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61/01 Familienlastenausgleich;Norm
FamLAG 1967 §3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der A Ch in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 7. Juni 1995, Zl. B 50-4/93, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist thailändische Staatsbürgerin und mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Sie lebt mit dem gemeinsamen Kind, das die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Graz im gemeinsamen Haushalt. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin und Vater des Kindes führt einen Betrieb in München und hat dort seinen Wohnsitz.
Am 25. August 1992 beantragte die Beschwerdeführerin beim Finanzamt Graz-Stadt die Familienbeihilfe für ihr am 28. Juni 1991 geborenes Kind. Das Finanzamt stellte in der Folge Erhebungen an, bei welchen sich u.a. ergab, daß der Kindesvater in der Wählerevidenz als Auslandsösterreicher eingetragen sei.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 26. November 1992 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgewiesen, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 nicht vorlägen und auch kein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. gegeben sei.
Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Die Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin sei nach § 3 Abs. 1 und 2 bzw. nach Abs. 3 FLAG 1967 zu beurteilen. Die Familienbeihilfe stehe der Beschwerdeführerin für ihr Kind deshalb nicht zu, weil sie weder einer nichtselbständigen Beschäftigung im Bundesgebiet nachgehe, noch sich seit mindestens 60 Kalendermonaten im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten habe. Da die Beschwerdeführerin nicht mit ihrem Ehepartner in einem gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet lebe, könne der Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht auf § 3 Abs. 3 FLAG 1967 gestützt werden. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Kindesvaters liege nicht im Bundesgebiet. Die österreichische Staatsbürgerschaft eines Elternteiles oder die des Kindes begründeten bei Fehlen der übrigen Voraussetzungen nicht den Anspruch auf Familienbeihilfe.
Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1996, B 2965/95, wies der Verfassungsgerichtshof die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber ab, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem anderen als einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt sei.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin als im Recht auf Bezug der Familienbeihilfe verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 FLAG 1967 idF BGBl. 367/1991 lautet:
"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.
(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974.
(3) Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt."
Der Gesetzgeber verfolgt mit dem FLAG 1967 den Zweck, die Last, welche die Betreuung der Kinder verursacht, abzugelten. Das Kind fungiert - abgesehen von den hier nicht zu behandelnden Fällen, bei welchen das Kind selbst anspruchsberechtigt ist - als Vermittler für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Familienbeihilfe gebührt bei dieser Konstellation nicht dem Kind, sondern der Person, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 2965/95).
§ 3 FLAG 1967 regelt, unter welchen (zusätzlichen) Voraussetzungen Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder haben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin steht ihr ein Anspruch auf Familienbeihilfe für ihr Kind - ungeachtet dessen Staatsbürgerschaft - nicht zu, wenn die Voraussetzungen des § 3 FLAG 1967 nicht erfüllt sind.
Die Beschwerde vermag aber nicht aufzuzeigen, daß die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, es lägen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 3 FLAG 1967 nicht vor:
In der Beschwerde wird vorgebracht, ein Kind mit österreichischer Staatsbürgerschaft werde von einer Mutter mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft in Österreich betreut, die mit dem Vater, einem österreichischen Staatsbürger, deshalb nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, weil er in einem anderen EU-Staat beruflich tätig sei. Bei dieser Konstellation müsse ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen; ansonsten würde sich "der wohl unhaltbare Zustand ergeben, daß zwar eine Ausländerin, die als Flüchtling anerkannt wurde, gemäß § 3 Abs. 2 FLAG für ein Kind, das ebenfalls nicht österreichischer Staatsbürger ist, Anspruch auf Familienbeihilfe hat, nicht jedoch eine Mutter, die mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet ist und sich aus diesem Grunde legal in Österreich aufhält, für ein Kind, das selbst österreichischer Staatsbürger ist". Es könnte niemand bezweifeln, daß Familienbeihilfe gebührte, "wenn der Kindesvater in einer anderen Stadt in Österreich leben würde".
Dem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, daß es nach § 3 FLAG 1967 für den Beihilfenanspruch der BESCHWERDEFÜHRERIN keinen Unterschied macht, ob der Vater "in einer anderen Stadt in Österreich" oder außerhalb von Österreich lebt. Es macht daher auch keinen Unterschied, ob sich dieser andere, außerhalb von Österreich gelegene Ort in einem Mitgliedsstaat der EU befindet oder nicht.
Was das Beschwerdevorbringen betreffend den Beihilfenanspruch von Flüchtlingen im Sinn des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 anlangt, ist darauf zu verweisen, daß die Beschwerdeführerin unstrittig nicht Flüchtling im Sinne dieser Bestimmung ist.
Die Beschwerdeführerin wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt. Daß die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ergibt sich bereits aus dem Inhalt der Beschwerde, weshalb diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997150025.X00Im RIS seit
01.06.2001