TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/20 W211 2133954-2

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Veröffentlicht am 20.11.2020
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Entscheidungsdatum

20.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GVG-B 2005 §2
GVG-B 2005 §6
VwGVG §8a

Spruch


W211 2133954-2/18E

I.       IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II.      BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX vom XXXX auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Rahmen der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX :

A)

I. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird insoweit stattgegeben, als der Antragsteller von der Eingabegebühr zur Beschwerdeerhebung und von allfälligen weiteren Kosten und Gebühren im Beschwerdeverfahren befreit ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Wesentlicher Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Am selben Tag wurde er in die Grundversorgung des Bundes aufgenommen.

Für die Zeiträume XXXX .12.2018, XXXX .12.2018, XXXX .12.2018, XXXX .12.2018, XXXX .12.2018, XXXX .12.2018, XXXX .12.2018 gab es Vorfallsmeldungen wegen der Übertretung der Hausordnung durch Nichtbeachtung der Nachtruhe. Am XXXX .2019 wurde eine weiter Vorfallsmeldung wegen Nichtbeachtung der Hausordnung verfasst, wonach der Beschwerdeführer am Gang geraucht habe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte am XXXX .2019 eine Einvernahme des Beschwerdeführers wegen der Verstöße gegen die Hausordnung durch, in deren Rahmen der Beschwerdeführer angab, zu Freunden gegangen und zu spät zurückgekommen zu sein. Die Freunde würden sich in XXXX aufhalten. In Zukunft wolle er sich an die Hausordnung halten.

Für den Zeitraum XXXX .01.2019 gab es eine Vorfallsmeldung wegen Übertretung der Hausordnung in Bezug auf die Nichtbeachtung der Nachtruhe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die bisher gewährte Versorgung gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 eingeschränkt und ihm das Taschengeld für den Zeitraum XXXX .2019 – XXXX .2019 nicht gewährt (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

Weitere Vorfallsmeldungen betrafen die Nichtbeachtung der Nachtruhe am XXXX .2019, am XXXX .2019, am XXXX .2019, am XXXX .2019 auch wegen störenden Verhaltens, Beschädigung oder Verunreinigung von Gegenständen, Rauchen außerhalb der dafür vorgesehenen Bereiche.

Mit Schriftsatz vom XXXX .2019 wurde Beschwerde gegen den Bescheid und ein Verfahrenshilfeantrag eingebracht. In der Beschwerde wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ein gerade einmal neunzehnjähriger Jugendlicher sei, und es sich bei den Verstößen nur um mindere gehandelt habe, weshalb der Entzug des Taschengeldes rechtswidrig sei. Zu dem Vorfall nach der Einvernahme sei dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben worden, diesen zu erklären. Seither habe er sich immer an die Hausordnung gehalten. In Bezug auf den Verfahrenshilfeantrag werde die Befreiung von den Gerichtsgebühren und der Gebühren von Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern und Beisitzern beantragt.

Zwischen XXXX .2019 und XXXX .2019 wurden weitere 19 Vorfallsmeldungen wegen Nichtbeachtung der Hausordnung eingebracht. Zwei Vorfallsmeldungen vom XXXX . und vom XXXX .2019 betrafen Handgreiflichkeiten zwischen Unterkunftnehmern.

Der Beschwerdeführer ist nunmehr seit April 2019 nicht mehr in Österreich gemeldet und bezieht auch keine Leistungen mehr aus der Grundversorgung.

Die Vollmacht wurde durch seine Vertretung am XXXX .2020 zurückgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer verstieß im Zeitraum vor der Erlassung des angefochtenen Bescheids acht Mal gegen die Hausordnung, indem er Nachtruhe wiederholt nicht beachtete und am Gang rauchte.

Festgestellt wird außerdem, dass der Beschwerdeführer auch nach der Einvernahme durch die Behörde in dieser Angelegenheit und nach einer Ermahnung nach dem GVG-B am XXXX .2019 weiter wiederholt gegen die Hausordnung verstieß.

2. Der Beschwerdeführer befand sich zum relevanten Zeitpunkt in der Grundversorgung und verfügte über keine sonstigen finanziellen Mittel oder Einkünfte.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit der Beschwerde und dem Verfahrenshilfeantrag und werden nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung: 

Zu I. A)

3.1. Rechtsgrundlagen:

3.1.1. § 2 Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 - GVG-B 2005 lautet:

Gewährung der Versorgung

§ 2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§ 1 Z 5). Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren
1.         zurückgewiesen oder
2.         abgewiesen wurde, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,

bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind. Bei Führung von Konsultationen gemäß der Dublin – Verordnung oder bei zurückweisenden Entscheidungen gemäß § 5 AsylG 2005 können im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes, Fremde in Betreuungseinrichtungen des betroffenen Bundeslandes untergebracht werden und von diesen versorgt werden. § 6 Abs. 1 gilt sinngemäß.

(2) Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs. 1 ist möglichst frühzeitig der Ort mitzuteilen, an welchem ihre Versorgung geleistet wird. Bei der Zuteilung ist auf bestehende familiäre Beziehungen, auf das besondere Schutzbedürfnis allein stehender Frauen und Minderjähriger und auf ethnische Besonderheiten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Grundversorgung gemäß Abs. 1 ruht für die Dauer einer Anhaltung.

(4) Die Versorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs. 1, die
1.         die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtungen (§ 5) fortgesetzt oder nachhaltig gefährden oder
2.         gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991 aus der Betreuungseinrichtung weggewiesen werden

kann von der Behörde eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Diese Entscheidung darf jedoch nicht den Zugang zur medizinischen Notversorgung beschränken.

(5) Die Grundversorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs. 1, die wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt worden sind, die einen Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 darstellen kann, kann eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Abs. 4 letzter Satz gilt.

(6) Der Entscheidung, die Versorgung nach Abs. 4 oder 5 einzuschränken oder zu entziehen, hat eine Anhörung des Betroffenen, soweit dies ohne Aufschub möglich ist, voranzugehen. Die Anhörung des Betroffenen ist insbesondere nicht möglich, wenn er zwar zur Anhörung geladen wurde, jedoch zu dieser nicht erscheint oder wenn sein Aufenthalt unbekannt ist.

(7) Die Handlungsfähigkeit und die Vertretung von Minderjährigen in Verfahren nach diesem Bundesgesetz richtet sich nach § 10 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012.

Art. 6 der Grundversorgungsvereinbarung - Art. 15a B-VG lautet:

Artikel 6

Grundversorgung

(1) Die Grundversorgung umfasst:
1.         Unterbringung in geeigneten Unterkünften unter Achtung der Menschenwürde und unter Beachtung der Familieneinheit,
2.         Versorgung mit angemessener Verpflegung,
3.         Gewährung eines monatlichen Taschengeldes für Personen in organisierten Unterkünften und für unbegleitete minderjährige Fremde, ausgenommen bei individueller Unterbringung gemäß Art. 9 Z 2,
4.         Durchführung einer medizinischen Untersuchung im Bedarfsfall bei der Erstaufnahme nach den Vorgaben der gesundheitsbehördlichen Aufsicht,
5.         Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge,
6.         Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger, durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach Einzelfallprüfung,
7.         Maßnahmen für pflegebedürftige Personen,
8.         Information, Beratung und soziale Betreuung der Fremden durch geeignetes Personal unter Einbeziehung von Dolmetschern zu deren Orientierung in Österreich und zur freiwilligen Rückkehr,
9.         Übernahme von Transportkosten bei Überstellungen und behördlichen Ladungen,
10.         Übernahme der für den Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten und Bereitstellung des Schulbedarfs für Schüler,
11.         Maßnahmen zur Strukturierung des Tagesablaufes im Bedarfsfall,
12.         Gewährung von Sach- oder Geldleistungen zur Erlangung der notwendigen Bekleidung,
13.         Kostenübernahme eines ortsüblichen Begräbnisses oder eines Rückführungsbetrages in derselben Höhe und
14.         Gewährung von Rückkehrberatung, von Reisekosten sowie einer einmaligen Überbrückungshilfe bei freiwilliger Rückkehr in das Herkunftsland in besonderen Fällen.

(2) Die Grundversorgung kann, wenn damit die Bedürfnisse des Fremden ausreichend befriedigt werden, auch in Teilleistungen gewährt werden.

(3) Fremden, die die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Unterkunft durch ihr Verhalten fortgesetzt und nachhaltig gefährden, kann die Grundversorgung gemäß Abs. 1 unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 2 eingeschränkt oder eingestellt werden. Das gleiche gilt im Anwendungsfall des § 38a SPG.

(4) Durch die Einschränkung oder Einstellung der Leistungen darf die medizinische Notversorgung des Fremden nicht gefährdet werden.

(5) Fremde gemäß Art. 2 Abs. 1 können mit ihrem Einverständnis zu Hilfstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung stehen, herangezogen werden.

3.1.2. Nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen („Aufnahmerichtlinie“ – Neufassung) sorgen die Mitgliedstaaten unter anderem dafür, dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellerinnen und Antragstellern gewährleistet (Art. 17 Abs. 2). Zur Einschränkung oder zum Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen führt Art. 20 Abs. 4 der Richtlinie aus, dass die Mitgliedstaaten Sanktionen für grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren und grob gewalttätiges Verhalten festlegen können. Gemäß Abs. 5 werden Entscheidungen über die Einschränkung der Leistungen oder über Sanktionen jeweils für den Einzelfall, objektiv und unparteiisch getroffen und begründet. Solche Entscheidungen sind in Bezug auf Minderjährige und unbegleitete Minderjährige unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Versorgung und gewährleisten einen würdigen Lebensstandard für alle Antragsteller_innen.

3.2. Anwendung dieser Grundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Es kann der Einschätzung der Behörde gefolgt werden, dass die Verstöße des Beschwerdeführers gegen die Hausordnung grobe und damit geeignet waren, die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Betreuungseinrichtung nachhaltig zu gefährden. Insbesondere wird in diese Einschätzung miteinbezogen, dass der Beschwerdeführer auch vor Erlassung des Bescheids, aber bereits nach der Einvernahme und einer entsprechenden Ermahnung wiederholt weiter gegen die Hausordnung verstoßen hat.

Weiter wird dabei mitbedacht, dass der Beschwerdeführer auch nach Erlassung des Bescheids und damit trotz der Sanktionierung seines Verhaltens weiterhin in kurzen Abständen und wiederholt gegen die Hausordnung verstieß. Für den XXXX . und den XXXX .2019 wurden schließlich auch Schlägereien unter den Untergebrachten aufgenommen, an denen der Beschwerdeführer – alkoholisiert – beteiligt war.

Dass dieser daher durch sein wiederholtes, auch nach Einvernahme, förmlicher Ermahnung, nach Sanktionierung fortgesetztes Verhalten die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung nachhaltig gefährdete, muss auf Basis des festgestellten Sachverhalts bejaht werden.

Das Vorbringen in der Beschwerde, dass es sich nur um mindere Vergehen handle, und sich der Beschwerdeführer außerdem schließlich an die Hausordnung gehalten habe, wird durch die darauf folgenden Vorfallsmeldungen und die Häufung dieser sowie die Vorfallsmeldungen in Bezug auf die Handgreiflichkeiten relativiert.

Mit dem zweimonatigen Entzug des Taschengeldes fand die belangte Behörde auch eine angemessene Reaktion auf die wiederholten Verstöße gegen die Hausordnung, die die grundlegende Versorgung des Beschwerdeführers in der fraglichen Zeit nicht gefährdete.

Im Ergebnis geht das Bundesverwaltungsgericht also davon aus, dass die durch die belangte Behörde erlassene Sanktion, die Einbehaltung von zwei Monaten Taschengeld, verhältnismäßig in Bezug auf das wiederholte Verhalten des Beschwerdeführers war.

Zu II.A.

3.3. Rechtsgrundlagen:

§ 8a VwGVG (Auszug):

§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. (...).

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist. Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (siehe auch VwGH v. 03.09.2015, Zl. Ro 2015/21/0032).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte, die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden. Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (siehe 1255 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen zu § 8a VwGVG).

Schließlich ist „Verfahrenshilfe jedenfalls nur insoweit zu gewähren, als diese von der Partei zur Führung des Verfahrens vor dem Hintergrund der maßgeblichen Kriterien des Art. 6 EMRK bzw. des Art. 47 GRC tatsächlich benötigt wird. Auch aus § 63 Abs. 1 ZPO, der insoweit anzuwenden ist, ergibt sich, dass Verfahrenshilfe „zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen“ ist. Das VwG hat somit einzelfallbezogen zu beurteilen, ob Verfahrenshilfe für das gesamte Beschwerdeverfahren oder nur für Teile desselben zu bewilligen ist und welche Begünstigungen dabei gewährt werden“ (vgl. Eder, Martschin, Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, K7 zu § 8aVwGVG).

3.4. Anwendung auf den gegenständlichen Fall:

Der Antragsteller bezog zum relevanten Zeitpunkt Mittel aus der Grundversorgung und verfügte über keine sonstigen finanziellen Mittel. Diese finanzielle Situation des Antragstellers ist daher in Bezug auf die Eingabegebühr in der Höhe von 30 € zu berücksichtigen. Da keine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt wurde, ist grundsätzlich zwar davon auszugehen, dass der Antragsteller weder Kosten für seine Teilnahme an der Verhandlung, noch solche von gegebenenfalls zu ladenden Zeugen und Zeuginnen oder Dolmetscherinnen und Dolmetscher zu tragen haben wird. Dennoch ist im Lichte der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers festzuhalten, dass er auch von der Entrichtung eventuell sonstig anfallender Kosten und Gebühren im Sinne des Antrags, also in Bezug auf die Gebühren allfälliger Zeuginnen und Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher_innen, Übersetzer_innen und Beisitzer_innen, befreit wird.

Zu I. und II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einschränkung Grundversorgung Hausordnung Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W211.2133954.2.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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