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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Jänner 1996, Zl. 4.337.616/5-III/13/93, betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juli 1992 wurde der am 2. Juni 1992 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines kubanischen Staatsangehörigen, der am 30. Mai 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - in Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Juni 1992 abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 92/01/0811, abgewiesen.
In dem am 6. Dezember 1993 beim Bundesasylamt eingelangten Wiederaufnahmsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, er habe am 24. November 1993 aus seiner Heimat einen am 1. August 1990 in der Tschechoslowakei (während seines dortigen Aufenthaltes) ausgestellten Ausweis übersendet erhalten, aus dem sich ergebe, daß er in der Tschechoslowakei für den kubanischen Geheimdienst tätig gewesen sei. Unter dem Gesichtspunkt dieser seiner Tätigkeit wäre sein gesamtes Vorbringen im Asylverfahren anders zu beurteilen gewesen. Unter diesem Aspekt habe er aufgrund seiner regimekritischen Äußerungen und der Tatsache, daß er sich nach Ablauf der Gültigkeitsdauer eines Sichtvermerks weiterhin im Ausland aufgehalten habe, mit der Todesstrafe zu rechnen. Die Tatsache, daß er für den kubanischen Geheimdienst tätig gewesen sei, habe er bereits im Asylverfahren vorgebracht. Aufgrund einer unzureichenden Übersetzung sei dies jedoch nicht aktenkundig. Da er den Ausweis nicht früher erlangen habe können, stelle dieser ein neues Beweismittel dar, welches zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen müsse.
Mit Bescheid vom 25. Jänner 1996 hat die belangte Behörde diesen Antrag abgewiesen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Im Sinne dieser Gesetzesbestimmung sind "neue Tatsachen" nur solche, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden (vgl. etwa Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz. 588, und die dort zitierte hg. Judikatur). Da dem Beschwerdeführer die vorgebrachte Aktivität für den kubanischen Geheimdienst nach dem Inhalt des Wiederaufnahmsantrages bereits während seines Asylverfahrens bekannt war, handelt es sich hiebei nicht um eine den Wiederaufnahmsgrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG bildende "neu hervorgekommene Tatsache".
Das Hervorkommen "neuer Beweismittel" - das sind solche, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden (vgl. Walter-Mayer, a.a.O) - bildet nur dann einen Wiederaufnahmsgrund, wenn die dadurch zu beweisende Tatsache im Verwaltungsverfahren bereits vorgebracht - aber nicht bewiesen - wurde (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 650, Anm. 7 zu § 69
AVG).
Der Beschwerdeführer hat nach dem Akteninhalt im verwaltungsbehördlichen Asylverfahren nicht vorgebracht, für den kubanischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Hätte der Beschwerdeführer - wie er im Wiederaufnahmsantrag vorbringt - tatsächlich derartiges bei seiner Vernehmung durch das Bundesasylamt ausgesagt und wäre die Protokollierung wegen einer mangelhaften Übersetzung unterblieben, so hätte er diesen Mangel in der Berufung geltend machen können. In der im Asylverfahren erstatteten Berufung hat der Beschwerdeführer jedoch seine angebliche Tätigkeit für den kubanischen Geheimdienst mit keinem Wort erwähnt. Das Wiederaufnahmsverfahren dient jedoch nicht dazu, eine Mangelhaftigkeit des früheren Verfahrens nachträglich geltend zu machen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., S. 660, E 59 zu § 69 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Da somit davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Asylverfahren seine - ihm bekannte - Arbeit für den Geheimdienst nicht vorgebracht hat, handelt es sich bei dem dem Beschwerdeführer angeblich nunmehr zugekommenen Ausweis um kein einen Wiederaufnahmsgrund bildendes "neu hervorgekommenes Beweismittel" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG.
Da die belangte Behörde den Wiederaufnahmsantrag somit mangels Vorliegens eines Wiederaufnahmsgrundes zu Recht abgewiesen hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova productaEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996010242.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
28.06.2010