Entscheidungsdatum
01.10.2020Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W147 2234880-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 15. Juni 2020, GZ 0002047802, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit am 13. März 2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Antragsformular beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von den Rundfunkgebühren, gab unter Punkt 4. des Antragsformulars keine dort angeführte Anspruchsvoraussetzung und einen Einpersonenhaushalt an. Dem Antrag waren folgende Unterlagen beigeschlossen:
? Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Februar 2020
2. Mit Schreiben vom 26. März 2020 wurde der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde aufgefordert, folgende Unterlagen in Kopie binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen:
? Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand)
? Nachweise über das Einkommen von der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Person und des Beschwerdeführers selbst.
Dezidiert wurde die aktuelle Anspruchsgrundlage des Beschwerdeführers unter Nennung von konkreten Beispielen sowie das aktuelle Einkommen des namentlich genannten Mitbewohners des Beschwerdeführers gefordert.
3. In weiterer Folge langte ein Schreiben des Beschwerdeführers ein, wonach er selbst und weitere Mitbewohner an der antragsgegenständlichen Adresse gekündigt wurden. Einen Nachweis einer sozialen Transferleistung übermittelte der Beschwerdeführer nicht.
4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht würden.
5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Beschwerde wurden näher bestimmte Unterlagen beigeschlossen.
6. Mit Schreiben vom 5. August 2020 langte die Abmeldung des Betriebs von Rundfunkempfangseinrichtungen des Beschwerdeführers mit Wirksamkeit per 31. August 2020 bei der belangten Behörde ein.
7. In weiterer Folge wurde die offenen Rundfunkgebühren beglichen.
8. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 7. September 2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht am 9. September 2020 ein. Die belangte Behörde merkte an, dass eine Rundfunkgebührenbefreiung und Zuschussleistung bis 31. Mai 2020 bestanden habe und die offenen Gebühren beglichen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Zum vorliegend entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist auf die unter I. getroffenen Ausführungen zu verweisen.
2. Diese Ausführungen gründen sich auf die angeführten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der Verfahrensakten sind.
3. Rechtlich folgt daraus:
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gegen von der GIS Gebühren Info Service GmbH erlassene Bescheide ist nach § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz – RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2013, die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einer diesbezüglichen Bestimmung liegt im gegenständlichen Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2 Anzuwendendes Recht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 und des IV. Teiles, sowie im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, normiert den "Prüfungsumfang":
"Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl. I Nr. 33/2013, lautet auszugsweise:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[...]"
§ 31 VwGVG ("Beschlüsse"), BGBl. I Nr. 33/2013, ordnet Folgendes an:
"§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."
Die §§ 2, 3, 4 und 6 Rundfunkgebührengesetz – RGG lauten:
„Gebührenpflicht, Meldepflicht
§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.
(2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn
1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder
2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden.
Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.
(3) (…)
Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen (…)
(2) (…)
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl Nr 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
(6) (…)
Einbringung der Gebühren
§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der “GIS Gebühren Info Service GmbH” (Gesellschaft).
(2) bis (5) (…)
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.
(3) bis (5) (…).“
Die Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. I Nr. 170/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2016, lautet (auszugsweise):
„ABSCHNITT XI
Befreiungsbestimmungen
§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
- der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
- der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:
1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Blindenheime, Blindenvereine,
b) Pflegeheime für hilflose Personen, wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;
b) Heime für solche Personen, wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
3.(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)
§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.
(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.
(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.
(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:
1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,
2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.
§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:
1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,
2. der Antragsteller muss volljährig sein,
3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,
4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
2. im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.
(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.
(3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können.
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
(5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet.
(6) (…)
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen. (…)“
3.3. Zu Spruchteil A) Einstellung des Verfahren:
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl 90/09/0042, ua Folgendes aus: "Jede Beschwerde setzt eine beschwerdeführende Partei und deren ‚Beschwer' begrifflich voraus. Das Rechtsschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei der Bescheidbeschwerde in ihrem OBJEKTIVEN INTERESSE an der Beseitigung des angefochtenen, sie beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses objektive Interesse an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gründet in der - bereits erwähnten - Beschwer. Eine solche liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder wenn mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet (materielle Beschwer) - vgl. z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0119, und die dort zitierte Vorjudikatur). [...] Da aber für die beschwerdeführende Partei durch diese (ihr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachweislich zur Kenntnis gebrachten) Abschreibung in Verbindung mit der oben wiedergegebenen Erklärung die Beschwer wegfiel, ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 VwGG einzustellen (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Anmerkung 1 zu § 33VwGG).“
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Berufung voraus, dass der Berufungswerber einen Grund dafür hat, die Entscheidung der Erstinstanz zu rügen (vgl. ausdrücklich das Erkenntnis vom 22. April 1994, Zl 93/02/0283). Aus diesem Grunde ist etwa eine Berufung gegen einen Bescheid dann unzulässig und daher zurückzuweisen, wenn durch den bekämpften Bescheid dem Parteiantrag bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten vollinhaltlich entsprochen wurde (vgl. die Erkenntnisse vom 27. November 1972, Zl 883/72 und vom 27.Jänner 1988, Zl 86/10/0191 sowie hinsichtlich der Zurückweisung einer Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof wegen fehlendem rechtlichen Interesse im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde das Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl 2003/08/0269).
In sinngemäßer Anwendung der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wären daher Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in den Fällen, in denen der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde kein rechtliches Interesse an der Bekämpfung des Rechtsakts mehr hat, zurückzuweisen.
Für den Fall des Wegfalls des rechtlichen Interesses erst nach Einbringung des Rechtsmittels (jetzt der Revision bzw. früher der Beschwerde) an den Verwaltungsgerichtshof leitete dieser aus § 33 Abs. 1 VwGG ab, dass mit dem Wegfall des rechtlichen Interesses das Revisions- bzw. Beschwerdeverfahren infolge Eintritts der Gegenstandslosigkeit einzustellen ist (vgl. die Beschlüsse vom 13. Mai 2005, 2004/02/0386, sowie vom 12. August 2014, Ro 2014/06/0049).
Eine formelle Klaglosstellung setzte - nach der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage - die Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides, durch wen und aus welchem Titel auch immer, voraus (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 23. November 2005, 2004/16/0062).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. ua den Beschluss vom 30. Jänner 2004, 2003/02/0148).
Hinsichtlich einer materiellen bzw. formellen Klaglostsellung nach Beschwerdeerhebung in Bezug auf beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerden wird in der Literatur ua Folgendes vertreten (vgl. dazu auch Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm 5): „Die Einstellung steht nach dem allgemeinen Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht (vgl etwa § 33 VwGG sowie wiederum die Auslegung von § 66 AVG; dazu Hengstschläger/Leeb, AVG III § 66 Rz 65 f). Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung des Verfahrens auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs (etwa durch die Verwaltungsbehörde bzw. sachliche Oberbehörde gem § 68 AVG) als auch bei materieller Klaglostellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG).“
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Der Antrag des Beschwerdeführers wurde zurückgewiesen. Nach der Beschwerdeerhebung langte die Abmeldung seiner Rundfunkempfangsgeräte per 31. August 2020 bei der belangten Behörde ein und wurden die offenen Gebühren beglichen.
Da zuvor eine Befreiung von den Rundfunkgebühren bestanden hat, fiel durch Abmeldung der Fernsehgeräte und der Begleichung der offenen Gebühren eine Beschwer des Beschwerdeführers weg, weshalb das Verfahren aufgrund (materieller) Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses iSd oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der zitierten Literatur als gegenstandslos geworden zu erklären und daher gemäß §§ 28 Abs. 1 in Verbindung mit 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der gegenständliche Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Gesetzeslage erscheint im entscheidungswesentlichen Zusammenhang insgesamt klar und eindeutig (zur Unzulässigkeit einer Revision aus diesem Grunde vgl. VwGH 27.08.2014, Ra 2014/05/0007 mwN).
Schlagworte
angemessene Frist Berechnung Einkommensnachweis Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Klaglosstellung Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit mangelnde Beschwer Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen rechtliches Interesse Rechtsschutzinteresse Rundfunkgebührenbefreiung Verbesserungsauftrag Verfahrenseinstellung Vorlagepflicht Wegfall des Rechtschutzinteresses Wegfall rechtliches Interesse ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W147.2234880.1.00Im RIS seit
25.01.2021Zuletzt aktualisiert am
25.01.2021