TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/18 W277 2177037-4

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Veröffentlicht am 18.09.2020
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Entscheidungsdatum

18.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z6
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W277 2177038-3/3Z

W277 2177037-4/3Z

W277 2177040-3/3Z

W277 2177042-3/3Z

TeilerkenntniS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. ESCHLBÖCK, MBA über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides von XXXX sowie Spruchpunkt VI. der Bescheide von XXXX , XXXX und XXXX wird Folge gegeben und diese Spruchpunkte ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Erstbeschwerdeführer (in der Folge: BF1) XXXX , geb. XXXX , ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge: BF2) XXXX , geb. XXXX . Der BF1 und die BF2 sind die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (in der Folge: BF3) XXXX , geb. XXXX , sowie der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin (in der Folge: BF4) XXXX , geb. XXXX . Gemeinsam werden sie als Beschwerdeführer (in der Folge: BF) bezeichnet. Das Vorbringen der BF steht in untrennbarem Zusammenhang, weshalb es gemeinsam abzuhandeln war.

1. Erstes (rechtskräftiges) Verfahren

1.1. Die BF reisten am XXXX illegal in das Bundesgebiet ein. Der BF1 und die BF2 stellten für sich sowie ihre minderjährigen Kinder BF3 und BF4 als deren gesetzliche Vertreter am XXXX ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

1.2. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX wurden die Anträge auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel wurde den BF nicht erteilt, gegen sie wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung in die XXXX zulässig sei und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt IV.).

1.3. Mit Schriftsatz vom XXXX erhoben die BF gegen die Bescheide fristgerecht Beschwerde.

1.4. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge: BVwG) vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , wurden die Beschwerden hinsichtlich aller Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass keine asylrelevante Verfolgung vorliege, die vorgebrachte Verfolgung der XXXX nur im privaten Bereich sattfinde, die ukrainische Verfassung Religionsfreiheit garantiere und die XXXX zu den anerkannten Religionsgemeinschaften zählen. Zudem könnten die BF ihren Glauben außerhalb der Krim in der Restukraine ausleben. Hinsichtlich einer erhöhten Gefährdung als Angehörige der XXXX aufgrund der bürgerkriegsartigen Zustände in der Ostukraine wurde auf eine innerstaatliche Fluchtalternative im Rest der XXXX bei Angehörigen der BF verwiesen. Zudem ging das BVwG nicht von landesweiten Unruhen aus.

Es war nicht von einer asylrelevanten Verfolgung und auch von keiner sonstigen konkreten, auf das gesamte Staatsgebiet der XXXX bezogenen Bedrohungslage auszugehen.

1.5. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom XXXX , Zl. XXXX wurde den gegen das Erkenntnis des BVwG vom XXXX gestellten Anträgen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 85 Abs. 2 und 4 VfGG Folge gegeben.

Begründet wurde dies damit, dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die BF ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

1.6. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom XXXX , Zl. XXXX , wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

1.7. Das Erkenntnis des BVwG vom XXXX ist rechtskräftig.

2. Zweites (gegenständliches) Verfahren

2.1. Am XXXX wurden die BF2 und die BF4 in die XXXX abgeschoben.

2.2.1. Am XXXX stellte der BF1 für sich und die minderjährige BF3 als ihr gesetzlicher Vertreter ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2.2.2. Am XXXX stellte die BF2 für sich und die minderjährige BF4 als ihre gesetzliche Vertreterin ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2.3. Mit den mündlichen verkündeten Bescheiden des BFA vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , wurde der faktische Abschiebeschutz der BF gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG und § 62 Abs. 2 AVG aufgehoben.

Begründend führte die Behörde aus, dass die Folgeanträge voraussichtlich zurückzuweisen gewesen seien und sich die BF auf Gründe bezogen hätten, die auch schon vor rechtskräftigem Abschluss des ersten Verfahren vorgelegen seien. Es hätten sich seit der rechtskräftigen Entscheidung im ersten Verfahren auch keine entscheidungswesentlichen Veränderungen der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat oder der persönlichen Verhältnisse der BF ergeben.

2.4. Mit Schriftsatz vom XXXX erhoben die BF gegen die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes fristgerecht Beschwerde.

2.5. Mit Beschlüssen des BVwG vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG und § 22 BFA-VG als nicht rechtmäßig beurteilt.

Begründend wurde ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen der Frage der Staatsbürgerschaft der BF nachgegangen werden müsse. Berücksichtigt werden müsse vor allem, dass Medienberichten zufolge mit XXXX befristet auf 30 Tage das Kriegsrecht verhängt worden sei und dass für XXXX zwischen 16 und 60 Jahren ein Einreisestopp in die XXXX erlassen worden sei. Zu prüfen sei daher neben der Staatsbürgerschaft, ob der Einreisestopp noch aufrecht sei.

2.6. Mit Bescheiden des BFA vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , wurden die Anträge auf internationalen Schutz des BF1 und der BF3 vom XXXX sowie der BF2 und der BF4 vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Weiters wurde den BF unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die XXXX gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.).

In Spruchpunkt VI. des Bescheids der BF2, der BF3 und der BF4 bzw. Spruchpunkt VII. des Bescheids des BF1 wurde der Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. In Spruchpunkt VII. des Bescheids der BF2 bzw. Spruchpunkt VIII. des Bescheids des BF1 wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gegen den BF1 wurde in Spruchpunkt VI. seines Bescheides und gegen die BF2 in Spruchpunkt VIII. ihres Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Das BFA führte hinsichtlich Spruchpunkt VI. begründend aus, dass die BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen würden und vor Antragsstellung bereits eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung bestanden habe. Zudem stehe für die belangte Behörde fest, dass den BF bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung drohe und sie daher des Schutzes Österreichs nicht bedürften. Da den Anträgen der BF keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und ihnen auch keine sonstige, reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat drohe, sei es den BF zumutbar, den Ausgang ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Das Interesse der BF auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens trete somit hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

Zudem führte die belangte Behörde an, dass die BF nicht gewillt seien, Österreich zu verlassen, obwohl sie bereits dazu verpflichtet worden seien und es deshalb unabdingbar gewesen sei, die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

2.7. Mit Schriftsatz vom XXXX erhoben die BF gegen diese Bescheide fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Hierbei brachten sie unter anderem vor, dass sie aufgrund einer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der XXXX einer Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat ausgesetzt und in ihren Rechten gemäß Art.2, Art. 3 und Art. 8 EMRK verletzt sein würden.

2.8. Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am XXXX beim Bundesverwaltungsgerichte ein.

II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:

1. Feststellungen

1.1. Die BF reisten am XXXX in das Bundesgebiet ein und stellten am XXXX den ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welcher mit den Bescheiden des BFA vom XXXX in allen Spruchpunkten abgewiesen wurde. Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des BVwG vom XXXX wurden die dagegen erhobenen Beschwerden in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

Die Behandlung der Beschwerde gegen diese Erkenntnisse wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom XXXX , Zl. XXXX , abgelehnt (Spruchpunkt II.)

1.2. Die BF2 und die BF4 wurden am XXXX in die XXXX abgeschoben.

1.3. Der BF1 stellte am XXXX für sich und die minderjährige BF3 als ihr gesetzlicher Vertreter ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Die BF2 stellte am XXXX für sich und die minderjährige BF4 als ihre gesetzliche Vertreterin ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Mit den mündlichen verkündeten Bescheiden des BFA vom XXXX wurde der faktische Abschiebeschutz der BF gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG und § 62 Abs. 2 AVG aufgehoben.

Mit Beschlüssen des BVwG vom XXXX wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG und § 22 BFA-VG als nicht rechtmäßig beurteilt.

Mit Bescheiden des BFA vom XXXX wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz des BF1 und der BF3 vom XXXX sowie der BF2 und der BF4 vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX abgewiesen. Weiters wurde den BF unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die XXXX gemäß § 46 FPG zulässig sei.

In Spruchpunkt VI. des Bescheides der BF2, der BF3 und der BF4 bzw. Spruchpunkt VII. des Bescheides des BF1 wurde der Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und in Spruchpunkt VII. des Bescheids der BF2 bzw. Spruchpunkt VIII. des Bescheids des BF1 festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gegen den BF1 wurde in Spruchpunkt VI. des Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gegen die BF2 wurde in Spruchpunkt VIII. ihres Bescheides ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX erhoben die BF mit Schriftsatz vom XXXX fristgerecht Beschwerde. In ihrer Beschwerde brachten die BF unter anderem vor, dass sie wegen der von ihnen angegebenen Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der XXXX aktuell im Herkunftsstaat verfolgt werden würden.

2. Beweiswürdigung

Der Beweis zum Verfahrensgang wurde durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakte des BFA und den hiergerichtlichen Akten, insbesondere die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX und den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zlen. 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX betreffend die BF erhoben.

Die Einreise in das Bundesgebiet und das von den BF1 und BF2 vorgebrachte Fluchtvorbringen betreffend der von ihnen angegebenen Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der XXXX sind insbesondere der Erstbefragung zu ihrem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX (Akt I zu BF2, AS 21), den niederschriftlichen Einvernahmen vom XXXX (Akt I zu BF2, AS 53) und vom XXXX (Akt II zu BF2, AS 262 und 263) sowie ihrer Beschwerde vom XXXX (Akt II zu BF2, AS 489ff.) zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

3.1. Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG 2014 bzw. gegen einen derartig trennbaren Spruchteil eines Bescheides mit (Teil-)Erkenntnis abzusprechen (VwGH vom 19.10.2017, Ra 2017/18/0278.). Es ist im vorliegenden Fall daher mit Teilerkenntnis zu entscheiden.

Weiters hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptungen des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

3.2. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten, vielmehr handelt es sich bei dieser um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Entscheidung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen scheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

3.3. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt. Bei der XXXX handelt es sich gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 14 Herkunftsstaaten-Verordnung um einen sicheren Herkunftsstaat.

3.4. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG muss gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden sein, um einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen zu können. Mit Bescheid vom XXXX wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Beschwerden gegen diese Bescheide wurden mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX abgewiesen.

Da es sich um Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG handelte, waren diese gemäß § 12a Abs. 6 AsylG achtzehn Monate ab der Ausreise von BF2 und BF4 aufrecht. Die Rückkehrentscheidungen waren somit am XXXX bzw. XXXX jedenfalls noch aufrecht.

3.5. Die relativ kurze Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG steht einer Entscheidung über die gesamte dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde entgegen.

Die BF beanstandeten in ihrer Beschwerde eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 und Art. 8 EMRK (Akt II zu BF2, AS 491; Beschwerde S. 2). Das Beschwerdevorbringen umfasste unter anderem eine religiöse Verfolgung aufgrund einer behaupteten Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der XXXX (AS 801, AS 803). Der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides vom XXXX ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde diesem Fluchtvorbringen die Beweiswürdigung des ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens (Erkenntnisses des BVwG vom XXXX ) sowie die Ausführungen im Beschluss des BVwG vom XXXX zugrundgelegt und diese auszugsweise wiederholt (Akt II zu BF2, AS 437 - 439). Dem Erkenntnis vom XXXX lagen jedoch die zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Länderinformationen -und somit nicht jene in den nunmehr angefochtenen Bescheiden aktualisierten Länderberichte- zugrunde. Von der belangten Behörde wurden keine Feststellungen getroffen, ob bei Vorliegen einer Zugehörigkeit zu den XXXX und in der aktuellen Situation der XXXX im Herkunftsstaat anhand der im Bescheid zitierten, aktuellen Länderfeststellungen ein Eingriff in Art. 3 EMRK mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist.

Im Zuge einer Grobprüfung eines möglichen Eingriffs in Art. 3 EMRK konnte aufgrund der relativ kurzen Frist vor dem Hintergrund des Vorbringens der BF somit nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass den BF keine solche Gefahr drohe.

Eine eingehende Prüfung einer Verletzung des Art. 3 EMRK vor dem Hintergrund des Vorbringens der BF bleibt dem nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehenden Erkenntnis, welches über die Beschwerde in den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides abspricht, vorbehalten.

3.6. Den Beschwerden ist daher hinsichtlich Spruchpunkt VII. des Bescheids des BF1 sowie Spruchpunkt VI. der Bescheide der BF2, BF3 und BF4 stattzugeben und diesen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

3.7. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine Frage des Einzelfalles ist, der grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Es ist somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W277.2177037.4.00

Im RIS seit

25.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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