TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/14 W104 2175684-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2020
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Entscheidungsdatum

14.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §6
Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 §3
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W104 2151974-1/12E
W104 2175684-1/11E
W104 2175685-1/10E

W104 2233948-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerden von XXXX , BNr. XXXX , gegen die Bescheide des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA)

-        vom 28.4.2016, AZ II/4-DZ/15-2884242010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015, nach Beschwerdevorentscheidung vom 31.8.2016, AZ II/4-DZ/15-4174989010,

-        vom 12.5.2017, AZ II/4-DZ/16-6940449010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 und vom 30.8.2017, AZ II/4-HHD/16-7392539010 betreffend Erstattung Haushaltsdisziplin 2016, sowie

-        vom 10.1.2020, AZ II/4-DZ/17-14120717010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2017,

zu Recht:

A)

I.       Der Beschwerde gegen den Bescheid der AMA vom 28.4.2016, AZ II/4-DZ/15-2884242010, nach Beschwerdevorentscheidung vom 31.8.2016, AZ II/4-DZ/15-4174989010, betreffend das Antragsjahr 2015, wird teilweise, soweit eine Hanfsanktion verhängt und ein Abzug wegen Sanktionen bei Überklärungen in Höhe von 11,44 % vorgenommen wurde, stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides statt dem Spruch der Beschwerdevorentscheidung wiederhergestellt; es werden somit Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 in Höhe von EUR 6.892,56 gewährt.

II.      Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

I.       Der Beschwerde gegen die Bescheide der AMA vom 12.5.2017, AZ II/4-DZ/16-6940449010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 und vom 30.8.2017, AZ II/4-HHD/16-7392539010 betreffend Erstattung Haushaltsdisziplin 2016, wird insofern stattgegeben, als der Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen von 50 auf 35 % herabgesetzt wird.

II.     Gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 wird der Agrarmarkt Austria aufgetragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis der beschwerdeführenden Partei bescheidmäßig mitzuteilen.

C)

I.       Der Beschwerde gegen den Bescheid der AMA vom 10.1.2020, AZ II/4-DZ/17-14120717010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2017, wird insofern stattgegeben, als der Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen von 75 auf 50 % herabgesetzt wird.

II.     Gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 wird der Agrarmarkt Austria aufgetragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis der beschwerdeführenden Partei bescheidmäßig mitzuteilen.

D)

Die Revision gegen die Spruchpunkte A – C ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Antragsjahr 2015:

Die Beschwerdeführerin stellte am 23.4.2015 elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen (in der Folge: MFA Flächen) für das Antragsjahr 2015, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dabei beantragte sie unter anderem auf dem Feldstück (FS) 4 auf Schlag 7 eine Fläche im Ausmaß von 3,1320 ha mit der Schlagnutzung „HANF“, Sorte: USO-31.

Am 1.12.2015 fand auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle statt, wobei insbesondere die Einhaltung der Rinderkennzeichnung und der Cross-Compliance-Vorschriften überprüft wurde. Im Zuge dieser Vor-Ort-Kontrolle wurden Verstöße bei der Rinderkennzeichnung festgestellt. Insgesamt wurde beanstandet, dass bei vier weiblichen Rindern keine Ohrmarken am Tier vorhanden waren und bei vier weiblichen und zwei männlichen Rindern eine Zwillingsohrmarke fehlte.

Mit Schreiben vom 14.12.2015 übermittelte die AMA der Beschwerdeführerin den Kontrollbericht zur Vor-Ort-Kontrolle vom 1.12.2015.

Mit dem angefochtenen Bescheid der AMA vom 28.4.2016, AZ II/4-DZ/15-2884242010, nahm die belangte Behörde betreffend Direktzahlungen 2015 einen Abzug wegen Cross- Compliance-Verstößen in Höhe von 25 % vor. Begründend führte die belangte Behörde aus, die festgestellten Cross-Compliance-Verstöße seien gemäß Art. 40 VO 640/2014 auf Vorsatz zurückzuführen. Es sei daher eine Kürzung des Prämienbetrages erfolgt. Weiter verwies die AMA auf den beiliegenden Anhang „Cross-Compliance-Berechnung“, wonach im Zuge der Vor-Ort-Kontrolle am 12.12.2015 ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Vorschriften zur Rinderkennzeichnung festgestellt worden sei. In der Vergangenheit seien bei Vor-Ort-Kontrollen am 11.1.2012, 21.3.2012, 15.11.2012, 26.11.2013 und 21.7.2014 bereits Verstöße gegen die anderweitigen Verpflichtungen (Cross-Compliance) festgestellt worden. Da bereits in den Vorjahren ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Rinderkennzeichnung festgestellt worden sei und somit eine Wiederholung vorliege (Hinweis auf Art. 38 Abs. 1 VO 640/2014), sei das Datum der vorherigen Verstöße abgedruckt worden. Der nunmehr festgestellte vorsätzliche Verstoß sei auf die wiederholten Verstöße und das Erreichen des Kürzungsprozentsatzes von 15 % in den vorangegangenen Jahren zurückzuführen. Unter Berücksichtigung der sich aus den vorliegenden Cross-Compliance-Verstößen ergebenden Abzüge gewährte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR 6.892,56.

Gegen den Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen in Höhe von 25 % richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 14.6.2016, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die Feststellungen laut Kontrollbericht der AMA zur Vor-Ort-Kontrolle vom 1.12.2015 betreffend Rinderkennzeichnung seien richtig. Einige ihrer Cebu-Rinder würden keine Ohrmarken tragen, da diese Tiere in der Lage seien, sich mit dem Hinterfuß am Ohr zu kratzen. Dabei komme es vor, dass die Ohrmarken ausgerissen werden, was zur Folge habe, dass die Ohren einen tiefen Riss erleiden. Eine neuerliche Anbringung von Marken sei schon aus diesem Grund schwierig bis unmöglich. Das Hauptproblem bestehe jedoch darin, die extensiv gehaltenen Cebu-Rinder einzufangen und so zu fixieren, dass die Anbringung von Ohrmarken überhaupt möglich sei. Die Tiere hätten sich allen Einfangversuchen derart widersetzt, dass eine Anbringung von Ohrmarken ohne Gefährdung von Mensch und Tier nicht möglich gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe daher ihren Tierarzt ersucht, eine Betäubung vorzunehmen. Dieser habe eine Betäubung aus Tierschutzgründen abgelehnt, da eine solche bei trächtigen Tieren mit einem hohen Abortrisiko verbunden sei und bei Stieren die Samenqualität stark leiden könne. Sowohl eine gewaltsame Fixierung, die ohne Verletzung der Tiere nicht durchführbar sei, als auch eine Betäubung, die zu einer Gesundheitsschädigung führe, würden einer artgerechten Behandlung der Tiere, den Vorschriften des Tierschutzgesetzes und den Cross-Compliance-Vorschriften über den Tierschutz widersprechen. Da die Rinderkennzeichnungsverordnung keine andere Art der Kennzeichnung vorsehe, habe die Beschwerdeführerin keine adäquate Möglichkeit gehabt, einige ihrer Tiere zu kennzeichnen. Sie trage daher an der mangelnden Kennzeichnung einiger Tiere kein Verschulden. Jedenfalls sei ihr kein Vorsatz zu unterstellen, da sie unter Inkaufnahme eines ernsthaften Verletzungsrisikos zahlreiche, wenn auch erfolglose, Versuche unternommen habe, der Kennzeichnungspflicht zu entsprechen. Im Übrigen wurde dem angefochtenen Bescheid nicht entgegen getreten. Der Beschwerde wurde ein Schreiben der Tierklinik XXXX beigelegt, wonach die extensive Tierhaltung keine adäquate Fixierung erlaube, um die Ohrmarken anzubringen, die fortgeschrittene Trächtigkeit die Betäubung der fraglichen Tiere verbiete und eine Markierung trotz dieser schlechten Voraussetzungen ein Abortrisiko berge sowie aus Tierschutzgründen abzulehnen sei.

Mit Abänderungsbescheid vom 31.8.2016, AZ II/4-DZ/15-4174989010, erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, die zum obigen Beschwerdevorbringen keine Änderung enthält. Im Wesentlichen änderte die AMA den Bescheid vom 28.4.2016 betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 dahingehend ab, dass der Beschwerdeführerin nunmehr lediglich Direktzahlungen in Höhe von EUR 6.039,68 gewährt wurden, und forderte den bereits ausbezahlten Betrag in Höhe von EUR 852,88 zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Voraussetzungen für Hanf seien nur teilweise bzw. nicht erfüllt worden. Aufgrund der Differenzfläche von 2,19 ha ergebe sich eine Flächenabweichung von 7,6271 % (Differenzfläche/ermittelte Fläche Basisprämie x 100). Dabei handle es sich um eine Flächenabweichung von über 3 % oder über 2 ha. Daher werde der Betrag für die Basisprämie um das 1,5-fache der Differenzfläche (11,44 %) gekürzt (Hinweis auf Art. 19a Abs. 1 VO 640/2014).

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am 5.10.2016 einen Vorlageantrag ein, in welchem sie in Ergänzung zu ihrer Beschwerde vom 14.6.2016 ausführt, die Hanfsanktion sei nicht gerechtfertigt, da 90 kg Hanfsaatgut und nicht, wie ursprünglich von der AMA angenommen, 25 kg angekauft worden seien. Bei der Vor-Ort-Kontrolle sei die Rechnung des Hanfsaatgutes vom Kontrollorgan besichtigt und abgestempelt worden. Diese Rechnung werde dem Vorlageantrag beigelegt.

Am 11.10.2016 korrigierte die Beschwerdeführerin ihren MFA Flächen für das Antragsjahr 2015 unter anderem dahingehend, dass sie auf Seite 1 der Korrektur „Saatgutnachweise für Hanf: Sorte: USO-31, Etiketten-Nr.: RG2580209 , verwendete Menge: 90 kg“ anführte.

Am 30.3.2017 legte die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde, den Vorlageantrag und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsverfahrens betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 zur Entscheidung vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die belangte Behörde im Wesentlichen zusammengefasst aus, da die Beschwerdeführerin angegeben habe, den Bescheid erst am 21.9.2016 erhalten zu haben, sei der Vorlageantrag rechtzeitig. Es sei bereits aufgrund der Vor-Ort-Kontrollen im Bereich Rinderkennzeichnung und Registrierung am 11.1.2012, 21.3.2012 und 15.11.2012 im Rahmen der Cross-Compliance gemäß Art. 71 VO (EG) Nr. 1122/2009 von einem fahrlässigen Verstoß bei der Anforderung „Kennzeichnung“ ausgegangen und ein Kürzungsprozentsatz von 3 % vergeben worden. Im darauf folgenden Kalenderjahr sei bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 26.11.2013 neuerlich beanstandet worden, dass Rinder nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet gewesen seien. Aufgrund des wiederholt fahrlässigen Verstoßes sei gemäß Art. 71 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1122/2009 ein Gesamtkürzungsprozentsatz in Höhe von 9 % (3 % x 3) vergeben worden. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 27.7.2014 sei neuerlich festgestellt worden, dass die Rinder am Betrieb der Beschwerdeführerin nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet gewesen seien. Da es sich um die zweite Wiederholung eines fahrlässigen Verstoßes bei der Anforderung „Kennzeichnung“ gehandelt habe, sei der sich errechnende Kürzungsprozentsatz von 27% (9 % x 3) gemäß Art. 71 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1122/2009 auf 15 % zu deckeln und somit für das Prämienjahr 2014 ein Cross-Compliance-Gesamtkürzungsprozentsatz von 15 % zu vergeben gewesen. Die gegen den EBP-Bescheid 2014 erhobene Beschwerde vom 16.1.2015 sei vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen worden (W138 2106489-1/2E). Bei der Vor-Ort-Kontrolle am 1.12.2015 seien neuerlich Verstöße bei der Anforderung „Kennzeichnung“ festgestellt worden. Im Antragsjahr 2014 sei der errechnete Cross-Compliance-Kürzungsprozentsatz auf 15 % gedeckelt worden und es sei gemäß den für das Antragsjahr 2014 anzuwendenden rechtlichen Vorgaben in Art. 71 Abs. 5 Unterabsatz 3 VO (EG) Nr. 1122/2009 ein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt, dass ein neuerlicher Verstoß als vorsätzlicher Verstoß zu gelten habe. Aufgrund der in weiterer Folge am 1.12.2015 festgestellten Verstöße seien diese für das Antragsjahr 2015 als vorsätzliche Verstöße gemäß Artikel 39 Abs. 4 Unterabsatz 3 VO (EU) Nr. 640/2014 gewertet und ein Kürzungsprozentsatz von 25 % vergeben worden. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass Art. 39 Abs. 4 Unterabsatz 3 VO (EU) Nr. 640/2014 im Vergleich zur Vorgängerbestimmung (Art. 71 Abs. 5 Unterabsatz 3 VO (EG) Nr. 1122/2009) eine Erleichterung dahingehend vorsehe, dass nach Erreichen des Höchstprozentsatzes von 15 % bei einem neuerlichen Verstoß keine zwingende Multiplikation mit dem Faktor drei vorzunehmen sei. Es sei daher ein Kürzungsprozentsatz von 25 % vergeben worden. Bei den am 1.12.2015 im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle beanstandeten Rindern handle es sich um acht weibliche und zwei männliche Rinder, wobei bei fünf weiblichen Rindern jeweils beide Ohrmarken als fehlend zu beanstanden gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe am 20.3.2015 vorgebracht, dass „es aus tierschützerischen Gründen nicht möglich sei, bei den extensiv gehaltenen Rindern Ohrmarken einzuziehen“. Zum Beweis habe die Beschwerdeführerin ein Schreiben des Tierarztes XXXX vorgelegt. Die anzuwendenden Rechtsnormen würden aber keine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht bei Zebu-Rindern vorsehen. Es liege in der Verantwortung des Tierhalters, die Kennzeichnung der Rinder – auch die Wiederherstellung der Kennzeichnung nach einem etwaigen Verlust – vorzunehmen, um die Identifizierung der Rinder sicherzustellen, was nicht zuletzt eine der wesentlichen Grundlagen für die Rückverfolgbarkeit von Rindern im Rahmen der Seuchenprävention und -bekämpfung darstelle.

Hinsichtlich des Verstoßes bei den Anbaubedingungen für Hanf führte die belangte Behörde aus, der Betrieb habe die Verwendung von zertifiziertem Hanfsaatgut mittels Saatgutrechnung über 90kg nachgewiesen. Die Menge sei mittels amtlicher Richtigstellung erfasst worden, die nachgewiesene Saatgutmenge sei für die beantragte Hanffläche ausreichend. Da bereits ein Vorlageantrag eingebracht worden sei, sei der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden. Es werde jedoch auf den beiliegenden Report-Direktzahlungen 2015 (Berechnungsstand 7.11.2016) aufgrund der Anerkennung des Hanfsaatguts hingewiesen.

Antragsjahr 2016:

Am 27.4.2016 stellte die Beschwerdeführerin elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2016, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Am 13.12.2016 fand auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin abermals eine Vor-Ort-Kontrolle statt, wobei insbesondere die Einhaltung der Rinderkennzeichnung und der Cross-Compliance-Vorschriften überprüft wurde. Im Zuge dieser Vor-Ort-Kontrolle wurden wiederum Verstöße bei der Rinderkennzeichnung festgestellt. Insgesamt wurde beanstandet, dass bei sechs Rindern keine Ohrmarken am Tier vorhanden waren und bei zehn Rindern eine Zwillingsohrmarke fehlte.

Mit Schreiben vom 20.12.2016 übermittelte die AMA der Beschwerdeführerin den Kontrollbericht zur Vor-Ort-Kontrolle vom 13.12.2016.

Mit Bescheid vom 5.1.2017, AZ II/4-DZ/16-5285558010, gewährte die AMA der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR 9.084,35. Davon entfallen auf die Basisprämie EUR 6.269,17 und auf die Greeningprämie EUR 2.815,18. Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin keine Beschwerde ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.5.2017, AZ II/4-DZ/16-6940449010, änderte die AMA den Bescheid vom 5.1.2017 betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 dahingehend ab, dass ein Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen in Höhe von 50 % vorgenommen wurde, der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2016 lediglich Direktzahlungen in Höhe von EUR 4.542,17 gewährt wurden und der bereits ausbezahlte Betrag von EUR 4.542,17 zurückgefordert wurde. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Ausführungen auf dem beiliegenden Anhang „Cross-Compliance-Berechnung“ würden einen ergänzenden Bestandteil des Bescheides bilden. Aufgrund von Cross-Compliance-Verstößen, die auf Vorsatz zurückzuführen seien, sei eine Kürzung des Prämienbetrages erfolgt. Im Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle am 13.12.2016 sei ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Vorschriften zur Rinderkennzeichnung festgestellt worden. In der Vergangenheit seien bei Vor-Ort-Kontrollen am 11.1.2012, 21.3.2012, 15.11.2012, 26.11.2013, 21.7.2014 und 1.12.2015 bereits Verstöße gegen die anderweitigen Verpflichtungen (Cross-Compliance) festgestellt worden. Da bereits in den Vorjahren ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Rinderkennzeichnung festgestellt worden sei und somit eine Wiederholung vorliege (Hinweis auf Art. 38 Abs. 1 VO 640/2014), sei das Datum der vorherigen Verstöße abgedruckt worden. Der nunmehr festgestellte vorsätzliche Verstoß sei auf die wiederholten Verstöße und das Erreichen des Kürzungsprozentsatzes von 15 % in den vorangegangenen Jahren zurückzuführen.

Gegen diesen Bescheid betreffend Direktzahlungen 2016 erhob die Beschwerdeführerin am 12.6.2017 eine Beschwerde, die sich gegen den Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen in Höhe von 50 % richtet. Das Vorbringen in der Beschwerde vom 12.6.2017 entspricht im Wesentlichen dem Vorbringen in der Beschwerde vom 14.6.2016 betreffend Direktzahlungen 2015. Ergänzend führte die Beschwerdeführerin aus, bei Geburten würden die Kälber am ersten Lebenstag mit den vorgeschriebenen Ohrmarken entsprechend der Rinderkennzeichnungsverordnung gekennzeichnet. Die Republik Österreich bekenne sich gemäß Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung (BGBl. I Nr. 111/2013) zum Tierschutz. Aus den Erläuterungen zu BGBl. I Nr. 111/2013 ergebe sich, dass der Tierschutz in der Verfassung verankert worden sei, um „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier als fühlendes Wesen Rechnung zu tragen“. Eine nachträgliche Kennzeichnung mit Ohrmarken an den Ohren der Cebu-Rinder, die bereits tiefe Risse aufweisen würden, widerspreche jedenfalls dem verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz. Diese tiefen Risse seien auch bei der Vor-Ort-Kontrolle am 1.12.2015 laut Kontrollbericht vom 14.12.2015 festgestellt worden. Aufgrund der Eigenheit der von der Beschwerdeführerin gehaltenen Rinderrasse „Cebu“, die im Stande sei, sich mit den Hinterläufen am Kopf bzw. Ohr zu kratzen, liege auch ein Fall von höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände im Sinn des Art. 31 VO (EG) 73/2009 vor. Unter höherer Gewalt sei nach der Rechtsprechung ein von außen kommendes, nicht voraussehbares und auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis zu verstehen. Der Begriff „außergewöhnliche Umstände“, der in Art. 31 VO (EG) 73/2009 nicht definiert sei, bedeute nach seinem Wortlaut, dass die Umstände außergewöhnlich sei müssten, das heißt nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem jeweiligen Umstand verbunden ist oder verbunden sein kann. Rinder seien üblicherweise nicht in der Lage, sich mit den Hinterläufen am Kopf bzw. Ohr zu kratzen und sich dadurch die Ohrmarken herauszureißen bzw. zu entfernen. Dies sei eine besondere Eigenheit der Rinderrasse „Cebu“. Damit liege gegenständlich ein den in Art. 31 VO (EG) 73/2009 genannten Fällen vergleichbarer Fall von höherer Gewalt bzw. außergewöhnlicher Umstände vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid der AMA vom 30.8.2017, AZ II/4-HHD/16-7392539010, betreffend Erstattung Haushaltsdisziplin 2016 gewährte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß VO (EU) 2016/2073 im Rahmen der Haushaltsdisziplin eine Erstattung in Höhe von EUR 49,55 unter Berücksichtigung eines Abzuges von 50 % wegen Verstoßes gegen die Cross-Compliance-Vorschriften. Begründend führte die belangte Behörde aus, für das Jahr 2016 seien an Betriebsinhaber gewährte Direktzahlungen hinsichtlich des EUR 2.000 übersteigenden Betrages im Rahmen der Haushalsdisziplin um 1,353905 % gekürzt worden. Gemäß VO 2016/2073 sei den von der Haushaltsdisziplin-Kürzung betroffenen Betriebsinhabern bis 15.10.2017 ein Teil der einbehaltenen Beträge zu erstatten. Basis für die Berechnung der Erstattung seien die Summe der für das Antragsjahr 2016 gewährten, den Betrag von EUR 2.000 übersteigenden Direktzahlungen und der Österreich für die Erstattung zustehende Betrag gemäß dem Anhang der VO 2018/2073 (= EUR 7.080.542). Daraus ergebe sich ein österreichweit einheitlicher Erstattungsfaktor pro betroffenem Betriebsinhaber von 0,0138. Da hinsichtlich der Direktzahlungen für das Jahr 2016 eine Cross-Compliance-Sanktion festgesetzt worden sei und der Erstattungsbetrag ebenfalls dieser Cross-Compliance-Sanktion unterliege, sei der Erstattungsbetrag entsprechend zu kürzen.

Gegen diesen Bescheid betreffend Erstattung Haushaltsdisziplin 2016 erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22.9.2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 26.9.2017, Beschwerde, wobei sie sich gegen den Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen in Höhe von 50 % wendet. Inhaltlich entspricht das Vorbringen im Wesentlichen dem Vorbringen in den Beschwerden vom 14.6.2016 betreffend Direktzahlungen 2015 und vom 12.6.2017 betreffend Direktzahlungen 2016. Es werde die ungekürzte Zuerkennung der Erstattung Haushaltsdisziplin beantragt.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 7.11.2017 die Beschwerden und die zugehörigen Unterlagen der Verwaltungsverfahren betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 sowie betreffend Erstattung Haushaltsdisziplin 2016 vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die belangte Behörde betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 im Wesentlichen zusammengefasst aus, mit Bescheid vom 5.1.2017, AZ II/4-DZ/16-5285558010, seien der Beschwerdeführerin Direktzahlungen in Höhe von EUR 9.084,35 gewährt worden. Mit Abänderungsbescheid vom 12.5.2017, AZ II/4-DZ/16-6940449010, sei ein Betrag von EUR 4.542,18 rückgefordert worden. Diese Rückforderung sei auf einen Verstoß gegen Cross-Compliance-Auflagen zurückzuführen. Die weiteren Ausführungen der belangten Behörde entsprechen jenen im Rahmen der Aktenvorlage betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015. Betreffend Erstattung Haushaltsdisziplin 2016 verwies die belangte Behörde auf ihre Ausführungen betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016.

Am 24.11.2017 reichte die belangte Behörde zur Beschwerde betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 den Kontrollbericht zur Vor-Ort-Kontrolle vom 13.12.2016 nach und führte ergänzend aus, bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 13.12.2016 sei neuerlich zu beanstanden gewesen, dass sechs Rinder ohne Ohrmarken und zehn Rinder mit nur einer der beiden vorgeschriebenen Ohrmarken vorgefunden wurden. Bereits 2015 sei aufgrund vorsätzlicher Verstöße ein Kürzungsprozentsatz von 25 % vergeben worden. Aufgrund des neuerlichen Verstoßes im Jahr 2016 sei daher ein Kürzungsprozentsatz von 50 % vergeben worden. Sowohl betreffend das Antragsjahr 2015 als auch betreffend das Antragsjahr 2016 habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass es „aus tierschützerischen Gründen nicht möglich sei, bei den extensiv gehaltenen Rindern Ohrmarken einzuziehen“. Die anzuwendenden Rechtsnormen würden jedoch keine Ausnahme der Kennzeichnungspflicht bei Zebu-Rindern vorsehen. Eine Möglichkeit, national die Frist für die Kennzeichnung – allerdings nur für Bisons – zu verlängern, sei der Verordnung (EG) Nr. 509/1999 zu entnehmen. Es gebe jedoch weder unionsrechtliche noch nationale Vorgaben, die eine gesamte Rinderrasse überhaupt von der Kennzeichnungspflicht ausnehmen würde oder in diesem Zusammenhang Toleranzen vorsehe. Es liege in der Verantwortung des Tierhalters, die Kennzeichnung der Rinder – auch die Wiederherstellung der Kennzeichnung nach einem etwaigen Verlust – vorzunehmen, um die Identifizierung der Rinder sicherzustellen, was nicht zuletzt eine der wesentlichen Grundlagen für die Rückverfolgbarkeit von Rindern im Rahmen der Seuchenprävention und -bekämpfung darstelle.

Antragsjahr 2017:

Die Beschwerdeführerin stellte elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2017, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Am 13.11.2017 fand auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin abermals eine Vor-Ort-Kontrolle statt, wobei fünf Rinder ohne Ohrmarken neun Rinder mit nur einer Zwillingsohrmarke vorgefunden wurden.

Mit Bescheid vom 12.1.2018, AZ II/4-DZ/17-8168996010, gewährte die AMA der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2017 Direktzahlungen in Höhe von EUR 9.049,20. Davon entfallen auf die Basisprämie EUR 6.245,15 und auf die Greeningprämie EUR 2.804,05. Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin keine Beschwerde ein.

Mit Abänderungsbescheid vom 14.5.2018, AZ II/4-DZ/17-10192140010, änderte die AMA den Bescheid vom 12.1.2018 betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2017 dahingehend ab, dass ein Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen in Höhe von 75 % vorgenommen wurde, der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2017 lediglich Direktzahlungen in Höhe von EUR 2.262,30 gewährt wurden und der bereits ausbezahlte Betrag von EUR 6.786,90 zurückgefordert wurde. Begründend führte die belangte Behörde insbes. aus, aufgrund von Cross-Compliance-Verstößen, die auf Vorsatz zurückzuführen seien, sei eine Kürzung des Prämienbetrages erfolgt (Hinweis auf Art. 40 VO 640/2014). Der nunmehr festgestellte vorsätzliche Verstoß sei auf die wiederholten Verstöße und das Erreichen des Kürzungsprozentsatzes von 15 % in den vorangegangenen Jahren zurückzuführen. Die aufschiebende Wirkung des Bescheids wurde ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 11.6.2018 eine Beschwerde, die sich gegen den Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen richtet, wobei die Feststellungen der Vor-Ort-Kontrollen ausdrücklich nicht bestritten wurden. Das Vorbringen in der Beschwerde entsprach im Wesentlichen dem Vorbringen in den Beschwerden betreffend Direktzahlungen 2015 und 2016.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.9.2018, AZ II/4-DZ/17-10909970010, änderte die AMA den Bescheid vom 14.5.2018 dahingehend ab, dass nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR 2.262,30 gewährt und eine Rückforderung von EUR 21,89 festgesetzt wurde. Dies lag im Wesentlichen in einem Abzug von 0,7 % wegen Überschreitung der Nettoobergrenze für das Haushaltsjahr 2018 begründet. Auf die Beschwerde ging diese Beschwerdevorentscheidung nicht ein. Gegen diese Entscheidung wurde kein Vorlageantrag eingebracht, sodass diese in Rechtskraft erwuchs.

Wegen geringer Flächenabweichungen im Zuge eines Referenzflächenabgleichs 2019 wurde diese Entscheidung mit angefochtenem Abänderungsbescheid vom 10.1.2020, AZ II/4-DZ/17-14120717010 neuerlich abgeändert. Nunmehr wurden nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR 2.231,77 gewährt. Der Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen in Höhe von 75 % blieb unverändert.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 29.1.2020 Beschwerde, die sich wiederum gegen den Abzug wegen Cross-Compliance-Verstößen richtet. Das Vorbringen in der Beschwerde entspricht im Wesentlichen dem Vorbringen in den vorangegangenen Beschwerden.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Am 12.2.2020 kam es zu einem Richterwechsel. Das Gericht ersuchte in der Folge die HBLFA Raumberg-Gumpenstein um eine Stellungnahme zu den Beschwerden betreffend die Antragsjahre 2015 und 2016. Diese wurde der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt, die dazu auch eine Äußerung übermittelte.

Mit Beschluss vom 8.6.2020 wurde Herr Dr. Johann Gasteiner als Amtssachverständiger für Tierhaltung und –kennzeichnung herangezogen. Dieser erstattete am 2.7.2020 ein Gutachten zur Frage, ob die Kennzeichnung der Zebu-Rinder der Beschwerdeführerin in den Antragsjahren (2015 und 2016) ohne erhebliche Verletzung der Tiere möglich war oder unter Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis möglich gewesen wäre.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde dieses Gutachten von den Verfahrensparteien diskutiert und es wurden Fragen an den Sachverständigen gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Im Antragsjahr 2015 wurde von der Beschwerdeführerin zertifiziertes Hanfsaatgut im Ausmaß von 90kg für eine Fläche im Ausmaß von 3,1329 ha verwendet. Die nachgewiesene Saatgutmenge ist für die beantragte Hanffläche ausreichend.

1.2. Am 11.1.2012, 21.3.2012, 15.11.2012, 26.11.2013 und 21.7.2014 fanden auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin Vor-Ort-Kontrollen statt, im Zuge derer Verstöße bei der Rinderkennzeichnung festgestellt wurden.

Zuletzt wurde für das Antragsjahr 2014 mit Bescheid der AMA vom 5.1.2015, AZ II/7-EBP/14-122745101, betreffend Gewährung einer Einheitlichen Betriebsprämie wegen Vorliegens der zweiten Wiederholung eines fahrlässigen Verstoßes bei der Anforderung „Kennzeichnung“ der sich errechnende Kürzungsprozentsatz von 27 % (9 % x 3) gemäß Art. 71 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1122/2009 auf 15 % gedeckelt und für das Prämienjahr 2014 ein Cross-Compliance-Gesamtkürzungsprozentsatz von 15 % vergeben. Zudem erfolgte gemäß den für das Antragsjahr 2014 anzuwendenden rechtlichen Vorgaben gemäß Art. 71 Abs. 5 Unterabsatz 3 VO (EG) Nr. 1122/2009 ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass bei erneuter Feststellung desselben Verstoßes von dessen vorsätzlicher Herbeiführung auszugehen sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.9.2015, W138 2106489-1/2E, rechtskräftig abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin stellte am 23.4.2015 elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2015, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dabei beantragte sie unter anderem auf dem Feldstück (FS) 4 auf Schlag 7 eine Fläche im Ausmaß von 3,1320 ha mit der Schlagnutzung „HANF“, Sorte: USO-31.

Am 1.12.2015 fand auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle statt, wobei abermals (bei 10 von 19 vorhandenen Rindern) Verstöße bei der Rinderkennzeichnung festgestellt wurden. Bei vier weiblichen Rindern waren keine Ohrmarken am Tier vorhanden und bei vier weiblichen und zwei männlichen Rindern fehlte eine Zwillingsohrmarke; von diesen sechs Rindern wiesen drei auf dem nicht gekennzeichneten Ohr einen tiefen Riss auf.

Am 27.4.2016 stellte die Beschwerdeführerin elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2016, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Am 11.10.2016 korrigierte die Beschwerdeführerin ihren MFA Flächen für das Antragsjahr 2015 unter anderem dahingehend, dass sie auf Seite 1 der Korrektur „Saatgutnachweise für Hanf: Sorte: USO-31, Etiketten-Nr.: RG2580209 , verwendete Menge: 90 kg“ anführte.

Am 13.12.2016 fand auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin abermals eine Vor-Ort-Kontrolle statt, wobei neuerlich Verstöße bei der Rinderkennzeichnung (bei 16 von 24 vorgefundenen Stück) festgestellt wurden. Bei sechs Rindern waren keine Ohrmarken am Tier vorhanden und bei zehn Rindern fehlte eine Zwillingsohrmarke; von diesen zehn Rindern wiesen drei auf dem nicht gekennzeichneten Ohr einen tiefen Riss auf (es handelte sich um dieselben Rinder, bei denen auch bei der Vor-Ort-Kontrolle 2015 dieser Riss festgestellt wurde).

Die Beschwerdeführerin stellte am 11.4.2017 elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2017, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Am 13.11.2017 fand auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin abermals eine Vor-Ort-Kontrolle statt, wobei bei 14 von 27 vorgefundenen Stück Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Fünf Rinder wurden ohne Ohrmarken, neun Rinder mit nur einer Zwillingsohrmarke vorgefunden; von diesen neun Rindern wiesen drei auf dem nicht gekennzeichneten Ohr einen tiefen Riss auf (es handelte sich um dieselben Rinder, bei denen auch bei den Vor-Ort-Kontrollen 2015 und 2016 dieser Riss festgestellt wurde).

1.3. Extensive Rinderhaltung bedeutet nicht, dass die Tiere verwildern dürfen und sich somit jeder Manipulation durch den Menschen entziehen können. Es sind auch im Rahmen der extensiven Rinderhaltung Vorkehrungen und Maßnahmen zu treffen, damit auf der Basis einer guten Mensch-Tier-Beziehung keine allzu große Scheu vor Menschen und allfällig notwendigen Maßnahmen am Tier selbst entsteht. Regelmäßig wiederkehrende Tätigkeiten an den Tieren wie Blutprobenentnahmen im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung, die Klauenpflege, das Einziehen von Ohrmarken oder auch die Untersuchung, Behandlung und Pflege erkrankter Tiere setzen eine gewisse Umgänglichkeit der Rinder voraus und es besteht aus Tierschutzgründen sogar die Pflicht des Tierhalters, seine Tiere an die Manipulation durch den Menschen zu gewöhnen. Es ist davon auszugehen werden, dass die beschriebenen Tätigkeiten an Tieren auch bei den Zebu-Rindern des gegenständlichen Betriebes notwendig sind, also etwa erkrankte Tiere untersucht, behandelt und gepflegt werden. Eine regelmäßige Verwendung einer adäquaten Fang- und Fixiereinrichtung, auch bloß zur Angewöhnung der Tiere an eine kurzzeitige Fixation kann hier von einem Tierhalter eingefordert werden und dies entspricht der guten landwirtschaftlichen Praxis.

In Bezug auf Scheu/Zutraulichkeit bzw. Temperament von Rindern gibt es neben Tier-individuellen auch rassenbedingte Unterschiede. Klassische Extensiv-Rassen wie z.B. Schottische Hochlandrinder, Limousin-Rinder und auch die gegenständlichen Zebu-Rinder gelten als besonders temperamentvoll und bisweilen widersetzlich. Gerade deshalb ist bei diesen Rinderrassen ein besonderes Augenmerk auf regelmäßigen Kontakt mit Menschen und auf eine gute Mensch-Tier-Beziehung zu legen. Ein Restrisiko, dass sich Tiere im Rahmen einer Manipulation selbst oder gar Personen verletzen, besteht so wie bei allen Formen der Rinderhaltung. Mit der Entscheidung, Extensiv-Rinder zu halten, geht der Tierhalter dieses Risiko ein und entbindet ihn dies nicht von seinen gesetzlichen Verpflichtungen.

Eine „Betäubung“ von Rindern zum Zwecke der Ruhigstellung bzw. auch für Eingriffe stellt in der Veterinärmedizin eine gängige und anerkannte Methode dar. Das dabei üblicherweise verwendete und in Österreich zugelassene Tierarzneimittel ist Rompun®2% (Wirkstoff Xylazin). Rompun®2% ist beim Rind zur Sedierung, zur Muskelralaxation sowie zur Schmerzausschaltung bei kleineren Eingriffen zugelassen. Die Höhe der Dosierung (Dosis I-IV) bestimmt dabei den Grad der Wirkung, wobei für das Einziehen einer Ohrmarke die geringste Gesamtdosis (I) mit einer beschriebenen Wirkung von deutlicher Sedation und Schmerzausschaltung für kleinere Eingriffe als völlig ausreichend anzusehen ist. Es ist davon auszugehen, dass durch diese geringe Dosierung auch das Risiko von Nebenwirkungen geringer ist. Xylazin sollte laut Gebrauchsinformation der Bayer Vital GmbH. für Rompun®2% nicht im letzten Drittel der Trächtigkeit zur Anwendung kommen. Im Umkehrschluss kann Xylazin somit bei nicht tragenden Rindern bzw. bei trächtigen Rindern während der ersten beiden Drittel der Trächtigkeit ohne Gefährdung der Trächtigkeit eingesetzt werden. Ausgehend von einer durchschnittlichen Trächtigkeitsdauer bei Rindern von 285 Tagen kann eine Betäubung zum Zwecke der Ruhigstellung/zum Anbringen einer Ohrmarke während der ersten 190 Tage der Trächtigkeit sowie bei nicht bei nicht trächtigen Rindern vorgenommen werden. Bei Anwendung von Rompun®2% bei männlichen Tieren besteht keine besondere Nebenwirkung und ist die von der Beschwerdeführerin angeführte negative Beeinflussung der Spermienqualität nicht in der Gebrauchsinformation der Bayer Vital GmbH. für Rompun®2% angeführt. Durch den Einsatz von Xylazin bei wenig umgänglichen Rindern kann das Verletzungsrisiko für Mensch und Tier infolge Sedierung erheblich herabgesetzt werden. Der fachgerechte Einsatz von Xylazin ist daher nicht, wie von der Beschwerdeführerin angeführt, aus tierschützerischen Gründen abzulehnen, sondern ganz im Gegenteil, ist der fachgerechte Einsatz von Xylazin aus tierschützerischen Gründen in entsprechenden Fällen indiziert und empfohlen. Auch eine Gefährdung/Verletzungsgefahr von Personen ist bei fachgerechter Sedierung von Rindern kaum noch gegeben.

1.4. Ein Ausreißen von Ohrmarken kommt bei Rindern immer wieder vor, scheint aber bei den Zebu-Rindern des gegenständlichen Betriebes gehäuft aufzutreten. Die Begründung der Beschwerdeführerin, dass an Ohren, wo bereits eine Ohrmarke ausgerissen ist, sich kein Platz für eine Ersatz-Ohrmarke findet, ist nachvollziehbar und schlüssig. Insbesondere, wenn die Ohrmuschel durch das Ausreißen der Ohrmarke zweigeteilt ist, bleibt nicht genügend Knorpelgewebe, um eine Ersatz-Ohrmarke fachgerecht und dauerhaft anzubringen.

Auf Anfrage vergibt die AMA das Formular „Antrag auf Entfernung der Ohrmarke/Meldung über das Anbringen einer Alternativkennzeichnung“. Im Antrag sind neben den Daten der Betriebsstätte die Tiere anzuführen, deren amtliche Kennzeichnung durch eine Nummer mit Alternativkennzeichnung ersetzt werden. Eine Begründung ist anzuführen und es muss zur Sicherstellung der Identifizierung die gewählte Alternativkennzeichnung (Fesselband, Halsband, Tätowierung, Chip, Brandzeichen) angeführt werden. Durch den zuständigen Amtstierarzt ist die Begründung für die Nicht-Kennzeichnung zu bestätigen.

Das im tierärztlichen Gerichtsgutachen abgedruckte Formular für Alternativkennzeichnungen wird von der Behörde den Landwirten nur für Rinder angeboten, bei denen nicht einmal eine Ohrmarke angebracht werden kann, weil entweder eine Anomalie vorliegt oder eine Krankheit. Seit 2005 hat es nur 41 dauerhafte und 13 befristete Alternativkennzeichnungen auf Grundlage dieses Formulars gegeben, d.s. 0,003 % vom österr. Rinderbestand von 2 Mio. Tieren. Der Beschwerdeführerin wurde dieses Formular nicht angeboten, diese hatte von der Möglichkeit einer derartigen Beantragung keine Kenntnis.

2. Beweiswürdigung:

Die in 1.1. angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen zu 2015 und der dieses bestätigenden Stellungnahme der Behörde bei der Beschwerdevorlage, wonach die Menge mittels amtlicher Richtigstellung erfasst worden und die nachgewiesene Saatgutmenge für die beantragte Hanffläche ausreichend sei.

Die Feststellungen in 1.2. ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungskaten betreffend Direktzahlungen für die Antragsjahre 2015, 2016 und 2017 sowie aus einer Einsichtnahme des erkennenden Richters in den hg. Verfahrensakt W138 2106489-1 betreffend Gewährung einer Einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2014 und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.

Insbesondere erstattete die Beschwerdeführerin in ihren Beschwerden kein Vorbringen hinsichtlich einer etwaigen Unrichtigkeit der Ergebnisse der von der AMA vorgenommenen Vor-Ort-Kontrollen auf dem Betrieb der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin gesteht sogar ausdrücklich zu, dass die Feststellungen zur Rinderkennzeichnung richtig seien.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – von der Richtigkeit der Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen aus. Diese wurden in der mündlichen Verhandlung nochmals im Detail durchgegangen und es wurde den Ergebnissen seitens der Beschwerdeführerin nicht widersprochen.

Die Feststellungen in 1.3. ergeben sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des gerichtlich herangezogenen Amtssachverständigen.

Dabei wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführerin vom behandelnden Tierarzt abgeraten wurde, die fehlenden Ohrmarken anzubringen mit dem Argument, die extensive Tierhaltung erlaube keine adäquate Fixierung der Tiere, um die Ohrmarken anzubringen. Die Betäubung der Tiere verbiete deren fortgeschrittene Trächtigkeit und berge ein Abortrisiko (siehe die in den Akten einliegenden Schreiben und die Aussage des Vertreters der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung). Diese – sehr kurze und nicht im Detail begründete – Aussage ist in ihrer Allgemeinheit nicht nachvollziehbar, hat doch der gerichtlich beigezogene Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass es für den Tierarzt eine zuverlässige Methode gibt, den Trächtigkeitstag zu bestimmen („Äußeres Ballotment“) und eine Betäubung bis zum 190. Trächtigkeitstag gefahrlos durchgeführt werden kann. Ebenso nachvollziehbar und schlüssig wurde vom Sachverständigen dargelegt, dass die Fixierung von Tieren in vielerlei Hinsicht möglich sein muss, etwa um Wunden zu behandeln oder Impfungen durchzuführen.

Die Feststellungen in 1.4. ergeben sich aus dem Gutachten des gerichtlich herangezogenen Amtssachverständigen und aus der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift S. 5).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

„Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, […].

(6) Zum Hanfanbau genutzte Flächen sind nur beihilfefähig, wenn der Tetrahydrocannabinolgehalt der verwendeten Sorten nicht mehr als 0,2 % beträgt.“

Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates, ABl. L347 vom 20.12.2013, S. 549, im Folgenden VO (EU) 1306/2013:

„Artikel 2

In dieser Verordnung verwendete Begriffe

[…]

(2) Für die Zwecke der Finanzierung, der Verwaltung und Überwachung der GAP, werden als Fälle "höherer Gewalt" und "außergewöhnliche Umstände" insbesondere folgende Fälle bzw. Umstände anerkannt:

a) Tod des Begünstigten;

b) länger andauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten;

c) eine schwere Naturkatastrophe, die den Betrieb erheblich in Mitleidenschaft zieht;

d) unfallbedingte Zerstörung von Stallgebäuden des Betriebs;

e) eine Seuche oder Pflanzenkrankheit, die den ganzen Tier- bzw. Pflanzenbestand des Begünstigten oder einen Teil davon befällt;

f) Enteignung des gesamten Betriebes oder eines wesentlichen Teils davon, soweit diese Enteignung am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war.“

„Artikel 91

Allgemeiner Grundsatz

(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.

(2) Die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:

a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;

b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.

[...]

(3) Für die Zwecke dieses Titels bezeichnet der Ausdruck:

a) ‚Betrieb‘ die Gesamtheit der von dem Begünstigten gemäß Artikel 92 verwalteten Produktionseinheiten und Flächen, die sich im Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats befinden;

b) ‚Anforderung‘ jede einzelne Grundanforderung an die Betriebsführung, die sich aus dem in Anhang II genannten Unionsrecht innerhalb eines Rechtsakts ergibt und inhaltlich von den anderen Anforderungen desselben Rechtsakts abweicht.

Artikel 92

Betroffene Begünstigte

Artikel 91 gilt für Begünstigte, die Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, Zahlungen gemäß den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und die jährlichen Prämien gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b sowie den Artikeln 28 bis 31, 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 erhalten.

[…].

Artikel 93

Cross-Compliance-Vorschriften

(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:

a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,

b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,

c) Tierschutz.

(2) Die in Anhang II genannten Rechtsakte über die Grundanforderungen an die Betriebsführung gelten in der zuletzt in Kraft getretenen Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.

[…].“

„Artikel 96

Kontrolle der Cross-Compliance

(1) Die Mitgliedstaaten können gegebenenfalls das integrierte System gemäß Titel V Kapitel II und insbesondere die Bestandteile des Systems gemäß Artikel 68 Absatz 1 Buchstaben a, b, d, e und f anwenden.

Die Mitgliedstaaten können ihre vorhandenen Verwaltungs- und Kontrollsysteme heranziehen, um die Einhaltung der Regeln der Cross-Compliance sicherzustellen.

Diese Systeme, insbesondere das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Tieren nach der Richtlinie 2008/71/EG des Rates (1) und den Verordnungen (EG) Nr. 1760/2000 und (EG) Nr. 21/2004 müssen mit dem integrierten System im Sinne von Titel V Kapitel II der vorliegenden Verordnung kompatibel sein.

(2) Je nach den betreffenden Anforderungen, Normen, Rechtsakten oder Bereichen der Cross-Compliance können die Mitgliedstaaten die Durchführung von Verwaltungskontrollen beschließen, insbesondere solche, die in den auf die jeweiligen Anforderungen, Normen, Rechtsakte oder Bereiche der Cross-Compliance anwendbaren Kontrollsystemen bereits vorgesehen sind.

(3) Die Mitgliedstaaten prüfen durch Vor-Ort-Kontrollen, ob die Begünstigten ihren Verpflichtungen nach diesem Titel nachkommen.

[…].“

„Artikel 97

Anwendung von Verwaltungssanktionen

(1) Werden die Cross-Compliance-Vorschriften in einem bestimmten Kalenderjahr (im Folgenden "betreffendes Kalenderjahr") zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und ist dieser Verstoß dem Begünstigten, der den Beihilfe- oder den Zahlungsantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, unmittelbar anzulasten, so wird die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 verhängt.

[...]

(3) Ungeachtet des Absatzes 1 und vorbehaltlich der gemäß Artikel 101 zu erlassenden Vorschriften können die Mitgliedstaaten beschließen, eine Verwaltungssanktion, die sich auf bis zu 100 EUR je Begünstigtem und Kalenderjahr beläuft, nicht zu verhängen.

Beschließt ein Mitgliedstaat, von der Möglichkeit nach Unterabsatz 1 Gebrauch zu machen, so ergreift die zuständige Behörde im folgenden Jahr für eine Stichprobe von Begünstigten die erforderlichen Maßnahmen, um sich zu vergewissern, dass der Begünstigte Abhilfemaßnahmen für die festgestellten Verstöße getroffen hat. Der festgestellte Verstoß und die Verpflichtung zur Einleitung von Abhilfemaßnahmen werden dem Begünstigten mitgeteilt.

(4) Die Verhängung einer Verwaltungssanktion berührt nicht die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Zahlungen, die von ihr betroffen sind.“

„Artikel 99

Berechnung der Verwaltungssanktion

(1) Zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 wird der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen.

Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt.

(2) Bei einem Verstoß aufgrund von Fahrlässigkeit beträgt die Kürzung höchstens 5 %, im Wiederholungsfall höchstens 15 %.

Die Mitgliedstaaten können ein Frühwarnsystem einrichten, das auf Verstöße Anwendung findet, die angesichts ihrer geringen Schwere, ihres begrenzten Ausmaßes und ihrer geringen Dauer in hinreichend begründeten Fällen nicht mit einer Kürzung oder einem Ausschluss geahndet werden. Nutzt ein Mitgliedstaat diese Option, sendet die zuständige Behörde dem Begünstigten eine Frühwarnung, in der dem Begünstigten die Feststellungen mitgeteilt werden und auf die Verpflichtung zu Abhilfemaßnahmen verwiesen wird. Wird bei einer späteren Kontrolle festgestellt, dass der Verstoß nicht behoben wurde, wird die Kürzung gemäß Unterabsatz 1 rückwirkend vorgenommen.

Verstöße, die eine direkte Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier bedeuten, werden jedoch immer mit einer Kürzung oder einem Ausschluss geahndet.

Die Mitgliedstaaten können den Begünstigten, die zum ersten Mal eine Frühwarnung erhalten haben, vorrangig Zugang zum System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung gewähren.

(3) Bei vorsätzlichen Verstößen beträgt die Kürzung grundsätzlich nicht weniger als 20 % und kann bis zum vollständigen Ausschluss von einer oder mehreren Beihilferegelungen gehen und für ein oder mehrere Kalenderjahre gelten.

(4) In keinem Fall übersteigt die Gesamthöhe der Kürzungen und Ausschlüsse in einem Kalenderjahr den Gesamtbetrag im Sinne von Absatz 1 Unterabsatz 1.“

In Anhang II VO (EU) 1306/2013 wird im Bereich Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze betreffend Hauptgegenstand „Kennzeichnung und Registrierung von Tieren“ hinsichtlich Anforderungen und Standards unter anderem auf die Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.820/97 des Rates (ABl. L 204 vom 11.8.2000, S. 1), Art. 4 und 7, verwiesen.

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

2. „Verstoß“:

[...]

b) bei der Cross-Compliance die Nichtbeachtung der gemäß Unionsrecht geltenden Grundanforderungen an die Betriebsführung, der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 94 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festgelegten Standards für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand oder der Erhaltung von Dauergrünland im Sinne von Artikel 93 Absatz 3 der genannten Verordnung;

[…]

7. „System zur Kennzeichnung und Registrierung von Tieren“: das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates [...];

8. „Ohrmarke“: die Ohrmarke zur Einzelkennzeichnung von Rindern im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a und Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 [...];

[…]

(2) Für die Zwecke von Titel IV der vorliegenden Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Titel VI der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Darüber hinaus bezeichnet der Begriff „Standards“ die durch die Mitgliedstaaten festgelegten Standards im Sinne von Artikel 94 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 sowie die in Artikel 93 Absatz 3 der genannten Verordnung aufgeführten Pflichten in Bezug auf die Erhaltung von Dauergrünland.“

„Artikel 4

Höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände

(1) Konnte ein Begünstigter aufgrund höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände die Förderkriterien oder andere Auflagen nicht erfüllen, so gilt im Bereich der Direktzahlungen, dass er seinen Beihilfeanspruch für die Fläche bzw. die Tiere behält, die bei Eintreten des Falls von höherer Gewalt oder der außergewöhnlichen Umstände förderfähig war(en).

Konnte ein Begünstigter aufgrund höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände seine Verpflichtung nicht erfüllen, so gilt im Bereich der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums gemäß den Artikeln 28, 29, 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013, dass die entsprechende Zahlung für die Jahre, in denen höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände auftraten, anteilmäßig zurückgezogen wird. Die Rücknahme betrifft nur die Teile der Verpflichtung, für die vor Eintreten des Falls von höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände keine zusätzlichen Kosten oder Einkommensverluste entstanden sind. In Bezug auf die Förderkriterien und sonstigen Auflagen erfolgt keine Rücknahme und es wird keine Verwaltungssanktion verhängt.

Bei sonstigen Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum verzichten die Mitgliedstaaten im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände ganz oder teilweise auf die Rückzahlung der Förderung. Bei mehrjährigen Verpflichtungen oder Zahlungen werden in früheren Jahren erhaltene Fördermittel nicht zurückgefordert, und die Verpflichtung oder Zahlung wird in den nachfolgenden Jahren entsprechend ihrer ursprünglichen Laufzeit fortgesetzt.

Betrifft die Nichteinhaltung aufgrund höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände die Cross-Compliance-Vorschriften, so wird die entsprechende Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 nicht verhängt.

(2) Fälle höherer Gewalt und außergewöhnliche Umstände sind der zuständigen Behörde mit den von ihr anerkannten Nachweisen innerhalb von fünfzehn Arbeitstagen ab dem Zeitpunkt, ab dem der Begünstigte oder der Anspruchsberechtigte hierzu in der Lage ist, schriftlich mitzuteilen.“

„Artikel 38

Allgemeine Vorschriften betreffend Verstöße

(1) „Wiederholtes Auftreten“ eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Für den Zweck der Bestimmung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes sind die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 festgestellten Verstöße zu berücksichtigen, und ist insbesondere der in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführte GLÖZ 3 der GAB 2 in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer am 21. Dezember 2013 gültigen Fassung gleichzusetzen.

(2) Das „Ausmaß“ eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.

(3) Die „Schwere“ eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.

(4) Ob ein Verstoß von „Dauer“ ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.

(5) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als „festgestellt“, sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind.“

„Artikel 39

Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit

(1) Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3% des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1% des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5% dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gewährt wird.

(2) Beschließt ein Mitgliedstaat, gemäß Artikel 97 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 keine Verwaltungssanktion zu verhängen, und hat der Begünstigte innerhalb einer von der zuständigen Behörde festgesetzten Frist keine Abhilfemaßnahmen getroffen, so wird die Verwaltungssanktion verhängt.

Die von der zuständigen Behörde festgesetzte Fris

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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