TE Bvwg Beschluss 2020/11/30 I408 2232950-1

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Veröffentlicht am 30.11.2020
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Entscheidungsdatum

30.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
B-VG Art133 Abs4
VwGG §46

Spruch

I408 2232950-1/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID über den Antrag von XXXX vom 27.11.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision gegen das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2020 abgeschlossene Verfahren, Zl. I408 2232950-1/8E, beschlossen:

A)       Der Wiedereinsetzungsantrag wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2020, I408 2232950-1/8E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.04.2020, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt. Zudem wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Dieses Erkenntnis wurde dem Vertreter mittels e-Zustellung am 17.07.2020 zugestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29.09.2020, Zl. Ra 2020/22/0190-4, die Verfahrenshilfe für die außerordentliche Revision der antragstellenden Partei bewilligt. Mit Zustellung des Bestellungsbescheides der Rechtsanwaltskammer an den bestellten Verfahrenshelfer am 15.10.2020 begann die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Revision zu laufen und endete am 26.11.2020.

Am 27.11.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht mittels ERV der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit einer außerordentlichen Revision gegen das eingangs angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.07.2020, ein. Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers vor:

„Der Vertreter des Revisionswerbers wurde mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg vom 12.10.2020 zum Verfahrenshelfer des Revisionswerbers bestellt. Das nunmehr angefochtene Erkenntnis wurde dem Vertreter am Donnerstag, 15.10.2020 oder am Freitag 16.10.2020 zugestellt. Da es in der Kanzlei des Vertreters derzeit einige Umstrukturierungen gibt und die Post in Bludenz derzeit unregelmäßig und nicht Corona-bedingt direkt in die Kanzleiräumlichkeiten zustellt, konnte nicht genau festgestellt werden, ob das Erkenntnis am 15. oder 16.10.2020 zugestellt wurde.

Der Vertreter bereitete jedoch aus Vorsichtsgründen die Revision bis zum 26.11.2020 vor und brachte das Sekretariat des Vertreters diese am 26.11.2020 ein. Da die Kanzlei des Vertreters jedoch sehr wenig öffentliches Recht macht und auch mit Revisionen an den VwGH keine Erfahrung hat, wurde die Revision am 26.11.2020 versehentlich direkt beim Verwaltungsgerichtshof, anstelle des Bundesverwaltungsgerichts eingebracht.

Hierbei handelt es sich um ein unvorhergesehenes Ereignis und um ein Versehen minderen Grades des ansonsten äußerst zuverlässigen Sekretariats des Vertreters.

Aus prozessualer Vorsicht und nur für den Fall, dass tatsächlich die Frist für die Einbringung der ao Revision bereits abgelaufen ist, stellt der Revisionswerber nachstehenden Antrag

Es wird beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der rechtzeitigen Vornahme der Einbringung der außerordentlichen Revision zu bewilligen.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Am 26.11.2020 wurde die Rechtsanwaltskanzlei des Antragstellers vom Verwaltungsgerichtshof telefonisch von der Übermittlung des Revisionsschriftsatzes an die unzuständige Stelle informiert.

Beweiswürdigung:

Zum vorliegend entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist auf die unter I. getroffenen Ausführungen zu verweisen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem im Wiedereinsetzungsantrag in sich widerspruchfrei dargestellten Sachverhalt aus.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) 1:

§ 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs – etwa im Beschluss vom 20.05.2019, VwGH Ra 2019/20/0196 – ergibt sich folgendes:

„Zwar ist es zutreffend, dass ein Rechtsanwalt rein manipulative oder technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen kann (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0287; 09.10.2013, 2013/08/0206; 13.06.1997, 97/19/0928). Dies setzt aber voraus, dass auf Grund eindeutiger Anordnung klargestellt ist, …… wo ein Rechtsmittel einzubringen ist (vgl. implizit VwGH 21.2.2012, 2009/11/0267; 20.9.2000, 2000/08/0147).“

Obwohl der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers angibt, dass seine „Kanzlei sehr wenig öffentliches Recht macht und auch mit Revisionen an den VwGH keine Erfahrung hat“, lässt sich dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen, dass der einschreitende Rechtsanwalt seinem Sekretariat im vorliegenden Fall eine klare Anweisung gegeben hätte, die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu adressieren bzw. dass der Rechtsanwalt anschließend kontrolliert habe, dass sein Sekretariat dieser Weisung tatsächlich Folge geleistet hat.

Die Einhaltung der den anwaltlichen Vertreter treffenden Sorgfaltspflicht hätte es im vorliegenden Fall erfordert, die ordnungsgemäße Einbringung des Schriftsatzes etwa dadurch zu kontrollieren, dass die Sendebestätigung über die Einbringung im elektronischen Rechtsverkehr geprüft worden wäre und erst nach einer Bestätigung der tatsächlich ordnungsgemäß erfolgten Einbringung die Abstreichung der Frist erfolgt (vgl. Beschluss vom 29.05.2015, VwGH Ra 2013/06/0254).

Darüber hinaus hat die Rechtsanwaltskanzlei im vorliegenden Fall jedenfalls durch das Telefonat des Verwaltungsgerichtshofes am 26.11.2020 von der falschen Einbringungsstelle der Revision Kenntnis erlangt und hätte die Revision noch am 26.11.2020, dem letzten Tag der Revisionsfrist, beim zuständigen Bundesverwaltungsgericht einbringen können.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers räumt selbst ein, dass die außerordentliche Revision am 26.11.2020 Tag irrtümlich an den Verwaltungsgerichtshof per ERV übermittelt worden sei.

Da die Frist für die außerordentliche Revision nunmehr verstrichen sei, stelle der Antragsteller durch seine rechtsfreundliche Vertretung den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall nicht von einem minderen Grad des Versehens ausgegangen werden kann.

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wurde weder nachvollziehbar aufgezeigt, dass der Antragsteller bzw. seine rechtsfreundliche Vertretung durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert waren, die gegenständliche Frist zur Einbringung einer Revision zu wahren, noch dass den Antragsteller oder seinen rechtsfreundlichen Vertreter an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Der Beschluss zu Spruchpunkt A) ist in der taxativen Aufzählung des § 25a Abs. 2 bis 4 VwGG nicht enthalten. Die Zulässigkeit einer Revision zu diesem Spruchpunkt ist daher nach § 25a VwGG nicht ex lege ausgeschlossen. Es ist daher eine Zulässigkeitsentscheidung nach § 25a Abs. 1 VwGG zu treffen.

Die Revision zu Spruchpunkt A) ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

außerordentliche Revision Einbringungsstelle Sorgfaltspflicht Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2232950.1.01

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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