impingement linke Schulter, sh Muskelhartspann k, AC Irrit. Ii, Irrit. Unt. HWS, li Facetten
Polysegm. Irrit. der HWS, mäßige Bewegungseinschränkung, AC
Gelenkssymptomatik links im Vordergrund. Rechtsüberhang und lumbosacrale Ubergangssymptomatik re.
Diagnose(n):
PHS li.
Cervicalsyndrom
Therapie, Procedere, Empfehlungen:
In erster Linie Physiotherapie, Neuro/Psvch. Kontrolle
Inf. li, Schulter und LWS“
In der Folge wurde von der belangten Behörde betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung eine „Sofortige Beantwortung“ des Ärztlichen Dienstes vom 18.08.2020 eingeholt. Darin wird Folgendes ausgeführt:
„…
Die beiden neu vorgelegten Befunde ergeben keine Änderung des GA vom 25.06.2020 insbesondere der Zusatzeintragungen.“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.08.2020 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, das Vorgutachten vom 08.07.2020 sowie die „Sofortige Beantwortung“ vom 18.08.2020 wurden dem Beschwerdeführer mit diesem Schreiben übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Daraufhin legte der Beschwerdeführer mit E-Mailnachricht 28.08.2020 abermals den Röntgenbefund vom 21.07.2020 und den orthopädischen Befund vom 27.07.2020 vor.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.09.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28.07.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden.
Ein formaler bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.
Einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 29.09.2020 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer telefonisch mitteilte, dass er „mit der Abweisung der Unzumutbarkeit (und in weiterer Folge mit der Abweisung des Parkausweises)“ nicht einverstanden sei. Er werde diesbezüglich Beschwerde per Mail einbringen.
Mit E-Mail vom 29.09.2020 langte fristgerecht ohne Vorlage neuer Beweismittel eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.09.2020 bei der belangten Behörde ein. Die
Beschwerde wurde zwar offenkundig von einer Tochter des Beschwerdeführers verfasst, seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen allerdings keine maßgeblichen Zweifel daran, dass es sich beim Einschreiter um den Beschwerdeführer selbst handelt und dass die Beschwerde daher diesem zurechenbar ist, zumal die Beschwerde von der E-Mailadresse des Beschwerdeführers versandt wurde. In der Beschwerde wird in inhaltlicher Hinsicht ausgeführt, der Beschwerdeführer wolle einen Parkausweis haben, weil er momentan Bandscheibenprobleme habe und nicht lange stehen und gehen könne. Bei langem Stehen bekomme er Krämpfe in der Hüfte. Er werde gleich nervös, wenn er keinen Parkplatz finde, weshalb es ihm nicht gut gehe, wenn er keinen Ausweis habe, mit dem er rasch und leicht einen Parkplatz finden könne. Er habe sein Geschäft verloren und momentan ein monatliches Einkommen von € 650,--, weshalb er nervlich „kaputt“ sei.
Die belangte Behörde legte am 02.10.2020 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.
Der Beschwerdeführer stellte am 28.07.2020 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden im Zusammenhang mit der Frage der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevanten Funktionseinschränkungen:
? Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD III) ohne Exazerbationen;
? Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach 2 x Wurzelausschaltung;
? Reaktiv depressives Syndrom mit Somatisierungstendenz, Medikation notwendig;
? Beinverkürzung unter 3 cm rechts.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen in dem oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.07.2020, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung am 25.06.2020, und in der dieses Gutachten ergänzenden „Sofortigen Beantwortung“ des Ärztlichen Dienstes vom 18.08.2020 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Vorliegen eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führt, gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.07.2020 und der dieses Gutachten ergänzenden „Sofortigen Beantwortung“ des Ärztlichen Dienstes vom 18.08.2020, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.06.2020. Unter Berücksichtigung sämtlicher vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachter medizinischer Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers wurde von den medizinischen Sachverständigen auf Grundlage der zu berücksichtigenden und unbestritten vorliegenden Funktionseinschränkungen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer zumutbar ist.
Der medizinische Sachverständige gelangte in seinem Gutachten vom 08.07.2020 unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten zu dem Schluss, dass beim Beschwerdeführer die Gehfähigkeit ausreichend ist, das Gangbild sicher und raumgreifend ist, eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 m aus eigener Kraft in einer angemessenen Zeit bewältigbar ist, sicheres Ein- und Aussteigen sowie sicherer Transport möglich sind, ausreichende Standfestigkeit gegeben ist, die Beugefunktion an den Gelenken soweit erhalten ist, dass eine kurze Wegstrecke und die Überwindung einiger Stufen möglich ist. Bezüglich der beim Beschwerdeführer vorliegenden Lungenkrankheit (COPD III ohne Exazerbationen) wurde ausgeführt, dass eine Langzeitsauerstofftherapie nicht vorliegt.
Diese Ausführungen des medizinischen Sachverständigen sind nicht zu beanstanden. Die Schlussfolgerungen des medizinischen Sachverständigen finden auch Bestätigung in seinen Aufzeichnungen zur persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.06.2020 im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung („Allgemeinzustand: normal Ernährungszustand: adipös Größe: 173,00 cm Gewicht: 123,00 kg Klinischer Status - Fachstatus: …… Obere Extremitäten: Schulter- Ellenbogen, Handgelenke Finger frei beweglich, Faustschluss bds möglich Wirbelsäule: im Lot, FBA 30 cm, SN und RT bland, Lasege neg, Zehen und Fersengang bds möglich, Einbeinstand bds möglich Hüftgelenke: bds bland Kniegelenke. bds bland Sprunggelenke frei beweglich in allen Ebenen Haut: keine Auffälligkeiten Neurologisch: grob neurologisch unauffällig Sonstiges: keine Auffälligkeiten Gesamtmobilität - Gangbild: sicher, raumgreifend, keine Gehhilfe“). Daraus ergibt sich, auch bestätigt durch die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, dass beim Beschwerdeführer zwar durchaus nicht unbeträchtliche Funktionseinschränkungen – insbesondere im Bereich der körperlichen Belastbarkeit und der Wirbelsäule - vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, dass aber die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebrachten, subjektiv empfundenen und im Übrigen nicht ausreichend konkretisierten Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in entsprechendem Ausmaß – im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - objektiviert werden konnten.
Aus der „Sofortigen Beantwortung“ des Ärztlichen Dienstes vom 18.08.2020 ist ersichtlich, dass die vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren neu vorgelegten Befunde (Röntgenbefund vom 21.07.2020, Orthopädischer Befund vom 27.07.2020) keine Änderung des Gutachtens vom 25.06.2020, insbesondere hinsichtlich der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“, ergeben. Auch von Amts wegen kann dem Inhalt dieser – oben in inhaltlicher Hinsicht vollständig wiedergegebenen - Befunde keine dermaßen erhebliche Funktionseinschränkung entnommen werden, die zudem von den Ergebnissen der persönlichen Untersuchung des medizinischen Sachverständigen vom 25.06.2020 im Hinblick auf vorliegende Bewegungseinschränkungen abweichen würde.
Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte der Beschwerdeführer daher im Beschwerdeverfahren kein Vorbringen, das die Beurteilungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen entkräften hätte können; der Beschwerdeführer legte der Beschwerde auch keine weiteren Befunde bei, die geeignet wären, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden im Sinne nachhaltiger, zumindest sechs Monate dauernder Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates zu belegen bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bestehender Leiden zu dokumentieren und damit das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten bzw. der ergänzend eingeholten „Sofortigen Beantwortung“ in der Beschwerde daher im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.07.2020 sowie an der dieses Gutachten ergänzenden „Sofortigen Beantwortung“ des Ärztlichen Dienstes vom 18.08.2020. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
„§ 1 …
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)…
b)…
…
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)..."
In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend – Folgendes ausgeführt:
„§ 1 Abs. 2 Z 3:
…
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
…
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B.: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“
Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.09.2020 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit auch nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten sowie in der dieses Gutachten ergänzenden „Sofortigen Beantwortung“ nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend davon aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit – diese betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen –, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.
Bezüglich der beim Beschwerdeführer vorliegenden Lungenkrankheit (COPD III ohne Exazerbationen) wurde – in Einklang mit den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, die erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, die zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen, erst bei COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie gegeben sehen - ausgeführt, dass eine Langzeitsauerstofftherapie nicht vorliegt.
Auch unter Berücksichtigung der beim Beschwerdeführer unbestritten bestehenden Funktionseinschränkungen vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, in der Beschwerde nicht ausreichend substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher ausreichend substantiiert die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.
Es ist daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.
Was schließlich den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde über den Antrag auf Ausstellung eines § 29 b StVO-Parkausweises nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, so ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass diese Frage mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W207.2235685.1.00Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021