Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §64 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. April 1997, Zl. SD 414/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. April 1997 wurde das von der Erstbehörde gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 und 8 Fremdengesetz - FrG gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, erlassene Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren und der u.e. gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer (allfälligen) Berufung im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG bestätigt.
Der Beschwerdeführer sei am 3. März 1997 von Slowenien kommend zur Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet eingereist, obwohl er nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe. Er sei wegen illegalen Aufenthaltes bestraft worden. Am 12. März 1997 sei er von Beamten des Arbeitsinspektorates St. Pölten auf einer Baustelle in S bei Fassadenarbeiten betreten worden; er habe diese Beschäftigung ausgeübt, ohne im Besitz einer Erlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gewesen zu sein. Dem Beschwerdeführer sei es weder anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19. März 1997 noch in seiner Berufung gelungen, diesen Vorwurf zu entkräften. Der lapidare Satz: "Ich habe mich wohlverhalten und ging keiner Schwarzarbeit nach." sei jedenfalls nicht geeignet, den Vorwurf zu zerstreuen. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht. Im Hinblick auf die Bedeutung eines geordneten Arbeitsmarktes sei auch die Annahme nach § 18 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt. Dazu komme, daß sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise illegal im Bundesgebiet aufhalte, da er, ohne im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung zu sein, zwecks Arbeitsaufnahme nach Österreich eingereist sei. Weiters verfüge der Beschwerdeführer über keinerlei Barmittel, sodaß aufgrund seiner Mittellosigkeit auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei. Er hätte von sich aus initiativ nachweisen müssen, daß er die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel besitze. Die bloße Behauptung in der Berufung, daß er "nicht mittellos" sei, ohne dafür nachprüfbare Unterlagen vorzulegen, vermöge dem Beschwerdeführer insoweit nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Der Beschwerdeführer, der sich erst seit 3. März 1997 in Österreich aufhalte, könne sich nicht auf eine Integration berufen. Obwohl seine Gattin und sein Kind im Bundesgebiet lebten, sei kein relevanter Eingriff in sein Familienleben anzunehmen, da (bisher) keine Familiengemeinschaft bestanden habe. Abgesehen davon sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen im Interesse einer geordneten Arbeitsmarktverwaltung - dringend geboten und daher zulässig (§ 19 FrG). Von daher sei den öffentlichen Interessen an der Verhängung dieser Maßnahme das maßgeblichere Gewicht beizumessen als den damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie (§ 20 Abs. 1 FrG).
Die in der Berufung vertretene Ansicht, der Beschwerdeführer könnte sich drei Monate sichtvermerksfrei in Österreich aufhalten, sei unzutreffend, da ein Fremder, der zur Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet einreise, vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellen müsse und im Ausland abzuwarten habe, ob ihm eine solche erteilt werde. Da der Beschwerdeführer nicht als Tourist nach Österreich gekommen sei, habe für ihn auch die Bestimmung über einen sichtvermerksfreien Aufenthalt von drei Monaten nicht gegolten.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. In der Beschwerde bleibt die in bezug auf § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG maßgebliche Sachverhaltsfeststellung unbestritten. Gegen die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter den genannten Tatbestand hegt der Gerichtshof keine Bedenken. Die Beschwerdemeinung, die belangte Behörde irre, daß der Beschwerdeführer "unerlaubt einer Arbeit nachgegangen war", ist angesichts der maßgeblichen Sachverhaltsannahme, die der Beschwerdeführer, wie erwähnt, nicht in Abrede stellt, nicht nachvollziehbar. Die dazu vorgetragene Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe dem ausdrücklichen Begehren in der Berufung auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht Rechnung getragen, weshalb der Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt habe, "den Sachverhalt aufzuklären", zeigt keinen relevanten Verfahrensmangel auf. Denn abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer nicht aufzeigt und auch nicht erkennbar ist, daß er gehindert gewesen sei, insoweit das ihm zweckdienlich erscheinende Vorbringen zu erstatten, unterläßt er es auch in der Beschwerde darzutun, was er in dieser Hinsicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vorgebracht hätte, das die Behörde in diesem Punkt zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen lassen.
1.2. Die aufgrund der Sachverhaltsfeststellung, der Beschwerdeführer habe über "keinerlei Barmittel" verfügt, getroffene Beurteilung, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt, wird in der Beschwerde nicht bekämpft. Diese Beurteilung erweckt keine Bedenken.
1.3. Nicht in Zweifel gezogen wird von der Beschwerde schließlich auch die Feststellung im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer sei zwecks Arbeitsaufnahme nach Österreich eingereist und habe über keine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Damit aber hatte der Beschwerdeführer - entgegen der Beschwerdeansicht - kein Recht, sich gemäß dem Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht (BGBl. Nr. 487/1995) ohne österreichischen Sichtvermerk drei Monate in Österreich aufzuhalten; er bedurfte vielmehr - von der belangten Behörde zutreffend gesehen - der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise in das Bundesgebiet (Art. 1 und 2 des Abkommens). Mangels Erteilung einer solchen Bewilligung hielt sich der Beschwerdeführer von Beginn an (seit 3. März 1997) unrechtmäßig in Österreich auf.
1.4. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen pflichtet der Gerichtshof der Auffassung der belangten Behörde bei, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt ist.
2. Gleichfalls für unbedenklich hält der Gerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, daß im Hinblick auf den nicht einmal sechswöchigen und überdies zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und die Tatsache, daß vor seiner Einreise in das Bundesgebiet keine Familiengemeinschaft bestanden hat (die Gattin und das gemeinsame mj. Kind des Beschwerdeführers haben von ihm getrennt in Österreich gelebt) mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes weder ein relevanter Eingriff in sein Privatleben noch ein solcher in sein Familienleben verbunden wäre. Von daher bedurfte es keiner Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 19 FrG), und auch keiner Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 94/18/0751).
3.1. Die Beschwerde erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß der Beschwerdeführer am 22. April 1997 abgeschoben worden sei, "obwohl der Aufenthaltsverbotsbescheid vom 19. März 1997 nicht in Rechtskraft erwachsen war und obwohl ein anhängiges Verfahren nicht abgeschlossen wurde".
3.2. Damit verkennt die Beschwerde, daß das gegenständliche Aufenthaltsverbotsverfahren mit der Erlassung des nunmehr bekämpften Bescheides der belangten Behörde am 16. April 1997 rechtskräftig abgeschlossen wurde. Mit Eintritt der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes aber war es im Grunde des § 22 Abs. 1 FrG durchsetzbar. Aufgrund dessen war es auch entbehrlich, der Frage nachzugehen, ob die von der belangten Behörde (nicht begründete) Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung durch die Erstbehörde in § 64 Abs. 2 AVG Deckung gefunden hat. Ob die Abschiebung des Beschwerdeführers dem Gesetz entsprochen hat (vgl. § 36 Abs. 1 Z. 1 bis 4 FrG), entzieht sich einer Beurteilung im vorliegenden Beschwerdeverfahren, da Gegenstand der angefochtenen Entscheidung nicht (auch) die zwangsweise Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes ist.
4. Auf das übrige Beschwerdevorbringen war mangels konkreten Zusammenhanges mit dem hier auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfenden Bescheid nicht einzugehen.
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180272.X00Im RIS seit
20.11.2000