TE OGH 2016/12/12 1Cga99/16h

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Veröffentlicht am 12.12.2016
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Das Arbeits- und Sozialgericht Wien erkennt durch seine Vizepräsidentin Hofrätin Dr. Patricia Wolf als Senatsvorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Johann Musek (AG) und Johanna Stauffer (AN) in der Rechtssache der Klägerin V***** Betriebsges.m.b.H., vertreten durch Gabler, Gibel & Ortner, Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wider den Beklagten D***** L*****, Sozialarbeiter, wegen Elternteilzeit, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

Spruch

1.) Die Zustimmung zu den von der klagenden Partei vorgeschlagenen Daten der Änderung der Lage der Arbeitszeit im Zeitraum vom 1.11.2016 bis 31.1.2022 mit einer verteilten wöchentlichen Arbeitszeit wird erteilt wie folgt:

In den ersten drei Arbeitswochen tätigt die beklagte Partei zwei Nachtdienste unter der Woche jeweils am Montag und Mittwoch von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr am nächsten Tag und einen Beidienst am Freitag von 12:00 Uhr bis 16:00 Uhr.

In der vierten Arbeitswoche bleibt es bei diesen zwei Nachtdiensten, wobei ein Nachtdienst davon nicht mehr unter der Woche zu leisten ist, sondern am Samstag von 10:00 Uhr bis Sonntag 11:00 Uhr einzuteilen.

Der Beidienst am Freitag von 12:00 Uhr bis 16:00 Uhr bleibt auch in dieser Woche aufrecht.

2.) Das darüber hinausgehende Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei habe während der Elternteilzeit bzw. Änderung der Lage der Arbeitszeit eine eingeschränkte Springerfunktion auszuüben, diese bedeute, dass die beklagte Partei nicht in allen elf sozialpädagogischen Wohngemeinschaften innerhalb Wiens zum Einsatz komme, sondern nur in jenen dreien, die die vorgesetzte Leiterin der beklagten Partei verantworte. Des weiteren bedeute eingeschränkte Springerfunktion auch, dass der jeweilige Einsatzort von der beklagten Partei jeweils im Rahmen der Dienstplanfreigabe einen Monat im Voraus bekannt sei, wird abgewiesen.

Die Klägerin führte aus wie im Spruch ersichtlich. Der Beklagte sei seit 1.5.2013 als Sozialpädagoge im Betrieb der Klägerin tätig. Im Betrieb der Klägerin seien mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt.

Der Beklagte habe einen Rechtsanspruch auf Änderung der Lage der Arbeitszeit im Sinne des § 8 h) in Verbindung mit § 8 bis 8 g) VKG.

Am 25.7.2016 habe er folgenden Wunsch auf Änderung der Lage der Arbeitszeit eingebracht:

38 Stunden wöchentlich Montag bis Freitag Tagesdienste bis 17:00 Uhr maximal bis 18:00 Uhr. Diesem Vorschlag könne aus betrieblichen Gründen nicht nähergetreten werden.

Der Betrieb der Klägerin könne mit dieser Zeiteinteilung nicht sinnvoll aufrechterhalten werden. Hingewiesen wird darauf, dass die Klägerin vom Kollektivvertrag verpflichtet ist, in einem Durchrechnungszeitraum von drei Monaten zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter dreimal am Wochenende (Samstag und Sonntag) frei haben und zusätzlich dreimal entweder Samstag oder Sonntag frei haben. Es sei daher für den Betrieb der Klägerin unumgänglich und notwendig, dass die beklagte Partei auch Dienste am Wochenende tätigt.

Der im Klagebegehren genannte Kompromiss sei der Kompromiss, der unter Berücksichtigung des Betriebes der Klägerin erfolgen könne.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und führte aus, das Klagebegehren sei unzulässig.

Die Klage sei zurückzuweisen in eventu abzuweisen. Die von der Klägerin begehrte Arbeitszeitverteilung sei bereits von dieser im Vergleichsweg zu 35 Cga 89/16p des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vereinbart worden.

Die Klage diene nur dazu, um Punkt 2 des Klagebegehrens umzusetzen.

Dies sei jedoch nicht Inhalt des Verfahrens nach § 8 c) VKG bzw. § 15 k) MSchG. Auch in der Sache selbst, spreche die Interessenslage gegen die nun vorgeschlagene Arbeitszeiteinteilung.

Die Betreuung bzw. der Kontakt mit den Kindern des Beklagten am Nachmittag bzw. Abend, sei im Fall eines kurzen Beidienstes von 12:00 Uhr bis 16:00 Uhr am Freitag und von 16:00 Uhr bis 21:00 Uhr am Sonntag erschwert.

In pädagogischer Hinsicht sei die sogenannte Bezugsbetreuung durch feste Familienbetreuung der zu betreuenden Kinder notwendig und spreche gegen den Springerdienst.

Die Tätigkeit als Springer entspreche nicht dem Dienstvertrag. Dies könne im Verfahren betreffend die Elternteilzeit auch nicht geklärt werden. Diesbezüglich müsse der Beklagte eine Feststellungsklage einbringen.

Unstrittig ist, dass der Beklagte einen Rechtsanspruch auf Änderung der Lage der Arbeitszeit gemäß § 8 h) in Verbindung mit § 8 bis 8 g) VKG hat.

Beweismittel:

Einsicht in den Antrag des Klägers vom 18.7.2016 Beil./1 sowie in die Mails Beil./2 und ./3, in einen Dienstplanvorschlag Beil./4, in das Mail Beil./5, in den Dienstvertrag Beil./A, in den hg. Akt 35 Cga 89/16p nach Verlesung, PV des Beklagten, Einvernahme der Zeugen D***** S***** und E***** S*****.

Feststellungen:

Die beklagte Partei ist seit 1.5.2013 als Sozialpädagoge im Betrieb der Klägerin

beschäftigt.

Die beklagte Partei hat mittels Schreiben vom 25.7.2016 folgenden Wunsch auf

Änderung der Lage der Arbeitszeit vorgebracht:

Ab 1.11.2016 solle die Wochenarbeitszeit von 38 Stunden wie folgt auf die

Wochentage verteilt wird:

Montag bis Freitag Tagesdienste bis 17:00 Uhr maximal 18:00

Der Betrieb der Klägerin kann mit dieser Zeiteinteilung nicht sinnvoll

aufrechterhalten werden.

Die Klägerin ist laut Kollektivvertrag verpflichtet, dass MitarbeiterInnen iR von 12 Wochen 3 mal an Samstagen und Sonntagen frei haben müssen und 3x Samstag oder Sonntag. Es ist daher für den Betrieb der Klägerin notwendig,

dass der Beklagte auch Dienste am Wochenende tätigt. Es spricht gegen die wichtige betrieblichen Interessen der Klägerin , wenn der Beklagte, wie in seinem Vorschlag enthalten, vormittags tätig sein möchte, da am Vormittag keine Tätigkeit für den Beklagten anfällt, da seine sozialpädagogische Tätigkeit erst ab 14h beginnt.

Punkt 1) des Klagebegehrens ist mit den betrieblichen Interessen der Klägerin vereinbar.

Es wurde versucht, mit der beklagten Partei im Rahmen eines prätorischen

Vergleiches bei diesem Gericht eine Einigung zu erzielen, der widerrufen wurde (hg 35 Cga 89/16p).

Der Beklagte ist der Vater der am 18.2.2015 geborenen L*****.

Die Mutter von L***** war bis 16 Oktober 2016 in Karenz.

Ihr Dienstverhältnis wurde am 17.10.2106 beendet, sie ist derzeit als arbeitssuchend gemeldet, wobei sie einmal im Monat im Zeitraum von cirka 08:00 Uhr bis 08:30 Uhr bis 13:00 Uhr in einer Schule als geringfügig Beschäftigte im Rahmen der Suchgiftprävention tätig ist.

L***** besucht den Kindergarten im Zeitraum von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr seit dem 1.9.2016.

Betreuungspflichten des Beklagten seiner Tochter L***** sprechen in keiner Weise gegen die zeitliche Einteilung, wie in Punkt 1 des Klagebegehrens enthalten, da die Betreuung seiner Tochter durch deren Mutter und den Kindergartenbesuch abgedeckt ist.

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen sind im Wesentlichen unstrittig und entsprechen den Angaben des Beklagten betreffend die Karenzdauer/ Arbeitstätigkeit seiner Ehegattin die Kindergartenöffnungszeiten.

Dass die von der klagenden Partei vorgeschlagene Arbeitszeit den betrieblichen Interessen der Klägerin entspricht, wurde glaubwürdig durch die Angaben der Zeugen D***** S***** und E***** S***** bestätigt .

Rechtliche Beurteilung

Rechtlich folgt:

Ob der Beklagte überhaupt einen Anspruch auf Elternteilzeit im Sinne des § 8 c) VKG hat, war im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, da dies von Seiten der Klägerin unbestritten war und die Klägerin lediglich die Klage auf Einwilligung in die ihr von ihr vorgeschlagenen Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung erhob.

Zu Punkt 1 des Klagebegehrens:

Gemäß § 8 b) Abs. 1 VKG ist u.a.Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Teilzeitbeschäftigung nach 8 und 8 a) VKG, dass der Arbeitnehmer mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt oder eine Obsorge gegeben ist und sich die Mutter nicht gleichzeitig in Karenz befindet.

Das Gericht hat der Klage des Arbeitgebers unter der Voraussetzung stattzugeben, dass betriebliche Erfordernisse die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen. Dabei muss es sich um Umstände handeln, die negative Auswirkungen auf den Betrieb haben könnten. Ein betriebliches Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn die Teilzeitbeschäftigung die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen würde (vergleiche Wolfsgruber in Zell Komm2, Rz 8 zu § 15 k) MSchG mwA).

Betriebliche Erfordernisse machen die Einhaltung der gegenständlichen Arbeitszeit erforderlich.

Eine Interessensabwägung hatte nicht zu erfolgen, da der Beklagte ohnedies keinen Betreuungspflichten unterliegt (vergleiche OGH 28.2.2012, 8 ObA 15/12g zur Frage der Voraussetzungen der Inanspruchnahme von ETZ zur Gewährleistung der Kinderbetreuung) .

Punkt 1 des Klagebegehrens ist daher berechtigt.

Zu Punkt 2 des Klagebegehrens:

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nach Elternteilzeit kann nicht das Erwirken der Einhaltung der dienstvertraglichen Pflichten sein. Dagegen spricht auch das Fehlen eines Instanzenzuges.

Auch eine Änderung des Dienstvertrages durch eine Vertragsänderung oder Ergänzung ist im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen (vergleiche ASG Wien 6.11.2005, 5 Cga 237/05k).

Zur Klärung Frage also, ob der Kläger wie im Punkt 2 des Klagebegehrens enthalten Springerdienste zu verrichten hat oder nicht, findet sich im vorliegenden Verfahren kein Raum, sondern wäre dies allenfalls mit einer Klage auf Feststellung (8 ObA 8/16h) zu klären.

Das Klagebegehren war daher hinsichtlich Punkt 2 abzuweisen.

Textnummer

EWA0000034

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00021:2016:001CGA00099.16H.1212.000

Im RIS seit

27.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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