TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/24 W159 2125117-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch


W159 2125117-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2018, 1047341708 / 180454570, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 10 Abs. 1 Z 5, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 4 und Abs. 9, 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, stellte am 05.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist war.

Anlässlich seiner am Tag der Antragstellung durchgeführten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, im Juni XXXX geboren, sohin minderjährig, zu sein, aus XXXX zu stammen und der Volksgruppe der XXXX anzugehören. Im Herkunftsstaat hielten sich seine Ehefrau, seine beiden minderjährigen Kinder, seine Eltern sowie seine Geschwister auf. In Bezug auf seinen Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, seine Familie stamme aus XXXX , aufgrund des Terrors durch die Al Shabaab hätten sie ihre Heimat verlassen und seien nach XXXX geflüchtet. Aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit würden sie jedoch in XXXX nicht unterstützt werden, weshalb der Beschwerdeführer sein Herkunftsland verlassen hätte. Im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatort fürchte der Beschwerdeführer, durch die Al Shabaab getötet zu werden.

Der Beschwerdeführer berichtigte sein im Erstbefragungsprotokoll festgehaltenes Geburtsjahr in weiterer Folge mit schriftlicher Eingabe auf das Jahr XXXX .

Am 28.07.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Der Beschwerdeführer gab anlässlich jener Einvernahme kurz zusammengefasst an, bisher wahrheitsgemäße Angaben erstattet zu haben. Er verfüge über keine identitätsbezeugenden Dokumente und habe zuletzt gemeinsam mit seiner Familie in XXXX im Bundesstaat Hiiraan gelebt. Im April 2014 habe er jene Stadt verlassen und sich nach XXXX begeben, um dort ein neues Leben zu beginnen. Dort habe er jedoch niemanden gehabt, auch keine Clanangehörigen. Nach einem dreitägigen Aufenthalt sei er daher weiter nach Äthiopien und schließlich nach Europa gereist. Der Beschwerdeführer habe in XXXX ein kleines Kino betrieben, im April 2014 sei er dort von Al Shabaab überfallen worden, man hätte ihn aufgefordert, jenes Kino zu schließen. Der Beschwerdeführer habe dieser Aufforderung keine Folge geleistet und den Betrieb des Kinos vorübergehend einem Freund anvertraut. Aus der Ferne habe der Beschwerdeführer beobachtet, dass wenige Zeit später Mitglieder der Al Shabaab in das Kino gekommen, nach dem Beschwerdeführer gefragt und in das Geschäft geschossen hätten. In der Folge habe er sich für einige Tage bei dem erwähnten Freund versteckt gehalten und sich anschließend nach XXXX begeben. Die Familie des Beschwerdeführers hätte sich kurze Zeit davor ebenfalls nach XXXX begeben. Dies sei sein Hauptproblem, darüber hinaus sei seine Familie Beleidigungen und Diskriminierung aufgrund ihrer Minderheitenangehörigkeit ausgesetzt gewesen.

Mit Bescheid vom 16.03.2016, 1047341708-140254385, wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia/Somaliland ab (Spruchpunkt II.) erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia/Somaliland gemäß § 46 FPG zulässig sei und es setzte die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkte III. und IV.).

Das BFA ging im Rahmen der Entscheidungsbegründung aufgrund widersprüchlicher und gesteigerter Angaben von einer Unglaubwürdigkeit der durch den Beschwerdeführer vorgebrachten Bedrohungsalge durch Al Shabaab aus, im Übrigen hätten sich auch dessen Angaben zum Aufenthalt und Zeitpunkt des Verlassenes von XXXX sowie bezüglich einer Diskriminierung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als nicht glaubhaft erwiesen. Bereits die Angaben zu seiner Person – insbesondere hinsichtlich seines Alters, seines Lebensmittelpunktes, seiner Schulbildung sowie seiner Berufstätigkeit in Somalia – hätten sich im Verfahrensverlauf als überaus widersprüchlich dargestellt. Der Beschwerdeführer habe eine Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen können und diesem stünde gegebenenfalls die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes in Somaliland offen. Der Beschwerdeführer sei gesund und arbeitsfähig und könne seinen Lebensunterhalt in XXXX – wo im Übrigen keine Präsenz der Al Shabaab-Milizen bestünde – bestreiten, auch seine Familie sei in jener Stadt aufhältig. Hinweise auf eine fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers, welcher über keine familiären Bezugspunkte in Österreich verfüge, hätten sich im Verfahrensverlauf nicht ergeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.12.2016 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, zu der der Beschwerdeführer erschien. Dieser gab zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen zu Protokoll, von Al-Shabaab-Männern aufgefordert worden zu sein, das Kino, welches er betrieben habe, zu schließen. Er habe trotz dieser Aufforderung sein Kino weiterbetrieben. Da der Beschwerdeführer der Aufforderung nicht nachgekommen sei, hätte die Al Shabaab nach ihm gesucht. Der Beschwerdeführer habe sich bei einem Freund versteckt und sei in der Folge nach XXXX gegangen. Dort sei er aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit ausgegrenzt, nicht aber misshandelt, worden.

Mit hg. Erkenntnis vom 15.07.2017, W111 2125117-1/15E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des Bescheides vom 16.03.2016 gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen (Spruchpunkt A I.), ihr hinsichtlich Spruchpunkt II. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt (Spruchpunkt A II.), dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr zuerkannt (Spruchpunkt A III.) und gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Erledigung der Beschwerde die Spruchpunkte II. und VI. des Bescheides vom 16.03.2016 ersatzlos behoben (Spruchpunkt A IV.). Die (ordentliche) Revision ließ das Bundesverwaltungsgericht nicht zu (Spruchpunkt B).

Eine Verfolgung des Beschwerdeführers seitens der Al Shabaab nahm das Bundesverwaltungsgericht mangels glaubhafter Angaben seitens des Beschwerdeführers nicht fest, weshalb es dem Beschwerdeführer auch nicht den Status des Asylberechtigten zuerkannte. Unter Bezugnahme auf die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass aufgrund der prekären Sicherheitslage, der höchst angespannten Grundversorgungslage (Dürre, Nahrungsmittelknappheit), periodisch wiederkehrenden Dürreperioden mit Hungerkrisen und der äußerst mangelhaften Gesundheitsversorgung sowie des mangelnden Zugangs zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Existenzgrundlage des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr nach Somalia respektive Somaliland gesichert wäre. Daher sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen und die Spruchpunkt III. und IV. des Bescheides zu beheben.

2. Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

Am 21.06.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde dem Beschwerdeführer zunächst eröffnet, dass die Aberkennung seines Status als subsidiär Schutzberechtigten beabsichtigt sei. Zur Lage in Somalia könne er nichts sagen. Seine Fluchtgründe bestünden noch immer. Dazu wurde dem Beschwerdeführer nach diesbezüglichen Ausführungen mitgeteilt, dass diese bereits im vorangegangenen Verfahren weder vom BFA noch vom Bundesverwaltungsgericht für glaubhaft befunden wären. Der Beschwerdeführer gab weiters an, es sei in XXXX nicht sicher. Zu seiner Familie nach XXXX könne der Beschwerdeführer nicht gehen, weil er nicht von dort sei. Seine Familie könne von dort nicht weg, weil sein Vater schwer krank sei. Deshalb könne der Beschwerdeführer dort nicht leben. Seine Tante habe ihm gesagt, dass seine Familie dort sehr schlecht leben würde.

Sie Sicherheitslage in Somalia sei schlecht. Ständig würden dort Anschläge verübt. Es sei dort nicht sicher, man könne auch im Bus erschossen werden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen und im Spruch bezeichneten Bescheid vom 03.07.2018 erkannte das BFA den dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 15.05.2018, W111 2125177-1/15E, zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.), wies seinen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.) und setzte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für dessen freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 FPG erließ das BFA gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).

Rechtlich begründend führte das BFA aus, aufgrund der Regenfälle habe sich die allgemeine Versorgungslage gebessert und eine unmenschliche Behandlung des Beschwerdeführers iSd Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sei nicht zu erwarten. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder und arbeitsfähiger Mann, sodass ihm eine grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben möglich sei, zumal er bis zu einem Eintritt in den Arbeitsmarkt auf familiäre Hilfe zurückgreifen könne. Da der Beschwerdeführer mit den kulturellen und sprachlichen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsland vertraut sei, könne er sich an eine NGO wenden und/oder nach Mogadischu ausweichen. Es könne auch eine finanzielle Rückkehrhilfe gewährt werden.

Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG 2005 hätten sich im Verfahren nicht ergeben. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte, sei straffällig geworden, zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt worden und weise keine Integration im Bundesgebiet auf, weshalb eine Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in seine Rechte auf Privat- und Familienleben begründe. Da aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz (SMG) die Annahme gerechtfertigt sei, dass ein weiterer Aufenthalt seiner Person im österreichischen Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, erweise sich die Erlassung eines Einreiseverbotes als erforderlich um der von seiner Person ausgehenden Gefährdung zu begegnen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH innerhalb offener Frist die verfahrensgegenständliche Beschwerde. Dabei bringt er im Wesentlichen – neben einer Wiedergabe des Verfahrensganges, einer Darstellung des behaupteten Sachverhaltes und weitwendiger Zitierung von Länderberichten zu Somalia – vor, das BFA habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und es habe die Dürre in Somalia außer Acht gelassen. Aufgrund der Dürre und der dieser gefolgten Unwettern sei in Somalia keineswegs von einer Entspannung der Lage auszugehen. Die Begründung des BFA gehe ins Leere. Daher habe es eine unrichtige rechtliche Beurteilung getroffen. Hinsichtlich des verhängten Einreiseverbotes habe das BFA das Treffen einer Gefährdungsprognose unterlassen.

In der Beschwerde werden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid in vollem Umfang zu beheben und festzustellen, dass dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukomme, dem Antrag vom 12.04.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung stattzugeben, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, in eventu, den angefochtenen Bescheid „ersatzlos“ zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen, in eventu, den Bescheid hinsichtlich seines Spruchpunkts VII. ersatzlos zu beheben, „die Abschiebung unter Spruchpunkt V ersatzlos [zu] beheben“ und festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführer in sein Herkunftsland nicht zulässig ist, sowie, in eventu, das auf drei Jahre befristete Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen.

Der Beschwerdeführer war nur bis zum 27.02.2019 in Österreich aufrecht gemeldet.

Die Beschwerdeführervertretung hat die Vollmacht zurückgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger von Somalia, er gehört dem Clan der XXXX an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Der Beschwerdeführer stammt ursprünglich aus der Stadt XXXX , zuletzt hat er in XXXX gelebt. Seine Frau, seine beiden minderjährigen Kinder sowie seine drei volljährigen Geschwister leben in XXXX .

Mit hg. Erkenntnis vom 15.05.2017, W111 2125117-1/15E, wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt, ihm jedoch der Status eines ssubsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich eine Rückkehr nach Somalia für den Beschwerdeführer angesichts der schwierigen allgemeinen Versorgungslage aufgrund der damals vorherrschenden Dürresituation als nicht zumutbar erwiesen hat.

In Bezug auf die zum Zeitpunkt der Zuerkennung subsidiären Schutzes vorgelegene Dürresituation und die damals prognostizierten Versorgungsengpässe ist mittlerweile insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als nicht erkannt werden kann, dass für den Beschwerdeführer als gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf im Falle einer Niederlassung in Mogadischu nach wie vor eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit bestehen würde. Dieser liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit, noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgeblichen privaten Beziehungen. Er ist nie einer längerfristigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 23.05.2018, XXXX , wegen § 27 Abs. 2a 2. F StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, wobei sechs Monate unter Setzung einer Probefrist von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt. Der Beschwerdeführer hatte in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage bzw. an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich, wobei die Tat führ zumindest 15 Personen wahrnehmbar war, anderen Personen vorschriftswidrig Suchtgift gegen Entgelt überlassen.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer tiefgreifenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, zumal anhand seines bisherigen Verhaltens die Begehung weiterer Straftaten, insbesondere im Bereich der Rauschgiftdelikte, zu prognostizieren ist.

Zur Lage in Somalia wird unter Heranziehung der im angefochtenen Bescheid zitierten Länderberichte Folgendes festgestellt:

Politische Lage:

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmaajo“ zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance. Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident – Ali Abdullahi Osoble – gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-        AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

-        BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

-        DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 21.12.2017

-        EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

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-        ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

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-        WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten:

Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante Änderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das „urban island scenario“ besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich Große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden – etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017).

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen:

Eine vollständige und inhaltlich umfassende Darstellung kann nicht gewährleistet werden; die

Gebietsgrenzen sind relativ, jedoch annähernd (z.B. Problematik der unterschiedlichen Einflusslage bei Tag und Nacht; der Fluktuation entlang relevanter Nachschubwege). Um die Karten übersichtlich zu gestalten, wurde eine Kategorisierung der auf somalischem Boden operierenden (Konflikt-)Parteien vorgenommen (BFA 8.2017):

a)       Alle auf irgendeine Art und Weise mit der somalischen Regierung verbundenen und gleichzeitig gegen al Shabaab gestellten Kräfte wurden als „anti-al-Shabaab Forces“ zusammengefasst. Diese Kategorie umfasst neben Bundeskräften (SNA) auch Kräfte der Bundesstaaten (etwa Jubaland, Galmudug, Puntland) sowie AMISOM und bi-lateral eingesetzte Truppen (und damit de facto auch die Liyu Police).

b)       Die ASWJ wurde nicht in diese Kategorie aufgenommen, da sie zwar gegen al Shabaab kämpft, die Verbindung zur Bundesregierung aber momentan unklar ist.

c)       Einige Clans verfügen über relative Eigenständigkeit, die auch mit Milizen abgesichert ist. Dies betrifft in erster Linie die Warsangeli (Sanaag), Teile der Dulbahante (Sool) und die Macawusleey genannte Miliz in Hiiraan. Keine dieser Milizen ist mit Somaliland, einem somalischen Bundesstaat, mit der somalischen Bundesregierung oder al Shabaab verbunden; sie agieren eigenständig, verfügen aber nur über eingeschränkte Ressourcen.

Operational Areas:

d)       Operationsgebiete, in welchen die markierten Parteien über relevanten Einfluss verfügen (einfarbig): Dort können die Parteien auf maßgebliche Mittel (Bewaffnung, Truppenstärke, Finanzierung, Struktur, Administration u.a.) zurückgreifen, um auch längerfristig Einfluss zu gewährleisten. Es sind dies die Republik Somaliland; Puntland; teilweise auch Galmudug; AMISOM in Tandem mit der somalischen Regierung bzw. mit Bundesstaaten; äthiopische Kräfte im Grenzbereich; al Shabaab; Ahlu Sunna Wal Jama’a in Zentralsomalia;

e)       Einige Gebiete (schraffiert) – vorwiegend in Süd-/Zentralsomalia – unterliegen dabei dem Einfluss von zwei dermaßen relevanten Parteien.

f)       Alle in der Karte eingetragenen Städte und Orte wurden einer der o.g. Parteien zugeordnet. Sie gelten als nicht schraffiert, die Kommentare unter 4.1.2 sind zu berücksichtigen. Soweit bekannt wurden den Städten AMISOM-Stützpunkte oder Garnisonen bi-lateral eingesetzter Truppen zugeordnet. In den Städten ohne eine derartige Präsenz gibt es eine SNA-Präsenz, oder aber Sicherheitskräfte der einzelnen Bundesstaaten; oder Somalilands.

g)       Operationsgebiete, in welchen kleinere Parteien über eingeschränkten Einfluss verfügen (strichliert): Dort sind neben den o.g. relevanten Parteien noch weitere Parteien mit eingeschränkter Ressourcenlage aktiv. Ihr Einfluss in diesen Operationsgebieten ist von wechselnder Relevanz und hängt von den jeweiligen verfügbaren Ressourcen und deren Einsatz ab (BFA 8.2017).

(BFA 8.2017)

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2016; vgl. ACLED 2017).

Quellen:

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2017): Africa Data, Version 8 (1997-2017), https://www.acleddata.com/data/, Zugriff 10.1.2018

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2016): Africa Data, Version 7 (1991-2016), http://www.acleddata.com/data/, Zugriff 21.12.2017

-        BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

Süd-/Zentralsomalia:

Die Präsenz von AMISOM in Somalia bleibt auch mittelfristig essentiell, um die Sicherheit in Somalia zu gewährleisten. Sollte AMISOM überhastet abziehen oder die Verantwortung zu früh an somalische Sicherheitsbehörden übergeben, besteht das Risiko von Rückschritten bei der Sicherheit (UNSC 5.9.2017; vgl. ICG 20.10.2017).

AMISOM hat große Erfolge erzielt, was die Einschränkung der territorialen Kontrolle der al Shabaab anbelangt (ICG 20.10.2017). Weite Teile des Landes wurden durch AMISOM und durch die somalische Armee aus den Händen der al Shabaab zurückgeholt (UNHRC 6.9.2017), und AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 9.2016). AMISOM und die somalische Regierung konnten ihre Kontrolle in zurückgewonnenen Gebieten etwas konsolidieren (AI 22.2.2017). Es ist aber kaum zur Einrichtung von Verwaltungen gekommen (BFA 8.2017).

Gleichzeitig hat AMISOM ihre Kräfte überdehnt. Die Mission tut sich schwer dabei, nunmehr den Kampf gegen eine Rebellion führen zu müssen, welche sich von lokalen Konflikten nährt. Die al Shabaab ist weiterhin resilient (ICG 20.10.2017). Außerdem beherrschen einige der neu errichteten Bundesstaaten nicht viel mehr, als ein paar zentrale Städte. Der effektive Einfluss von AMISOM und den somalischen Verbündeten bleibt jedoch in vielen Fällen auf das jeweilige Stadtgebiet konzentriert, auch wenn es teils zu weiteren Exkursionen kommt. In einigen Städten ist es in jüngerer Vergangenheit zu Verbesserungen gekommen. Dies gilt mehrheitlich auch für Mogadischu (BFA 8.2017).

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.1.2017; vgl. ÖB 9.2016) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 9.2016). Kämpfe – vor allem unter Beteiligung von al Shabaab, aber auch unter Beteiligung von Clans – sowie Zwangsräumungen haben zu Vertreibungen und Verlusten geführt (HRW 12.1.2017). Dabei haben AMISOM und die somalische Armee seit Juli 2015 keine großen Offensive mehr geführt (SEMG 8.11.2017). Im Jahr 2016 gab es zwar Kämpfe zwischen AMISOM/Regierung und al Shabaab, es kam aber kaum zu Gebietswechseln (AI 22.2.2017). Im Jahr 2017 ist es zu weniger direkten militärischen Auseinandersetzungen zwischen al Shabaab und AMISOM gekommen. Die am meisten vom militärischen Konflikt betroffenen Gebiete sind die Frontbereiche, wo Ortschaften und Städte wechselnder Herrschaft unterworfen sind; sowie das Dreieck Mogadischu-Afgooye-Merka (BFA 8.2017).

Die reduzierten Kapazitäten der al Shabaab haben dazu geführt, dass sich die Gruppe auf Guerilla-Taktik und asymmetrische Kriegsführung verlegt hat. Al Shabaab begeht verübt komplexe Angriffe, Selbstmordattentate, und gezielte Attentate auf Einzelpersonen (UKHO 7.2017). Die Gruppe setzt den Guerillakampf im ländlichen Raum Süd-/Zentralsomalias fort. Regelmäßig kommt es zu Angriffen auf somalische und AMISOM-Truppen, die sich auf Verbindungsstraßen bewegen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNSC 9.5.2017).

Al Shabaab kontrolliert weiterhin wichtige Versorgungsrouten und hält gegen Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierungskräften Blockaden aufrecht (HRW 12.1.2017). Durch Guerilla-Aktivitäten isoliert al Shabaab mehrere Städte, die teils als Inseln im Gebiet der Gruppe aufscheinen (BFA 8.2017). AMISOM muss an vielen Einsatzorten von UNSOS aus der Luft versorgt werden, da die Überlandrouten nicht ausreichend abgesichert sind (UNSC 5.9.2017).

Es hat mehrere Fälle gegeben, wo internationale Truppen Gebiete in Bakool, Galgaduud, Hiiraan und Lower Shabelle ohne große Ankündigung geräumt haben. In der Folge ist al Shabaab unmittelbar in diese Gebiete zurückgekehrt und hat an der lokalen Bevölkerung zahlreiche Menschenrechtsverletzungen (Mord, Folter, Entführung, Vernichtung humanitärer Güter, Zwangsrekrutierung) begangen (SEMG 8.11.2017). Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eben jene Orte, aus denen die ENDF oder AMISOM rasch abgezogen sind, am meisten unter dem Konflikt leiden. Sobald die Regierungskräfte abziehen, füllt nämlich al Shabaab das entstandene Vakuum auf. Vergeltungsmaßnahmen gegen Zivilisten folgen umgehend. Es gibt regelmäßig Berichte darüber, dass AS mutmaßliche Kollaborateure hingerichtet hat. Die Menschen dort leben unter ständiger Bedrohung (BFA 8.2017).

Im September 2017 überrannte al Shabaab mehrere Stützpunkte der somalischen Armee, namentlich in Bulo Gaduud, Belet Xawo, Ceel Waaq und Bariire (19.12.2017 VOA).

Eine Infiltration von unter Kontrolle der Regierung stehenden Städten mittels größerer Kampfverbände der al Shabaab kommt nur in seltenen Fällen vor. Bisher wurden solche Penetrationen innert Stunden durch AMISOM und somalische Verbündete beendet. Eine Infiltration der Städte durch verdeckte Akteure der al Shabaab kommt in manchen Städten vor (BFA 8.2017). Al Shabaab ist dadurch nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 22.2.2017).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 9.2016). Politische Anstrengungen zur Etablierung bzw. Stärkung von Bundesländern verstärkten Clankonflikte in manchen Bereichen (ÖB 9.2016; vgl. BS 2016, BFA 8.2017). Auch dabei kommen Zivilisten zu Schaden (HRW 12.1.2017).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 9.2016).

Gezielte Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur mittels Selbstmordattentätern und anderen Sprengstoffanschlägen durch die al Shabaab haben weiterhin gravierende Folgen (HRW 12.1.2017). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, bei gezielten Attentaten, durch Sprengsätze oder Handgranaten und bei komplexen Anschlägen ums Leben oder werden verwundet (AI 22.2.2017). Generell hat al Shabaab vermehrt Gewalt gegen Zivilisten angewandt, nötigt oder bestraft in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ganze Gemeinden. Aufgrund der durch die Dürre verstärkten Ressourcenknappheit hat al Shabaab Dörfern niedergebrannt und Älteste enthauptet, um ihre Steuerforderungen durchzusetzen – so z.B. im Raum Xaradheere im November 2016 (SEMG 8.11.2017). Im ersten Trimester 2017 wurden von al Shabaab 36 Personen entführt, davon wurden 15 später wieder freigelassen (UNSC 9.5.2017).

UNSOM hat für den Zeitraum 1.1.2016-14.10.2017 insgesamt 2.078 getötete zivile Opfer in Somalia dokumentiert; hinzu kommen 2.507 Verletzte. Für 60% der Opfer ist die al Shabaab verantwortlich (UNHRC 10.12.2017a).

(UNHRC 10.12.2017b)

Für das Jahr 2016 berichtet das UN Mine Action Service von 267 durch Sprengstoffanschläge getötete und 727 verletzte Personen. Bei Kämpfen kamen zwischen Jänner und August 2016 492 Zivilisten ums Leben (USDOS 3.3.2017). Andererseits beruft sich die SEMG auf Zahlen von ACLED. Demnach seien im Zeitraum Jänner 2016 bis Mitte August 2017 bei 533 Zwischenfällen mit improvisierten Sprengsätzen insgesamt 1.432 Zivilisten zu Schaden gekommen, 931 davon wurden getötet (SEMG 8.11.2017). Das Rote Kreuz wiederum berichtet, dass im Jahr 2016 ca. 5.300 durch Waffen verletzte Personen in vom IKRK unterstützten Spitälern eine Behandlung erhalten haben; v.a. in Mogadischu, Baidoa und Kismayo (ICRC 23.5.2017). Es ist offenbar schwierig, die genaue Zahl festzustellen (AI 22.2.2017).

Im ersten Trimester 2017 wurden 646 Zivilisten getötet oder verletzt (UNSC 9.5.2017), im zweiten Trimester waren es 582 (ca. die Hälfte der letztgenannten Zahl ist al Shabaab zuzuschreiben, 12 Opfer der AMISOM, 41 den staatlichen Sicherheitskräften; bei durch die Dürre verschärften Ressourcenkonflikten kamen 175 Zivilisten zu Schaden) (UNSC 5.9.2017). Bei einer geschätzten Bevölkerung von rund 11 Millionen Einwohnern (CIA 6.11.2017) liegt die Quote getöteter Zivilisten:Gesamtbevölkerung für Gesamtsomalia im ersten Trimester 2017 bei ca. 1:17.000, im zweiten Trimester bei 1:18.900.

Auch wenn die Zahl von Gewalt gegen Zivilisten seit dem Jahr 2013 relativ konstant bleibt, so hat sich die Letalität – etwa aufgrund der Proliferation von destruktiveren Methoden – erhöht. Im Durchschnitt kommen bei jedem Vorfall also mehr Menschen zu Schaden (SEMG 8.11.2017). Absolutes Beispiel dieses Trends ist der Anschlag vom 14.10.2017 in Mogadischu, bei welchem mehr als 500 Menschen getötet wurden – wiewohl sich al Shabaab bislang nicht zu dem Anschlag bekannt hat (DS 2.12.2017).

Dahingegen ist bei den staatlichen Sicherheitskräften ein positiver Trend zu erkennen. Sie sind in keine größeren Angriffshandlungen gegen Zivilisten verwickelt (SEMG 8.11.2017).

Die Grafik zeigt, dass der Trend hinsichtlich der Anzahl an gewalttätigen Vorfällen gegen Zivilisten nach unten zeigt, während sich die Anzahl an Todesopfern pro Vorfall erhöht hat (SEMG 8.11.2017).

Die Anzahl an Sprengstoffanschlägen hat zugenommen, ihre Letalität ist hingegen kaum gestiegen (SEMG 8.11.2017).

Im zweiten Trimester 2017 kam es in ganz Somalia zu 16 Luftangriffen, die meisten davon in den Regionen Gedo (8), Lower Shabelle (4) und Lower Juba (3). Insgesamt kamen dabei 18 Zivilisten zu Schaden (UNSC 5.9.2017). Eine andere Quelle nennt als Gesamtzahl für die ersten beiden Trimester 2017 32 Luftangriffe durch Kenia, die USA und nicht identifizierte Kräfte (SEMG 8.11.2017). Insgesamt sollen alleine die USA im Jahr 2017 30 Luftschläge in Somalia durchgeführt haben (BBC 22.12.2017). Jedenfalls haben die USA ihre Angriffe verstärkt: Während sie im gesamten Jahr 2016 nur dreizehn Luftschläge führte, waren es alleine im Zeitraum Juni-September 2017 neun. Seit 2016 haben sich die Auswirkungen von Luftschlägen auf Zivilisten aufgrund gezielterer Angriffe verringert. Insgesamt wurden im Zeitraum Jänner 2016 bis Juni 2017 bei 58 Luftschlägen 36 zivile Opfer dokumentiert (SEMG 8.11.2017).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-        AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html, Zugriff 14.9.2017

-        BBC (22.12.2017): Who are Somalia's al-Shabab? http://www.bbc.com/news/world-africa-15336689, Zugriff 5.1.2018

-        BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

-        CIA - Central Intelligence Agency (6.11.2017): The World Factbook – Somalia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/so.html, Zugriff 10.11.2017

-        DS - Der Standard (2.12.2017): Neue Bilanz: Mehr als 500 Tote bei verheerendem Anschlag in Mogadischu, http://derstandard.at/2000068930378/Neue-Bilanz-Mehr-als-500-Tote-bei-verheerendem-Anschlag-in?ref=rec, Zugriff 21.12.2017

-        HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html, Zugriff 14.9.2017

-        ICG - International Crisis Group (20.10.2017): Managing the Disruptive Aftermath of Somalia's Worst Terror Attack , http://www.refworld.org/docid/59e9b7e74.html, Zugriff 11.11.2017

-        ICRC - International Committee of the Red Cross (ICRC) (23.5.2017): Annual Report 2016 - Somalia, http://www.refworld.org/docid/59490dab2.html, Zugriff 11.11.2017

-        ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

-        SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924, Zugriff 14.11.2017

-        UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf, Zugriff 15.12.2017

-        UNHRC - UN Human Rights Council (10.12.2017a): Protection of Civilians: Building the Foundation for Peace, Security and Human Rights in Somalia, https://reliefweb.int/report/somalia/protection-civilians-building-foundation-peace-security-and-human-rights-somalia, Zugriff 12.1.2018

-        UNHRC - UN Human Rights Council (10.12.2017b): Protection of Civilians in Somalia 2016-2017, https://reliefweb.int/report/somalia/protection-civilians-somalia-2016-2017, Zugriff 12.1.2018

-        UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html, Zugriff 11.11.2017

-        UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf, Zugriff 8.11.2017

-        UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

-        USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

-        VOA - Voice of America (19.12.2017): Somalia: Up to 30 Percent of Soldiers Unarmed, https://www.voanews.com/a/somali-government-says-up-thirty-percent-its-soldiers-unarmed/4170388.html, Zugriff 5.1.2018

Benadir / Mogadischu:

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv (BFA 8.2017). Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt – speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (UNSC 5.9.2017). Regelmäßig kommt es zu sogenannten komplexen Anschlägen in Mogadischu, wobei ein Sprengstoffanschlag mit dem Einsatz einiger weniger bewaffneter Selbstmordkämpfer kombiniert wird. Ziele sind i.d.R. Hotels oder Restaurants, die häufig von Behördenbediensteten oder Sicherheitskräften frequentiert werden (SEMG 8.11.2017).

Der Einsatz von Artillerie (Mörsern) mit Ziel Mogadischu ist wieder im Steigen begriffen. Im ersten Halbjahr 2017 kam es zu zwölf derartigen Angriffen, im Gesamtjahr 2016 waren es 17 (SEMG 8.11.2017). Am 12.6. und am 4.7.2017 wurden insgesamt neun Mörsergranaten auf Stadtgebiet abgeschossen (UNSC 5.9.2017). Dabei verfügt al Shabaab nunmehr auch über schwere, von AMISOM erbeutete Mörser (120mm), was ihre Möglichkeiten erweitert (SEMG 8.11.2017). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016). Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BFA 8.2017; vgl. UKUT 3.10.2014, vgl. EGMR 10.9.2015). Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017).

Die Sicherheitslage hat sich also verbessert (UNSOM 13.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017), bleibt aber volatil (UNSC 5.9.2017). Die MSM hat einige Erfolge verzeichnet, darunter Maßnahmen zur Entwaffnung von Milizen und Zivilisten. Auch die Polizei in Mogadischu funktioniert merklich besser, als vor drei oder vier Jahren. Das Polizeikontingent der AMISOM ist aktiv. Es werden in der ganzen Stadt regelmäßig Patrouillen durchgeführt. Zusätzlich befinden sich Stützpunkte der Armee an neuralgischen Punkten der Stadt. Auch die National Intelligence and Security Agency (NISA) und ihre Spezialeinheiten werden in Mogadischu eingesetzt. Der wichtigste Faktor in Mogadischu ist aber die Präsenz der AMISOM. Sie ist in Mogadischu mit je einem Bataillon aus Uganda und Burundi, mit dem militärischen Stab und mit rund 300 Polizisten präsent. In einem gewissen Ausmaß stellt sie für al Shabaab einen Abschreckungsfaktor dar. Sie macht es für AS schwieriger, in die Stadt zu gelangen (BFA 8.2017). Auch die Regierung zeigt einige Bemühungen, die Sicherheit in der Stadt zu verbessern. Allerdings sind diese ungenügend; korrupte, unbezahlte Soldaten und unzufriedene Clans in der Peripherie ermöglichen es der al Shabaab, Mogadischu zu infiltrieren (ICG 20.10.2017).

Mogadischu ist folglich nicht absolut abgeschottet (BFA 8.2017). Der Amniyat ist schon seit Jahren in der Stadt aktiv und konnte Sicherheitsstrukturen unterwandern (ICG 20.10.2017). Insgesamt reicht die in Mogadischu gegenwärtig gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte nicht aus, um eine flächeneckende Präsenz sicherzustellen. Al Shabaab hingegen verfügt eindeutig über eine Präsenz in der Stadt (BFA 8.2017). Diese Präsenz ist aber keine offen militärische, sondern eine verdeckte (DIS 3.2017). Diese ist in den Außenbezirken stärker, als in den inneren. Zentral-Mogadischu ist relativ konsolidiert. Gleichzeitig hängt die Präsenz der Gruppe auch von der Tageszeit ab. Die nördlichen Bezirke – v.a. Dayniile und Heliwaa – werden in der Nacht von al Shabaab kontrolliert (BFA 8.2017).

Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017; vgl. LI 1.4.2016). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, hängt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von persönlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014).

Mindestens einmal pro Monat kommt es zu einem signifikanten Sprengstoffanschlag. Tödliche, von al Shabaab inszenierte Zwischenfälle ereignen sich regelmäßig. Pro Monat töten die Islamisten ca. 20 Personen in Mogadischu. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung. Zusätzlich sind neben der al Shabaab auch andere Akteure für Morde und Attentate verantwortlich (BFA 8.2017). Bis in den Oktober 2017 hat Mogadischu eine moderate Verbesserung der Sicherheitslage erlebt. Die Zahl an Attentaten und Anschlägen ging zurück, die Sicherheitskräfte konnten einige Angriffe erfolgreich verhindern (ICG 20.10.2017). Andererseits schien sich al Shabaab später aus taktischen Überlegungen heraus auf Mogadischu zu konzentrieren. Dort sollen Anschläge – speziell auf sogenannte „soft targets“ (z.B. Hotels und Märkte) – verstärkt werden (UNHRC 6.9.2017). In welche Richtung sich die Sicherheitslage mittelfristig entwickeln wird, ist schwer einschätzbar (BFA 8.2017).

An der im September 2015 dargestellten Situation hat sich gemäß der Informationen der Fact Finding Mission 2017 nichts Wesentliches geändert (BFA 3./4.2017):

(BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016)

In Mogadischu lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 120 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie „violence against civilians“). Bei 102 dieser 120 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2017 waren es 217 derartige Vorfälle (davon 186 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in der Region Benadir entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht berücksichtigt):

 

Vorfälle (mit Todesopfern) - gesamt

BENADIR

2013

2014

2015

2016

2017

 

Anzahl Vorfälle / Opferzahl (1/>1)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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