Entscheidungsdatum
07.12.2020Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
I421 2237242-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NORDMAZEDONIEN, vertreten durch ARGE RECHTSBERATUNG Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich (BFA-NÖ) vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.
II. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass dessen Spruchpunkten (richtig) V. zu lauten hat:
„III. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde im Rahmen einer Kontrolle der Finanzpolizei am 28.10.2020 bei der Durchführung von Verputzarbeiten angetroffen, ohne im Besitz einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung zu sein, somit bei einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz betreten.
2. Am selbigen Tag wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangten Behörde) niederschriftlich einvernommen.
3. Mit Mandatsbescheid vom XXXX wurde gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX , zugestellt am selben Tag, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig sei (Spruchpunkte I. bis III.), ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
5. Am 05.11.2020 erfolgte die Abschiebung des BF auf dem Luftweg nach Skopje.
6. Gegen die Spruchpunkte IV. (Einreiseverbot) und V. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) des Bescheids richtet sich die durch die Rechtsvertretung des BF am 04.09.2020 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, wobei Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtwidrigkeit moniert wurden. Die belangte Behörde wäre hinsichtlich des Einreiseverbots (Spruchpunkt IV.) verpflichtet gewesen, das Gesamtverhalten des BF in Betracht zu ziehen und anhand konkreter Feststellungen eine individuelle Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Dies habe sie unterlassen und sich vielmehr auf allgemeine Ausführungen beschränkt. Der BF habe sich einsichtig bzw. „geständig“ gezeigt und sich erst seit kurzem in Österreich aufgehalten. Weiters sei er unbescholten und erstmals bei der Ausübung von Schwarzarbeit betreten worden. Er habe nicht versucht, seine Identität zu verschleiern und habe an den fremdenpolizeilichen Maßnahmen mitgewirkt. In Zusammenschau mit seiner Unbescholtenheit lasse sich ein in der Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot nicht rechtfertigen, zumal die belangte Behörde den festgelegten Rahmen des § 53 Abs 2 FPG zur Gänze ausgeschöpft habe. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei lediglich damit begründet worden, dass der BF gegen gültige Gesetze verstoßen habe und die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Zumal entsprechend einer EuGH-Rechtsprechung schon die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich genommen nicht tatbestandsmäßig iSd Art 7 Abs 4 der Rückführungs-RL sei, sei dies im Größenschluss erst recht im vorliegenden Fall anzunehmen, da der BF unbescholten sei und er sich durch das ihm zur Last gelegte Verhalten nicht selbst strafbar gemacht habe. Durch die erfolgte Abschiebung werde der Ausspruch über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der abschiebenden Wirkung nicht obsolet, da zum einen die Rechtswirkungen des Einreiseverbotes trotz fehlender Rechtskraft eintreten und dieser Umstand zum anderen auch relevant für einen allfälligen Antrag auf Aufhebung, in eventu Verkürzung des Einreiseverbotes erscheine, da ein solcher Antrag nur bei fristgerechter Ausreise zulässig sei und eine solche die Setzung einer Frist voraussetze. Es werde daher beantragt, den Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes zu verkürzen und den Bescheid im Umfang des Spruchpunktes V. zu beheben und festzustellen, dass dem BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise hätte eingeräumt werden müssen.
7. Mit Schriftsatz vom 25.11.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 26.11.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist nordmazedonischer Staatsangehöriger. Die Identität des BF steht fest. Er hielt sich im Zeitraum vom (mindestens) 21.06.2020 bis zu seiner Abschiebung am 05.011.2020 in Österreich auf.
Er ist ledig und kinderlos. In Österreich hat der BF keine Verwandte. In Nordmazedonien lebt der Vater des BF, seine Ehefrau und sein Sohn und weitere Verwandte.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er arbeitet in Nordmazedonien als Bauarbeiter. In Österreich ging er nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach.
Am 28.10.2020 wurde der BF von Organen der Finanzpolizei in 2700 Wiener Neustadt, XXXX , bei der Vornahme von Fassadenarbeiten betreten, ohne im Besitz einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung zu sein. Seitens des Auftraggebers war der BF nicht beim zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet und konnte er keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich vorweisen.
Der BF verfügt über keinen Aufenthaltstitel, kein Visum bzw. auch sonst nicht über irgendein Aufenthaltsrecht für Österreich oder die EU.
Anlässlich seiner Einvernahme vor der belangten Behörde gab der BF an, weder über eine Kreditkarte noch über eine Bankomatkarte zu verfügen und finanzielle Mittel (Bargeld, Konto, Ersparnisse, sonstiges Vermögen) in Höhe von EUR 142,60 aufzuweisen.
Der BF ist im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.
Am 05.112020 wurde der BF auf dem Luftweg nach Skopje abgeschoben. Mazedonien erweist sich als sicherer Herkunftsstaat.
Die Beschwerde richtet sich nur gegen Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Zum Sachverhalt:
Die Feststellungen basieren ebenfalls auf dem unbestrittenen Akteninhalt, den Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 28.10.2020 sowie der Beschwerde und den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister und einem Sozialversicherungsdatenauszug.
Die Identität und Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus der Vorlage des mazedonischen Passes mit der Nummer XXXX vor der belangten Behörde. Die Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet ergibt sich aus den Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde, der Bestätigung zur Ausreise vom 05.11.2020 (AS 243), der Ausreisebestätigung seitens des Vereins Menschenrechte Österreich vom 26.08.2020 sowie einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 27.11.2020.
Dass der BF verheiratet und Vater eines Sohnes ist, ergibt sich aus den entsprechenden Angaben des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 28.10.2020, AS 27ff). Das der BF in Österreich ergibt sich ebenso aus dieser Einvernahme.
Der Gesundheitszustand des BF ergibt sich aus dessen glaubhaften Angaben im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 28.10.2020). Aufgrund seines Gesundheitszustandes und der Tatsache, dass sich der BF im erwerbsfähigen Alter befindet, konnte auf dessen Arbeitsfähigkeit geschlossen werden, überdies geht der BF auch in Mazedonien einer Tätigkeit als Bauarbeiter nach. Dass der BF in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, ergibt sich aus einer Abfrage bei der Sozialversicherung, welche zu keinem Auskunftsergebnis führte.
Die Betretung des BF bei der Verrichtung von Fassadenarbeiten ergibt sich aus der finanzpolizeilichen Sachverhaltsmeldung und den diesbezüglichen Angaben des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom 28.10.2020).
Der Umstand, dass der BF über keine arbeitsmarkbehördliche Bewilligung verfügt, ergibt sich aus dem gegenständlichen Verwaltungsakt, den Angaben des BF vor der belangten Behörde sowie einer Abfrage bei der Sozialversicherung, welche zu keinem Auskunftsergebnis führte.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einem Auszug aus dem Strafregister vom 27.11.2020.
Die Feststellung, dass der BF auf dem Luftweg nach Skopje abgeschoben wurde, ergibt sich aus dem Bericht zur Ausreise vom 05.11.2020 (AS 243). Gemäß § 1 Z 4 der Herkunftsstaaten-Verordnung handelt es sich bei Mazedonien um einen sicheren Herkunftsstaat.
Der Umstand, dass sich die Beschwerde nur gegen den Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides richtet, ergibt sich aus der Beschwerde vom 23.11.2020, in der ausgeführt wurde: „Gegen diesen Bescheid erhebt der BF im Umfang der Spruchpunkte IV. bis „I.“ (Einreiseverbot, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) Beschwerde […].“
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 10 FPG gilt ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist, als Drittstaatsangehöriger.
Der BF als Staatsangehöriger von Nordmazedonien ist Drittstaatsangehöriger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmung.
Zu Spruchteil A)
3.1. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1 Rechtslage
Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
§ 53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 ist, vorbehaltlich des Abs 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. [...];
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
[...]
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, dass [...] bei Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs 2 FPG anzunehmen […] (vgl. zum Erfordernis einer Einzelfallprüfung aus der ständigen Rechtsprechung auch etwa VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310, 30.7.2014, 2013/22/0281) (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
3.1.2 Anwendung auf den gegenständlichen Fall:
An der Verhinderung von Schwarzarbeit kommt zum Schutz der öffentlichen Interessen ein hoher Stellenwert zu (VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047), insbesondere zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs 2 FrPolG 2005 indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FrPolG 2005 auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047, mwN) (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311). Auch an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zu.
Vom BF leben keine Verwandten in Bundesgebiet. Der BF weist somit keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet auf. Familiären Anknüpfungspunkte des BF in Österreich sind nicht gegeben, sodass mit der - an die vom BF nicht bekämpfte Rückkehrentscheidung anknüpfende - Verhängung eines Einreiseverbots keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung von gemäß Art 8 EMRK geschützten Rechten einhergeht. Abgesehen von der illegalen Erwerbstätigkeit liegen keine Integrationsmomente vor. Darüber hinaus geht der BF auch in Mazedonien einer Tätigkeit als Bauarbeiter nach und leben der Vater des BF sowie Frau und Sohn des BF in Mazedonien.
In der im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art 8 Abs 2 EMRK vorzunehmenden Gesamtbetrachtung überwiegt daher das öffentliche Interesse das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten und liegt durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vor.
Im Ergebnis liegen grundsätzlich die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbots von bis zu fünf Jahren vor. Das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen darf jedoch nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs 2 oder Abs 3 FPG vorliegt; eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002). Es war daher der in der Beschwerde angestrebten Reduktion der Dauer des Einreiseverbots stattzugeben und das Einreiseverbot auf 18 Monate herabzusetzen – hat doch die belangte Behörde den höchstmöglichen Rahmen von bis zu 5 Jahren ausgeschöpft, obwohl der BF erstmalig in Erscheinung getreten ist und sich auch einsichtig gezeigt hat. Dadurch bleibt auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich. Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder das Unterbleiben eines Einreiseverbotes käme nur in Betracht, wenn vom betroffenen Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht und sein Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur geringfügig beeinträchtigt (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Hier gilt es aber zu berücksichtigen, dass bereits die einmalige Verwirklichung des Tatbestandes des § 53 Abs 2 Z 7 FPG die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311) und gegenständlich keine erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG vorlag. Daher kommt trotz der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF ein gänzlicher Entfall bzw. eine weitere Reduktion des Einreisverbotes nicht in Betracht. Wegen seiner finanziellen Lage ist konkret auch zu befürchten, dass der BF dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzt.
Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des BF getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots spruchgemäß in angemessener Weise auf 18 Monate herabzusetzen und der Beschwerde nur insoweit stattzugeben.
3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1 Rechtslage
Gemäß § 55 Abs 1 FPG wird zugleich mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt gemäß § 55 Abs 2 FPG grundsätzlich 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände, die der BF nachzuweisen und gleichzeitig einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben hat, kann die Frist gemäß § 55 Abs 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum festgesetzt werden. Von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise hat das Bundesamt gemäß § 55 Abs 4 FPG abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. VwGH 12.9.2013, 2013/21/0094; VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007). Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053).
3.2.2 Anwendung auf den gegenständlichen Fall:
Die belangte Behörde begründet die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der BF aufgrund seiner Schwarzarbeitstätigkeit gegen gültige Gesetze verstoßen habe. Abgesehen davon wurden vom BFA keine weiteren Umstände angeführt, welche die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise rechtfertigen vermögen.
Abgesehen von der erstmaligen Betretung bei der Vornahme von Schwarzarbeitstätigkeiten sind gegenständlich für das Bundesverwaltungsgericht keine besonderen Umstände erkennbar, welche eine sofortige Ausreise des BF erforderlich machen würden und hat folglich der BF im Zuge seiner Beschwerde treffenderweise ausgeführt, dass die Behörde zu Unrecht die aufschiebende Wirkung aberkannt hat.
Dementsprechend war der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids dahingehend abzuändern, dass dieser zu lauten hat: „Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage."
3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, konnte eine mündliche Verhandlung gem § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben. Dem angefochtenen Bescheid ging ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren des BFA voran.
Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Gericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Da hier in der Beschwerde keine über den festgestellten Sachverhalt hinausgehenden Tatsachen vorgebracht werden und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck von dem BF kein Entfall des Einreiseverbots denkbar ist, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht notwendig.
Ergänzend wird ausgeführt, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt wurde und der BF bereits am 22.08.2020 nach Mazedonien abgeschoben wurde.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Einreiseverbot freiwillige Ausreise Frist Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben Schwarzarbeit Spruchpunkt - AbänderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2237242.1.00Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021