Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** H*****, vertreten durch Heinzle Nagel Rechtsanwälte OG in Bregenz, gegen die beklagte Partei L***** V*****, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle, MMag. Dr. Rupert Manhart, Dr. Susanne Manhart Rechtsanwälte in Bregenz, wegen 722,84 EUR brutto sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 2019, GZ 13 Ra 29/19s-27, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Frage, ob aufgrund des Vorbringens zur abschließenden rechtlichen Beurteilung weitere Feststellungen erforderlich gewesen wären, ist eine Rechtsfrage.
[2] 2. Die – in ihrer Richtigkeit von der Revision nicht in Frage gestellte – bloße Wiedergabe der zum Zeitpunkt der Begründung des Dienstverhältnisses geltenden Rechtslage zur regulären Dauer einer Unterrichtseinheit stellt keine „überraschende Rechtsansicht“ dar. Genausowenig handelt es sich dabei um eine Tatsachenfeststellung, die das Berufungsgericht nur unter Beachtung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes treffen hätte dürfen.
[3] 3. Es steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, dass ein vertraglicher Anspruch aufgrund einer Betriebsübung von einem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers abhängt. Entscheidend ist, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung von dem schlüssigen Erklärungsverhalten des Arbeitgebers haben durften (RIS-Justiz RS0014489 [T2]).
[4] Die gesetzlichen Rechte und Verpflichtungen von Vertragsbediensteten können allerdings nicht konkludent, sondern nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RS0115297 [T1]; RS0029331). Das Berufungsgericht hat daher ein auf langjährige Übung gegründetes Recht des Klägers auf 45-minütige Unterrichtseinheiten unter Verweis auf die Rechtsgrundlage, die gerade nicht im Sondervertrag des Klägers oder einem bloß faktischen Verhalten, sondern in einer auf gesetzlicher Ermächtigung gegründeten Verordnung des Amtes der Landesregierung gelegen war, ohne aufzugreifenden Rechtsirrtum verneint.
[5] 4. Der Verfassungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz wohlerworbener Rechte gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Auch verschlechternde Regelungen sind daher unangreifbar, wenn sie den Grundsätzen der Sachlichkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen (RS0008687 [T36]).
[6] Die mit dem Wegfall einer Verordnungsermächtigung verbundene Anpassung der Dauer der Unterrichtseinheit eines Berufsschullehrers im Dienst der Beklagten an die bereits vorher geltende, lediglich ausnahmsweise aufgrund der weggefallenen Verordnungsermächtigung gesenkte Dauer wurde von den Vorinstanzen ohne aufzugreifenden Rechtsirrtum als zulässig beurteilt. Eine gesetzliche Grundlage für eine Erhöhung des Entgelts ist daraus – wie auch die Revision letztlich einräumen muss – nicht abzuleiten.
[7] Insgesamt zeigt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Textnummer
E130415European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00016.20S.1218.000Im RIS seit
27.01.2021Zuletzt aktualisiert am
27.01.2021