TE Bvwg Beschluss 2021/1/11 G312 2108029-2

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Veröffentlicht am 11.01.2021
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Entscheidungsdatum

11.01.2021

Norm

AlVG §11
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


G312 2108029-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Martina SCHÖNGRUNDNER und Mag. Lena TAUSS als Beisitzerinnen über den Vorlageantrag von XXXX , SVNR: XXXX , vom XXXX gegen die Beschwerdevorentscheidung der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom XXXX , GZ: XXXX , zu Recht beschlossen:

A)

Der Vorlageantrag wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX wurde ausgesprochen, dass der Bezug auf Notstandshilfe des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) für die Zeit vom XXXX bis XXXX gemäß § 11 AlVG iVm § 38 AlVG gesperrt ist.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass der BF sein Dienstverhältnis bei der Firma XXXX freiwillig gekündigt habe, Nachsichtsgründe nicht vorliegen bzw. nicht berücksichtigt werden können.

2. Gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde des BF vom XXXX und wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Kündigungsgrund „durch Dienstnehmer“, obwohl er Befunde vorgelegt habe, nicht in Ordnung sei. Nicht nur er sei für die Beendigung des Dienstverhältnisses verantwortlich, sondern auch die Firma aufgrund ihrer mangelnden Arbeitsbedingungen (Arbeitsschutz, voreilige/unüberlegte Kündigung von ihm etc.). Es habe bereits zu Beginn geheißen, er solle mit festen Schuhen und Arbeitsbekleidung erscheinen, die Sicherheitsausrüstung erhalte er erst in einem Monat. Zum Krankenstand sei es gekommen, da er mit seinem Kollegen mit jeweils einer Staubmaske pro Baustelle und Arbeiter enorme Staubarbeiten tätigten musste. Nach 1 Stunden seien die Masken vor lauter Staub, Atemluft und Feuchtigkeit zum Wegschmeißen gewesen, was er auch getan habe, daher habe er ohne weitermachen müssen, jedoch sei nach einer halben Stunde seine Lunge und seine Augen arg zu spüren gewesen, wodurch er nicht länger arbeiten hätte können, der Kollege habe länger ausgehalten. Er habe sich beim Kollegen entschuldigt und sei zur Firma gefahren, es habe ein Gespräch im Büro gegeben. Dies liege alles vor samt SMS. Er hätte sehr gerne nach seinem Krankenstand weitergearbeitet, unter normalen Arbeitsbedingungen.

3. Die belangte Behörde wies die oben angeführte Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung, datiert mit XXXX , gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF, ab.

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass der BF aufgrund der Staubentwicklung die Abbrucharbeiten nicht weiter durchführen hätte wollen. Der Arbeitgeber sei verpflichtet die Arbeitsumgebung so zu gestalten, dass der Arbeitnehmer keine gesundheitlichen Probleme bekomme, andernfalls könne eine Meldung an das Arbeitsinspektorat gemacht werden. Die Firma sei – wie die Stellungnahme ergebe – an einer Lösung interessiert gewesen. Ungeachtet dessen habe sich der BF für die Lösung des Dienstverhältnisses entschieden.

Der BF sei im Rahmen des Verfahrens aufgefordert worden, ein Lungenattest vorzulegen, dem sei der BF nicht nachgekommen. Lediglich Befunde aus den Jahren 2006 bis 2018 habe der BF beigebracht. Da der BF bis XXXX im Krankenstand gewesen sei, verkürze sich die Sperrfrist auf den Zeitraum vom XXXX bis XXXX .

4. Der BF hat die Beschwerdevorentscheidung am XXXX persönlich nach Postzustellung übernommen.

5. Am XXXX beantragte der BF per Mail die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.

6. Der Vorlageantragt wurde samt Beschwerde und maßgeblicher Verwaltungsakte am 14.12.2020 dem BVwG vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX wurde ausgesprochen, dass der Bezug auf Notstandshilfe des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) für die Zeit vom XXXX bis XXXX keine Notstandshilfe gemäß § 11 AlVG iVm § 38 AlVG gebührt.

Gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde des BF vom XXXX .

Die belangte Behörde wies die oben angeführte Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung, datiert mit XXXX , gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF, ab.

Der BF hat die Beschwerdevorentscheidung am XXXX (Donnerstag) persönlich nach Postzustellung übernommen.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung war die Erhebung des Vorlageantrages binnen zwei Wochen nach Zustellung möglich. Die Frist zur Erhebung des Vorlageantrages endete somit am Donnerstag, den XXXX (Zwei-Wochen-Frist).

Der BF beantragte am XXXX per Mail die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht. Somit wurde der Vorlageantrag verspätet bei der belangten Behörde eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A):

Gemäß § 15 (1) VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Verfahrensgegenständlich erfolgte die Beantragung der Vorlage an das BVwG entsprechend der obigen Feststellungen durch den BF verspätet.

Verfahrensgegenständlich wurde von der belangten Behörde ein verspäteter oder unzulässiger Vorlageantrag zur Entscheidung vorgelegt.

In § 15 Abs. 3 VwGVG ist – ebenso wie in § 64a Abs. 3 AVG (vgl dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 64a Rz 36) – lediglich von einer Zurückweisung durch die Behörde, die die Vorentscheidung erlassen hat, die Rede. Zu § 15 Abs. 3 VwGVG wird demgegenüber aber auch vertreten, dass nach Vorlage eines Vorlageantrages das Verwaltungsgericht über dessen Unzulässigkeit bzw Verspätung absprechen kann (vgl Eder ua, § 15 Anm K 7, 13 [Zurückweisung]; Müllner, ZfV 2013, 887; Schmied/Schweiger, Verfahren 64 [Zurückweisung]; Wessely, Administrativverfahren 217 [Zurückweisung]; aA Leeb/Zeinhofer, Verwaltungsgerichtsbarkeit 58 Fn 157; vgl auch Gruber, § 15 Rz 12 [Einstellung des Verfahrens]) (vgl. Goldstein/Neudorfer in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 15 Rz 7 (Stand 31.03.2018, rdb.at)).

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist dem VwGVG, insbesondere § 28 VwGVG, allgemein der Grundsatz zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht Prozessvoraussetzungen selbst zu prüfen hat (vgl. Gruber in Götzl, Gruber, Reisner, Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 15 Rz 12 f), weshalb im Fall, in dem die Behörde dem Verwaltungsgericht einen verspäteten Vorlageantrag vorgelegt hat, die Zurückweisung durch das Verwaltungsgericht zu erfolgen hat, zumal mit der Vorlage des Vorlageantrages, der Beschwerde und des Verwaltungsaktes die Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen und die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde erloschen ist (vgl. dazu auch BVwG vom 13.03.2020, W212 2225880-1/8E).

Gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom XXXX , welche dem BF nachweislich am XXXX (Donnerstag) persönlich zugestellt wurde, beantragte der BF am XXXX per Email die Vorlage an das BVwG.

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß Abs. 2 leg. cit. mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Die zweiwöchige Frist endete mit Ablauf des XXXX (Donnerstag). Der Vorlageantrag erweist sich daher als verspätet.

Selbst für den Fall, dass eine Zurückweisung des Vorlageantrages als verspätet durch das Bundesverwaltungsgericht selbst nicht in Betracht käme, wäre diesfalls mit einer Einstellung des Verfahrens (vgl. Goldstein/Neudorfer in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 15 Rz 7; allenfalls andeutend: VwGH vom 19.12.2018, Ro 2016/06/0019) zu verfügen gewesen.

Da der Vorlageantrag verspätet eingebracht wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Vorlageantrag Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G312.2108029.2.00

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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