TE Bvwg Beschluss 2020/10/9 W134 2235515-1

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Veröffentlicht am 09.10.2020
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Entscheidungsdatum

09.10.2020

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W134 2235515-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „Überprüfung und Reparatur von Turn- und Sportgeräten, GZ 2709.03439“ der Republik Österreich (Bund), der Bundesbeschaffung GmbH sowie aller weiteren Auftraggeber gemäß der den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Kundenliste, alle vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH, Reisnerstraße 53, 1030 Wien, vom 28.09.2020 hinsichtlich Los 2 „das Bundesverwaltungsgericht möge unverzüglich zu dem in Punkt I. näher bezeichneten Vergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens eine einstweilige Verfügung erlassen, in welcher der Auftraggeberin untersagt wird, den Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem von der Antragstellerin fremden Unternehmen durchzuführen“, folgenden Beschluss:

A)

Der Republik Österreich (Bund), der Bundesbeschaffung GmbH sowie allen weiteren Auftraggebern gemäß der den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Kundenliste wird gemäß § 351 BVergG 2018 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, im gegenständlichen Vergabeverfahren die Rahmenvereinbarung für das Los 2 abzuschließen..

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 28.09.2020, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung hinsichtlich des Loses 2, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen und die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Antragstellerin unter Bezugnahme auf das angefochtene Los 2 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberinnen hätten ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss der Rahmenvereinbarung betreffend die Dienstleistungen „Überprüfung und Reparatur von Turn- und Sportgeräten“, ausgeschrieben. Die Vergabe erfolge in 4 Losen. Angefochtene Entscheidung sei die Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarungen in dem Los 2 vom 18.09.2020.

Zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung für das Los 2 gab die Antragstellerin zusammengefasst Folgendes an:

Da die Angebotssummen für die Leistungen im Rahmen des Loses 2, auffallend niedrig seien, hätte im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Preise gemäß § 137 BVergG 2018 seitens der Auftraggeberinnen überprüft werden müssen, wie dieser niedrige Angebotspreis zustande komme, insbesondere ob dieser Preis betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sei. Das Angebot der präsumtiven Zuschagsempfängerin hinsichtlich des Loses 2 hätte ausgeschieden werden müssen, da es sich um einen spekulativen, unterpreisigen und keinesfalls den Marktbedingungen entsprechenden Angebotspreis handeln würde.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 01.10.2020 gaben diese bekannt, dass Auftraggeberinnen die Republik Österreich (Bund), die Bundesbeschaffung GmbH sowie alle weiteren Auftraggeber gemäß der den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Kundenliste, alle vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, seien. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich der in einem offenen Verfahren mit EU-weiter Bekannmachung nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden solle. Die Vergabe erfolge in 4 Losen. Die Bekanntmachung in Österreich und in der EU sei am 24.04.2020 bzw 27.04.2020 erfolgt. Die Auswahlentscheidung sei am 18.09.2020 versendet worden.

Die Auftraggeberinnen brachten zu dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor, dass ein dringender Beschaffungsbedarf bestehe und daher im Falle der Erlassung der einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung ersucht werde. Die Auftraggeberinnen stellten einen Antrag auf Zurück- in eventu Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberinnen für das Los 2 haben einen Dienstleistungsauftrag im Wege eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Es ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung beabsichtigt. Die Bekanntmachung in Österreich und in der EU ist am 24.04.2020 bzw 27.04.2020 erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 01.10.2020).

Die Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll wurde am 18.09.2020 versendet. Diese Entscheidung erfolgte im Los 2 zugunsten der XXXX . (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 01.10.2020).

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Abschluss der Rahmenvereinbarung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung – nämlich der Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll – behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ist somit nicht gegeben.

Gemäß § 343 Abs. 1 BVergG 2018 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax im Oberschwellenbereich binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, erfolgte am 18.09.2020. Der Nachprüfungsantrag ist am 28.09.2020 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllen – soweit im Provisorialverfahren ersichtlich – auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Die Antragstellerin hat ua den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll betreffend Los 2 gestellt.

Da seitens der Auftraggeberinnen auf Grund der Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll vom 18.09.2020 beabsichtigt ist die Rahmenvereinbarung im Los 2 mit der XXXX abzuschließen, dies aber bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung und des Abschlusses der Rahmenvereinbarung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung und Abschluss der Rahmenvereinbarung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin und einen Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der Antragstellerin ermöglicht.

Die Auftraggeberinnen stellten den Antrag auf Zurück- in eventu Abweisung des Antrages der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, da ein dringender Beschaffungsbedarf bestehe.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberinnen, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Die Auftraggeberinnen haben zu dem behaupteten dringenden Beschaffungsbedarf keine Details vorgebracht, sodass dieser nicht beurteilt werden kann. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberinnen sind durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über die Anträge auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Abschlussverbot Angebot ausschreibungswidrig Auswahlentscheidung Dauer der Maßnahme Dienstleistungsauftrag Dringlichkeit einstweilige Verfügung Entscheidungsfrist Interessenabwägung Kalkulation Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren öffentliche Interessen Preisvergleich Provisorialverfahren Rahmenvereinbarung Schaden Untersagung Vergabeverfahren vertiefte Angebotsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W134.2235515.1.00

Im RIS seit

26.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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