Entscheidungsdatum
13.05.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
I406 2150909-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird insofern stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und Z 5 FPG auf zehn Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, reiste spätestens am 10.02.2011 in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 04.05.2011, Zl. XXXX , negativ entschieden wurde. Gleichzeitig wurde eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria ausgesprochen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.09.2013, Zl. XXXX , wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 08.07.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB zu einer teilbedingten achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren bedingt nachgesehener Teil in weiterer Folge widerrufen wurde.
3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.06.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt.
4. Am 01.08.2013 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil eines Landesgerichtes wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
5. Am 09.12.2016 reiste der Beschwerdeführer unter der Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet nach Nigeria aus.
6. Bereits am 03.01.2017 reiste der Beschwerdeführer von Tschechien kommend abermals in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führte er hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus, dass sich diese nicht geändert hätten.
7. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.01.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, wobei die bedingte Strafnachsicht später widerrufen wurde.
8. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 20.03.2017, IFA: XXXX , hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.03.2017, Zl. I411 2150909-1/3E, für rechtmäßig erklärt.
9. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB zu einer unbedingten 16-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
10. Am 16.08.2018 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Nigeria abgeschoben.
11. Mit Bescheid des BFA vom 16.10.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 03.01.2017 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und gegen ihn eine mit einem zehnjährigen Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung erlassen. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten am 31.10.2018 in Rechtskraft.
12. Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt, spätestens im Oktober 2019, neuerlich unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein.
13. Er wurde wiederum straffällig, am 11.12.2019 festgenommen und am nächsten Tag in Untersuchungshaft genommen.
14. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme räumte das BFA dem Beschwerdeführer am 05.02.2020 die Möglichkeit ein, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem unbefristeten Einreiseverbot und der Verhängung der Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung nach abzugeben. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.
15. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.03.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §28a Abs. 1 fünfter Fall SMG zu einer unbedingten 19-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
16. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 28.03.2020, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria festgestellt (Spruchpunkt III.), ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
17. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht am 24.04.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und machte zusammengefasst geltend, angesichts seines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Bundesgebiet sei ein unbefristetes Einreiseverbot unverhältnismäßig.
18. Am 28.04.2020 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 10.02.2011 zum ersten Mal in das Bundesgebiet ein und stellte insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz.
Sein erster Antrag auf internationalen Schutz vom 10.02.2011 wurde am 19.09.2013 in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden. Am 09.12.2016 reiste der Beschwerdeführer unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig nach Nigeria aus.
Weniger als einen Monat später reiste er neuerlich nach Österreich ein und stellte am 03.01.2017 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 16.10.2018, Zl. XXXX wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen.
Nach seiner im August 2018 erfolgten Abschiebung nach Nigeria kehrte er trotz des gegen ihn bestehenden Einreiseverbotes zu einem unbekannten Zeitpunkt, spätestens im Oktober 2019, wieder nach Österreich zurück.
Der Beschwerdeführer machte geltend, einen in Österreich bei dessen namentlich genannter Mutter lebenden namentlich genannten Sohn zu haben, zu dem bis zu seiner letzten Inhaftierung Kontakt bestanden habe. Eine gemeinsame Meldeadresse bestand zu keinem Zeitpunkt. Darüber hinaus konnten keine familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer erklärte, einen großen Freundeskreis in Österreich zu haben und über ein Mindestmaß an Deutschkenntnissen zu verfügen, die er sich selbst angeeignet habe. Er hat weder einen Deutschkurs besucht, noch eine qualifizierte Deutschprüfung erfolgreich abgelegt. Er ist in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Er verfügt über keine Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. In Zusammenschau liegt eine hinreichende Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht nicht vor.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten:
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 08.07.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB zu einer teilbedingten achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren bedingt nachgesehener Teil in weiterer Folge widerrufen wurde.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.06.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt.
Am 01.08.2013 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil eines Landesgerichtes wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.01.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, wobei die bedingte Strafnachsicht später widerrufen wurde.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 SMG, 15 StGB zu einer unbedingten 16-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.03.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §28a Abs. 1 fünfter Fall SMG zu einer unbedingten 19-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum Oktober 2019 bis 11. Dezember 2019 in Wien vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich Heroin und Kokain
A) anderen überlassen hat, indem er zumindest 220 Kugeln gegen Entgelt zum Preis von EUR 10,- bis EUR 20,- in mehreren Angriffen an zahlreiche Abnehmer veräußerte.
B) anderen zu überlassen versuchte, und zwar am 11.12.2019, indem er bei der Festnahme 38 Kugeln Kokain (16 Gramm brutto), 31 Kugeln Heroin (20,7 Gramm) und 4 „big balls“ Heroin (25,7 Gramm) zum bevorstehenden Verkauf abgepackt mit sich führte.
Bei der Strafbemessung mildernd gewertet wurde das volle, umfassende Geständnis, erschwerend hingegen die vier einschlägigen Vorstrafen.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 12.12.2019 durchgehend in Strafhaft. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.
1.2. Zur Lage in Nigeria:
Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People´s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives´ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.
In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.
Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.
Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.
In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.
Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.
Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders „Radio Biafra“ im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.
Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen („Juju“); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.
Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.
Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.
Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existentiellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.
Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.
Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das „Decree 33“, das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.
Zur Pandemie aufgrund des Corona-Virus wird festgestellt, dass COVID-19 eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung ist, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Nigeria gibt es Anfang 4.151 positiv Getestete, 128 gemeldete Tote, das Verhältnis Gesamtbevölkerung : Infizierte beträgt 1:51.561, die Anzahl der Infizierten ohne Tote und Genesen 3.245. Die sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten) auf.
Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise. Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es kann allgemein festgestellt werden, dass der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria nicht ausreicht, um eine Bedrohung iSv Art. 2 EMRK, 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann daher zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben. Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Einsicht wurde auch genommen in das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.03.2020, Zl. XXXX . Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.
Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif sieht und sich der vorgenommenen Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
In der Beschwerde wird moniert, das BFA habe es unterlassen, den Beschwerdeführer zu seinen genauen Lebensumständen zu befragen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer die ihm von der belangten Behörde eingeräumte Gelegenheit zur Erstattung einer Stellungnahme zu seinem Privat- und Familienleben im Bundesgebiet, in Nigeria nicht wahrgenommen und dadurch seine Mitwirkungspflicht verletzt hat. Das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht mächtig sei und nicht gewusst habe, dass er zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme eine Stellungnahme abgeben solle, ist als Schutzbehauptung zu werten. Eine Übersetzung derartiger Schriftstücke ist im AVG nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer hätte sich im Falle tatsächlicher Verständigungsschwierigkeiten jedenfalls an die Unterstützungsinstitutionen in der Strafvollzugsanstalt wenden können. Auch der mit Unterstützung seiner Rechtsvertretung verfassten Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden Heimreisezertifikates Nr. XXXX fest (AS 283).
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet, zum Ausgang seiner beiden Asylverfahren, zu der gegen ihn erlassenen, mit einem zehnjährigen Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung, zu seiner freiwilligen Ausreise nach Nigeria im Jahr 2016 und zu seiner im August 2018 erfolgten Abschiebung nach Nigeria ergeben sich unstrittig aus den Verwaltungsakten in Zusammenschau mit einer eingeholten ZMR-Abfrage.
Aus dem Beschwerdeschriftsatz geht die Feststellung hervor, dass der Beschwerdeführer geltend machte, einen in Österreich lebenden Sohn zu haben. Aus einer eingeholten Auskunft aus dem zentralen Melderegister ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer mit seinem angeblichen Sohn nie in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat und hat dies der Beschwerdeführer auch nie behauptet.
Weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der gegenständlichen Beschwerde sind Umstände ersichtlich, welche die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich rechtfertigten. Der Beschwerdeführer hat keine Bescheinigungsmittel über qualifizierte Deutschkenntnisse oder sonstige Integrationsbemühungen vorgelegt und hat den überwiegenden Großteil der Zeit seit seiner neuerlichen Rückkehr in das Bundesgebiet in Strafhaft verbracht. Daher war in Zusammenschau die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer über keine maßgeblichen privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Bindungen in Österreich verfügt.
Die Feststellung zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug, sowie dem vorliegenden Strafurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien.
Daraus ergibt sich auch die vom Beschwerdeführer ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.
Dass sich der Beschwerdeführer seit Dezember 2019 durchgehend in Strafhaft befindet, ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Die Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus beruhen auf aktuellen Berichten der WHO sowie der AU-ACDC – African Union – Africa Centre for Disease Control and Prevention.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.
Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG iVm § 50 FPG in den Nigeria beruht darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unzulässigkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1 Prüfungsumfang:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.1.2 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu Spruchteil A)
3.2. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)
Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides)
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Der Beschwerdeführer, reiste nach erfolgter Abschiebung und trotz eines gegen ihn im Oktober 2018 ausgesprochenen zehnjährigen Einreiseverbotes spätestens im Oktober 2019 neuerlich nach Österreich ein.
Das BFA hat die getroffene Rückkehrentscheidung somit zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im gegenständlichen Fall machte der Beschwerdeführer geltend, in Österreich ein minderjähriges Kind zu haben. Auch wenn dies der Fall sein sollte, kam sein Kind erst zu einem Zeitpunkt, als die ersten beiden Anträge des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bereits rechtskräftig negativ entschieden waren, zur Welt. Dem Beschwerdeführer musste daher, als er die Beziehung zur Mutter seines Kindes einging, sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein.
Zudem führte der Beschwerdeführer jedenfalls weder mit der Mutter des Kindes eine Lebensgemeinschaft, noch hat er jemals mit dem Kind zusammengelebt und ein Familienleben geführt. Der Beschwerdeführer kehrte unter Umgehung der Grenzkontrollen zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Österreich zurück und hielt sich dort nur wenige Wochen oder Monate auf, bis er bei der Begehung strafbarer Handlungen betreten und im Dezember 2019 inhaftiert wurde. Seither befindet er sich durchgehend in Strafhaft. Durch sein rechtsuntreues Verhalten hat der Beschwerdeführer seine allfälligen familiären Bindungen bewusst aufs Spiel gesetzt. Daraus ergibt sich ein Familienleben jedenfalls sehr geringer Intensität. Soweit die Beendigung seines Aufenthaltes in Österreich dem Beschwerdeführer das Recht auf ein Familienleben mit seinem Kind nimmt, wurde dies bereits durch die eigenen (strafbaren) Handlungen des Beschwerdeführers unterbunden.
Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes wäre zudem nicht davon auszugehen, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn eine Beziehung von derartiger Intensität besteht, dass das Kindeswohl stark beeinträchtigt wäre, wenn der Beschwerdeführer neuerlich nach Nigeria zurückkehren würde. Das Kind des Beschwerdeführers ist nicht an ein Leben mit diesem gewöhnt. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Nigeria würde keinen wesentlichen Einschnitt in die behauptete Vater-Kind Beziehung darstellen, zumal schon jetzt kein Kontakt besteht. Es kann daher weder eine Bindung abgebrochen, noch ein Familienband zerrissen werden. Die mit einer Rückkehrentscheidung verbundene Trennung wäre dem Kind des Beschwerdeführers zumutbar. Auch wenn in allen Entscheidungen das Kindeswohl stets zu berücksichtigen ist, betrifft bei der Abschiebung eines Elternteiles aufgrund einer Verurteilung die Entscheidung in erster Linie den Täter. In solchen Fällen kann die Natur und Schwere des Vergehens oder die kriminelle Vergangenheit das überwiegende Gewicht bekommen (EGMR, Kemal Hanesevic gegen Dänemark, 16. Mai 2017, Appl. No 25748/15). Unter Berücksichtigung der Verurteilungen des Beschwerdeführers unter anderem wegen Suchtgifthandels stellt die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung im Hinblick auf sein in Österreich lebendes Kind keinen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Familienleben iSd Art 8 EMRK dar.
Insbesondere wäre hinsichtlich des Kindeswohles davon auszugehen, dass ein Familienleben mit dem konsequent und unbelehrbar im Suchtmittelbereich straffälligen Beschwerdeführer, dem somit offensichtlich die Rechtsgüter Gesundheit, Leib und Leben vollkommen gleichgültig sind, der Entwicklung eines Kindes abträglich und daher eine Abschiebung des Beschwerdeführers im Sinne des Kindeswohles wäre.
Abgesehen von seinem Kind verfügt der Beschwerdeführer über keine nennenswerten familiären oder verwandtschaftlichen Beziehungen im österreichischen Bundesgebiet.
Zu prüfen ist überdies ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers.
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Der Beschwerdeführer wurde im August 2018 nach Nigeria abgeschoben und reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt – spätestens im Oktober 2019 – neuerlich in das Bundesgebiet ein. Er hält sich seither durchgehend in Österreich auf.
Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der äußerst kurzen Dauer des neuerlichen Inlandsaufenthaltes von höchstens eineinhalb Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens deutlich überwiegt.
Es liegen beim Beschwerdeführer auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind auch in der Beschwerde nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer ging keiner erlaubten Erwerbstätigkeit in Österreich nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen hat er im Verfahren nicht dargetan. Er verfügt über keine berücksichtigungswürdigen Kenntnisse der deutschen Sprache und hat weder einen Deutschkurs besucht, noch hat er Sprachprüfungen abgelegt. Somit wurden im Verfahren keine Umstände dargetan, aus denen eine hinreichende Integration zu entnehmen wäre.
Vielmehr ist die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens in Österreich aufgrund des Umstandes, dass er nach erfolgter Abschiebung trotz gegen ihn bestehenden Einreiseverbotes neuerlich nach Österreich zurückkehrte und sein Aufenthalt auf keiner rechtlichen Grundlage beruht, nicht gegeben. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sich seit Dezember 2019 in Haft befindet, bewirkt eine weitere Verminderung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit seiner persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich.
Die von ihm in der Beschwerde geltend gemachten Freundschaften in Österreich entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Wie bereits ausgeführt ist eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers aber nicht erkennbar.
Im Hinblick darauf, dass der erwachsene Beschwerdeführer den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat und er die Heimatsprache auf Mutterspracheniveau spricht, ist davon auszugehen, dass anhaltende bzw. wiederaufnehmbare Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort weiterhin ein entsprechendes soziales, aus der Kindheit und der Jugend erwachsenes Umfeld besteht. Es kann daher nicht gesagt werden, dass er seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würde.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass „eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.“).
Bei der gebotenen Interessensabwägung ist zu Lasten des Beschwerdeführers insbesondere das wiederholte strafgesetzwidrige Fehlverhalten zu berücksichtigen, das mit zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen, großteils nach dem Suchtmittelgesetz, zu teils erheblichen Freiheitsstrafen geahndet wurde.
Es ist unbestritten, dass aufenthaltsbeendigende Maßnahmen auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen sind. Vor allem im Bereich der Suchtmittelkriminalität berührt die aus der Begehung eines solchen strafbaren Deliktes ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wegen der besonderen Gefährlichkeit für Dritte ein Grundinteresse der Gesellschaft. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. das Erkenntnis vom 20. August 2013, 2013/22/0082 und das Erkenntnis vom 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556, mwN).
Im Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" hat auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck gebracht (EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11. 1999, Baghli gegen Frankreich Nr. 34374/97).
Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass "angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen" (EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11).
Vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit, vor allem jedoch die Rechtsgüter Gesundheit, Leib und Leben in erheblichem Ausmaß.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet bei weitem überwiegt – dies wäre, wie oben ausgeführt, auch bei einem aufrechten Familienleben mit Frau und gemeinsamem Kind und unter Berücksichtigung des Kindeswohles - der Fall und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.4. Zur Zulässigkeit einer Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Aus dem gesamten Akteninhalt ergeben sich keine Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer in Nigeria eine wie auch immer geartete Gefahr drohe.
Zur derzeit bestehenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aktuell 29 Jahre alt ist und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Nigeria vorliegendes "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht zu erkennen.
Es ist daher nicht davon auszugehen, dass seine Abschiebung - etwa aufgrund einer möglichen Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK – unzulässig wäre.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.5 Zur Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides)
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat die belangte Behörde von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
3.6 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides)
Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".
Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt [vgl. dazu die untenstehenden Ausführungen zur Verhängung des Einreiseverbotes unter Punkt 3.7.], sodass das Bundesamt der vorliegenden Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte. Es lag für das Bundesamt auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen.
Aus dem Gesagten war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.7. Zur Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides)
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
Der Beschwerdeführer wurde mittlerweile sechsfach strafgerichtlich verurteilt, Beschwerdeführers erfüllt, großteils wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz.
Nach seiner neuerlichen Einreise nach Österreich wurde er zuletzt mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.03.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §28a Abs. 1 fünfter Fall SMG zu einer unbedingten 19-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Bei der Strafbemessung mildernd gewertet wurde das volle, umfassende Geständnis, erschwerend hingegen die vier einschlägigen Vorstrafen.
Die Suchtgiftkriminalität, wegen der der Beschwerdeführer bereits fünf Mal und verurteilt wurde (gipfelnd in der jüngsten Verurteilung im März 2020 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §28a SMG) ist als besonders gefährlich anzusehen. Die Suchtgiftdelinquenz stellt ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556, mwN). Im Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" gab auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck (vgl. EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97).
Ein Verdacht einer Tatwiederholungsgefahr kann nicht bestritten werden und geht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes eine Gefährdung vom Beschwerdeführer aus.
An der Aktualität dieser Gefahr ist nicht zu zweifeln, weil der Beschwerdeführer sich aktuell in Strafhaft befindet. Die in der Beschwerde angesprochene Reue des Beschwerdeführers vermag daran nichts zu ändern, weil der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. dazu beispielsweise VwGH, 15.09.2016, Ra 2016/21/0262, Rn. 7; VwGH, 25.01.2018, Ra 2018/21/0004, Rn.