TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/7 I408 2235538-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.2020
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Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs3
FPG §55 Abs2

Spruch

I408 2235538-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2006 in das österreichische Bundesgebiet und verfügte zwischen 22.01.2007 und 20.11.2016 durchgehend über Aufenthaltsbewilligungen für „Studierende“. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG vom 13.10.2016 wurde am 27.06.2018 von der zuständigen Behörde abgewiesen.

2.       Am 24.07.2018 beantragte der Beschwerdeführer über seine ausgewiesene Rechtsvertretung die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMR zur „Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens“.

3.       Am 08.07.2020 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

4.       Mit Schreiben vom 13.07.2020 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer über die beabsichtigte Abweisung seines Antrages aus Gründen des Art. 8 EMRK und gewährte ihm die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme. Am 22.07.2020 langte die entsprechende Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein.

5.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 04.09.2020 wies die belangte Behörde diesen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ab (Spruchpunkt I), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem wurde ihm eine Frist für seine freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt IV.)

6.       Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 24.09.2020 vollinhaltlich Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ägyptischer Staatsangehöriger und seine Identität steht fest. Er ist gesund, arbeitsfähig und strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer reiste am 17.12.2006 legal mit gültigem Visum nach Österreich ein und verfügte von 22.01.2007 bis 22.11.2016 über Aufenthaltsbewilligungen als Studierender. Anschließend stellte er mehrfach Anträge auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung bzw. Anträge auf Zweckänderung in eine Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft, welche allesamt rechtskräftig abgewiesen wurden. Seit der letzten abweisenden Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag am 27.06.2018 hält er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Daneben verfügte zwischen 13.04.2018 und 24.07.2020 auch über einen Aufenthaltstitel in Italien, wo auch eine Cousine von ihm aufhältig ist.

In Ägypten studierte der Beschwerdeführer Betriebswirtschaft, schloss sein Studium mit einem „Bachelor of Commerce“ ab und konnte die dort abgelegten Prüfungen in Österreich anrechnen lassen. In Österreich bestand der Beschwerdeführer im Vorstudienlehrgang im Jahr 2009 eine Ergänzungsprüfung Deutsch und war von 2009 bis 2011 an der Wirtschaftsuniversität Wien und von 2011 bis 2018 an der Universität Wien inskribiert, wobei er nachweislich keine Prüfungen positiv ablegte und somit keinen positiven Studienerfolg erzielte.

In Österreich hat der Beschwerdeführer keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine gesamte Familie, insbesondere seine Mutter, seine Schwester, seine Ehegattin sowie seine zwei Söhne, hält sich in Ägypten auf. Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin teilen sich das Sorgerecht für die beiden minderjährigen Kinder und besteht ein aufrechter Kontakt zu seiner Familie, welcher durch regelmäßige Besuche in Ägypten intensiviert wird.

Der Beschwerdeführer lebt mit zwei Mitbewohnern in einer Mietwohnung in Wien, für welche er EUR 150,00 monatlich leistet. Er war insgesamt etwa drei Jahre aufgrund von erteilten Beschäftigungsbewilligungen bis zuletzt 30.09.2019 im Bundesgebiet geringfügig erwerbstätig. Derzeit ist der Beschwerdeführer nicht sozialversichert und geht keiner Beschäftigung nach – es besteht keine Selbsterhaltungsfähigkeit.

Seit 2018 übernimmt der Beschwerdeführer für den XXXX ehrenamtlich Übersetzungen. Ansonsten verfügt der Beschwerdeführer über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte in Österreich und weist keine Integrationsmerkmale in beruflicher und kultureller Hinsicht auf, welche einem langjährigen Aufenthalt in Österreich entsprechen.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 04.09.2020 getroffenen Feststellungen schon aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des Bescheides und der vorliegenden Entscheidung keine wesentlichen Änderungen eingetreten. Eine nach Ägypten zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird bei einer Abschiebung nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage nachvollziehbar zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Eine substantiierte Bestreitung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes erfolgte im Beschwerdeschriftsatz nicht, sodass sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde anschließt.

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seinem Universitätsstudium sowie seiner familiären Situation in Ägypten und Österreich beruhen auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen und es wurden insbesondere keinerlei anderslautende medizinischen Unterlagen vorgelegt.

Seine Identität steht aufgrund der Vorlage seines ägyptischen Reisepasses fest und seine Unbescholtenheit ergibt sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellungen betreffend seine Einreise nach Österreich, die erteilten Aufenthaltsbewilligungen sowie die negativ beschiedenen Anträge beruhen auf dem nachvollziehbaren Akteninhalt des vorliegenden Behördenaktes, insbesondere auf den Bescheid des Landes Wien vom 27.06.2018, Zl. XXXX und werden vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt.

Die Anrechnung der in Ägypten abgelegten Studienprüfungen und die Feststellung, dass er in Österreich - bis auf die Ergänzungsprüfung Deutsch – keine Universitätsprüfungen positiv abgeschlossen hat, ergeben sich aus den im Behördenakt aufliegenden Unterlagen der Wirtschaftsuniversität Wien sowie der Universität Wien (AS 67 bis 74). Der Beschwerdeführer behauptete diesbezüglich mehrmals, Prüfungen in Österreich absolviert zu haben, ohne jedoch substantiiert den vorliegenden und aussagekräftigen Erfolgsnachweisen bzw. Bestätigungen über positiv absolvierte Prüfungen der österreichischen Universitäten entgegenzutreten - seinen Ausführungen wurde somit nicht gefolgt.

Sämtliche Feststellungen hinsichtlich seiner Lebensumstände ergeben sich aus einer Zusammenschau seiner niederschriftlichen Angaben vor der belangten Behörde sowie insbesondere folgenden, im Akt einliegenden Unterlagen: Wohnrechtsvereinbarung vom 01.03.2020, Mietbestätigung vom 05.03.2020, Beschäftigungsbewilligungen (AS 95ff) und Sozialversicherungsdatenauszug. Seine derzeitige finanzielle Situation indiziert somit die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit und vermochte der vorgelegte Kontoauszug des Beschwerdeführers, datiert vom 22.07.2018 (AS 140), mit einem damaligen Guthaben von EUR 4.280,37 mangels Aktualität an dieser Feststellung nichts zu ändern.

Hinsichtlich einer etwaigen Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer lediglich sein ehrenamtliches Engagement, welches vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sowie mit dem Schreiben vom 20.07.2020 bestätigt wurde, angeführt hat. Weitergehende berücksichtigungswürdigen Integrationsmerkmale wurde weder behauptet noch nachgewiesen und es war zusammengefasst daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keinen Grad an Integration aufweist, der seiner Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet entsprechen würde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass den zwölf vorgelegten Empfehlungsschreiben keine gewichtige Bedeutung zukommt, schließlich beinhalten diese allesamt denselben Inhalt und waren darüber hinaus nicht datiert. Seine vorgelegte Einstellungszusage datiert mit 09.07.2018 sowie die Arbeitgebererklärung datiert mit 04.07.2018 (AS 80 bis 82) wurde von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausgestellt und vermag aufgrund der Ausstellung vor über zwei Jahren keine besondere Aussagekraft zu vermitteln.

Weder aus dem aktuellen Länderbericht zu Ägypten, dessen gegenständlich wesentlichen Teile dem Beschwerdeführer im Wege des Parteiengehörs von der belangten Behörde übermittelt worden sind, noch aus seinem Vorbringen ergeben sich Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer Abschiebung. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des angefochtenen Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von etwa drei Monaten diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK und zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies § 9 Abs. 2 BFA-VG entsprechend zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK ist demgemäß einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen zu erteilen ist, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG zurück- oder abgewiesen wird.

Zunächst ist zu prüfen, ob ein schutzwürdiges Privat- und Familienleben besteht, weil nur dann ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Dabei ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt.

Im gegenständlichen Fall hält sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise etwa vierzehn Jahre in Österreich auf. Die Aufenthaltsdauer für sich stellt allerdings lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Allerdings nimmt das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu, jedoch ist seine Aufenthaltsdauer dadurch zu relativieren, dass er zu keiner Zeit davon ausgehen konnte, sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend zu verfestigen. Im Zusammenhang mit § 9 Abs. 2 BFA-VG ist zu berücksichtigen, dass dem Fremden von Anfang an bewusst sein musste, dass ihm die erteilten Aufenthaltsbewilligungen als Studierender nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht vermitteln konnten (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0016). Eine dauerhafte Niederlassung wurde somit nicht ermöglicht und die befristet erteilten Aufenthaltsbewilligungen wurden lediglich zum bzw. bis zum Abschluss eines ordentlichen Studiums erteilt. Das notwendige Bewusstsein des unsicheren Aufenthalts musste aber umso mehr für die Zeit nach der Abweisung seines Verlängerungsantrages im Jahr 2018 gegeben sein und begründete sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG gemäß § 58 Abs. 13 erster Satz AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Der Beschwerdeführer verblieb somit trotz fehlendem Aufenthaltstitel unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich und behauptete überdies kein maßgebliches oder außerordentliches Privatleben, auch wenn ein Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes grundsätzlich gegeben ist. Das Gewicht seiner privaten Interessen wird zudem dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war. Dies zeigt sich auch im italienischen Aufenthaltstitel, über den der Beschwerdeführer zusätzlich für den Zeitraum 13.04.2018 und 24.07.2020 verfügte. Zudem erreichte der Grad an Integration nicht jenes Ausmaß, welcher von einem Fremden, der sich etwa vierzehn Jahre im Bundesgebiet aufhält, zu erwarten ist.

Vor allem hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und intensive familiäre Anknüpfungspunkte. Maßgebend ist hierbei einzubeziehen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers mit den gemeinsamen minderjährigen Söhnen nach wie vor in Ägypten lebt und dem Beschwerdeführer das geteilte Sorgerecht zukommt. Es besteht aufrechter Kontakt und der Beschwerdeführer war auch dieses Jahr wieder auf Besuch im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer verfügt auch noch über weiterer familiäre Anknüpfungspunkte und kann jedenfalls nicht von einer völligen Entwurzelung gesprochen werden.

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach der Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an seinem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) steht das öffentliche Interesse gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach mangelnder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086; 26.6.2013, 2013/22/0138; 26.04.2018, Ra 2018/21/0062), schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Überdies ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer während des Zeitraumes 22.01.2007 bis 20.11.2016, in welchem er über Aufenthaltsbewilligungen für „Studierende“ verfügte, keine einzige Prüfung absolviert hat. Somit liegt die Vermutung nahe, dass er über seine Inskriptionen an österreichischen Universitäten eine langjährige Aufenthaltsberechtigung als Drittstaatsangehöriger erschleichen wollte, ohne sich dem Zweck der Bewilligungen entsprechend in Österreich aufzuhalten. Er gab selbst an, seine Frau sowie seine Kinder nach Österreich holen zu wollen, sodass das Motiv für seine fehlende Bereitschaft, Österreich trotz des mittlerweile unrechtmäßigen Aufenthaltes zu verlassen, erahnt werden kann. Der Beschwerdeführer versuchte vielmehr seinen Aufenthalt durch wiederholte Anträge auf Verlängerung sowie Zweckänderung nach dem NAG und zuletzt mit seinem Antrag gemäß § 55 AsylG weiter auszudehnen.

In einer Gesamtschau überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG nicht zu erteilen war. Aufgrund dessen kann die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht im Sinne von § 52 Abs. 3 FPG als unzulässig angesehen werden und die belangte Behörde hat zu Recht eine Rückkehrentscheidung erlassen.

3.2.    Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation in Ägypten und der Lebensumstände des Beschwerdeführers keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung dorthin unzulässig machen würden, zumal sich die Verhältnisse dort seit der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides am 04.09.2020 nicht wesentlich geändert haben. Eine Abschiebung erweist sich damit als rechtmäßig.

3.3.    Frist zur freiwilligen Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer von der belangten Behörde vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die die Drittstaatsangehörige bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht dargetan und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Bestimmung des § 55 Abs. 2 FPG zur Anwendung gebracht und war die Beschwerde im vollen Umfang abzuweisen.

4.       Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht etwa drei Monate liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Sachverhalt ist aufgrund des vorliegenden Behördenaktes und der im Zusammenhang mit den sonstigen behördlichen Verfahren vorliegenden Entscheidungen in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren und auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nichts zu ändern vermag. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen und wirft das Beschwerdevorbringen keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Resozialisierung Rückkehrentscheidung Selbsterhaltungsfähigkeit soziale Verhältnisse Universitätsstudium

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2235538.1.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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