TE Vwgh Erkenntnis 1967/3/13 2146/65

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Veröffentlicht am 13.03.1967
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Index

Baurecht - Wien
L80209 Flächenwidmung Bebauungsplan einzelner Gemeinden Wien
L82009 Bauordnung Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauO Wr 1883
BauO Wr 1883 §119
BauO Wr 1883 §5 Abs2 lite
BauO Wr 1883 §71
BauO Wr 1883 §76 Abs4
B-VG Art130 Abs1
B-VG Art131 Abs1 Z1
B-VG Art20
Plandokument 3718 Erdberg Beschluß GdR Wr
VwGG §41 Abs1
VwGG §42 Abs2
VwGG §42 Abs2 litc
VwGG §42 Abs2 Z3 implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bily, über die Beschwerde der prot. Firma HR in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Albert, Rechtsanwalt in Wien I, Bellariastraße 10, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Berufungsbescheid der Magistratsdirektion für Wien, Rechtsmittelbüro, vom 6. Oktober 1965, Zl. MDR-B III-7/65), (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Wien, M.Abt. 52), betreffend Baubewilligung, nach Durchführung einer Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Wolfgang Albert, des Vertreters der belangten Behörde, Magistratskommissärs Dr. HH, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Magistratsrat Dr. OK, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 790,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Organ der Magistratsabteilung 36 stellte im Dezember 1962 fest, daß sich auf der Liegenschaft Wien, E-straße 14, Grundstück 1996 in EZ. nn/3, dem Betriebsgelände der Beschwerdeführerin, Bauten befänden, die nicht bewilligt worden waren; an der rechten Grundgrenze zwischen einer mit Baubewilligung errichteten Kleingarage und dem früheren Wohnhaus war eine Werkstätte mit einer Grundfläche von 98 m2 errichtet worden; die Kleingarage war in eine Werkstätte umgewandelt worden. An der linken Grundgrenze war eine Wellblechgarage mit einer Grundfläche von rund 12,5 m2 hergestellt worden. An der linken Grundgrenze, rückwärts angrenzend an das mit Baubewilligung errichtete Werkstätten- und Bürogebäude war eine Garderobe mit rund 18 m2 Grundfläche gebaut, im rückwärtigen, mittleren Teil der Liegenschaft ein auf Betonfundamenten stehendes Flugdach in Eisenkonstruktion sowie eine Kranbahn mit einer Grundfläche von rund 280 m2 hergestellt worden. Das Flugdach solle zu einem späteren Zeitpunkt noch verlängert werden. Die an der linken und rechten Grundgrenze errichteten Gebäude seien im Jahre 1961, das Flugdach sei im Sommer 1962 hergestellt worden.

Der Magistrat der Stadt Wien beraumte eine Verhandlung an, zu der JR, die Eigentümerin des Grundstückes und Inhaberin der beschwerdeführenden Firma, geladen wurde. Der festgestellte Sachverhalt wurde nicht bestritten. Nun erging der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, M.Abt. 36, vom 14. Jänner 1963, der den Auftrag enthält, gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien unter Heranziehung eines befugten Gewerbetreibenden binnen neun Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die ohne Baubewilligung an der rechten Grundgrenze errichtete Werkstätte, die an der linken Grundgrenze errichtete Wellblechgarage, das Garderobengebäude und das im hinteren, mittleren Teil der Liegenschaft errichtete Flugdach mit der Kranbahn abtragen zu lassen. Dieser Auftrag gelte auch dann als erfüllt, wenn in der gleichen Frist ein ordnungsgemäß belegtes Ansuchen um nachträgliche Bewilligung eingebracht und in der weiteren Folge die Baubewilligung erwirkt werde.

Daraufhin wurde von der Beschwerdeführerin das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung eingebracht. In der Begründung wurde ausgeführt, daß das Stahlbauunternehmen der Firma seit 120 Jahren bestehe und zur Rationalisierung aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit verhalten sei. Dies habe auch die Auflockerung der Arbeitsplätze unbedingt erforderlich erscheinen lassen. Diesem Zweck hätten die getroffenen baulichen Maßnahmen gedient. Der Garderoberaum habe aus sozialen Erwägungen gebaut werden müssen. Das Flugdache das zur Überdeckung des Lagerplatzes erforderlich gewesen sei, habe zum Vorteil der Anrainer eine den Lärm dämpfende Wirkung, die noch weiter verbessert werden könnte. Die Entfernung der neu geschaffenen Einrichtungen müsse zur Stillegung des Unternehmens führen, das rund 110 Arbeiter und Angestellte beschäftigte und überwiegend für die öffentliche Hand arbeite. Gleichzeitig wurde um die Verlängerung der Baubewilligung für die Werkshalle ersucht.

Die Behörde begehrte die Vorlage eines Grundbuchsauszuges und des Fluchtlinienplanes. Dem wurde entsprochen. Nach den Bebauungsbestimmungen ist die Widmung „Wohngebiet“ festgelegt. Vor Durchführung der mündlichen Verhandlung am 8. Jänner 1964 erteilte der amtsführende Stadtrat dem Leiter der Abteilung die Weisung, die Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien beschränkt auf maximal fünf Jahre zu erteilen.

Bei der Bauverhandlung erklärte ein Vertreter des Bezirksgesundheitsamtes, daß die geschlossenen Bauten voraussichtlich zu keiner Belästigung der Anrainer führen würden. Dagegen würde die Bearbeitung von Eisenteilen und deren Verladung im Hof voraussichtlich zu einer Belästigung der in die Wohnbauanlage Wien, E-straße 16, eingezogenen Parteien und der Kinder des dort untergebrachten Kindergartens führen. Diese Lärmbelästigung sei allerdings von dem Bestehen eines Flugdaches unabhängig. Für die Bezirksvertretung wurde die Erklärung abgegeben, es könne einer Bewilligung, auch einer solchen mit jederzeitiger Widerrufsmöglichkeit, nicht zugestimmt werden, da das Gebiet Wohngebiet sei. Für die Magistratsabteilung 52, deren Vertreter namens der Stadt Wien als Anrainerin und Eigentümerin des Wohnhaues E-straße 16 erschienen war, wurde erklärt, es könne keine Zustimmung erteilt werden, da die Errichtung des Flugdaches eine Betriebserweiterung darstelle, die mit erhöhtem Lärm verbunden sein werde. Für die M.Abt. 19 wurde erklärt, daß nur auf fünf Jahre zugestimmt werden könne. Es handle sich um eine gröbliche Störung des beabsichtigten Stadtbildes und diese Frage werde nach fünf Jahren nicht anders beurteilt werden können.

Das Arbeitsinspektorat erklärte, keinen Einwand zu erheben, da die Maßnahmen eindeutige Verbesserungen für die Dienstnehmer seien. Für die beschwerdeführende Firma wurde erklärt, die Überdeckung der Kranbahn sei nur zum Schutze der Arbeiter erfolgt. Es sei eine alte Kranbahn mit einer für Be- und Entladearbeiten notwendigen Kranbrücke samt Trasse durch eine zum Teil mit einer neuen Kranbahn mit sehr geräuscharmer Kranbrücke und Krankatze versehene Krananlage ersetzt worden. Der Platz unterhalb des Flugdaches habe schon bisher überwiegend für Beladungen und Entladungen sowie fallweise für den Zusammenbau von größeren Konstruktionen gedient. Das Flugdach schütze die Arbeiter, aber auch das Rohmaterial und die zur Auslieferung bereitstehenden Konstruktionsteile. Eine Erweiterung des Fertigungsbetriebes habe durch die Überdachung der Kranbahn nicht stattgefunden. Bezüglich der Errichtung der anderen Baulichkeiten wurde auf die Begründung des Ansuchens verwiesen.

Das Ergebnis der Verhandlung würde dem inzwischen neu bestellten amtsführenden Stadtrat bekanntgegeben. Dieser leitete den Bauakt zur Entscheidung im Sinne der Bauordnung zurück. Sodann wurde am 25. Jänner 1965 eine neuerliche Verhandlung durchgeführt. Als Ergebnis dieser Verhandlung erging der erstinstanzliche Bescheid, mit dem der Magistrat der Stadt Wien, M.Abt. 36, der beschwerdeführenden Firma gemäß § 70 der Bauordnung für Wien die nachträgliche Bewilligung für die Bauwerke versagte. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die errichteten Baulichkeiten den mit Bescheid vom 24. Oktober 1963 bekanntgegebenen Fluchtlinien bzw. Bebauungsbestimmungen nicht entsprächen. Das im hinteren mittleren Teil der Liegenschaft EZ. 339 und zum Teil auf der Liegenschaft EZ. 3950 errichtete Flugdach in Stahlkonstruktion mit Kranbahn liege zur Gänze, die an der rechten Grundgrenze errichtete Werkstätte sowie die an der linken Grundgrenze errichtete Wellblechgarage und das Garderobengebäude lägen teilweise auf gärtnerisch auszugestaltenden Grundstücksflächen. So werden also die gemäß § 9 Abs. 4 der Bauordnung für Wien einzuhaltenden Fluchtlinien nicht gewahrt. Überdies sei die Liegenschaft als Wohngebiet gewidmet, sodaß nur Wohngebäude und Nebengebäude, die für den Bedarf der Bewohner der Gebäude dienten, errichtet werden dürften. Die angestrebte nachträgliche Bewilligung habe auch nach § 71 der Bauordnung für Wien nicht erteilt werden können, da durch die Nichteinhaltung der Fluchtlinien bzw. der Bebauungsbestimmungen die öffentlichen Rücksichten beeinträchtigt würden und es sich überdies bei den zu errichtenden Baulichkeiten nicht um solche vorübergehenden Bestandes handle.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Firma Berufung. Sie führte aus, daß zwar die vor kurzem festgelegten Fluchtlinien und Bebauungsbestimmungen die Errichtung eines weiteren Wohnhausblockes auf dem Gelände vorsähen, daß aber die Errichtung eines solchen Hauses erst möglich sein werde, wenn das Grundstück für eine solche Verbauung freigegeben werde. Diese Freigabe würde die Auflassung der gesamten Betriebsanlage erfordern, weil der Betrieb ohne Lagerfläche nicht lebensfähig sei. So würden zunächst keine öffentlichen Rücksichten beeinträchtigt. Die Baulichkeiten seien eindeutig Bauwerke vorübergehenden Bestandes. Da die Werkstättenhalle nur befristet benützt werden dürfe und der Betrieb wirtschaftlich eine Einheit sei, ergebe sich für die anderen Bauwerke dieselbe Befristung. Deshalb sei auch die Konstruktion so gewählt worden, daß eine Verlegung möglich sei. Daß ein nur vorübergehender Bestand beabsichtigt sei, ergebe sich auch aus den Verhandlungen, die mit der Stadt Wien und anderen Stellen über eine Verlegung und den dafür erforderlichen Grunderwerb geführt würden. Derzeit aber lägen die Herstellungen im Interesse des Schutzes der Arbeiterschaft. Zum Nachweis dafür wurde auf die Äußerung des Arbeitsinspektorates hingewiesen. In einer als Beilage vorgelegten Eingabe vom 25. Jänner 1965 teilte die beschwerdeführende Firma mit, daß sie durchaus bereit wäre, dem Magistrat der Stadt Wien, M.Abt. 69, die Liegenschaften bei entsprechender Gegenleistung abzutreten. Das Kompensationsprogramm gliedere sich in die Bereitstellung eines Grundstückes, in die Abgeltung betriebseigener Baulichkeiten und die Übernahme der Verlegungskosten.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die Bauoberbehörde für Wien „über die gegen die Nichterteilung der Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien eingebrachte Berufung“ abweislich. Zur Begründung wurde ausgeführt, die gegenständlichen, nicht widmungsmäßigen Baulichkeiten sollten in einem Gebiet erreichtet werden, das als Wohngebiet vorgesehen sei und sich im intensiven städtebaulichen Ausbau befinde. Es sei daher im öffentlichen Interesse besonderer Wert auf die zumindest sukzessive Verwirklichung des geplanten Ortsbildes zu legen. Die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien für die vom angefochtenen Bescheid erfaßten, im Wohngebiet nicht widmungsgemäßen Betriebsgebäudes sei daher im öffentlichen Interesse nicht möglich. Auch das Berufungsvorbringen, daß eine Verwirklichung der Widmung, solange die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft unverändert seien, ohnehin nicht möglich wäre, könne nicht durchschlagen, weil die Bauordnung für Wien vorsehe, daß zur Verwirklichung der Widmung erforderlichenfalls von Bauwilligen ein Enteignungsantrag im Sinne des § 41 b der Bauordnung für Wien gestellt werden könne. Aus der Aktenlage selbst oder aus dem Berufungsvorbringen ergebe sich weiters, daß eine bauliche Assanierung des betreffenden Wohngebietes in absehbarer Zeit beabsichtigt sei. Es sei nämlich bereits unmittelbar neben der gegenständlichen Liegenschaft eine Wohnhausanlage errichtet und werde von der Stadt Wien mit der beschwerdeführenden Firma wegen des Ankaufes der Liegenschaft verhandelt. Die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien würde daher eine bauliche Assanierung des gegenständlichen Gebietes in absehbarer Zeit zumindest erschweren. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, daß schon bisher mehrmals für die Gebäude des Betriebes nur Bewilligungen auf Widerruf erteilt worden seien, sodaß damit habe gerechnet werden müssen, daß die Erteilung weiterer Bewilligungen nicht unbegrenzt möglich sein werde. Bei dieser Sachlage könne keineswegs davon gesprochen werden, daß die Behörde von ihrem Ermessen in unsachlicher Weise Gebrauch mache, wenn sie die Erteilung einer weiteren Widerrufsbewilligung nicht in Erwägung ziehe. Außerdem würde durch die Erteilung einer Bewilligung der weitere Bestand des Gewerbebetriebes in einem reinen Wohngebiet begünstigt. Eine Entscheidung, die eine derartige Folge nach sich ziehen würde, widerspreche aber dem öffentlichen Interesse, von dem sich die Behörde bei ihrer Entscheidung leiten lassen müsse.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird zunächst geltend gemacht, daß der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben sei. Es fehle die Feststellung, daß das Unternehmen, das derzeit mit rund 100 Arbeitnehmern arbeite, sich seit 120 Jahren an der gleichen Stelle befinde. Die zu dem Unternehmen gehörenden Gebäude seien alle bis auf eines mit unbefristeter Baubewilligung errichtet worden. Nur eine Werkstatt sei nach § 71 der Bauordnung für Wien bewilligt. Ferner fehle die Feststellung, daß der Lagerplatz, um dessen Überdachung es sich handle und auf dem sich die Kranbahn befinde, schon seit Jahrzehnten bestehe und daß auch die Kranbahn selbst seit mehr als zehn Jahren am gleichen Ort vorhanden sei. Dies sei alles der M.Abt. 36 bekannt, was aus dem Bescheid vom 5. Mai 1951 (Betriebsanlagengenehmigung) feststellbar sei, der der Beschwerde angeschlossen werde. Alle diese Umstände seien aber nicht festgestellt worden. Der angrenzende Wohnbau der Gemeinde Wien mit Kindergarten sei erst vor zwei Jahren errichtet worden. Der Bescheid über die Bekanntgabe der Fluchtlinien und der Höhenlage, der ein Wohngebiet vorsehe, sei erst vor zwei Jahren erlassen worden und diene offenbar dem Zweck, den Betrieb zwangsweise zu liquidieren. Dieser Bescheid sei auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Es gehe nicht an, ein „lebendes Unternehmen“ dadurch auszulöschen, daß man einfach bestimme, es solle an Stelle dieses Unternehmens ein Wohnbau oder eine Gartenanlage errichtet werden. Ferner sei nicht festgestellt worden, daß das Flugdach so konstruiert sei, daß es jederzeit wieder abgenommen werden könne, woraus sich ableiten lasse, daß ein nur vorübergehender Bestand beabsichtigt sein Auch sei vernachlässigt worden, daß sich das Arbeitsinspektorat im Interesse der Arbeiter für die Bewilligung ausgesprochen habe. Der schwerste Mangel dieses Verfahrens, liege aber in der Nichtbefolgung der vom amtsführenden Stadtrat erteilten Weisung, die Bewilligung auf fünf Jahre zu erteilen.

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht die Beschwerdeführerin geltend, durch den Bescheid wurde ein Eingriff in ihr Recht auf Ausübung des Gewerbes vorgenommen, der so weitgehend sei, daß damit der Bestand des Unternehmens in Frage gestellt sei. Sie habe im Zuge des Verfahrens eine Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien beantragt. Es sei jedoch spruchgemäß nur nach § 70 der Bauordnung für Wien, nicht nach § 71 entschieden worden, sodaß das Verfahren in dieser Hinsicht noch offen sei. Allerdings müsse zugegeben werden, daß die Begründung sich mit der Bewilligungsmöglichkeit nach § 71 auseinandersetze. Diese Entscheidung sei im Hinblick auf ein behauptetes öffentliches Interesse negativ gewesen. Das öffentliche Interesse spreche aber gerade für die Erhaltung eines gesunden Unternehmens, das rund 100 Arbeitnehmer beschäftige und wichtige Stahlbauaufträge durchzuführen habe. Das Ermessen müsse sachlich gehandhabt werden; im vorliegenden Fall handle es sich um Willkür. Das Unternehmen sei früher vorhanden gewesen als der erst vor zwei Jahren errichtete Wohnbau. Es müsse gefragt werden, ob in einem Rechtsstaat bestehende Unternehmen einfach dadurch ausgelöscht werden könnten, daß das betreffende Gebiet als ein solches für Wohnungen und Gärten erklärt werde. Man könne sich gewiß darüber einigen, daß eine Verlegung des Betriebes durchgeführt werde. Es gehe aber nicht an, daß die Gemeinde zu diesem Zweck ein Grundstück anbiete, für das ein Bauverbot bestehe. Es sei auch unzulässig, daß, wie dies im angefochtenen Bescheid geschehen sei, für den Fall des Unterbleibens der Liquidierung eines Betriebes mit Enteignung gedroht werde. Dies sei zwar gewiß nicht so kraß ausgedrückt worden; doch ergebe sich dieser Sinn aus dem Bescheid. Es bestehe durchaus Bereitschaft, das Unternehmen zu verlegen, wenn in der Nähe ein geeignetes Gelände zur Verfügung gestellt werde. Es gehe aber nicht an, den Betrieb unmöglich zu machen und mit Enteignung zu drohen, indem man für den Lagerplatz und die Kranbahn samt Flugdach sogar eine Bewilligung auf die Frist von fünf Jahren versage. Das Flugdach habe mit einer Lärmentwicklung nichts zu tun, sondern wirke geräuschdämpfend. Seine Entfernung würde also die Lärmeinwirkung erhöhen. Es bestehe auch die bereits zuvor erklärte Bereitschaft, zusätzlich schalldämmende Platten einzubauen. Durch das Flugdach könnten Interessen der Anrainer nicht berührt werden. Ebensowenig könnten durch die Kranbahn, die schon seit 15 Jahren bestehe und genehmigt sei (gemeint ist die gewerbebehördliche Genehmigung), Interessen der Anrainer verletzt werden. Es sei auch unrichtig, den Vorgang als „Betriebserweiterung“ zu bezeichnen, da der Lagerplatz und die Kranbahn schon vorhanden gewesen seien und die kleine Werkshalle sowie der kleine Garderoben- und Aufenthaltsraum nur einer sozialen Besserstellung der Arbeiter dienen sollten. Wenn im angefochtenen Bescheid der Standpunkt vertreten werde, daß durch die Erteilung der Bewilligung der weitere Bestand eines gewerblichen Betriebes im Wohngebiet begünstigt würde, so sei darauf zu antworten, daß es sich nicht um eine spezielle Begünstigung des Betriebes, sondern um Maßnahmen zum Schutze der Arbeitnehmer handle. Der zweckmäßige und gesetzmäßige Weg der Bereinigung wäre ein Liegenschaftstausch. Die Beschwerdeführerin hätte ihren guten Willen in dieser Hinsicht bereits unter Beweis gestellt. Es müßten allerdings die zum Tausch angebotenen Liegenschaften auch geeignet sein, was bisher nicht zugetroffen habe. Wenn für die Zukunft auf dem Gelände des Betriebes ein Wohnhaus und Gartenanlagen geplant seien, so müßte dieses Ziel durch eine entsprechende Zusammenarbeit der Beteiligten erreicht werden. Es sei aber kein Grund dafür gegeben, die Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien nicht zu erteilen, zumal die Erteilung bereits durch die Weisung des zuständigen Stadtrates verfügt worden sei.

In der Gegenschrift wird eingeräumt, daß im Verfahren keine Feststellungen über das Alter des Unternehmens getroffen worden seien. Dies sei aber nicht entscheidend, weil die belangte Behörde sich darüber im klaren gewesen sei, daß es sich um einen seit längerer Zeit bestehenden Betrieb handelt. Auch der Hinweis auf die gewerbebehördlichen Bescheide könne nicht zielführend sein, da die Beurteilung der Rechtslage hier nur nach der Bauordnung vorzunehmen sei. Aus dem jahrelangen Bestehen einer nicht baubehördlich genehmigten Anlage könne kein Anspruch auf die Erteilung einer nachträglichen Bewilligung abgeleitet werden. Auch frühere Bewilligungen für Gebäude des Betriebes seien nur nach § 71 der Bauordnung für Wien erteilt worden. Der Bescheid über die Fluchtlinienbekanntgabe sei nicht bekämpft worden. Im übrigen bestünden keine Anhaltspunkte für eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung, auf der die Fluchtlinienbekanntgabe beruhe. Die Beschwerdeführerin habe erkennen müssen, daß der Betrieb der Widmung nicht entspreche, somit aber auch nicht erneuert und erweitert werden und auf die Dauer bestehen könne. Auch sei die Widmung bereits in Verwirklichung begriffen, da in der nächsten Umgebung schon Wohnhäuser errichtet worden seien. Die vollständige Realisierung der Widmung sei daher ganz besonders im öffentlichen Interesse gelegen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 11. Mai 1955, Slg. N. F. Nr. 3738, bereits ausgeführte daß es keine dem Gesetz widerstreitende Ermessensübung sei, „Widerrufsbauten dann nicht zuzulassen wenn durch deren Zulassung der weitere Bestand gewerbliches Betriebe in reinen Wohngebieten begünstigt werde“. Es könne also nicht die Rede davon sein, daß das Ermessen dem Sinne des Gesetzes zuwider geübt worden sei. Auch ziele die Behörde mit der Erlassung des Bescheides keineswegs darauf ab, den Betrieb zu „vernichten“. Es sei lediglich beabsichtigt, zu verhindern, daß der Betrieb im Gegensatz zu dem konkreten öffentlichen Interesse an der Sicherung und der Erweiterung der Verwirklichung des geltenden Bebauungsplanes im Sinne einer Trennung von Gebietsteilen, die Wohnzwecken dienen, von solchen, die Betriebszwecken offenstehen - das sei gerade in diesem noch sehr verflochtenen Gebiet von aktueller Bedeutung -, durch zusätzliche Bauführungen erweitert werde, die für sich und in Verbindung mit dem genehmigten Altbestand die beabsichtigte, bereits im Zuge befindliche Entwicklung stören und verzögern könnten. Der Bescheid enthalte auch keine Drohung mit einer Enteignung. Der Hinweis auf die Enteignungsmöglichkeit, die kraft Gesetzes bestehe, sei lediglich erfolgt, um die Rechtsstandpunkte der Berufungsbehörde zu begründen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sei ersichtlich, daß über das Bauansuchen gemäß § 71 der Bauordnung für Wien abgesprochen worden sei.

Zunächst ist das Beschwerdevorbringen zu beantworten, daß gar kein Abspruch der zweiten Instanz über eine Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien vorliege. Der Verwaltungsgerichtshof kann aber die Anschauung der Beschwerdeführerin nicht teilen, da durch die Fassung des Spruches des angefochtenen Bescheides bei der Angabe des Berufungsgegenstandes mit ausreichender Klarheit zum Ausdruck kommt, daß nach § 71 der Bauordnung für Wien entschieden wurde, wie dies auch in den Gründen des angefochtenen Bescheides ausgeführt wird. Auch die Wertung des erstinstanzlichen Bescheides, in dessen Begründung die Verweigerung der Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien behandelt war, als Abspruch nach beiden Gesetzesstellen, war zutreffend. Auch die Beschwerdeführerin hat, wie die Berufung zeigt, diese Anschauung geteilt.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin u.a., daß eine Weisung nicht befolgt worden sei. Wie die Sachverhaltsdarstellung zeigt, ist die von einem amtsführenden Stadtrat erteilte, aber nicht sofort befolgte Weisung von dem Amtsnachfolger dieses Stadtrates nicht aufrechterhalten worden. Unter keinen Umständen könnte sich aber im Falle der Gesetzmäßigkeit der vorliegenden Entscheidung, die in der Folge zu prüfen sein wird, aus dem Umstand der zeitweisen Nichtbefolgung einer Weisung ein Aufhebungsgrund nach dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1965 ergeben. Der angefochtene Bescheid ist vom Verwaltungsgerichtshof am Gesetz und nicht an der Weisung zu messen, auf deren Befolgung den Parteien des Verwaltungsverfahrens ein subjektives Recht nicht zusteht. Auch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften kann durch die zeitweise Nichtbefolgung einer Weisung nicht eingetreten sein, da die Vorschrift des Art. 20 B-VG nicht als eine Verfahrensvorschrift gewertet werden und auch keine andere Vorschrift genannt werden kann, die als Verfahrensvorschrift ein hier einschlägiges Gebot der Befolgung von Weisungen enthielte.

In der Beschwerde wird die Prüfung der „Verfassungsmäßigkeit“ des Fluchtlinienbekanntgabebescheides gefordert. Das Beschwerdevorbringen zielt darauf ab - dies wurde in der Verhandlung klargestellt - daß die dem Bescheid zugrunde liegende Verordnung gesetzwidrig sei; es wird in dieser Hinsicht eine Antragstellung des Verwaltungsgerichtshofes nach Art. 139 B-VG angeregt. Nun hat die Beschwerdeführerin allerdings im Verwaltungsverfahren sich nicht gegen die Versagung der Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien zur Wehr gesetzt, sondern geltend gemacht, daß eine Bewilligung nach§ 71 desselben Gesetzes zu erteilen gewesen wäre. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes für den Rechtsfall nicht präjudiziell wäre. Es besteht vielmehr, wie die folgenden Erwägungen zeigen werden, an sich durchaus ein innerer Zusammenhang zwischen der Entscheidung nach § 71 der Bauordnung für Wien und dem Inhalt des Bebauungsplanes. In der Beschwerde werden Bedenken dagegen geltend gemacht, daß ein Raum, in dem faktisch eine Industrieanlage besteht, als Wohngebiet gewidmet wurde. In dieser allgemeinen Form trägt das Bedenken aber bloß rechtspolitischen Charakter, da seine verfassungsrechtlichen Grundlagen nicht aufgedeckt wurden. Insbesondere wurde nicht etwa dargetan, daß und weshalb für eine Änderung der Bebauungsbestimmungen im Sinne des § 1 Abs. 1 letzter Satz der Bauordnung für Wien keine wichtigen Rücksichten maßgebend gewesen seien. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber, um zu der Anregung der Beschwerdeführerin entsprechend Stellung nehmen zu können, die Akten bezüglich des Bebauungsplanes (Plandokument 3718) eingeholt und hat keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung gefunden. Der Anlaß für die Änderung lag allerdings in der Absicht, eine städtische Wohnhausanlage zu errichten. Die Abänderung umfaßte aber das Gebiet zwischen E-straße, W-gasse, L-straße und K-gasse in seiner Gesamtheit. Nach dem Studium des Aktes kann nicht gesagt werden, daß der vom damaligen Stadtplaner Prof. R erstellte Bebauungsvorschlag, der vom Fachbeirat für Stadtplanung unter dem Vorsitz von Arch. Prof. L behandelt und einhellig gebilligt wurde, in erster Linie und in unsachlicher Weise gegen den Bestand des Betriebes der Beschwerdeführerin gerichtet gewesen sei, fügt er sich doch ohne weiteres in ein erkennbares größeres städtebauliches Konzept ein.

§ 71 der Bauordnung für Wien lautet: Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes des Grundes, sei es weil die Baulichkeit den Bestimmungen dieser Bauordnung nicht voll entspricht, kann die Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieser Bauordnung nur insofern, als sie nach der Lage des Falles geboten sind, worüber der Bescheid das Nähere zu enthalten hat. Durch die Ausnahme dürfen weder durch die Bauordnung gegebene subjektive öffentliche Rechte noch Privatrechte verletzt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in seinem Erkenntnis vom 29. April 1958, Slg. N.F. Nr. 4653/A, zum Ausdruck gebracht, daß die Anrainer aus den Vorschriften des § 76 Abs. 2 der Bauordnung für Wien - nunmehr handelt es sich um den Absatz 4 derselben Gesetzesstelle - also aus der Vorschrift über die „Schutzstreifen“ subjektive öffentliche Rechte ableiten können. Er hat ausgesprochen, daß durch eine übermäßige Bebauung eines großen Bauplatzes nicht nur jener Nachbar in einem subjektiven öffentlichen, aus der Bauordnung erwachsenden Rechte verletzt wird, dessen Bauplatz an den großen Bauplatz an der Stelle angrenzt, wo sich zwei Gebäude befinden, zwischen welchen der gesetzliche Schutzstreifen nicht vorhanden ist, sondern jeder Nachbar, der mit seiner Liegenschaft an dem zur Verbauung vorgesehenen Bauplatz angrenzt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Möglichkeit, einen anderen Standpunkt bezüglich der im Plandokument 3718 mit dem Signum rot G bezeichneten Flächen einzunehmen, die gemäß § 5 Abs. 2 lit. e der Bauordnung für Wien gärtnerisch zu gestalten und so dauernd zu erhalten sind. Nun kämen aber die Bauten, um deren nachträgliche Bewilligung es sich handelt, wie im erstinstanzlichen Bescheid zutreffend festgestellt wurde, teilweise auf den gärtnerisch auszugestaltenden Grundstücksflächen zu stehen. Somit ergibt sich einerseits der Zusammenhang zwischen dem Bebauungsplan und der Anwendung des § 71 der Bauordnung für Wien, anderseits im Hinblick auf die eben angestellten Erwägungen und den letzten Satz des zitierten Paragraphen, die Feststellung, daß die Beschwerdeführerin durch die abweisliche Entscheidung infolge des Bestehens eines gesetzlichen Hindernisses für die Erteilung der Bewilligung nicht in ihren Rechten verletzt wurde. Diese Rechtsfrage wurde in der Verhandlung von dem Vertreter der belangten Behörde erörtert.

Da jedoch im angefochtenen Bescheid die Erledigung des Begehrens nicht auf der Grundlage der Annahme eines gesetzlichen Hindernisses, sondern in negativer Ermessensübung stattfand, erscheint es angemessen, auch noch zu den diesbezüglichen Erwägungen Stellung zu nehmen. In dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1962, Zl. 1584/61, wurde zur Handhabung des § 71 BO für Wien das folgende ausgeführt: Bei der Beurteilung eines Ansuchens um die Erteilung einer Baubewilligung gegen Widerruf nach § 71 der Bauordnung für Wien hat die Behörde zunächst zu untersuchen, ob vom Antragsteller für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung angeführte oder doch aus seinem Vorbringen im Zusammenhang mit der jeweils gegebenen Situation erkennbare besondere Gründe vorliegen, weil andernfalls eine Abstandnahme von den Vorschriften der Bauordnung in keinem Fall als gerechtfertigt angesehen werden könnte. Sind solche Ausnahmegründe gegeben, dann hat die Behörde weiters zu prüfen, ob, ungeachtet dieses Umstandes, öffentliche, in der Bauordnung begründete Rücksichten einer Ausnahmegewährung entgegenstehen. Solche öffentliche Rücksichten können auch darin gelegen sein, daß die Erteilung der Ausnahmebewilligung dazu führen könnte, daß die Behörde, will sie sich nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Handhabung des Ermessens aussetzen, auch in anderen gleichartigen Fällen eine Ausnahmebewilligung erteilen müßte.

Was nun das Vorliegen von Gründen für eine Ausnahme anlangt, so ist der Verwaltungsgerichtshof an sich der Anschauung, daß in Anbetracht des Bestandes des Betriebes und der glaubhaften Erforderlichkeit der Anlagen, insbesondere in Anbetracht der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates kaum gesagt werden könnte, daß keine Gründe dafür gegeben wären, eine Ausnahme anzunehmen. Die belangte Behörde war aber der Anschauung, daß das öffentliche Interesse eine positive Erledigung verbiete. Sie nahm an, daß „die Begünstigung eines Fortbestandes der Industrieanlage im Wohngebiet, eine Begünstigung, die durch die Erteilung der Bewilligungen zum Ausdruck käme, dem öffentlichen Interesse widerstreite“. Wie die belangte Behörde richtig ausführt, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 11. Mai 1955, Slg. N. F. Nr. 3738/A, ausgesprochen, daß es keine dem Gesetze widerstreitende Ermessensübung sei, Widerrufsbauten dann nicht zuzulassen, wenn durch deren Zulassung der weitere Bestand gewerblicher Betriebe in reinen Wohngebieten begünstigt würde. Das Gegebensein dieser Voraussetzung bestreitet allerdings die Beschwerdeführerin. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. November 1965, Zl. 1936/62, 481/63, in einem Fall, in dem die Erteilung einer Baubewilligung auf Widerruf für einen Riegelwandbau versagt worden war, der in einem Betrieb errichtet worden war, der binnen Kürze jedenfalls wegen eines Straßenbauvorhabens verlegt werden mußte, den Standpunkt vertreten, daß, da erhöhte Ablöseverpflichtungen zufolge § 14 der Bauordnung für Wien bei einer Bewilligung auf jederzeitigen Widerruf nicht in Betracht kämen, im Falle des Zutreffens des Vorbringens, daß spätere Räumungsaktionen in Anbetracht des geringen Arbeitsaufwandes bei Beseitigung des Baues durch dessen weiteren Bestand nicht erschwert werden könnten, eine abweisliche Erledigung, bei der die Möglichkeit einer Bewilligung auf jederzeitigen Widerruf gar nicht näher geprüft worden war, als nicht im Sinne des Gesetzes gelegen bezeichnet. Die Fälle weichen in wesentlichen Punkten voneinander ab. Im vorliegenden Fall handelt es sich um mehrere Objekte, von denen eines, nämlich die erneuerte Kranbahn samt Flugdach, durchaus bedeutungsvoll ist. Wenn es auch zutreffen mag, daß die Belästigungen durch den Betrieb durch das Flugdach eher vermindert als erhöht werden, so ist doch die Sanierung der ohne Bewilligung erfolgten Erweiterung der Anlagen des Betriebes, mögen sie auch keine eigentliche Erweiterung der Produktion zum Gegenstand haben, durchaus so beschaffen, daß die Annahme, es handle sich um eine Begünstigung des Fortbestehens und der Entwicklung des Betriebe trotz seiner Lage im Wohngebiet, als durchaus naheliegend und demnach auch die Ermessensübung als im Sinne des Gesetzes gelegen anzusehen wäre. Auf die begehrten Feststellungen hinsichtlich des Alters des Betriebes, hinsichtlich der Vorteile für die Arbeitnehmer und des Fehlens der Nachteile für die Anrainer hätte es nach Anschauung des Verwaltungsgerichtshofes deshalb nicht ankommen können, weil der belangten Behörde das richtige Bild der Verhältnisse nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das nicht in Zweifel gezogen wurde, durchaus vor Augen stand und die Behörde, wie eben ausgeführt, auf dieser Grundlage an sich eine negative Ermessensübung vornehmen konnte, ohne gegen den Sinn des Gesetzes zu verstoßen. Das Anliegen der Entflechtung von Industrie und Wohngebieten besitzt großes Gewicht und man kann der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie diesem Anliegen zu dienen bemüht war. Gewiß mag es zutreffen, daß, wie in der Beschwerde ausgeführt wird, dieses Ziel nur durch das einvernehmliche Zusammenwirken einer raschen Erreichung zugeführt werden kann. Dies ist aber nicht Gegenstand der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof. Ebensowenig hatte für den Verwaltungsgerichtshof auch die Möglichkeit bestanden, rechtliche Folgerungen daraus abzuleiten, welche Konsequenzen sich für den Fall der Nichtbewilligung der gegenständlichen Bauten im Verhältnis der Beschwerdeführerin zum Arbeitsinspektorat ergeben könnten. Dem Verwaltungsgerichtshof war nur die Aufgabe gestellt, zu prüfen, ob die Versagung einer Bewilligung auf Zeit in einem Fall der vorliegenden Art geboten oder doch gerechtfertigt war. Aus den Erwägungen bezüglich der subjektiven Rechte der Anrainer folgte, daß die Versagung geboten war; abgesehen davon wäre sie aus den angeführten Gründen auch im Rahmen der freien Ermessensübung gerechtfertigt gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof konnte auch in der Zitierung des § 41 b der Bauordnung für Wien keine Rechtswidrigkeit erblicken Die Bestimmung wurde im vorliegenden Fall nicht angewendet, sondern nur zur Begründung dafür herangezogen, daß die bestehenden Eigentumsverhältnisse nicht unter allen Umständen auf Dauer ein Hindernis für die Verwirklichung der Planung bedeuten könnten.

Die Beschwerde mußte somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Abschnitt B Z 4, 5 und 6 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4.

Wien, am 13. März 1967

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Rechtswidrigkeit von Bescheiden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1967:1965002146.X00

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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