TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/30 W135 2234623-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2020
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Entscheidungsdatum

30.11.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W135 2234623-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 04.08.2020, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer brachte am 09.01.2020 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) ein, welcher nach einem entsprechenden Hinweis auf dem Antragsformular auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gewertet wurde. Als vorliegende Gesundheitsschädigungen gab der Beschwerdeführer Goodpasture-Syndrom, Niereninsuffizienz und „Dialyse seit 07.11.2019“ an. Dem Antrag legte der Beschwerdeführer einen Ärztlichen Entlassungsbrief des Landesklinikums XXXX nach einem stationären Aufenthalt vom 26.11.2019 bis 02.12.2019 (Aufnahmegrund: Nierenversagen aufgrund eines Goodpasture-Syndroms) bei.

Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin ein, welches nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.03.2020 erstellt wurde. Die Sachverständige hält darin wie folgt fest:

„Anamnese:

Goodpasture-Syndrom, Z.n. Nierenbiospie am 8.11.19, akutes Nierenversagen 11/2019, terminale Niereninsuffizienz

Dialysebeginn am 7.11.19, Z.n. 1 Zyklus Pulstherapie mit Cylcophosphamid am 12.11.19, Z.n. 5 Zyklen Plasmapherese, renale Anämie, arterielle Hypertonie, sek. Hyperparathyreoidismus,Hyperphosphatämie, Vitamin D-Mangel, St.p.CHE

Cimino- Shunt- Anlage am 9.12.2019

NTX Evaluierung eingeleitet.

Herr XXXX beantragt die Ausstellung eines Behindertenpasses mit Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“

Derzeitige Beschwerden:

Jeweils am Tag nach der Dialyse Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Bei Anstrengung Atemprobleme, z.B, beim Steigen in den 1. Stock.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Laufende Hämodialyse 3 x wöchentlich

Calciumacetat 500 mg zum Essen 1-1-1

Amlodipin 10 mg 1x1

Maxikalz Vit. D3 1x1

Renvela 800 mg zum Essen 1-1-1

Prednisolon 25 mg 1x1

Pantoloc 20 mg 1x1

Nephrotrans 840 mg 1-0-1

Mycostatin orale Lösung 3x 6 ml tägl.

Oleovit D3 40 gtt. lx/Wo Mo

Orthopädische Hilfsmittel: Lesebrille

Candesartan 16 mg 2x1

Sozialanamnese:

Herr XXXX ist verheiratet, ist selbständig als Graphiker/Druckerei, Pensionsverfahren laufend

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befundbericht Landesklinikum XXXX Standort XXXX - Innere Medizin, 2. Dezember 2019:

Diagnosen bei Entlassung

Goodpasture-Syndrom

Z.n. Nierenbiospie am 8.11.19

Akutes Nierenversagen 11/2019

Terminale Niereninsuffizienz

Dialysebeginn am 7.11.19

Z.n. 1 Zyklus Pulstherapie mit Cylcophosphamid am 12.11.19

Z.n. 5 Zyklen Plasmapherese LK XXXX 11/19

Laufende Cortisontherapie

Renale Anämie

Arterielle Hypertonie

Metabolische Azidose

sek. Hyperparathyreoidismus

Hyperphosphatämie

Vitamin D-Mangel
Zusammenfassung des Aufenthalts

Die stat. Aufnahme des Pat. erfolgte am 26.11.19 im Rahmen einer Rücktransferierung vom LK XXXX wo der Patient intermittierender Dialysetherapie erhalten hatte

Anamnestisch zeigen sich in der Labordiagnostik die glomerulären Basalmembran-AK positiv. Die Nierenbiopsie zeigt eine floride nekrotisierende crescent Glomerulonnephritis mit 22/22 betroffenen Glomerula

Beim Pat. besteht eine anhaltende Anurie. Von Seiten der Lunge bestehen keinerlei Beschwerden, es wird im Rahmen des stat. Aufenthaltes die Dialysetherapie fortgeführt, weiters erhält der Pat. seit Einlangen des histolog. Ergebnisses eine Cortison-Therapie unter begleitender Lidaprim- und oraler Mycostatin- Therapie.

Als weiteres Procedere erfolgt die neuerliche Bestimmung der Antibasalmembran-AK, ggf. wird die Durchführung einer neuerlichen Nierenbiopsie evaluiert.

Das weitere Procedere wird dem Patienten im Rahmen der Dialyse mitgeteilt.

Die Pat. kann am 2.12.19 nach erfolgter Dialyse entlassen werden.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Großer etwas untersetzter Patient in gutem AZ kommt erstmals zur Untersuchung in meine Ordination

Ernährungszustand:

untersetzt

Größe: 180,00 cm Gewicht: 92,00 kg Blutdruck: 185/100

Klinischer Status – Fachstatus:

Haut und sichtbare Schleimhäute unauffällig, Gesicht teigig pastös HNO Bereich frei, Sehen und Hören normal, ZVK rechts,Thorax symmetrisch, Cor normal konfiguriert, HA rh, Töne leise und rein, Pulmo sonorer KS, hochstehende Basen, Pleura frei, leises VA ohne NG, Abdomen weich, kein DS, keine Defense oder Resistenz, Hepar und Lien nicht tastbar, kleine blande Narben nach lap. CHE, OE: Faustschluss seitengleich und kräftig (KG 5), Schürzen- und Nackengriff bds. ungehindert, WS: Brustkyphose, kein Klopfschmerz, Nierenlager bds. frei, kein Sacralödem, UE: Hüft- und Kniegelenke in allen Ebenen frei beweglich, geringe US- Ödeme, neurologischer Status: grob klinisch unauffällig

Gesamtmobilität – Gangbild:

Normalschrittig, sicher und frei

Status Psychicus:

Stimmung und Antrieb unauffällig, Patient bewußtseinsklar und gut orientiert, Duktus kohärent

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Goodpasture- Syndrom mit Niereninsuffizienz und laufender Dialyse (seit 11/2019)

1 Stufe über unterem Rahmensatz bei Hypertonie und renaler Anämie, aber ohne Lungenschädigung

05.04.04

70

2

Zustand nach Gallenblasenentfernung

Unterer Rahmensatz, komplikationslos

07.06.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 2 erhöht bei fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht

?

Dauerzustand

?

Nachuntersuchung

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Unter Berücksichtigung der körperlichen Defizite ist es trotzdem möglich, eine kurze Wegstrecke und ein paar Stiegen, wenn erforderlich im Nachstellschritt, selbständig zu bewältigen, da ausreichend Kraft und Beweglichkeit in beiden Beinen zu verzeichnen ist. Daher ist ein sicheres Ein- und Aussteigen ohne Verwendung von Hilfsmittel möglich. Auch ist die Beweglichkeit und Greiffunktion zum Festhalten in beiden Armen nicht wesentlich beeinträchtigt, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und der sichere Transport gewährleistet ist. Die Zuhilfenahme eines Gehstockes ist keine maßgebliche Erschwernis öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Eine maßgebliche cardiorespiratorische Leistungseinschränkung liegt nicht vor.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein“

Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 03.03.2020 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit und gab ihm Gelegenheit binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen. Als Beilage wurde ihm das eingeholte Sachverständigengutachten vom 02.03.2020 übermittelt.

Mit Schreiben vom 13.03.2020 brachte der Beschwerdeführer vor, dass bei ihm aufgrund des Goodpasture-Syndrom eine unheilbare Autoimmunerkrankung vorhanden sei. Sämtliche Ärzte würden den Beschwerdeführer darin bekräftigen Menschenansammlungen zu meiden, keine Konzerte, Kinos usw. zu besuchen. Selbst das Aufsuchen einer Arztpraxis stelle für den Beschwerdeführer ein großes Risiko dar. Eine Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel sei dem Beschwerdeführer wegen seines Immunsystems nicht zumutbar. Darüber hinaus müsse der Beschwerdeführer wegen der akuten Niereninsuffizienz jeden zweiten Tag zur Dialyse in das Landeskrankenhaus XXXX fahren. Seine Dialysezeiten seien immer jeweils von 19:00 bis ca. 0:30 Uhr, somit gebe es keine Möglichkeit mehr den Heimweg anzutreten. Direkt vor der Dialysestation des Landeskrankenhauses befinde sich ein ausreichend großer Parkplatz, welcher nur mit einem §29b-Ausweis benutzt werden dürfe. Die restliche Parkplatzsituation sei entweder von der Distanz her sehr weit weg oder im Parkhaus und kaum erschwinglich. Es wäre für den Beschwerdeführer eine große Erleichterung diesen Parkplatz, so wie eben auch anderen Dialysepatienten, die mit einem Fahrzeug kämen, legal benutzen zu können.

Die im Rahmen des Parteiengehörs erstattete Stellungnahme des Beschwerdeführers wurde der zuvor befassten Sachverständigen zur ergänzenden Beurteilung vorgelegt. In der diesbezüglichen Stellungnahme vom 26.03.2020 führt die Sachverständige Folgendes aus:

„Stellungnahme zum Parteiengehör OB XXXX , vom 13.3.2020 wegen nicht erteilter Zuerkennung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, da sämtliche Ärzte den Patienten bekräftigen Menschenansammlungen zu meiden wegen erhöhtem Krankheitsrisiko, seinem Immunsystem sei dies nicht zumutbar, sowie bei laufender nächtlicher Dialyse ohne Möglichkeit ein öffentliches Verkehrsmittel um diese Zeit zu nutzen da kein Betrieb und das Parkhaus im KH XXXX weit entfernt bzw. kaum leistbar wäre.

Wie bereits im Gutachten vom 2.3.2020 dokumentiert zeigt der Patient derzeit unter etablierter Therapie, keine Infektanfälligkeit bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand ohne kardiorespiratorische Einschränkung bei erfreulicherweise nicht evidenter Lungenschädigung. Die Nutzung des eigenen Fahrzeuges für Fahrten zur Dialyse- und somit Vermeidung von weiten Wegen nach anstrengender Behandlung- ist Dank einer Kostenübernahme für Behelfskrankenfahrten durch den zuständigen Sozialversicherungsträger entbehrlich.

Befunde welche eine Änderung des Zustandsbildes gegenüber der Begutachtung vom 13.3.2010 dokumentieren liegen nicht vor, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unverändert zumutbar erscheint.“

Nach einem Urgenzschreiben des Beschwerdeführers vom 28.06.2020, in welchem er sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt, wurde die Sachverständige nochmals um Stellungnahme ersucht. In der diesbezüglichen Stellungnahme vom 23.07.2020 hält die Sachverständige fest, dass neue Befunde, welche eine Änderung des Zustandsbildes gegenüber der Begutachtung vom 02.03.2020 bzw. der Stellungnahme vom 26.03.2020 dokumentieren würden, nicht vorgelegt worden seien, sodass sich an der getroffenen Einschätzung keine Änderung ergebe und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unverändert zumutbar sei.

Mit angefochtenem Bescheid vom 04.08.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 02.03.2020, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens wurden als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer neuerlich das ärztliche Sachverständigengutachten vom 02.03.2020 und die Stellungnahmen der Sachverständigen vom 26.03.2020 und vom 23.07.2020 übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 17.08.2020 das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin vor, dass im Sachverständigengutachten unter dem Punkt „Anamnese“ die Diagnose Goodpasture-Syndrom angegeben werde, was eine schwere unheilbare Autoimmunerkrankung sei, in weiterer Folge aber unter Punkt 2 das Vorliegen einer schweren Erkrankung des Immunsystems verneint werde, was seiner Ansicht nach nicht richtig sein könne. Um sein Immunsystem ziemlich auszuschalten, damit das Goodpasture-Syndrom nicht weiter fortschreite, müsse der Beschwerdeführer weiterhin cortisonhältige Medikamente einnehmen, weshalb ihm die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen seiner Immunerkrankung nicht zumutbar sei. Der Beschwerdeführer wiederholt in der Beschwerde weiters sein im Rahmen des Parteiengehörs vor der belangten Behörde erstattetes Vorbringen. Der Beschwerde beigelegt ist ein Wikipedia-Eintrag zum Goodpasture-Syndrom.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 01.09.2020 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. ausgewiesen ist.

Beim Beschwerdeführer liegen aktuell folgende dauerhafte Funktionseinschränkungen vor:

1.       Goodpasture- Syndrom mit Niereninsuffizienz und laufender Dialyse (seit 11/2019) Glomerulopathie, Kreatinin leicht erhöht

2.       Zustand nach Gallenblasenentfernung

Der Beschwerdeführer leidet an einer Autoimmunerkrankung in Form eines Goodpasture-Syndroms unter Beteiligung der Niere und unterzieht sich einer regelmäßigen Hämodialyse. Unter etablierter immunsuppressiver Therapie besteht beim Beschwerdeführer keine signifikante Infektanfälligkeit. Beim Beschwerdeführer liegt ein guter Allgemein- und Ernährungszustand ohne kardiorespiratorische Einschränkung bei nicht evidenter Lungenschädigung vor.

Das Gangbild des Beschwerdeführers ist frei und sicher, sodass das Zurücklegen von kurzen Wegstrecken, sowie die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist.

Es liegen beim Beschwerdeführer keine Funktionseinschränkungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität ausreichend erheblich und dauerhaft einschränken. Es liegen auch keine entscheidungsrelevanten Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere dem darin einliegenden Datenstammblatt (Seite 36 des Verwaltungsaktes).

Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer aktuell vorliegenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem von der belangten Behörde veranlassten und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten ärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Inneren Medizin vom 02.03.2020, welches in den Ausführungen zum Verfahrensgang im Detail wiedergegeben wurde.

Die Fachärztin für Innere Medizin geht darin nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und deren Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei ein. In die Beurteilung der Sachverständigen sind sämtliche vom Beschwerdeführer mit dem gegenständlichen Antrag vorgelegte medizinische Beweismittel eingeflossen. Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der vorliegenden Autoimmunerkrankung in Form eines Goodpasture-Syndroms ist die Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme vom 26.03.2020 nachvollziehbar eingegangen. Die Sachverständige kommt darin zum Ergebnis, dass sich die Auswirkungen dieser Funktionseinschränkung unter etablierter Therapie – der Beschwerdeführer nimmt unter anderem das immunsuppressive Medikament Prednisolon 25 mg und unterzieht sich drei Mal wöchentlich einer Dialyse – auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel in keinem Ausmaß zeigen, welches deren Benützung verunmöglichen würde.

Die Sachverständige attestiert beim Beschwerdeführer auch keine signifikant erhöhte Infektanfälligkeit. In diesem Zusammenhang ist auf die – nachfolgend in den rechtlichen Ausführungen im Detail wiedergegebenen – Erläuterungen zur im gegenständlichen Fall anzuwendenden Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hinzuweisen, wonach laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken, keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel darstellen.

Dem Beschwerdeführer wäre es freigestanden, so er der Meinung ist, dass die Beurteilung der Sachverständigen, nämlich, dass ihm trotz der unstrittig vorliegenden Autoimmunerkrankung die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, unzutreffend ist, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften, was der Beschwerdeführer unterlassen hat. Durch eine bloße gegenteilige Behauptung, die in ihrer Qualität nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgt, kann das Gutachten eines Sachverständigen nicht entkräftet werden (vgl. VwGH 18.04.2001, 98/09/0218).

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A)

Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG können im Behindertenpass auf Antrag des behinderten Menschen zusätzliche Eintragungen vorgenommen werden, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen.

Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) einzubringen.

Nach § 47 leg.cit. ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

In Ausübung dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, erlassen.

Der für die hier begehrte Zusatzeintragung relevante § 1 Abs. 4 Z 3 der zitierten Verordnung hat folgenden Wortlaut:

„§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 
1. ...         
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und         
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder         
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder         
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder         
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder         
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.“

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) Folgendes ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[...]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-        Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-        hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-        schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-        nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-        anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

-        schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-        fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-        selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-        vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-        laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-        Kleinwuchs,

-        gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-        bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde im in den wesentlichen Teilen wiedergegebenen, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 02.03.2020 nachvollziehbar dargelegt, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit – diese betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen –, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen festzustellen gewesen.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, ergibt sich aus den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 zudem, dass laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken – welchen sich der Beschwerdeführer unterzieht – für sich noch keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedeuten.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der beigezogenen fachärztlichen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig wären und er hat im Rahmen der Beschwerde auch keine Unterlagen vorgelegt, die Hinweise auf ein zusätzliches Dauerleiden oder aber auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leiden ergeben würden.

Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Betreffend die Frage, ab wann die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gerechtfertigt ist, konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ohnehin klare Rechtslage des BBG bzw. der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen. Dass bei der Beurteilung dieser Frage ein medizinischer Sachverständiger beizuziehen ist, gründet auf der – an entsprechender Stelle angeführten – ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W135.2234623.1.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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