TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/24 I408 2237104-1

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §67
FPG §70 Abs3

Spruch

I408 2237104-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SLOWAKEI, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 25.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.11.2019, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des gewerbsmäßigen Diebstahls von 3 Grafikkarten mit einer Mittäterin am 22.06.2019, 23.08.2019 und 30.08.2019, wobei es beim letzten nur beim Versuch geblieben ist, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die beiden Straftäter haben dabei die Grafikkarten im Gesamtwert von € 2.597 aus der Verpackung entnommen und ohne Bezahlung aus dem Geschäft mitgenommen. Mildern wurden das umfassende Geständnis, das Alter unter 21 Jahren sowie der bisher ordentliche Lebenswandel gewertet, erschwerende Umstände fanden keine Erwähnung-

Am 05.02.2020 gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter seiner gemeldeten Wohnanschrift Parteiengehör, welche über postalische Hinterlegung zugestellt wurde und auf die der Beschwerdeführer aber nicht reagierte.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.09.2020 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.) und erteilte ihm einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung (Spruchpunkt II.).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 23.10.2020 fristgerecht Beschwerde und beantragte den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes zu verringern, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuweisen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Beschwerde samt Behördenakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der XXXX -jägrige Beschwerdeführer, ein Staatsbürger der Slowakei hält sich seit 21.01.2019 in Österreich auf, ist hier ordnungsgemäß gemeldet und ging von 04.02.2019 bis 23.06.2020 einer erwerbsmäßigen Beschäftigung nach. Seit 14.07.2020 bezieht er Notstands- bzw. Überbrückungshilfe.

Die drei Diebstähle beging er mit einer XXXX -jährigen Slowakin, die in Österreich nie eine legale Beschäftigung ausübte und ab 25.07.2019 in seiner Wohnung gemeldet war. Gegen sie ist zwischenzeitlich ein in Rechtskraft erwachsenes Aufenthaltsverbot sowie zur Effektuierung ein Festnahmeauftrag erlassen worden.

Abgesehen von der angeführten strafgerichtlichen Verurteilung sind keine weiteren Vorstrafen oder Auffälligkeiten bekannt.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus dem Behördenakt und werden auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Hinzu kommen aktuelle Abfragen aus Strafregister, ZMR, AJ-WEB und IZR, sowohl hinsichtlich des Beschwerdeführers als auch seiner Mittäterin bei den strafbaren Handlungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) (Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde stattzugeben, dies aus folgenden Gründen:

Für den Beschwerdeführer, der aufgrund seiner slowakischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung, dies aufgrund des rechtmäßigen Aufenthalts seit Jänner 2019.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Die Zulässigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist dann gegeben, wenn vom Fremden auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wird. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass es die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den Erwägungen des Strafgerichts betreffend die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Die belangte Behörde hat grundsätzlich zutreffend § 67 FPG als Rechtsgrundlage für das Aufenthaltsverbot herangezogen. Sie hat jedoch verkannt, dass vorliegend nicht von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr gesprochen werden kann. Maßgeblich ist gegenständlich nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Beschwerdeführer hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

Um eine Gefährlichkeitsprognose abgeben zu können, muss eine Gesamtbetrachtung stattfinden. Bei der für den Beschwerdeführer zu erstellenden Gefährdungsprognose steht dessen (einzige) Verurteilung zu einer bedingten, fünfmonatigen Freiheitsstrafe wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls im Mittelpunkt der Betrachtung. Die belangte Behörde hat bei ihrer Entscheidung vollkommen außer Acht gelassen, dass sich der Beschwerdeführer in Ausübung einer gemeldeten Beschäftigung rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, eine eigene Wohnung angemietet hatte, zuvor unbescholten war, es sich bei den von ihm begangenen Straftaten um Vergehen handelte und er zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Auch liegt die strafgerichtliche Verurteilung bereits über ein Jahr zurück, die Straftaten 1½ Jahre und er hat sich seither nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Zudem hat sich die belangte Behörde weder mit dem jugendlichen Alter des Beschwerdeführers noch mit dem Einfluss der mitverurteilten Komplizin näher auseinandergesetzt, einer slowakischen Staatsangehörigen, die in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachging und im Bundesgebiet nur ab 27.09.2019 in der Wohnung des Beschwerdeführers einen gemeldeten Wohnsitz aufwies. Gegen diese Person hat die belangte Behörde zwischenzeitlich ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot sowie zur Effektuierung dieser Entscheidung einen Festnahmeantrag erlassen.

Unter Anwendung des § 67 Abs. 1 und 2 FPG kann das erkennende Gericht dem vorliegenden Fall keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Republik (dauerhaft) gefährdet, abgewinnen. Die vorzunehmende Zukunftsprognose fällt daher zu Gunsten des Beschwerdeführers aus.

Im Ergebnis und vor dem Hintergrund der zu Beginn zitierten VwGH-Judikatur zeigt sich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorliegend somit nicht als verhältnismäßig.

Auch im Lichte der in § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen ist zu berücksichtigen, dass er sich der Beschwerdeführer zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Österreich aufhält, eine Mietwohnung hat und bis Juni 2020 noch in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis stand. Da sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes schon dem Grunde nach als unzulässig erweist, war auf die Relation des Privat- und Familienlebens zu den öffentlichen Interessen nicht (mehr näher) einzugehen. Wegen der untrennbaren Verbindung des § 70 Absatz 3 FPG mit dem Bestand eines Aufenthaltsverbotes war der Bescheid auch dahingehend aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, kann eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Durchsetzungsaufschub ersatzlose Behebung Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Unionsbürger Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2237104.1.01

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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