Entscheidungsdatum
07.12.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
I422 2237471-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2020, Zl. 1270585406/201073475 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgegenstand:
Gegenstand des Verfahrens ist die fristgerecht erhobene Beschwerde eines marokkanischen Staatsangehörigen (in Folge: Beschwerdeführer) gegen den im Spruch näher bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) vom 17.11.2020. Mit diesem sprach die belangte Behörde über den Beschwerdeführer aufgrund dessen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet sowie dessen Mittellosigkeit eine Rückkehrentscheidung aus und verhängte sie zugleich über ihn ein Einreiseverbot in der Dauer von einem Jahr.
In seiner Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Behebung und Zurückverweisung der Entscheidung zur Durchführung einer Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung, in eventu die Behebung der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung bzw. die Behebung des erlassenen Einreiseverbotes oder die Einschränkung des Einreiseverbotes auf die Republik Österreich bzw. jedenfalls die Behebung des Spruchpunktes über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Ehegattin und die beiden Kinder leben in Marokko.
Der Beschwerdeführer reiste im 19.04.2017 aus seinem Herkunftsstaat aus und flog nach Italien, für wo er im Zeitraum vom 22.04.2017 bis zum 26.07.2019 eine Aufenthaltsberechtigung (permesso di soggiorno) verfügte. Auf dieser Grundlage war der Beschwerdeführer in Italien aufhältig und in der Landwirtschaft erwerbstätig. Vor Ablauf des Aufenthaltstitels stellte der Beschwerdeführer am 15.07.2019 einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels. Diesem wurde seitens der italienischen Behörden nicht entsprochen.
Am 19.10.2020 reiste der Beschwerdeführer aus Italien kommend illegal in das Bundesgebiet ein und meldete er sich am 20.10.2020 mit Hauptwohnsitz in XXXX an. Er verfügt für das Bundesgebiet über kein Visum und keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Der Beschwerdeführer beabsichtigte in der Gastronomie eine Beschäftigung zu erlangen, was ihm im Bundesgebiet aufgrund der COVID-19-bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens nicht möglich war. Aufgrund des bevorstehenden zweiten Lockdowns im November 2020 beabsichtigte der Beschwerdeführer am 01.11.2020 nach Italien auszureisen. Dabei wurde er am 01.11.2020 in XXXX durch eine gemischte Streife (österreichisch-italienische Polizei) angehalten und kontrolliert. In Ermangelung der erforderlichen Dokumente wurde ihm die legale Einreise nach Italien durch die italienischen Polizeibeamten verweigert, weshalb er in weiterer Folge durch die österreichischen Polizeibeamten einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen wurde.
Im Bundesgebiet verfügt er über keine familiären Anknüpfungspunkte. Ein Bekannter des Beschwerdeführers lebt in XXXX und nahm der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich bei ihm Unterkunft. Darüberhinausgehende private Anbindungen an das Bundesgebiet bestehen nicht. Es liegt auch keine Integration in sprachlicher, gesellschaftlicher oder beruflicher Form vor.
Der Beschwerdeführer befand sich im Zeitpunkt seiner Anhaltung im Besitz von € 111,-- an Barmittel. Er bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und kann den Nachweis der Sicherung seiner Existenz im Bundesgebiet nicht bescheinigen.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 13.11.2020 in Schubhaft.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 17.11.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Zur aktuellen Lage in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers werden die bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen länderkundlichen Feststellungen (Stand 07.04.2020) auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) sowie des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, insbesondere seiner Volljährigkeit und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus seinen entsprechenden Angaben vor Beamten der Landespolizei Kärnten. Aufgrund einer sich im Verwaltungsakt einliegenden Kopie seines Reisepasses steht die Identität des Beschwerdeführers fest.
Dass der Beschwerdeführer gesund ist, gründet ebenfalls auf seinen Angaben vor der Beamten der Landespolizei Kärnten. In Zusammenschau mit seinen Ausführungen über seine bisherige berufliche Tätigkeit resultiert daraus die Feststellung hinsichtlich seiner Arbeitsfähigkeit.
Auf den diesbezüglich glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz basieren die Feststellungen zu seinem Familienstand und der Feststellung, dass seine Familie in Marokko lebt.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 19.04.2017 seinen Herkunftsstaat verließ und nach Italien flog, ergibt sich aus einem entsprechendem sich im Reisepass befindlichen Stempel des Flughafen Bergamo - Orio al Serio. Dass er im Zeitraum vom 22.04.2017 bis zum 26.07.2019 über eine Aufenthaltsberechtigung für Italien verfügte, ist durch eine sich im Verwaltungsakt befindliche Kopie seines permesso di soggiorno belegt. Dass er auf dieser Grundlage in Italien aufhältig und in der Landwirtschaft erwerbstätig war, basiert auf der Zusammenschau den Angaben im permesso di soggiorno sowie der ebenfalls im Verwaltungsakt befindlichen Kopie seiner carta d´identità sowie seiner Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz. Aus dem bei ihm im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung gefundenen Verlängerungsantrag sowie der Auskunft der Verbindungsbeamten im Polizeikooperationszentrum Thörl-Maglern resultiert die Feststellung zum Ablauf seines italienischen Aufenthaltstitels und der Feststellung seines Antrags auf Verlängerung des Aufenthaltstitels vom 15.07.2019 sowie, dass dem Verlängerungsantrag nicht entsprochen wurde. Den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz, dass er seinen Aufenthaltstitel coronabedingt nicht verlängern habe können, vermochte nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer stellte vor Beginn der COVID-19-Pandemie einen Antrag auf Verlängerung und hätte er bis zur Ausstellung eines neuen Aufenthaltstitels Italien nicht verlassen dürfen, was sich auch darin widerspiegelt, dass ihm die italienischen Polizeibeamten die Einreise nach Italien mangels Vorliegens eines rechtmäßigen Aufenthalts in Italien zuletzt auch verwehrten.
Die Feststellung zur Einreise des Beschwerdeführers ins Bundesgebiet und dessen melderechtliche Erfassung in XXXX basieren auf einer sich im Verwaltungsakt befindlichen Zugkarte des Beschwerdeführers vom 19.10.2020 aus der sich die Abfahrt von Milano Porta Garibaldi und die Zieldestinationen Wien Hauptbahnhof ergeben. Aus der Einsichtnahme in das IZR ist belegt, dass der Beschwerdeführer für das Bundesgebiet über kein Visum und keine sonstige keine Aufenthaltsberechtigung verfügt. Dass der Beschwerdeführer in der Gastronomie eine Beschäftigung zu erlangen beabsichtigte und er aufgrund des bevorstehenden Lockdowns am 01.11.2020 nach Italien auszureisen versuchte, gründet einerseits auf seinen eigenen Ausführungen vor den Beamten der Landespolizeidirektion Kärnten und andererseits aufgrund der im Verwaltungsakt befindlichen Kopie seines Zugtickets vom 01.11.2020 von XXXX Hauptbahnhof nach Venezia Mestre. Die Feststellung zu seiner Anhaltung im Bundesgebiet und Verweigerung seiner Einreise nach Italien sind durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und insbesondere der dort einliegenden Berichterstattung sowie dem Anhalteprotokoll der Landespolizeidirektion Kärnten jeweils vom 01.11.2020 belegt.
Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen würde, ergaben sich nicht und wurden als solches auch in der Beschwerde nicht behauptet. Aus seinen Angaben sowie der sich aus dem ZMR ergebenden Unterkunftnahme gründet die Feststellung zu seinem in XXXX lebenden Bekannten. Anhaltspunkte für darüberhinausgehende private Anbindungen an das Bundesgebiet leiten sich aus dem Inhalt des Verwaltungsakts nicht ab und wurden als solches in der Beschwerde auch nicht behauptet. Dass im gegenständlichen Fall auch keine Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, gesellschaftlicher oder beruflicher Form vorhanden ist, resultiert insbesondere auf seinem äußerst kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet von rund zwei Wochen. Aus der Einsichtnahme in einen aktuellen Auszug des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger ist belegt, dass er im Bundesgebiet bislang keiner legalen Beschäftigung nachging.
Auf dem im Verwaltungsakt einliegenden Anhalteprotokoll der Landespolizeidirektion Kärnten vom 01.11.2020 und den vom Beschwerdeführer getätigten Aussagen, basieren die Feststellung zur Höhe seiner Barmittel im Zeitpunkt seiner Anhaltung. Dass er keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einem GVS-Auszug. In Ermangelung eines legalen Beschäftigungsverhältnisses, dem Vorliegen von Barmitteln in Höhe von € 111,-- sowie mangels Vorlage anderslautender Nachweise im Beschwerdeschriftsatz gründet die Feststellung, dass die Sicherung seiner Existenz im Bundesgebiet nicht zu nachzuweisen vermochte.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem aktuellen Auszuge des Strafregisters der Republik Österreich.
Die gegenwärtige Anhaltung in Schubhaft gründet auf der Einsichtnahme in das ZMR.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 07.04.2020 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen der Länderberichte im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen.
Es wurden somit keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen und wurde in der Beschwerde, dem Inhalt und den Kernaussagen der Länderberichte und Anfragebeantwortungen sowie deren Quellen auch nicht substantiiert entgegengetreten, sodass an der Richtigkeit und am Zutreffen der Länderfeststellungen keine Zweifel bestehen.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund einem Monat ergeben sich keine wesentlichen Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, ist weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
Ebenso sieht die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG vor, dass das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen hat mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere einer Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Im Zuge dieser Beurteilung ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0362; 06.05.2020, Ra 2020/20/0093).
Der Beschwerdeführer hält sich seit rund zwei Monate im Bundesgebiet auf und erfolgte die Einreise ausschließlich zum Zweck der Arbeitssuche und unter Umgehung der Grenzkontrollen. Im gegenständlichen Fall ergaben sich keine Anhaltspunkte für ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK in Österreich und machte er ein solches auch nicht geltend. Angesichts seiner kurzen Aufenthaltsdauer ist ebensowenig von einer integrativen Verfestigung auszugehen bzw. wurde derartiges ebenfalls nicht behauptet. Berücksichtigt wird auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, welche wertneutral zu berücksichtigen ist.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber. Dieses beinhaltet das öffentliche Interesse an einem geordneten Asyl- und Fremdenwesen und dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).
Anhand der vorangegangenen Ausführungen und der diesbezüglichen Judikatur kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt beim gesunden und erwerbsfähigen Beschwerdeführer nicht vor. Auch im Hinblick auf die COVID-19-Situation kann unter Berücksichtigung seines Alters und seines Gesundheitszustandes kein Rückkehrhindernis erkannt werden.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko erweist sich als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 9 Abs. 1 BFA-VG abzuweisen ist.
3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. Bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.
Ganz allgemein besteht in Marokko derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, dies zumal es sich im Falle des Beschwerdeführers um einen volljährigen und arbeitsfähigen Mann handelt, der in Marokko geboren wurde und bis zu seiner Ausreise im April 2017 in Marokko lebte. Darüber hinaus leben nach wie vor seine Ehefrau und die gemeinsamen zwei Kinder in Marokko. Zuletzt sicherte sich der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt durch seine Beschäftigung in der italienischen Landwirtschaft. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dazu in der Lage ist bei seiner in Marokko aufhältigen Familie zurückkehren und dort seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann.
Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Die Abschiebung ist nicht unzulässig, da dem Beschwerdeführer auch keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht. Aus diesem Grund ist die Beschwerde ebenso hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen.
3.4. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Marokko Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6).
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessensabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff; VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).
Die belangte Behörde erließ aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthaltes und der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot.
Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, in welcher dieser darauf hinweist, dass der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann, ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall als angemessen zu erachten (vgl. VwGH 04.03.2020, Ra 2019/21/0192; 19.06.2020, Ra 2019/19/0436).
Beizupflichten ist der behördlichen Feststellung des Umstandes der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers iSd § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Gemäß höchstgerichtlicher Rechtsprechung hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132).
Der Beschwerdeführer hatte bei seiner Anhaltung Barmittel in Höhe von € 111,--. Weder behauptete er, noch erbrachte er in der Beschwerde einen Nachweis für das Vorliegen von Ersparnissen oder anderen Vermögenswerten wie Rechtsansprüche auf Geld- oder Unterhaltsleistungen. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde zu Recht auf das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit hingewiesen. Der Beschwerdeführer besitzt kein gültiges Visum oder Aufenthaltstitel für Österreich hat somit im Bundesgebiet auch keine Möglichkeit eine legale Beschäftigung auszuüben und vermag sich dadurch seinen Lebensunterhalt nicht rechtmäßig zu finanzieren. Infolge dessen wäre der Beschwerdeführer auf die Hilfe anderer Personen, Organisationen oder der öffentlichen Hand angewiesen, um nicht in eine ausweglose, existenzgefährdende Situation zu kommen und wirkt sich seine Mittellosigkeit somit nicht nur auf die öffentliche, sondern auch auf die soziale Sicherheit aus.
Dem Grunde nach verwies die belangte Behörde Vollkommen zu Recht auch auf den Umstand, dass sich der Beschwerde im Bundesgebiet eine illegale Beschäftigung in der Gastronomie zu suchen beabsichtigte, was durch den zweiten Eintritt des zweiten Lockdowns verhindert wurde. Allerdings haben die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheids zu einer unerlaubten Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers keine Grundlage in den Beweisergebnissen. Im Spruch des Bescheids wurde das Einreiseverbot auch nicht auf § 53 Abs 2 Z 7 FPG gestützt. Die bloße Absicht des Beschwerdeführers im Inland allenfalls eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, erfüllt diesen Tatbestand, der eine Betretung bei einer dem AuslBG widersprechenden Beschäftigung voraussetzt, jedenfalls nicht. Es zeigt aber deutlich, dass ihm die Erfüllung der Voraussetzungen für den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt offenkundig gleichgültig sind und er auch ohne arbeitsbehördlicher Genehmigung am Arbeitsmarkt teilzunehmen beabsichtigte.
Da der Beschwerdeführer ohne die erforderlichen Unterhaltsmittel in das Bundesgebiet einreiste, gefährdet sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Wegen seiner Beschäftigungslosigkeit, der Unmöglichkeit der Aufnahme einer (legalen) Beschäftigung im Inland und der tristen finanziellen Lage kann für ihn keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Wiederholungsgefahr besteht. Wegen des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel ist die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt, zumal sich die mit Mittellosigkeit allgemein verbundene Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft bereits in seiner Absicht eine illegale Beschäftigung in der Gastronomie zu erwerben, deutlich zeigte (vgl. VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132).
Zur Dauer des Einreiseverbotes wird festgehalten, dass die belangte Behörde dieses im niedrigsten Bereich der gesetzlich zulässigen Dauer des § 53 Abs. 2 FPG verhängt hat. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre. Wie bereits dargelegt, verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich und machte er ein solches auch nicht für die anderen Mitgliedsstaaten geltend. Eine gänzliche Behebung kommt im gegenständlichen Fall nicht in Betracht, weil die Dauer von einem Jahr dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers und der von ihm ausgehenden Gefährdung entspricht.
Zum Beschwerdeantrag, in eventu das Einreiseverbot auf Österreich zu begrenzen wird angemerkt, dass der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG festgelegten Anweisung sich aus den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit jene Staaten erfasst, für die die RückführungsRL gilt. In diesem Sinne ist der in § 53 Abs. 1 FPG verwendete Begriff „Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten“ auszulegen (vgl. VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Die Festlegung eines anderen räumlichen Geltungsbereiches bzw. eine Beschränkung des Einreiseverbots auf Österreich liegt nicht in der Kompetenz der belangten Behörde. Weder im FPG noch in der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) ist vorgesehen, dass die Mitgliedsstaaten bei der Erlassung eines Einreiseverbotes dessen Geltung für ein bestimmtes Gebiet der Union aussetzen könnten.
Da somit im vorliegenden Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Erlassung eines auf die Dauer von einem Jahren befristeten Einreiseverbotes erfüllt sind, ist der Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ebenfalls als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zur Nichterteilung einer Frist für die freiwillige Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn Fluchtgefahr besteht.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Gegenwärtig befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft und kann nicht ausgeschlossen werden, dass er sich im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie der Freilassung einer Effektuierung der Entscheidung durch Untertauchen oder Flucht entzieht.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte somit zu Recht und ist die Nichtgewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine gesetzliche Folge der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.
Aus diesem Grund ist die Beschwerde ebenso hinsichtlich der Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 55 Abs. 4 FPG iVm § 18 Abs. 2 Z 3 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.
4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. VwGH 16.10.2019, Ra 2018/18/0272).
Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt, der Sachverhalt anhand der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom Beschwerdeführer bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung denkbar ist, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie umseits dargestellt wurde sich im gegenständlichen Verfahren insbesondere ausführlich mit der Thematik „Einreiseverbot bei Mittellosigkeit“ (vgl. VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132; 04.03.2020, Ra 2019/21/0192; ua.) auseinandergesetzt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Aufenthaltsdauer aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Fluchtgefahr Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Pandemie Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung Selbsterhaltungsfähigkeit soziale VerhältnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2237471.1.00Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021