Entscheidungsdatum
18.11.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W232 2189856-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018, Zl. 1166880909-171032188, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.
IV. Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am Tag der Antragstellung fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers nach dem AsylG 2005 statt. Der Beschwerdeführer gab an aus Mogadischu, Somalia, zu stammen, Moslem zu sein, der Volksgruppe der Madhibaan zuzugehören und verheiratet zu sein. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass er Somalia verlassen habe, weil er der Minderheit der Madhibaan angehöre. Seine Ehefrau gehöre der Volksgruppe Hawiye an. Die Familie seiner Ehefrau hätten ihn umbringen wollen, da er der Minderheit der Madhibaan angehöre. Sie hätten ihn bedroht. Aus Angst um sein Leben habe er sein Heimatland verlassen. Im Falle einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.
3. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 05.02.2018 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er der Volksgruppe der Madhibaan angehöre und er eine Hawiyefrau geheiratet habe. Die Volksgruppe der Hawiye hätten ihn umbringen wollen, deshalb habe er Somalia verlassen. Es hätten sich zwei Vorfälle ereignet. Das erste Mal seien sie am 15.01.2017 zu ihrem Haus gekommen. Er sei nicht zuhause gewesen, jedoch hätten sie seine Frau mitgenommen. Seine Frau habe ihn angerufen und zu ihm gesagt, dass er nicht nach Hause gehen solle, da zwei Männer auf ihn warten würden. Der zweite Vorfall sei am 23.01.2017 gewesen. Seine Frau sei zu ihm gekommen. Sie hätten ein neues Haus gemietet und dann dort gewohnt. Sie wären im neuen Haus gefunden worden und hätten den Beschwerdeführer geschlagen. Es habe insgesamt nur diese zwei Vorfälle gegeben.
4. Mit Bescheid vom 26.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte im Wesentlichen aus, dass nicht habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer der Gefahr einer Verfolgung maßgeblicher Intensität aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt sei. Eine individuelle Verfolgung seiner Person oder aktuelle und individuell drohende Verfolgung im zu prüfenden Herkunftsstaat habe nicht festgestellt werden können.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.03.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer Verfolgung drohe, da er als Zugehöriger des Minderheitenclans der Madhibaan eine Frau eines Mehrheitsclans der Hawiye heimlich geheiratete habe. Daraufhin sei er von der Familie seiner Frau geschlagen und bedroht worden. Es sei versucht worden zwischen den beiden Familien zu vermitteln, jedoch habe die Familie seiner Frau die Eheschließung nicht akzeptiert und sei der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise telefonisch bedroht worden. Zudem wurde auf die in Mogadischu vorherrschende schlechte Sicherheitslage und Lebensbedingungen, dem erschwerten Zugang zu Nahrungsmitteln und die Dürre hingewiesen. Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund seiner Clanzugehörigkeit unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung durch anhaltende Diskriminierungen. Weigere er sich weiterhin sich von seiner Frau scheiden zu lassen, drohe ihm – durch die Brüder seiner Ehefrau – auch eine Verletzung seines Rechtes auf Leben.
Vorgelegt wurde eine Kursteilnahmebestätigung.
6. Mit Eingabe vom 26.09.2019 wurden diverse Unterlagen, darunter Kurs- und Teilnahmebestätigungen sowie über die freiwilligen Hilfstätigkeiten des Beschwerdeführers vorgelegt.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.01.2020 und am 28.10.2020 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Somali öffentliche mündliche Verhandlungen durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen, seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie zu seiner Integration befragt wurde. Vorgelegt vom Beschwerdeführer und als Beilagen zum Akt genommen, wurden Unterlagen zu seiner Integration. Die Rechtsvertretung gab abschließend eine Stellungnahme zu den ins Verfahren genommenen Länderberichten ab, wobei auf die weitere Verschärfung der ohnehin prekären humanitären Lage in Somalia aufgrund der Covid-19 Pandemie verwiesen wurde. Vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer mehrfach detailliert und lebensnah seine persönliche Verfolgung in Somalia widerspruchsfrei vorgebracht habe und daher als glaubwürdig anzusehen sei. Es sei daher der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. stattzugeben, da der Beschwerdeführer von asylrelevanter Verfolgung bedroht sei. In eventu sei der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. stattzugeben, da der Beschwerdeführer über keinerlei soziales oder familiäres Unterstützungsnetzwerk in der Heimat verfüge, keine Schulbildung genossen habe und eine Rückkehr nach Somalia auch vor dem Hintergrund der ohnehin prekären Lage unzumutbar sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Somalia, gehört dem Clan der Madhibaan, Subclan Reer Hildidiid, Subsubclan Reer Horogle, an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer ist in Mogadischu geboren, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt hat.
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 06.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist traditionell verheiratet und hat keine Kinder. In Somalia verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine Familienangehörigen, seine traditionell verheiratete Ehefrau, seine Mutter und Geschwister, drei Brüder und eine Schwester, zu denen der Beschwerdeführer bis vor wenigen Monaten in regelmäßigen telefonischen Kontakt stand, leben nicht in Somalia, sondern in Kenia. Sein Vater ist verstorben. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine Schul- noch über eine Berufsbildung.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer ist gesund.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seine Heimat aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat. Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Somalia aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Im Fall der Rückkehr nach Somalia ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.
Festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer derzeit die reale Gefahr droht, im Fall der Rückkehr nach Somalia grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:
1.2.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17.09.2019 (Schreibfehler teilweise korrigiert):
Politische Lage
Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird (AA 4.3.2019, S.5), aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert (NLMBZ 3.2019, S.7). Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (BS 2018, S.4).
Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2018, S.5). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten (AA 5.3.2019b). Das Land hat bei der Bildung eines funktionierenden Bundesstaates Fortschritte erzielt (UNSC 15.5.2019, Abs.78), staatliche und regionale Regierungsstrukturen wurden etabliert (ISS 28.2.2019). Der Aufbau von Strukturen auf Bezirksebene geht hingegen nur langsam voran (UNSC 15.5.2019, Abs.50).
Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 4.3.2019, S.4f). Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 5.6.2019b, C1). Das Land befindet sich immer noch mitten im Staatsbildungsprozess (BS 2018, S.33).
Die Herausforderungen sind dabei außergewöhnlich groß, staatliche Institutionen müssen von Grund auf neu errichtet werden. Zusätzlich wird der Wiederaufbau durch die Rebellion von al Shabaab, durch wiederkehrende Dürren und humanitäre Katastrophen gehemmt. Außerdem sind Teile der staatlichen Elite mehr mit der Verteilung von Macht und Geld beschäftigt, als mit dem Aufbau staatlicher Institutionen (BS 2018, S.33). In vielen Bereichen handelt es sich bei Somalia um einen „indirekten Staat“, in welchem eine schwache Bundesregierung mit einer breiten Palette nicht-staatlicher Akteure (z.B. Clans, Milizen, Wirtschaftstreibende) verhandeln muss, um über beanspruchte Gebiete indirekt Einfluss ausüben zu können (BS 2018, S.23). Zudem ist die Bundesregierung finanziell von Katar abhängig, das regelmäßig außerhalb des regulären Budgets Geldmittel zur Verfügung stellt (SEMG 9.11.2018, S.30).
Somalia ist keine Wahldemokratie, auch wenn die Übergangsverfassung eine Mehrparteiendemokratie und Gewaltenteilung vorsieht (BS 2018, S.13f). Es gibt keine freien und fairen Wahlen auf Bundes- (USDOS 13.3.2019, S.23; vgl. FH 5.6.2019b, A1) und auch keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler oder regionaler Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. ClanStrukturen) vergeben (AA 4.3.2019, S.5f). Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 geplant (AA 5.3.2019b). Angesichts der bestehenden Probleme bleibt aber abzuwarten, ob diese Wahlen wirklich stattfinden werden (NLMBZ 3.2019, S.9). Bei den Vorbereitungen dafür wurden bisher nur wenige Fortschritte gemacht (FH 5.6.2019b, A3).
Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten. Dieser Prozess ist weiterhin nicht abgeschlossen (USDOS 13.3.2019, S.23), und es gibt diesbezüglich Konflikte mit den Bundesstaaten (NLMBZ 3.2019, S.7).
Die beiden Kammern des Parlaments wurden mittels indirekter Wahlen durch ausgewählte Älteste Ende 2016 / Anfang 2017 besetzt (USDOS 13.3.2019, S.1/23). Über 14.000 Wahlmänner und -frauen waren an der Wahl der 275 Abgeordneten beteiligt. Zuvor waren Abgeordnete unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden (AA 4.3.2019, S.6; vgl. AA 5.3.2019b). Das Unterhaus wurde nach Clan-Zugehörigkeit besetzt, das Oberhaus nach Zugehörigkeit zu Bundesstaaten. Die Wahlen zu beiden Häusern wurden generell als von Korruption durchsetzt und geschoben erachtet (USDOS 13.3.2019, S.1/23). Sie wurden von Schmiergeldzahlungen, Einschüchterungen, Stimmenkauf und Manipulation begleitet (BS 2018, S.14/19). Dieses Wahlsystem ist zwar noch weit von einer Demokratie entfernt und unterstreicht die Bedeutung der politischen Elite (BS 2018, S.22). Trotz allem waren die Parlamentswahlen ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt (AA 4.3.2019, S.6; vgl. AA 5.3.2019b; BS 2018, S.22).
Insgesamt erfolgte die Zusammensetzung des Unterhauses entlang der 4.5-Formel, wonach den vier Hauptclans jeweils ein Teil der Sitze zusteht, den kleineren Clans und Minderheiten zusammen ein halber Teil (USDOS 13.3.2019, S.26; vgl. BS 2018, S.13f). Die 4.5-Formel hat zwar politischen Fortschritt gewährleistet, ist aber zugleich Ursprung von Ressentiments (SRSG 13.9.2018, S.2).
Die Präsidentschaftswahl fand am 8.2.2017 statt. Die beiden Parlamentskammern wählten den früheren Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmaajo“ zum Präsidenten (AA 4.3.2019, S.6; vgl. BS 2018, S.14; USDOS 13.3.2019, S.1). Seine Wahl wurde als fair und transparent erachtet (USDOS 13.3.2019, S.1). Im März 2017 bestätigte das Parlament Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 5.3.2019b; vgl. BS 2018, S.14). Die aktuelle Regierung agiert wie eine Regierung der nationalen Einheit. Sie wurde so zusammengesetzt, dass alle relevanten Clans und Gruppen sich in ihr wiederfinden (AA 4.3.2019, S.10).
Gemäß einer Quelle üben aber salafistische Netzwerke zunehmend Einfluss auf die Regierung aus (NLMBZ, S.8f). Nach anderen Angaben kann von Salafismus keine Rede sein, vielmehr sind der Präsident und seine Entourage Moslembrüder bzw. deren Ideologie sehr nahestehend (ME 27.6.2019). Wieder eine andere Quelle berichtet, dass die politische Basis des Präsidenten eine nationalistische ist (ICG 12.7.2019, S.10). Gleichzeitig unterwandert al Shabaab das System, indem sie Wahldelegierte zur Kooperation zwingt (Mohamed 17.8.2019).
Das Konzept einer politischen Opposition ist nur schwach ausgeprägt, die Regeln der Politik sind abgestumpft. Misstrauensanträge, Amtsenthebungsverfahren und Wahlen werden zur Bereicherung und zum politischen Machtausbau missbraucht (SRSG 13.9.2018, S.4). Generell sind die Beziehungen zwischen Bundesregierung und Parlament problematisch. Außerdem kam es 2018 zu einer großen Zahl an Personaländerungen, so wurde etwa der Bürgermeister von Mogadischu, zahlreiche Minister und der Chief Justice ersetzt (NLMBZ, S.8f).
Gegen Ende 2018 war vom Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Farmaajo eingeleitet worden. Dieses Verfahren wurde jedoch Mitte Dezember 2018 aus formalen Gründen für ungültig erklärt bzw. zurückgezogen (VOA 20.12.2018; vgl. FH 5.6.2019b, A1; UNSC 15.5.2019, Abs.3). Auch zwischen Ober- und Unterhaus ist es zu politischen Auseinandersetzungen gekommen (AMISOM 15.1.2019a; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.3). Diese wurden im Juli 2019 vorläufig beigelegt (UNSC 15.8.2019, Abs.3).
Ein nationaler Versöhnungsprozess ist in Gang gesetzt worden. Dieser wird international unterstützt (UNSC 21.12.2018, S.6).
Föderalisierung: Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, wurden im Rahmen eines international vermittelten Abkommens von 2013 bis 2016 die Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und HirShabelle neu gegründet (AA 5.3.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019, S.1; BS 2018, S.4f/12). Offen sind noch der finale Status und die Grenzen der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 5.3.2019b; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.22). Mit der Gründung der Bundesstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel konnten wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus gestellt werden (AA 4.3.2019, S.4). Beim Prozess der Föderalisierung gab es in den letzten Jahren signifikante Fortschritte (BS 2018, S.3). Allerdings hat keine dieser Verwaltungen die volle Kontrolle über die ihr nominell unterstehenden Gebiete (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. BS 2018, S.15).
Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir. Allerdings finden sich in jedem Bundesstaat Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden (BFA 8.2017, S.55f).
Wichtige Detailfragen zur föderalen Staatsordnung sind weiterhin ungeklärt, z.B. die Einnahmenverteilung zwischen Bund und Bundesstaaten; die jeweiligen Zuständigkeiten im Sicherheitsbereich; oder die Umsetzung der für 2020 geplanten Wahlen (AA 5.3.2019b; vgl. NLMBZ 3.2019, S.7) – und die gesamte Frage der Machtverteilung zwischen Bund und Bundesstaaten (UNSC 15.5.2019, Abs.25; vgl. UNSC 21.12.2018, S.5).
Die Bundesregierung tut sich schwer, in den Bundesstaaten Macht und Einfluss geltend zu machen (NLMBZ 3.2019, S.7). Außerdem kommt es in den Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten immer wieder zu (politischen) Spannungen (AA 5.3.2019b; vgl. NLMBZ 3.2019, S.7), die manchmal auch in Gewalt eskalierten (BS 2018, S.4).
Zusätzlich haben die Bundesstaaten abseits des Nationalen Sicherheitsrates 2017 einen Kooperationsrat der Bundesstaaten (CIC) geschaffen, welcher unter Ausschluss der Bundesregierung arbeitet (SEMG 9.11.2018, S.5; vgl. AA 5.3.2019b). Während andere Mitglieder des CIC den Dialog mit der Bundesregierung verweigerten (AMISOM 12.10.2018), hat der Präsident von HirShabelle, Mohamed Abdi Waare, diesen zwischenzeitlich gesucht (AMISOM 12.10.2018; vgl. UNSC 21.12.2018, S.1). Der CIC hat bereits zweimal die Kooperation mit der Bundesregierung suspendiert (SEMG 9.11.2018, S.31f), so etwa im September 2018. Im Oktober 2018 haben alle Bundesstaaten außer HirShabelle angekündigt, gemeinsame Sicherheitskräfte aufzustellen (UNSC 21.12.2018, S.1). Generell herrscht zwischen Bundesregierung und Bundesstaaten ein besorgniserregendes Maß an Misstrauen (SRSG 13.9.2018, S.3). Dadurch wird auch die Lösung von Schlüsselfragen zu Politik und Sicherheit behindert (UNSC 15.5.2019, Abs.2; vgl. SRSG 3.1.2019, S.2).
Bei dieser Auseinandersetzung kommt u.a. die Krise am Golf zu tragen: In Somalia wird eine Art Stellvertreterkrieg ausgetragen, bei welchem die unterschiedlichen Interessen und Einflüsse speziell von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine Rolle spielen. Dies hat die schon bestehenden Spannungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten weiter verschärft, erstere ist in zunehmende Isolation geraten (SEMG 9.11.2018, S.4/30; vgl. ICG 12.7.2019, S.9; FH 5.6.2019b, C1). Diese Entwicklung hat zur Destabilisierung Somalias beigetragen (NLMBZ 3.2019, S.10). Allerdings gibt es zumindest Anzeichen für eine Verbesserung der Situation (UNSC 15.5.2019, Abs.80). So hat sich Präsident Farmaajo für die Verschlechterung der Beziehungen zu den Bundesstaaten öffentlich entschuldigt (ICG 12.7.2019, S.9). Die Bundesregierung versucht insbesondere HirShabelle und Galmudug in ihr Lager zu ziehen (BMLV 3.9.2019). Trotzdem bleiben die Spannungen bestehen (UNSC 15.8.2019, Abs.2).
1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Jubaland wurde im Jahr 2013 gebildet, damals wurde auch Ahmed Mohamed Islam „Madobe“ zum Präsidenten gewählt (USDOS 13.3.2019, S.24). Bis Anfang August hatten sich für die Neuwahl des Präsidenten neun Kandidaten registrieren lassen (UNSC 15.8.2019, Abs.6). Am 22.8.2019 wurde dann Ahmed Madobe als Präsident bestätigt. Die Wahl war allerdings umstritten: Da die Bundesregierung mehr Kontrolle gewinnen möchte, hat sie erklärt, die Wahl nicht anzuerkennen und den Wahlkandidaten der Opposition, Abdirashif Mohamad Hidig, zu unterstützen (BAMF 26.8.2019, S.6). Der Verwaltung von Jubaland ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Dadurch, dass die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden, wurde die Machtbalance verbessert (BFA 8.2017, S.57ff). Diese Inkorporation funktioniert auch weiterhin, die Verwaltung in Kismayo hat sich weiter gefestigt. Außerdem konnten durch die Kooperation mit Teilen der Marehan auch die nicht der al Shabaab zuneigenden Gebiete von Gedo gefestigt werden (ME 27.6.2019).
2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Der SWS wurde in den Jahren 2014/2015 etabliert, Sharif Hassan Sheikh Adam zum ersten Präsidenten gewählt (USDOS 13.3.2019, S.24). Im Dezember 2018 wurde im SWS neu gewählt (AA 5.3.2019b). In der Folge ist im Jänner 2019 mit Abdulaziz Hassan Mohamed „Lafta Gareen“ ein neuer Präsident angelobt worden (AMISOM 17.1.2019a; vgl. UNSC 27.12.2018; UNSC 15.5.2019, Abs.4). Zuvor war es zu Anschuldigungen gegen die Bundesregierung gekommen, sich in den Wahlkampf eingemischt zu haben. Ein Kandidat – der ehemalige stv. Kommandant der al Shabaab, Mukhtar Robow – war verhaftet worden, was zu gewaltsamen Demonstrationen geführt hat (SRSG 3.1.2019, S.2f; vgl. UNSC 21.12.2018, S.2). Beim Aufbau der Verwaltung konnten Fortschritte erzielt werden (BMLV 3.9.2019).
3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): HirShabelle wurde 2016 etabliert. Zum Präsidenten wurde Ali Abdullahi Osoble gewählt. Anführer der Hawadle hatten eine Teilnahme verweigert (USDOS 13.3.2019, S.24f). Im Oktober 2017 wurde Mohamed Abdi Waare zum neuen Präsidenten, nachdem sein Vorgänger des Amtes enthoben worden war (UNSOM, 24.10.2017). Nach politischen Spannungen haben sich die Beziehungen zwischen Exekutive und Legislative verbessert (UNSC 15.5.2019, Abs.8). Die im Zuge der Bildung des Bundesstaates neu aufgeflammten Clankonflikte sind gegenwärtig weitgehend abgeflaut (ME 27.6.2019). Dazu beigetragen haben Bemühungen des Premierministers und Katars, wobei letzteres Investitionen in Aussicht gestellt hat. Man ist auf die Hawadle zugegangen. Die Clans – v.a. in Middle Shabelle – haben daraufhin ihre Proteste gegen die Regionalverwaltung reduziert. Unklar ist, ob diese neue Haltung Bestand haben wird. In Belet Weyne hingegen treffen Vertreter von HirShabelle nach wie vor auf unverminderte Ablehnung (BMLV 3.9.2019). Sowohl in den von HirShabelle in Middle Shabelle kontrollierten Gebieten wie auch in Belet Weyne ist eine Verbesserung der Verwaltung zu verzeichnen (BMLV 3.9.2019).
4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): Im Jahr 2015 wurde die Regionalversammlung von Galmudug vereidigt. Sie wählte Abdikarim Hussein Guled zum ersten Präsidenten. Dieser trat im Feber 2017 zurück. Unter dem neuen Präsidenten Ahmed Duale Gelle „Haaf“ wurden Friedensgespräche mit der Ahlu Sunna Wal Jama’a (ASWJ) initiiert. Die Gruppe kontrolliert Teile von Galgaduud (USDOS 13.3.2019, S.24). Ende 2017 wurde mit der ASWJ ein Abkommen zur Machtteilung abgeschlossen (UNSC 15.5.2019, Abs.7; vgl. AMISOM 5.7.2019). Ab September 2018 wuchsen die politischen Spannungen. Im Oktober 2018 wurde in Cadaado ein Gegenpräsident gewählt, während Ahmed „Haaf“ weiterhin von Dhusamareb aus regiert (UNSC 21.12.2018, S.2). In der Folge kam es zu Diskussionen und Spannungen über das Datum der nächsten Wahlen. Im März 2019 hat die NISA sogar die Kontrolle über das Gelände des Präsidentensitzes übernommen (UNSC 15.5.2019, Abs.7). Während Haaf das Abkommen mit der ASWJ für nichtig erklärt hat, hat diese mit der Bundesregierung eine Einigung erzielt (UNSC 15.8.2019, Abs.5). Galmudug wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016, S.17).
Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten
Die Sicherheitslage bleibt instabil und unvorhersagbar (AMISOM 7.8.2019, S.2). Zwar ist es im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 zu weniger sicherheitsrelevanten Zwischenfällen und auch zu einer geringeren Zahl an Todesopfern gekommen, doch ist die Sicherheitslage weiterhin schlecht. Sie ist vom bewaffneten Konflikt zwischen AMISOM (African Union Mission in Somalia), somalischer Armee und alliierten Kräften auf der einen und al Shabaab auf der anderen Seite geprägt. Zusätzlich kommt es in ländlichen Gebieten zu Luftschlägen (NLMBZ 3.2019, S.17). Weiterhin führt der Konflikt unter Beteiligung der genannten Parteien zu zivilen Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen (USDOS 13.3.2019, S.1). Wer sich in Somalia aufhält, muss sich der Gefährdung durch Terroranschläge, Kampfhandlungen, Piraterie sowie kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein (AA 17.9.2019). Auch der Konflikt um Ressourcen (Land, Wasser etc.) führt regelmäßig zu Gewalt (BS 2018, S.31).
Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das „urban island scenario“ besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017, S.21; vgl. BMLV 3.9.2019).
Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden – etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017, S.21/91f; vgl. BMLV 3.9.2019).
Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2019). Auch das Maß an Kontrolle über bzw. Einfluss auf einzelne Gebiete variiert. Während Somaliland die meisten der von ihm beanspruchten Teile kontrolliert, ist die Situation in Puntland und – in noch stärkerem Ausmaß – in Süd-/Zentralsomalia komplexer. In Mogadischu und den meisten anderen großen Städten hat al Shabaab keine Kontrolle, jedoch eine Präsenz. Dahingegen übt al Shabaab über weite Teile des ländlichen Raumes Kontrolle aus. Zusätzlich gibt es in Süd-/Zentralsomalia große Gebiete, wo unterschiedliche Parteien Einfluss ausüben; oder die von niemandem kontrolliert werden; oder deren Situation unklar ist (LIFOS 9.4.2019, S.6).
Benadir / Mogadischu
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (PGN 8.2019; vgl. BMLV 3.9.2019). Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche Mogadishu Stabilization Mission (MSM) (UNSC 5.9.2017, Abs.11) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt (BMLV 3.9.2019). Nach wie vor reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (BMLV 3.9.2019).
Für al Shabaab bietet die Stadt schon alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele (NLMBZ 3.2019, S.23). Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. Die Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebiets Anschläge durchzuführen (LIFOS 3.7.2019, S.42).
Es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab die Kontrolle über Mogadischu zurück erlangt (BMLV 3.9.2019). In Mogadischu besteht kein Risiko, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BMLV 3.9.2019; vgl. BFA 8.2017, S.51). Bei einem Abzug von AMISOM aus Mogadischu droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab (ICG 27.6.2019, S.5).
Sprengstoffanschläge: Im September und Oktober 2018 ging die Anzahl an Anschlägen vorübergehend zurück; dahingegen nahm in diesem Zeitraum die allgemeine Kriminalität zu (UNSC 21.12.2018, S.3f). Danach hat die Zahl an größeren Anschlägen in und um Mogadischu zugenommen (UNSC 15.8.2019, Abs.16). Es kommt regelmäßig zu Sprengstoffanschlägen oder aber zu gezielten Tötungen. Üblicherweise zielt al Shabaab mit größeren (mitunter komplexen) Angriffen auf Offizielle, Gebäude und Fahrzeuge der Regierung, Hotels, Geschäfte, Militärfahrzeuge und –Gebäude sowie Soldaten von Armee und AMISOM (LIFOS 3.7.2019, S.23f). Betroffen sind Regierungseinrichtungen, Restaurants und Hotels, die von nationalen und internationalen Offiziellen frequentiert werden (BS 2018, S.9; UNSC 15.5.2019, Abs.12). Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Aktivitäten, fast täglich war ein Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz zu verzeichnen (UNSC 15.5.2019, Abs.12). Vereinzelt kommt es zu großangelegten komplexen Angriffen durch al Shabaab, so etwa am 9.11.2018 auf das Sahafi Hotel (50 Tote, darunter sieben Angreifer) (UNSC 21.12.2018, S.3f). Bei einem Selbstmordanschlag im Juli 2019 kamen u.a. der Bürgermeister von Mogadischu und drei District Commissioners ums Leben (Mohamed 17.8.2019; vgl. AJ 25.7.2019).
Zivilisten: Generell unterstützt die Zivilbevölkerung von Mogadischu nicht die Ideologie von al Shabaab. Andererseits fühlen sich die Menschen von der Regierung nicht adäquat geschützt (LIFOS 3.7.2019, S.25). Al Shabaab greift Zivilisten nicht spezifisch an (NLMBZ 3.2019, S.23; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.25). Diese leiden auf zwei Arten an der Gewalt durch al Shabaab: Einerseits sind jene einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die in Verbindung mit der Regierung stehen oder von al Shabaab als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden (LIFOS 3.7.2019, S.42). Andererseits besteht für Zivilisten das Risiko, bei Anschlägen zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (LIFOS 3.7.2019, S.25/42; vgl. NLMBZ 3.2019, S.23) und so zum Kollateralschaden von Sprengstoffanschlägen und anderer Gewalt zu werden (LIFOS 3.7.2019, S.25).
Auch wenn Mogadischu von Sicherheitskräften und AMISOM geschützt wird, kann al Shabaab indirekt Kontrolle ausüben. Dadurch wird die Mobilität der Stadtbewohner im Alltag eingeschränkt (LIFOS 3.7.2019, S.21).
Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017, S.35).
Geographische Situation: Al Shabaab ist im gesamten Stadtgebiet präsent, das Ausmaß ist aber sehr unterschiedlich (LIFOS 3.7.2019, S.25f). Dabei handelt es sich um eine verdeckte Präsenz und nicht um eine offen militärische (BMLV 3.9.2019). Nicht alle Teile von Mogadischu sind bezüglich Übergriffen von al Shabaab gleich unsicher. So sind z.B. jene Teile, in welche Rückkehrer siedeln (u.a. IDP-Lager) besser vor al Shabaab geschützt. IDP-Lager stellen für die Gruppe kein Ziel dar (NLMBZ 3.2019, S.24). Jedenfalls ist al Shabaab nahezu im gesamten Stadtgebiet in der Lage, verdeckte Operationen durchzuführen bzw. Steuern und Abgaben einzuheben (BMLV 3.9.2019).
Die meisten Anschläge richten sich gegen Villa Somalia, Mukarama Road, Bakara-Markt, die Flughafenstraße und Regierungseinrichtungen. Auch Dayniile ist stärker betroffen. Gebiete, die weiter als 10 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegen, werden teilweise von al Shabaab kontrolliert. Vor allem Dayniile, Yaqshiid und Heliwaa werden als unsichere Gebiete erachtet (LIFOS 3.7.2019, S.25f).
2018 waren die Bezirke Dayniile, Dharkenley, Hawl Wadaag und Hodan, in geringerem Ausmaß die Bezirke Heliwaa und Yaqshiid von Gewalt betroffen. Zivilisten waren 2018 v.a. in den Bezirken Dharkenley, Hawl Wadaag, Hodan, in geringerem Ausmaß in Dayniile, Heliwaa, Waaberi und Yaqshiid von gegen sie gerichteter Gewalt betroffen (ACLED - siehe Tabelle weiter unten).
Auch der sogenannte Islamische Staat (IS) hat in Mogadischu Anschläge und Attentate verübt, die eigene Präsenz ausgebaut (LIFOS 3.7.2019, S.25).
Vorfälle: In Benadir/Mogadischu lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014, S.31f). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2017 insgesamt 217 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie „violence against civilians“). Bei 186 dieser 217 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2018 waren es 207 derartige Vorfälle (davon 177 mit je einem Toten).
Rechtsschutz/Justizwesen
Im somalischen Kulturraum existieren drei Rechtsquellen: traditionelles Recht (Xeer), islamisches Schariarecht (v.a. für familiäre Angelegenheiten) sowie formelles Recht (SEM 31.5.2017, S.31; vgl. BS 2018, S.18; USDOS 13.3.2019, S.8; NLMBZ 3.2019, S.38). Bürger wenden sich aufgrund der Mängel im formellen Justizsystem oft an die traditionelle oder die islamische Rechtsprechung (FH 5.6.2019b, F1; NLMBZ 3.2019, S.38).
In Süd-/Zentralsomalia und in Puntland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere (AA 4.3.2019, S.6; vgl. USDOS 13.3.2019, S.8). Eine landesweite Rechtsstaatlichkeit ist nicht festzustellen (BS 2018, S.18).
Formelle Justiz - Kapazität: In den vergangenen zehn Jahren haben unterschiedliche Regierungen in Mogadischu und anderen Städten Gerichte auf Bezirksebene errichtet. Sie sind für Straf- und Zivilrechtsfälle zuständig. In Mogadischu gibt es außerdem ein Berufungsgericht und ein Oberstes Gericht (Supreme Court) (BS 2018, S.18). Ein Verfassungsgericht ist noch nicht eingerichtet worden (UNSC 15.5.2019, Abs.88). Insgesamt befinden sich Polizei und Justiz noch im Aufbau, Integrität und Kapazitäten reichen nicht aus, um Einzelpersonen adäquat vor Gewalt schützen zu können (LI 15.5.2018, S.3). Vielen Richtern und Staatsanwälten mangelt es an Qualifikation (BS 2018, S.18). Rechtsstaatlichkeit ist nur schwach ausgeprägt (SRSG 13.9.2018, S.2). Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes. Es gibt zwar einen Instanzenzug, aber in der Praxis werden Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend herbeigebracht (AA 4.3.2019, S.12). Das Justizsystem ist zersplittert und unterbesetzt (FH 5.6.2019b, F1), in vielen Landesteilen gar nicht vorhanden. Einige Regionen haben lokale Gerichte geschaffen, die vom lokal dominanten Clan abhängen (USDOS 13.3.2019, S.8).
Insgesamt haben Bundesbehörden und Behörden der Bundesstaaten aber bei der Kapazitätsbildung zur Strafverfolgung Krimineller Fortschritte gemacht (LIFOS 16.4.2019, S.10). Auch weiterhin unterstützt UNDP die Programme für sogenannte mobile Gerichte (mobile courts) (UNHRC 19.7.2018, Abs.28).
Formelle Justiz - Qualität und Unabhängigkeit: In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (AA 4.3.2019, S.6; vgl. USDOS 13.3.2019, S.8). Im August 2018 hat Präsident Farmaajo per Dekret fünf Richter des Supreme Court ausgewechselt; dies wurde als Unterminierung der Unabhängigkeit der Justiz kritisiert (UNSC 21.12.2018, S.11). Außerdem sind Urteile von Clan- oder politischen Überlegungen seitens der Richter beeinflusst (BS 2018, S.19; vgl. USDOS 13.3.2019, S.8f; FH 5.6.2019b, F2). Die meisten der in der Verfassung vorgesehenen Rechte für ein faires Verfahren werden bei Gericht nicht angewendet (USDOS 13.3.2019, S.9). Auch Korruption behindert den Zugang zu fairen Verfahren (USDOS 13.3.2019, S.9; vgl. FH 5.6.2019b, F1). Außerdem halten sich Staatsbedienstete bzw. Behörden nicht an gerichtliche Anordnungen (USDOS 13.3.2019, S.8; vgl. FH 5.6.2019b, F1; NLMBZ 3.2019, S.38). Soldaten und Polizisten, welche Verbrechen begehen, sind meist außer Reichweite gesetzlicher Sanktionen (NLMBZ 3.2019, S.34). Folglich ist das Vertrauen der Menschen in die formelle Justiz gering. Sie wird als teuer, parteiisch und manipulierbar wahrgenommen (BS 2018, S.18).
Formelle Justiz - Militärgerichte: Die von der Bundesregierung geschaffenen Militärgerichte füllen z.T. das Vakuum des schlecht funktionierenden formellen Rechtssystems (BS 2018, S.11). Sie verhandeln und urteilen weiterhin über Fälle jeglicher Art. Darunter fallen auch zivilrechtliche Fälle, die eigentlich nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen (AA 4.3.2019, S.8; vgl. FH 5.6.2019b, F2). Ein Grund dafür ist, dass zivile Richter oftmals Angst haben, bestimmte – zivile – Fälle zu verhandeln (USDOS 13.3.2019, S.8). Mittlerweile übergeben Ankläger der Armee Fälle von verdächtigten Angehörigen der Sicherheitskräfte, gegen welche ermittelt wird, teils an zivile Gerichte (HRW 17.1.2019). Militärgerichte missachten international anerkannte Standards für faire Gerichtsverfahren (AA 4.3.2019, S.8; vgl. USDOS 13.3.2019, S.2; HRW 17.1.2019). Angeklagten wird nur selten das Recht auf eine Rechtsvertretung oder auf Berufung zugestanden (USDOS 13.3.2019, S.8).
Traditionelles Recht (Xeer): Das Xeer behandelt Vorbringen von Fall zu Fall und wird von Ältesten implementiert (BS 2018, S.18). Die traditionelle Justiz dient im ganzen Land bei der Vermittlung in Konflikten. Sie wird oft herangezogen, da sie zu schnellen Entscheidungen führt (USDOS 13.3.2019, S.9). Xeer ist insbesondere in jenen ländlichen Gebieten wichtig, wo Verwaltung und Justiz nur schwach oder gar nicht vorhanden sind. Aber auch in den Städten wird Xeer oft zur Konfliktlösung – z.B. bei Streitfragen unter Politikern und Händlern – angewendet (SEM 31.5.2017, S.34). Zur Anwendung kommt Xeer auch bei anderen Konflikten und bei Kriminalität (BFA 8.2017, S.100; vgl. EASO 2.2016, S.27). Es kommt also auch dort zu tragen, wo Polizei und Justizbehörden existieren. In manchen Fällen greift die traditionelle Justiz sogar auf Polizei und Gerichtsbedienstete zurück (LIFOS 9.4.2019, S.7). Ca. 90% aller Rechtsstreitigkeiten werden über traditionelle Konfliktlösungsmechanismen ausgetragen (UNHRC 6.9.2017, Abs.60). Ein Beispiel dafür ist etwa die Zahlung von Kompensationsgeld an Familien von bei Demonstrationen in Baidoa im Dezember 2018 durch Sicherheitskräfte getöteten Personen (UNSC 15.5.2019, Abs.4).
Clan-Schutz im Xeer: Maßgeblicher Akteur im Xeer ist der Jilib – die sogenannte Diya/Mag/Blutgeld-zahlende Gruppe. Das System ist im gesamten Kulturraum der Somali präsent und bietet – je nach Region, Clan und Status – ein gewisses Maß an (Rechts-)Schutz. Die sozialen und politischen Beziehungen zwischen Jilibs sind durch (mündliche) Xeer-Verträge geregelt. Mag/Diya muss bei Verstößen gegen diesen Vertrag bezahlt werden. Für Straftaten, die ein Gruppenmitglied an einem Mitglied eines anderen Jilib begangen hat – z.B. wenn jemand verletzt oder getötet wurde – sind Kompensationszahlungen (Mag/Diya) vorgesehen. Dies gilt auch bei anderen (Sach-)Schadensfällen. Die Mitglieder eines Jilib sind verpflichtet, einander bei politischen und rechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen, die im Xeer-Vertrag festgelegt sind – insbesondere bei Kompensationszahlungen. Letztere werden von der ganzen Gruppe des Täters bzw. Verursachers gemeinsam bezahlt (SEM 31.5.2017, S.8ff).
Der Ausdruck „Clan-Schutz“ bedeutet in diesem Zusammenhang also traditionell die Möglichkeit einer Einzelperson, vom eigenen Clan gegenüber einem Aggressor von außerhalb des Clans geschützt zu werden. Die Rechte einer Gruppe werden durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt geschützt. Sein Jilib oder Clan muss in der Lage sein, Mag/Diya zu zahlen – oder zu kämpfen. Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson sind deshalb eng verbunden mit der Macht ihres Clans (SEM 31.5.2017, S.31). Aufgrund von Allianzen werden auch Minderheiten in das System eingeschlossen. Wenn ein Angehöriger einer Minderheit, die mit einem großen Clan alliiert ist, einen Unfall verursacht, trägt auch der große Clan zu Mag/Diya bei (SEM 31.5.2017, S.33). Der Clan-Schutz funktioniert generell – aber nicht immer – besser als der Schutz durch den Staat oder die Polizei. Darum aktivieren Somalis im Konfliktfall (Verbrechen, Streitigkeit etc.) tendenziell eher Clan-Mechanismen. Durch dieses System der gegenseitigen Abschreckung werden Kompensationen üblicherweise auch ausbezahlt (SEM 31.5.2017, S.36). Denn in erster Linie wird ein Tod nicht durch einen Rachemord ausgeglichen, sondern durch die Zahlung von Blutgeld (diya, mag) kompensiert (GIGA 3.7.2018).
Aufgrund der Schwäche bzw. Abwesenheit staatlicher Strukturen in einem großen Teil des von Somalis besiedelten Raums spielen die Clans also auch heute eine wichtige politische, rechtliche und soziale Rolle (SEM 31.5.2017, S.8), denn die Konfliktlösungsmechanismen der Clans für Kriminalität und Familienstreitigkeiten sind intakt. Selbst im Falle einer Bedrohung durch al Shabaab kann der Clan einbezogen werden. Bei Kriminalität, die nicht von al Shabaab ausgeht, können Probleme direkt zwischen den Clans gelöst werden (SEM 31.5.2017, S.35). Staatlicher Schutz ist im Falle von Clan-Konflikten von geringer Relevanz, die „Regelung“ wird grundsätzlich den Clans selbst überlassen (ÖB 9.2016, S.11).
Die Clanzugehörigkeit kann also manche Täter vor einer Tat zurückschrecken lassen, doch hat auch der Clanschutz seine Grenzen. Angehörige nicht-dominanter Clans und Gruppen sind etwa vulnerabler (LI 15.5.2018, S.3). Außerdem kann z.B. eine Einzelperson ohne Anschluss in Mogadischu nicht von diesem System profitieren (SEM 31.5.2017, S.35). Problematisch ist zudem, dass im Xeer oft ganze (Sub-)Clans für die Taten Einzelner zur Verantwortung gezogen werden (USDOS 13.3.2019, S.9), und dass die traditionellen Mechanismen nicht auf schriftlich festgelegten Regeln beruhen (UNHRC 6.9.2017, Abs.60).
Trotzdem sind die Mechanismen des Xeer wichtig, da sie nahe an den Menschen wirken und jahrhundertealte, den Menschen bekannte Verfahren und Normen nutzen. Der Entscheidungsprozess ist transparent und inklusiv (UNHRC 6.9.2017, Abs.60). Zusammenfassend ist Xeer ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Die traditionell vorgesehenen Kompensationszahlungen decken zahlreiche zivil- und strafrechtliche Bereiche ab und kommen z.B. bei fahrlässiger Tötung, bei Autounfällen mit Personen- oder Sachschaden oder sogar bei Diebstahl zu tragen. Nach der Art des Vorfalles richtet sich auch der zu entrichtende Betrag (SEM 31.5.2017, S.32).
Scharia: Familien- und Standesangelegenheiten (Heirat, Scheidung, Erbschaft) werden im Rahmen der Scharia abgehandelt. Allerdings sind Schariagerichte oftmals von Clans beeinflusst (BS 2016, S.13). Die Gesetzlosigkeit in Süd-/Zentralsomalia führte dazu, dass die Scharia auch in Strafsachen zum Einsatz kommt, da die Bezahlung von Blutgeld manchmal nicht mehr als ausreichend angesehen wird (SEM 31.5.2017, S.34). Problematisch ist, dass die Scharia von Gerichten an unterschiedlichen Orten auch unterschiedlich interpretiert wird bzw. dass es mehrere Versionen der Scharia gibt (BS 2018, S.18).
Recht bei al Shabaab: In den von al Shabaab kontrollierten Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der Gruppe abgelehnt (AA 4.3.2019, S.23). Dort ersetzt islamisches Recht auch Xeer (SEM 31.5.2017, S.33) bzw. ist letzteres nach anderen Angaben bei al Shabaab sogar verboten (BS 2018, S.19). Außerdem gibt es dort kein formelles Justizsystem (USDOS 13.3.2019, S.10). Der Clan-Schutz ist in Gebieten unter Kontrolle oder Einfluss von al Shabaab eingeschränkt, aber nicht inexistent. Abhängig von den Umständen können die Clans auch in diesen Regionen Schutz bieten. Es kann den Schutz einer Einzelperson erhöhen, Mitglied eines Mehrheitsclans zu sein (SEM 31.5.2017, S.33f), es gibt ein gewisses Maß an Verhandlungsspielraum (LI 21.5.2019a, S.3).
Al Shabaab unterhält in den von ihr kontrollierten Gebieten ständige, von Geistlichen geführte Gerichte, welche ein breites Spektrum an straf- und zivilrechtlichen Fällen abhandeln. Zusätzlich gibt es auch mobile Gerichte (ICG 27.6.2019, S.4). Es gilt die strikte salafistische Auslegung der Scharia (BS 2018, S.19). Angeklagte vor einem Schariagericht haben kein Recht auf Verteidigung, Zeugen oder einen Anwalt (USDOS 13.3.2019, S.10). In von al Shabaab kontrollierten Gebieten werden regelmäßig extreme Körperstrafen verhängt, darunter Auspeitschen oder Stockschläge, Handamputationen für Diebe oder Hinrichtungen für Ehebruch (AA 4.3.2019, S.12; vgl. SEMG 9.11.2018, S.38; TIND 15.1.2019; BS 2018, S.19). Al Shabaab inhaftiert Personen für Vergehen wie Rauchen; unerlaubte Inhalte auf dem Mobiltelefon; Musikhören; Fußballschauen oder -spielen; das Tragen eines BHs oder das Nicht-Tragen eines Hidschabs (USDOS 13.3.2019, S.5). Die harsche Interpretation der Scharia wird in erster Linie in den von al Shabaab kontrollierten Gebieten umgesetzt, dort, wo die Gruppe auch über eine permanente Präsenz verfügt (LI 20.12.2017, S.3) – was v.a. in Städten und größeren Dörfern der Fall ist (LI 21.5.2019a, S.3). In anderen Gebieten liegt ihr Hauptaugenmerk auf der Einhebung von Steuern (LI 20.12.2017, S.3).
Die Gerichte der al Shabaab werden als gut funktionierend, effektiv und schnell beschrieben (BFA 8.2017, S.29). Aufgrund der Schwäche staatlicher Gerichte werden sie von den Menschen auch in Anspruch genommen (Maruf 14.11.2018; vgl. SRSG 13.9.2018, S.2; NLMBZ 3.2019, S.35; BFA 8.2017, S.77). Mitunter reisen Streitparteien extra in die Gebiete von al Shabaab, um dort Klage einzureichen (ICG 27.6.2019, S.4; vgl. BFA 8.2017, S.77).
Al Shabaab ist grundsätzlich in der Lage, Gerichtsbeschlüsse auch durchzusetzen (NLMBZ 3.2019, S.35; vgl. ICG 27.6.2019, S.4f). Wer sich an eine Entscheidung eines solchen Gerichtes nicht hält, muss im schlimmsten Fall mit seiner Tötung rechnen (Maruf 14.11.2018). Al Shabaab versucht, von ihr verhängte Urteile auch z.B. in Afgooye oder Mogadischu durchzusetzen (BFA 8.2017, S.77).
Es gilt das Angebot einer Amnestie für Kämpfer der al Shabaab, welche ihre Waffen ablegen, der Gewalt abschwören und sich zur staatlichen Ordnung bekennen (AA 4.3.2019, S.12). Diese Amnestiemöglichkeit ist aber nur mündlich ausgesprochen worden, es gibt keine rechtliche Grundlage dafür (Khalil 1.2019, S.17). Allerdings wird üblicherweise im Austausch für Informationen über die al Shabaab eine Amnestie gewährt (LIFOS 3.7.2019, S.24).
Puntland: Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der staatliche Schutz in Puntland besser darstellt als in Süd-/Zentralsomalia (ÖB 9.2016, S.19). Auch das Justizsystem in Puntland ist eine Mischung aus Xeer, Scharia und formellem Recht. Die meisten Fälle werden durch Clanälteste im Xeer abgehandelt (EASO 2.2016, S.27; vgl. USDOS 13.3.2019, S.10). Ins formelle Justizsystem gelangen vor allem jene Fälle, wo keine Clan-Repräsentation gegeben ist (USDOS 13.3.2019, S.9f).
Puntland hat ein unabhängiges und hierarchisch strukturiertes Gerichtswesen geschaffen (BS 2018, S.18), die Gerichte werden als funktionierend bezeichnet (USDOS 13.3.2019, S.9; vgl. EASO 2.2018, S.27). Es gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren, auf einen Anwalt und auf Berufung. Die Gerichte können aber nicht gewährleisten, dass vor dem Recht alle gleich sind (USDOS 13.3.2019, S.9f).
Das puntländische Gerichtssystem wird unterstützt – etwa mit einem Programm für sogenannte mobile courts. Zusätzlich besteht ein Programm zum Aufbau subsidiärer Strukturen. Damit konnten Bezirksräte und -Verwaltungen eingerichtet werden (BFA 8.2017, S.113). Die mobile courts bieten in entlegenen Gebieten einen kostenlosen Zugang zur formellen Justiz, sie werden u.a. von der EU finanziert (UNDP 28.7.2017). Das UNDP unterstützt seit Jahren die universitäre Ausbildung von Juristen in Puntland, um dem Mangel an Personal – Richter, (Staats-)Anwälte – entgegenzutreten (UNDP 7.4.2019).
Zu den weder von der Regierung noch von al Shabaab kontrollierten Gebieten gibt es kaum Informationen. Es ist aber davon auszugehen, dass Rechtsetzung, -Sprechung und Durchsetzung zumeist in den Händen von v.a. Clanältesten liegen. Von einer Gewaltenteilung ist dort nicht auszugehen (AA 4.3.2019, S.6f). Urteile werden hier häufig gemäß Xeer von Ältesten gesprochen. Diese Verfahren betreffen in der Regel nur den relativ eng begrenzten Bereich eines bestimmten Clans. Sind mehrere Clans betroffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden (Sippenhaft) spielen dabei eine wichtige Rolle (AA 4.3.2019, S.12).
Allgemeine Menschenrechtslage
In der somalischen Verfassung ist der Schutz der Menschenrechte ebenso verankert, wie die prägende Rolle der Scharia als Rechtsquelle (AA 4.3.2019, S.17).
Extralegale Tötungen stellen bei den Sicherheitskräften kein strukturelles Problem dar. Allerdings wäre in solchen Fällen aufgrund des dysfunktionalen Justizsystems in der Regel von Straflosigkeit auszugehen (AA 4.3.2019, S.19). Es liegen keine Berichte vor, wonach Behörden für Entführungen oder Verschwindenlassen verantwortlich wären (USDOS 13.3.2019, S.3; vgl. AA 4.3.2019, S.19). Al Shabaab entführt Menschen (USDOS 13.3.2019, S.3); 2018 sind mindestens 260 der Gruppe zugeschriebene Entführungen dokumentiert (UNSC 21.12.2018, S.13).
Bei Kämpfen unter Beteiligung von AMISOM, Regierung, Milizen und al Shabaab kommt es zur Tötung, Verletzung und Vertreibung von Zivilisten (USDOS 13.3.2019, S.1/11f). [Anm.: Siehe Abschnitt 3. Sicherheitslage]
Zivile Behörden sind nur eingeschränkt in der Lage, der Gesellschaft den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. Die schwersten Menschenrechtsverletzungen sind: Tötung von Zivilisten durch al Shabaab, somalische Kräfte, Clanmilizen und unbekannte Angreifer (USDOS 13.3.2019, S.1); Gewalt gegen Frauen und Mädchen, darunter Vergewaltigungen (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. SRSG 13.9.2018, S.2); gefährliche traditionelle Rituale; willkürliche Verhaftungen (SRSG 13.9.2018, S.2). In Süd-/Zentralsomalia werden extralegale Tötungen in der Regel von der al Shabaab in von ihr kontrollierten Gebieten durchgeführt, zunehmend auch in Form von gezielten Attentaten in Gebieten unter staatlicher Kontrolle (AA 4.3.2019, S.19).
Weitere Menschenrechtsverletzungen sind Verschwindenlassen (durch al Shabaab); Folter und andere grausame Behandlung; harte Haftbedingungen; willkürliche und politisch motivierte Verhaftungen; Delogierung und sexueller Missbrauch von IDPs; Verwendung von Kindersoldaten. Al Shabaab ist für die Mehrheit der schweren Menschenrechtsverletzungen verantwortlich (USDOS 13.3.2019, S.1ff). Generell ist Straflosigkeit die Norm. Die Regierung ergreift nur minimale Schritte, um öffentlich Bedienstete strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 13.3.2019, S.1ff; NLMBZ 3.2019, S.34). Im Zeitraum Jänner-Oktober 2018 wurden somalischen Sicherheitskräften insgesamt 238 tote und verletzte Zivilisten zugeschrieben; AMISOM 8; al Shabaab 611; und anderen Milizen 77. Insgesamt gab es in diesem Zeitraum 1.117 zivile Todesopfer und Verletzte (USDOS 13.3.2019, S.12f). Einer anderen Quelle zufolge gab es im Zeitraum Jänner-Oktober 2018 982 zivile Opfer, mehr als die Hälfte durch al Shabaab (HRW 17.1.2019). 176 Personen wurden zwischen Jänner und August 2018 entführt, die Mehrheit von al Shabaab (USDOS 13.3.2019, S.12f). Für das gesamte Jahr 2018 sind 1.384 zivile Todesopfer und Verletzte dokumentiert, davon werden 60% al Shabaab angelastet (SRSG 3.1.2019, S.5). Im Zeitraum 14.12.2018 bis 4.5.2019 berichtet die UN von 757 getöteten und verletzten Zivilisten, für 72% dieser Opfer wird al Shabaab verantwortlich gemacht, für 9% staatliche Sicherheitskräfte (UNSC 31.5.2019; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.55). Bis 21.7.2019 kamen 322 weitere Opfer hinzu; 76% davon wurden al Shabaab zugerechnet (UNSC 15.8.2019, Abs.46).
Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen durch Bundes- und Regionalbehörden, darunter Personen denen Aktivitäten oder Unterstützung für die al Shabaab vorgeworfen wird (USDOS 13.3.2019, S.6f). V.a. die NISA ist dafür verantwortlich (HRW 17.1.2019). Im Zeitraum JännerAugust 2018 gab es bei der Zahl willkürlicher Festnahmen eine Zunahme. Insgesamt wurden 218 Personen verhaftet. Die meisten davon wurden verdächtigt, der al Shabaab anzugehören. Andere hatten Steuern nicht bezahlt oder waren Familienmitglieder desertierter Angehöriger der Sicherheitskräfte. Auch alliierte Milizen, Clanmilizen und al Shabaab verhaften willkürlich Personen (USDOS 13.3.2019, S.6f).
Generell begeht al Shabaab in den Gebieten unter ihrer Kontrolle systematisch Menschenrechtsverletzungen (BS 2018, S.20). Al Shabaab verübt terroristische Anschläge gegen Zivilisten; begeht Morde und Attentate; entführt Menschen, begeht Vergewaltigungen und vollzieht grausame Bestrafungen; Bürgerrechte und Bewegungsfreiheit werden eingeschränkt. Die Gruppe rekrutiert Kindersoldaten (USDOS 13.3.2019, S.2; vgl. HRW 17.1.2019). Al Shabaab verhängt in Gebieten unter ihrer Kontrolle unmenschliche und degradierende Strafen gegen Zivilisten, darunter Amputation, Auspeitschung, Enthauptung und öffentliche Exekution (SEMG 9.11.2018, S.38; vgl. BS 2018, S.11). Außerdem richtet al Shabaab regelmäßig und ohne ordentliches Verfahren Menschen hin, denen Kooperation mit Regierung, internationalen Organisation oder westlichen Hilfsorganisation vorgeworfen wird (AA 4.3.2019, S.12). Moralgesetze gebieten u.a. strenge Kleidungsvorschriften für Männer und Frauen (BS 2018, S.11).
Minderheiten und Clans
Recht: Die somalische Verfassung bekennt sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 4.3.2019, S.9). Weder das traditionelle Recht (Xeer) noch Polizei und Justiz benachteiligen Minderheiten systematisch. Faktoren wie Finanzkraft, Bildungsniveau oder zahlenmäßige Größe einer Gruppe können Minderheiten dennoch den Zugang zur Justiz erschweren (SEM 31.5.2017, S.42). Im Xeer sind Minderheiten insofern benachteiligt, alsdass große Clans Kompensationszahlungen eher durchsetzen können (NLMBZ 3.2019, S.38). Weiterhin ist es für Minderheitsangehörige möglich, sich im Rahmen formaler Abkommen einem andern Clan anzuschließen bzw. sich unter Schutz zu stellen. Diese Resilienz-Maßnahme wurde von manchen Gruppen etwa angesichts der Hungersnot 2011 und der Dürre 2016/17 angewendet (DI 6.2019, S.11).
Politik: Regierung und Parlament sind entlang der sogenannten 4.5-Formel organisiert. Dies bedeutet, dass die Vertreter der vier großen Clans dieselbe Anzahl von Parlamentssitzen zustehen, während kleineren Clans und Minderheitengruppen gemeinsam nur die Hälfte dieser Sitze zustehen (USDOS 13.3.2019, S.26; vgl. FH 5.6.2019b, B4). Dadurch werden kleinere Gruppen politisch marginalisiert (FH 5.6.2019b, B4). Aktuell sind im Parlament 31 von 275 Sitze von Minderheitsangehörigen besetzt, elf davon durch Bantu (NLMBZ 3.2019, S.42). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Dementsprechend sind politische Parteien, lokale Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert, wobei die vier größten Clans (Darod, Hawiye, Dir-Isaaq und Digil-Mirifle) Verwaltung, Politik, und Gesellschaft dominieren (ÖB 9.2016, S.4f). In politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ist die Clanzugehörigkeit also weiterhin wichtig, was Minderheiten und IDPs marginalisieren kann (SEM 31.5.2017, S.35f).
Gesellschaft: Einzelne Minderheiten leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 13.3.2019, S.34; vgl. AA 4.3.2019, S.12; FH 5.6.2019b, F4; NLMBZ 3.2019, S.41). Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 4.3.2019, S.12).
Gewalt: Minderheitengruppen, denen es oft an bewaffneten Milizen fehlt, sind überproportional von Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.). Täter sind Milizen oder Angehörige dominanter Clans (USDOS 13.3.2019, S.34). Generell sind Angehörige von nicht dominanten Clans und Gruppen zwar potenziell gegenüber Verbrechen vulnerabler als andere; allerdings gibt es keine Hinweise darauf, dass sie etwa in Mogadischu systematisch Gewalt ausgesetzt wären (LI 15.5.2018, S.3).
Al Shabaab: Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben – sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014, S.91). Es gibt Hinweise, wonach al Shabaab gezielt Kinder von Minderheiten entführt und zwangsrekrutiert (BS 2018, S.10). Gleichzeitig nützt al Shabaab die gesellschaftliche Nivellierung als Rekrutierungsanreiz – etwa durch die Abschaffung der Hindernisse für Mischehen zwischen „noblen“ Clans und Minderheiten (ICG 27.6.2019, S.7f). Dementsprechend wird die Gruppe von Minderheitsangehörigen eher als gerecht oder sogar attraktiv erachtet (DI 6.2019, S.11).
Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird (SEM 31.5.2017, S.8). Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA 5.3.2019b). Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (SEM 31.5.2017, S.8). Es gibt keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen (LI 4.4.2016, S.9).
Die sogenannten „noblen“ Clanfamilien können (nach eigenen Angaben) ihre Abstammung auf mythische gemeinsame Vorfahren und den Propheten Mohammed zurückverfolgen. Die meisten Minderheiten sind dazu nicht in der Lage (SEM 31.5.2017, S.5). Somali sehen sich als Nation arabischer Abstammung, „noble“ Clanfamilien sind meist Nomaden: · Darod gliedern sich in die drei Hauptgruppen: Ogaden, Marehan und Harti sowie einige kleinere Clans. Die Harti sind eine Föderation von drei Clans: Die Majerteen sind der wichtigste Clan Puntlands, während Dulbahante und Warsangeli in den zwischen Somaliland und Puntland umstrittenen Grenzregionen leben. Die Ogaden sind der wichtigste somalische Clan in Äthiopien, haben aber auch großen Einfluss in den südsomalischen Juba-Regionen sowie im Nordosten Kenias. Die Marehan sind in Süd-/Zentralsomalia präsent. · Hawiye leben v.a. in Süd-/Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind Habr Gedir und Abgaal, beide haben in und um Mogadischu großen Einfluss. · Dir leben im Westen Somalilands sowie in den angrenzenden Gebieten in Äthiopien und Dschibuti, außerdem in kleineren Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Die wichtigsten Dir-Clans sind Issa, Gadabursi (beide im Norden) und Biyomaal (Süd-/Zentralsomalia). · Isaaq sind die wichtigste Clanfamilie in Somaliland, wo sie