TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/20 I410 2203867-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2020
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Entscheidungsdatum

20.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I410 2203867-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva Lechner LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Kamerun, vertreten durch den „Verein Menschenrechte Österreich“, Alser Straße 20 in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle XXXX, vom 20.07.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.09.2020, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 23.07.2015 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz und gab vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, Kamerun aus religiösen Gründen verlassen zu haben. Seine Familie sei katholisch und akzeptiere seinen Glauben (Zeugen Jehovas) nicht. Zudem akzeptiere das Dorf, in dem er gelebt habe, seinen Glauben auch nicht. Er sei von seiner Familie verstoßen worden, deshalb sei er nach Yaoundé gezogen. Er habe im Dorf seinen Glauben gepredigt, deshalb habe man ihm gedroht, ihn umzubringen. In Yaoundé habe er weiter gepredigt, er sei von Tür zu Tür gegangen. Er sei oftmals wegen seiner Tätigkeit geschlagen worden. Als er die Möglichkeit bekommen habe, als Profifußballer in die Türkei zu gehen, habe er diese Gelegenheit ergriffen. Der Hauptgrund, warum er sein Land verlassen habe, sei, dass ihn seine Familie verstoßen habe. Selbst sein Bruder XXXX habe ihn wegen seines Glaubens misshandelt. Davon habe er auch eine Narbe am rechten Schienbein.

2. Auf der Grundlage eines altersdiagnostischen Sachverständigengutachtens, erstellt am 19.03.2016 von einem Facharzt für Rechtsmedizin, stellte die belangte Behörde mit Verfahrensanordnung vom 24.03.2016 fest, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren sei.

3. Am 17.07.2018 wurde der Beschwerdeführer – nachdem ihm zuvor Ladungen an seiner Meldeadresse nicht zugestellt werden konnten, sein Verfahren eingestellt werden musste und er im Rahmen einer polizeilichen Personenkontrolle aufgrund eines Festnahmeauftrages der belangten Behörde festgenommen wurde – von der belangten Behörde niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, ein wichtiger Grund sei, dass er als Zeuge Jehovas seinen Glauben in Kamerun nicht leben könne. Sein Vater sei Mitglied einer geheimen rituellen Sekte. Diese Sekte habe nicht akzeptiert, dass er nicht ihr Mitglied sein möchte, sondern der Kirche Zeugen Jehovas. Außerdem habe auch einer seiner Brüder ihn angegriffen. Es sei um zwei Uhr in der Nacht gewesen, als er geschlafen habe. Zuerst habe sein Bruder ihn an seinem rechten Schienbein geschnitten und ihn, als er flüchten habe wollen, unterhalb des linken Bauchs verletzt. Er habe heute noch Narben. Er sei dann mit einem Autobus nach Douala geflüchtet. Vor seiner Ausreise habe er noch ca. sieben Monate in der Hauptstadt Yaoundé gelebt. Im März 2014 sei er auf Einladung eines türkischen Fußballklubs in die Türkei eingereist.

4. Mit dem angefochtenem Bescheid vom 20.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kamerun (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters sprach sie aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 03.08.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 03.08.2018), mit welcher die Spruchpunkte I., II., IV. und V. des angefochtenen Bescheids bekämpft werden. In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer als Mitglied der Zeugen Jehovas eine Verfolgung aus religiösen Gründen drohe und von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates ausgegangen werden könne, da die kamerunischen Sicherheitsbehörden korrupt sowie zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet seien. Die Gefahr, dass der Beschwerdeführer verfolgt werde, bestehe überall in Kamerun, zumal Mitglieder der Sekte „Rose Croix“ im ganzen Land aktiv seien. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht. Die Muttersprache des Beschwerdeführers sei Englisch, deswegen wäre er noch mehr gefährdet, Opfer von Gewalt zu sein. Außerdem könne der Beschwerdeführer nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten und würde in Kamerun in eine aussichtlose Lage geraten. Die belangte Behörde habe darüber hinaus die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des Beschwerdeführers nicht ausreichend gewürdigt, unter anderem habe er einen engen Freundeskreis, spricht Deutsch auf Niveau B1 und hat in einem Verein Fußball gespielt.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Abteilung I410 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus wird festgestellt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und hält sich seit (mindestens) 23.07.2015 hier auf.

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, gesund, arbeitsfähig und Staatsangehöriger von Kamerun. Er gehört der Volksgruppe der Bafoutchu an. Er spricht Englisch und Französisch. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt Bamenda geboren und wuchs in Douala auf. Er besuchte fünf Jahre lang die Grundschule und vier Jahre lang die Mittelschule. Vor seiner Ausreise aus Kamerun lebte der Beschwerdeführer mehrere Monate in der Hauptstadt Yaoundé bei seinem Onkel.

Er verfügt über Arbeitserfahrung in einer Bäckerei bzw. als Bäckergehilfe.

Der Beschwerdeführer bekennt sich vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht zu den Zeugen Jehovas, tritt in Österreich jedoch nicht als aktives Mitglied in Erscheinung; er verkündet deren Glauben weder an Haustüren noch an öffentlichen Plätzen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Kamerun über familiäre und freundschaftliche Anknüpfungspunkte. Er steht mit Freunden in Kamerun via Facebook in Kontakt.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Der Beschwerdeführer weist keine Integration in wirtschaftlicher Hinsicht auf und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer hat sich Deutschkenntnisse angeeignet, die ihm eine Verständigung auf Deutsch in einfachen Angelegenheiten ermöglichen. Er hat den Wunsch Profifußballer zu werden und spielt Fußball in einem Fußballverein der XXXX Stadtliga. In diesem Rahmen spielt er auch Fußball mit Kindern und knüpfte kollegiale und freundschaftliche Kontakte.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer verließ entgegen seinem Vorbringen Kamerun nicht, weil er auf Grund seiner Mitgliedschaft bei den Zeugen Jehovas durch seinen Vater als Mitglied einer Sekte und einem seiner Brüder verfolgt wurde. Eine solche Verfolgung bzw. eine Verfolgung durch Sektenmitglieder droht ihm auch nicht bei einer Rückkehr nach Kamerun.

Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsstaat Kamerun weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und ist in seinem Herkunftsstaat nicht ernsthaft gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden. Es besteht auch keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Er befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter, ist gesund und erwerbsfähig und hat in Kamerun Familie und Freunde.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Kamerun und zur Rückkehrsituation:

Zur Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 22.7.2020:Update zur Sicherheitslage (Relevant für Abschnitt 3/ Sicherheitslage).

Mit der Verschärfung der Angriffe von Boko Haram im Norden, einem gewalttätigen Konflikt im englischsprachigen Westen und der zentralafrikanischen Flüchtlingskrise sieht sich Kamerun mit drei verschiedenen Notlagen konfrontiert. Im zweiten Jahr in Folge steht das Land an erster Stelle auf der Liste der am meisten vernachlässigten Krisenherde weltweit (MO 3.7.2020; vgl. DS 19.6.2020).

Die ursprünglich aus Nigeria stammende islamische Boko Haram hat die Covid-19-Pandemie zum Anlass genommen, ihre Aktivitäten im Vierländereck zwischen Nigeria, dem Niger, dem Tschad und Kamerun zu verstärken (DS 19.6.2020). Sie hat Kamerun öffentlich mit Angriffen und weiteren Entführungen gedroht, da Kamerun in den regionalen Kampf gegen Boko Haram verwickelt ist (HRW 4.6.2020). Die Wahrscheinlichkeit terroristischer Anschläge ist insbesondere in der Region des hohen Nordens gegeben. Als gefährdet gelten Restaurants, Bars, Märkte, Hotels, Einkaufszentren und Gotteshäuser. Die Terrorgruppen Boko Haram und der Islamische Staat Westafrika (ISWA) sind in dieser Region aktiv. Auch in der Region Adamawa (Kamerun) gab es in der Vergangenheit Geiselnahmen und schwere Schießereien. In Nordkamerun besteht zudem ein erhöhtes Entführungsrisiko (HRW 4.6.2020).

Am 30.5.2020 kam es bei einem Angriff auf Entwicklungshelfer durch bewaffnete Separatisten in der Nord-West Region des Landes auch zu Entführungen. Am selben Tag entführten Separatisten auch sieben Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes der Kameruner Baptistenkonvention, einer auf Glauben basierenden gemeinnützigen Organisation im Nordwesten. Sie wurden zwei Tage später wieder freigelassen (HRW 4.6.2020). Die Angriffe gegen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen unterbrechen die Bereitstellung lebensrettender Hilfe und Dienstleistungen für Menschen in Not (BBC 10.5.2020).

Die anglophonen Regionen Kameruns sind mit einer ernsten humanitären Krise konfrontiert. Über 650.000 Menschen sind IDPs und 1,8 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter 1,4 Millionen Menschen, die keinen zuverlässigen Zugang zu Nahrungsmitteln haben (HRW 4.6.2020).

Am 2.6.2020 explodierte ein improvisierter Sprengsatz im Damas-Viertel von Yaoundé. Es kam zu Fahrzeugkontrollen und Hausdurchsuchungen. In diesem Gebiet kommt es zu einer verstärkten Polizei- und Militärpräsenz. Am 20.6.2020, wurden erneut zwei improvisierte Sprengsätze in den Vierteln Melen und Emana in Yaoundé gezündet. Die Polizei- und Sicherheitsbehörden verstärkten ihre Präsenz in diesen Vierteln, einschließlich der Durchführung von Fahrzeugkontrollen (FCO 15.7.2020). Da es auch am 7.3.2020 zu einem Angriff auf eine Ortschaft namens Galim (Westliche Region Kameruns) kam, empfiehlt das französische Außenministerium, das Grenzgebiet zwischen den nordwestlichen/südwestlichen Provinzen aber auch die Provinzen Nordwest (rot auf der Sicherheitskarte) und die Südwest, sowie den Rest des Landes zu meiden (FD 17.7.2020).

Angesichts der Corona-Krise rief UN-Generalsekretär António Guterres Anfang April 2020 zu einem weltweiten Waffenstillstand auf. Für einigen Wochen hat sich die Zahl der Attacken in den zwei anglophonen Regionen des Landes deutlich verringert. Dort kämpfen seit 2016 verschiedene separatistische Bewegungen gegen Regierungstruppen für einen eigenen Staat. Dies liegt wahrscheinlich nur zum Teil daran, dass das öffentliche Leben durch Covid-19 auch in diesen Regionen größtenteils zum Erliegen gekommen ist. Bereits seit einigen Monaten häufen sich die Hinweise, dass die separatistischen Gruppen nach fast vier Jahren bewaffneten Kämpfen militärisch stark geschwächt sind und die Separatisten zunehmend in verschiedene Gruppierungen zerfallen (Vorwärts.de 7.5.2020). Trotz der einseitigen Forderung am 29.3.2020 der separatistischen Gruppen, der Southern Cameroons Defence Forces (SCDF), nach einem Waffenstillstand aufgrund von Covid-19, haben die Kämpfe in den anglophonen Regionen nicht nachgelassen (HRW 4.6.2020; vgl. Vorwärts.de 7.5.2020; BBC 10.5.2020). Allerdings hat die kamerunische Regierung nicht zum Waffenstillstand aufgerufen (BBC 10.5.2020; vgl. Vorwärts.de 7.5.2020). Etwa 300 Regierungstruppen führten Ende Juni 2020 eine sechstägige Operation gegen die Separatisten durch. Das Militär gab an, 15 Kämpfer getötet und zwei ihrer Militärlager im Nordwesten zerstört zu haben (BBC 10.5.2020).

Denn statt in einen Dialog mit den Separatisten zu treten, will Präsident Biya das Problem mit militärischen Mitteln lösen. Erst im Feber 2020 tötete die Armee im Dorf Ngarbuh 23 Zivilisten, darunter 15 Kinder und zwei schwangere Frauen. Das Massaker löste einen derartigen internationalen Aufschrei aus, dass sich Yaoundé gezwungen sah, eine Untersuchung einzuleiten. Sie machte tatsächlich drei Soldaten für die Ermordung der Frauen und Kinder verantwortlich: Sie müssen jetzt mit einer Mordanklage rechnen. Der Bürgerkrieg geht unterdessen weiter: Seit April 2020 nehmen die Kämpfe wieder zu, sämtliche humanitären Flüge in die Unruheprovinzen wurden gestoppt (DS 19.6.2020). Zuletzt hat sich ein Regierungsvertreter mit mehreren anglophonen Separatistenführern getroffen, um nach einer friedlichen Lösung für den Konflikt zu suchen (BBC 4.7.2020).

Im Jahr 2019 kam es an mehreren Orten in den Regionen Nordwest und Südwest zu zahlreichen Zusammenstößen zwischen den kamerunischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen. Einschränkungen wie nächtliche Ausgangssperren und ein Verbot öffentlicher Versammlungen, die bereits im Jahr 2017 verhängt wurden, bleiben bestehen. Es besteht weiterhin ein hohes Risiko von Gewaltverbrechen, insbesondere nachts (HRW 4.6.2020).

Zudem gibt es Berichte über Kriminalität, darunter durch größere bewaffnete Banden und Straßenräuber, die Reisende anhalten, Geiseln nehmen und Zahlungen fordern, insbesondere im Osten Kameruns nahe der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik (ZAR). Häufig kommt es zu Gewalttätigkeiten in der Zentralafrikanischen Republik, die über die Grenze nach Kamerun ausstrahlen. Auch nigerianische Militäroperationen in den nigerianischen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa können sich über die Grenze hinweg in Kamerun auswirken (HRW 4.6.2020).

Kameruns Militär gibt an, die Sicherheit auf der wichtigen Handelsstraße zwischen Westkamerun und Nigeria wiederhergestellt zu haben. Das Militär habe im Juni 2020 mindestens 13 Separatisten getötet, welche die Straße zwischen Bamenda und Enugu, die täglich von mehreren hundert Lastwagen aus beiden Ländern befahren wird, zwei Monate lang blockiert und illegale Mautgebühren gefordert hatten. Die Rebellen machen dafür hingegen andere bewaffnete Gruppen verantwortlich (VOA 18.6.2020).

Quellen:

-        BBC News (4.7.2020): Government and separatists talk in Cameroon, https://www.bbc.com/news/topics/clm1wxp5p5jt/cameroon, Zugriff 15.7.2020

-        BBC News (10.5.2020): Cameroon's deadly mix of war and coronavirus, https://www.bbc.com/news/world-africa-52551848, Zugriff 15.7.2020

-        DS - der Standard (19.6.2020): Zentralafrikanisches Kamerun ist derzeit mehrfach gebeutelt, https://www.derstandard.at/story/2000118155204/zentralafrikanisches-kamerun-ist-derzeit-mehrfach-gebeutelt, Zugriff 14.7.2020

-        FCO - The Foreign and Commonwealth Office - GOV.UK - Government of the United Kingdom (15.7.2020): Foreign travel advice – Cameroon, Update to information on local security (‘Summary’ page), https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/cameroon, Zugriff 15.7.2020

-        FD - France Dipplomatie (17.7.2020): Conseils aux Voyageurs – Cameroun -Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/cameroun/, Zugriff 17.7.2020

-        HRW - Human Rights Watch (4.6.2020):

Renewed Attacks on Aid Workers in Cameroon, https://www.hrw.org/news/2020/06/04/renewed-attacks-aid-workers-cameroon, Zugriff 17.6.2020

-        MO - Der Malteser Orden (3.7.2020): Covid 19: Der Premierminister begrüßt das in Kamerun stationierte medizinische Notfallteam von Malteser International, https://www.orderofmalta.int/de/2020/07/03/covid-19-der-premierminister-begruesst-das-in-kamerun-stationierte-medizinische-notfallteam-von-malteser-international/, Zugriff 14.7.2020

-        VOA - Voice of America (18.6.2020): Cameroon: Business Reopens Between Southern Cameroon and Nigeria, https://www.voanews.com/africa/business-reopens-between-southern-cameroon-and-nigeria, Zugriff 15.7.2020

-        Vorwärts.de (7.5.2020): Kampf gegen die Pandemie - Corona in Kamerun: Das Virus entschärft einen Konflikt, https://www.vorwaerts.de/artikel/corona-kamerun-virus-entschaerft-konflikt, Zugriff 14.7.2020

KI vom 11.2.2020: Parlaments- und Kommunalwahlen in angespannter Atmosphäre (Relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage; Abschnitt 3/ Sicherheitslage; Abschnitt 5/ Sicherheitsbehörden; Abschnitt 6/ Folter und unmenschliche Behandlung; Abschnitt 8/ Nichtregierungsorganisationen (NGOs); Abschnitt 11/ Allgemeine Menschenrechtslage; Abschnitt 13/ Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit; Abschnitt 13.1/ Opposition; Abschnitt 20/ Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge; Abschnitt 21/ Grundversorgung/Wirtschaft).

Im Kamerun fanden unter hohen Sicherheitsvorkehrungen am Sonntag, den 9.2.2020 Parlaments- und Kommunalwahlen statt (BAMF 10.2.2020; vgl. DF 9.2.2020; JA 9.2.2020). Das Land wird von gewaltsamen Konflikten geplagt - im englischsprachigen Westen von Separatisten und im Norden durch Dschihadisten (JA 9.2.2020). In den vergangenen Monaten verüben die islamistische Terrorgruppe Boko Haram immer wieder Anschläge in Kamerun (JA 9.2.2020; vgl. DW 9.2.2020; RW 30.1.2020).

Die große landesweit aktive Oppositionspartei Mouvement pour la Renaissance du Cameroun (MRC) sowie die Separatisten in den beiden englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest hatten zu einem Wahlboykott aufgerufen (BAMF 10.2.2020; vgl. DW 9.2.2020). Die militante Separatistengruppe Ambazonia Defence Force (ADF) befahl der Bevölkerung eine Ausgangssperre für den Zeitraum 7. bis 12.2.2020 und drohte zudem jeden als Feind anzusehen und so zu behandeln, der ihre Anordnung nicht befolge (BAMF 10.2.2020; vgl. TNH 6.2.2020). Die Wahlbeteiligung blieb niedrig (JA 9.2.2020).

Die anhaltende Gewalt behinderte die Wahlen. In der Stadt Kumba und anderen Teilen des Landes mussten die Menschen wegen Unruhen und Schusswechseln zu Hause bleiben. An anderen Orten war der Wahlgang demnach nur durch eine starke Militärpräsenz möglich (DW 9.2.2020).

Aufgrund der Unruhen war die zunächst für 2018 angesetzte Abstimmung zwei Mal verschoben worden (BAMF 10.2.2020; vgl. DF 9.2.2020). Im November 2019 setzte Präsident Paul Biya ein Datum für die Wahlen fest, was zu beispielloser Gewalt, Zerstörung und Menschenrechtsverletzungen in den beiden westlichen Regionen führte - die von den Separatisten gemeinsam als Südkamerun oder Republik Ambazonien bezeichnet werden. Die Separatisten haben die sonntäglichen Wahlen für illegal erklärt und ihre Operationen intensiviert (THN 6.2.2020). Berichten zufolge haben Separatisten im Dezember 2019 40 Kandidaten der Partei Social Democratic Front (SDF) entführt, da diese eine Abspaltung der anglophonen Regionen von Kamerun ablehnt (BAMF 10.2.2020; vgl. THN 6.2.2020) und ließen die Entführten erst nach den Wahlen wieder laufen. Dies hatte zur Folge, dass etliche Kandidaten der SDF ihre Kandidaturen zurückzogen (BAMF 10.2.2020). Im Jänner 2020 steckten Separatisten ein Wahlbüro der Regierungspartei in Brand. Humanitäre Organisationen wurden aufgefordert, ihre Aktivitäten auszusetzen (TNH 6.2.2020), bzw. wurden sie beschuldigt, für die Regierung zu arbeiten (AI 6.2.2020). Aber auch die Sicherheitskräfte der Regierung, haben unrechtmäßig Zivilisten getötet, Häuser niedergebrannt und willkürlich Menschen verhaftet und gefoltert, die im Verdacht stehen, Verbindungen zu den verschiedenen separatistischen Gruppen zu haben (AI 6.2.2020;vgl. TNH 6.2.2020). Kämpfe, aber auch die von beiden Seiten begangenen Missbräuche und Verbrechen haben nach Angaben von NGOs seit 2017 mehr als 3.000 Todesopfer gefordert und mehr als 700.000 Menschen zur Flucht gezwungen (JA 9.2.2020). Die Gewalt führt zu einem Anstieg der Zahl an Vertriebenen (AI 6.2.2020; vgl. RW 30.1.2020). Es kommt zu schweren Menschenrechtsverletzungen (AI 6.2.2020). Mit der Präsenz islamistischer Gruppen in der Region, kommt es zur Plünderung von Ernten und zu Viehraub, was sich negativ auf die Lebensgrundlage der Bevölkerung auswirkt. Die humanitäre Hilfe wird aufgrund der Gewalt unterbrochen und einige Menschen sind akuter Ernährungsunsicherheit ausgesetzt (RW 30.1.2020).

Der seit 37 Jahren autoritär regierende Präsident Paul Biya will mit der Abstimmung die Dominanz der Einheitspartei Rassemblement Democratique du Peuple Camerounais/Cameroon People Democratic Movement (RDPC/CPDM) festigen (DW 9.2.2020). Das Staatsoberhaupt ist fast sicher, die Wahl wieder zu gewinnen – da die Regierungspartei bereits über eine überwältigende Mehrheit in der Nationalversammlung verfügt: 148 von 180 Sitzen und sie mit ihrem Vorsprung bei den Wahlen noch weiter ausbauen wird (BAMF 10.2.2020; vgl. JA 9.2.2020). Die Oppositionspartei die Sozialdemokratische Front (SDF), hat derzeit 18 Abgeordnete. Aber die SDF, die eher im englischsprachigen Raum etabliert ist, steht unter dem Druck der Unabhängigkeitsbewegungen, die ihr vorwerfen, eine föderalistische Lösung zu bevorzugen, die Paul Biya ablehnt, und an den Wahlen teilzunehmen (JA 9.2.2010).

Quellen:

-        AI - Amnesty International (6.2.2020): Cameroon: Rise in killings in Anglophone regions ahead of parliamentary elections, https://www.ecoi.net/de/dokument/2024259.html, Zugriff 10.2.2020

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2.2020): Briefing Notes, Zugriff 11.2.2020

-        DF - Deutschlandfunk.de (9.2.2020): Gewalt behindert laut epd Parlaments- und Kommunalwahlen, https://www.deutschlandfunk.de/kamerun-gewalt-behindert-laut-epd-parlaments-und.1939.de.html?drn:news_id=1099400, Zugriff 10.2.2020

-        DW - Deutsche Welle (9.2.2020):Kamerun wählt neues Parlament, https://www.dw.com/de/kamerun-w%C3%A4hlt-neues-parlament/a-52309243, Zugriff 10.2.2020

-        JA - Jeune Afrique (9.2.2020): Cameroun : journée d’élections législatives et municipales sans suspense mais sous tension, https://www.jeuneafrique.com/893838/politique/cameroun-journee-delections-legislatives-et-municipales-sans-suspense-mais-sous-tension/, Zugriff 10.2.2020

-        RW - ReliefWeb (30.1.2020): Cameroon: Key Message Update: Recrudescence des exactions de Boko Haram dans l’Extrême-Nord et persistance du conflit dans les régions Anglophones, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Cameroon%20-%20Key%20Message%20Update_%20Thu%2C%202020-01-30.pdf, Zugriff 11.2.2020

-        TNH - The New Humanitarian (ehemals: IRIN News) (6.2.2020): Briefing: Cameroon's intensifying conflict and what it means for civilians, http://www.thenewhumanitarian.org/news/2020/02/06/Cameroon-elections-anglophone-separatist-insurgency-Ambazonia, Zugriff 10.2.2020

Politische Lage

Kamerun ist eine Präsidialrepublik. Zwar kann die Staatsform als semipräsidentiell bezeichnet werden, d.h. es gibt neben dem Präsidenten als zweite Exekutivgewalt den Regierungschef (Premierminister), dessen Regierung dem Parlament verantwortlich ist, aber die Verfassung sichert dem Staatspräsidenten – seit 1982 ist dies Paul Biya – eine überragende Stellung (GIZ 4.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019). Die seit 1996 geltende Verfassung ist eine Präsidialverfassung nach französischem Vorbild. Der in der Verfassung vorgesehene Verfassungsrat (Conseil Constitutionnel) wurde im Januar 2018 eingerichtet. Das politische System Kameruns ist auf den Präsidenten ausgerichtet, der die verschiedenen politischen, ethnischen und regionalen Kräfte im Lande so an der Macht beteiligt, dass sie in einer effizient austarierten Balance verharren. Dezentralisierungsbemühungen wurden von der Regierung Kameruns bislang nur halbherzig durchgeführt (AA 15.1.2019).

Das Land wird seit 1966 von der Partei „Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais“ (RDPC, bis 1985 „Union Nationale Camerounaise“) regiert. Staatspräsident Paul Biya regiert seit 1982. Nach Einführung des Mehrparteiensystems fanden 1992 zum ersten Mal Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Diese und nachfolgende Wahlen verliefen nicht ganz regulär (AA 15.1.2019).

Biya wurde bei den Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 erneut für weitere sieben Jahre in seinem Amt bestätigt (AA 15.1.2019; AA 21.3.2019a; vgl. GIZ 4.2019a). Dabei war die Wahlbeteiligung insgesamt gering (ca. 54 %), die Bevölkerung der anglophonen Provinzen machte von ihrem Wahlrecht kaum Gebrauch (5 bzw. 17 %). Das Ergebnis, 71 % für Paul Biya, überraschte nicht wirklich. Einige Gegenkandidaten legten wegen Wahlmanipulation Beschwerde ein (GIZ 4.2019a). Die Anhänger des, laut offiziellem Ergebnis mit 14 % der Stimmen, zweitplatzierten Präsidentschaftskandidaten und Vorsitzenden des Mouvement pour la Renaissance du Cameroun (MRC) (AA 21.3.2019a; vgl. GIZ 4.2019a), Maurice Kamto, protestieren seit der Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses im In- und Ausland. Es kam zu Verhaftungen (BAMF 4.2.2019). Eine durch seine politischen Verbündeten eingereichte Berufung mit dem Antrag auf Freilassung, wurde am 9.4.2019 in Yaoudé abgelehnt. Zudem wurden 17 Aktivisten vor dem Gerichtsgebäude verhaftet (JA 9.4.2019).

Zum Premierminister und Regierungschef wurde, im Rahmen einer Kabinettsumbildung nach den Präsidentschaftswahlen vom Oktober 2018 am 7.1.2019, Joseph Dion Ngute ernannt (AA 21.3.2019a; vgl. GIZ 3.2019a).

Die jetzt gültige Verfassung ist die 3. seit dem Erlangen der Unabhängigkeit im Jahr 1960. Diese 3. Verfassung wurde unter Biya inzwischen dreimalig einer Revision unterzogen: 1984, in der Phase der Machtkonsolidierung Biyas, wurde der Staat in "Republik Kamerun" umbenannt und die Provinzgrenzen neu gezogen. 1996 wurden die Weichen für eine moderate Dezentralisierung gestellt. So wurde die Einrichtung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) beschlossen und die Amtszeit des Staatspräsidenten auf sieben Jahre, mit einmaliger Möglichkeit der Wiederwahl, festgesetzt. 2008 kam es zur vorläufig letzten Verfassungsänderung: die RDPC /CPDM nutzte ihre breite Parlamentsmehrheit und beschloss sowohl eine unbeschränkte Amtszeit des Präsidenten, als auch dessen Immunität über die Zeit der Präsidentschaft hinaus (GIZ 4.2019a).

Parlaments- und Kommunalwahlen werden zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgehalten und wurden von der Regierungspartei RDPC gewonnen. Nach wiederholter Wahlterminverlegung (die Opposition hatte immer wieder Reformen des Wahlverfahrens angemahnt) fanden am 30.9.2013 die bislang letzten Parlaments- und Kommunalwahlen statt - mit wenig überraschendem Ergebnis: Die RDPC/CPDM behauptete sich mit Abstand (GIZ 4.2019a). Ihr gehören 148 (zuvor 152) der 180 Abgeordneten an. Als größte Oppositionspartei stellt die SDF (Mitglied der Sozialistischen Internationale) 18 Abgeordnete, während 5 kleinere Parteien insgesamt 14 Sitze erhielten. Die Kommunalwahlen entschied die RDPC ebenfalls klar für sich: Sie kann in 305 Kommunen allein regieren, die Oppositionsparteien lediglich in 24. Sowohl die Parlaments- als auch die Kommunalwahlen, die beide turnusgemäß im Jahr 2018 hätten stattfinden sollten, wurden auf Herbst 2019 verschoben (AA 15.1.2019).

Die Verfassungsänderung von 1996 sah die Schaffung einer zweiten parlamentarischen Kammer, des Senats, vor. Die indirekten Wahlen zum Senat fanden erstmals im April 2013 statt (AA 21.3.2019a; vgl. GIZ 4.2019a). Am 25.3.2018 wurden wieder Senatswahlen durchgeführt, die von der Regierungspartei RDPC mit überwältigender Mehrheit gewonnen wurde (AA 15.1.2019). Der Verfassungsrat wurde am 7.2.2018 offiziell eingerichtet. Nach den Wahlen und der Ernennung der übrigen 30 Senatoren durch den Staatspräsidenten, stellt die Regierungspartei 87 Senatoren, während 7 der oppositionellen SDF und 6 Senatoren kleinen Parteien angehören (AA 21.3.2019a; vgl. AA 15.1.2019).

Die über 200 Parteien bieten kaum politische Alternativen: Die meisten Oppositionsparteien, so auch die SDF, kranken an ähnlich überkommenen Strukturen wie die Regierungspartei RDPC. Parteigründer sind oftmals gleichzeitig ewige Vorsitzende (in einigen Fällen inzwischen deren Söhne) und führen ihre Partei in autokratischem Stil. Zudem stützen sich die meisten Oppositionsparteien auf eine regionale Hochburg (meist der Herkunftsort des Vorsitzenden). So auch die SDF: 13 ihrer 18 Parlamentssitze errang sie in der anglophonen Region Nordwest, aus der Parteigründer und Vorsitzender John Fru Ndi (77 Jahre) stammt (AA 15.1.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 25.3.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019a): Kamerun - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kamerun-node/innenpolitik/208914, Zugriff 3.4.2019

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (4.2.2019): Briefing Notes, Kamerun, Hauptoppositionsführer verhaftet, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003641/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_04.02.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 17.4.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 25.3.2019

Sicherheitslage

Es gibt keine Bürgerkriegsgebiete. Allerdings gibt es seit Ende 2017 gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppen in den beiden anglophonen Regionen North West und South West (AA 15.1.2019). Die Konflikte zwischen Staatssicherheitskräften und Separatisten haben sich 2018 in den anglophonen Regionen verschärft (FH 4.2.2019). Für den Großteil des Staatsgebiets Kameruns wird seitens des französischen Außenministeriums bzgl. Reisen nicht abgeraten, allerdings wird zu verstärkter Wachsamkeit aufgerufen (FD 6.5.2019). Die Sicherheitslage bleibt in der gesamten Sahelzone kritisch (EDA 6.5.2019). Abgeraten wird von Reisen in die Grenzgebiete zu Nigeria, dem Tschad und der zentralafrikanischen Republik; in die Provinz Extrême-Nord und den nördlichen Teil der Provinz Nord (FD 6.5.2019; vgl. BMEIA 6.5.2019; AA 6.5.2019; EDA 6.5.2019). Reisen in die Provinzen Nord und Adamaoua sollten nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind; hier ist das Terrorismusrisiko geringer als in der Provinz Extrême-Nord (FD 6.5.2019; vgl. AA 6.5.2019).

Vor Reisen in die englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest wird aufgrund der angespannten Sicherheitslage gewarnt (AA 6.5.2019; vgl. BMEIA 6.5.2019; EDA 6.5.2019). Immer wieder kommt es zu politisch bedingten Unruhen, vor allem in Bamenda (EDA 6.5.2019). Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppierungen mit Toten und Verletzten dauern in beiden Regionen an (AA 6.5.2019; vgl. EDA 6.5.2019). Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften sowie bewaffnete Überfälle auf Sicherheitskräfte haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 6.5.2019).

Die prekäre Sicherheitslage in der Zentralafrikanischen Republik wirkt sich auch auf das Grenzgebiet zu Kamerun aus. Es besteht ein hohes Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie die Gefahr von Entführungen zwecks Lösegelderpressung. Von Reisen in das Grenzgebiet zur Zentralafrikanischen Republik wird abgeraten (EDA 6.5.2019).

Zudem muss aufgrund der allgemein sehr schwierigen Lebensbedingungen der Bevölkerung mit Straßenprotesten gerechnet werden. Ausschreitungen und gewalttätige Zusammenstöße kommen vor. Zum Beispiel sind Ende Januar 2019 bei politischen Protesten in Douala mehrere Personen durch Schüsse verletzt worden (EDA 6.5.2019).

Obwohl die internationale Krisenwahrnehmung sich momentan eher auf die anglophone Region Kameruns fokussiert wird der Krieg im Norden weiter geführt. Trotz inzwischen veränderter Strategien der Kriegsbeteiligten führten und führen die Aktivitäten von Boko Haram zu einer zunehmenden Destabilisierung der Nordregionen Kameruns (GIZ 4.2019a). Die Kämpfer der terroristischen Gruppierung Boko Haram, sind weiterhin im Grenzgebiet zu Nigeria aktiv. Im ganzen Land besteht das Risiko von Anschlägen (EDA 6.5.2019). Übergriffe auf nordkamerunische Dörfer mit Toten und Entführten sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Die kamerunischen Streitkräfte im Norden wurden verstärkt und es kommt immer wieder zu größeren Gefechten (GIZ 4.2019a).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019): Kamerun: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KamerunSicherheit_node.html, Zugriff 6.5.2019

-        AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 25.3.2019

-        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (6.5.2019): Reiseinformation Kamerun, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kamerun/, Zugriff 6.5.2019

-        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.5.2019): Kamerun - Reisehinweise, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/kamerun/reisehinweise-kamerun.html, Zugriff 6.5.2019

-        FD - France Diplomatie (6.5.2019): Cameroun - Conseils aux voyageurs – Sécurité,https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/cameroun/#securite, Zugriff 6.5.2019

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.html, Zugriff 2.4.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Das Rechtssystem Kameruns ist uneinheitlich. Neben der traditionellen Rechtsprechung, die für jede Volksgruppe spezifisch ist, existiert das moderne Recht, das bis vor kurzem, sowohl von der britischen (common law) als auch von der französischen Rechtskultur (Code Napoléon) bestimmt worden war, bis das Parlament 2006 eine Harmonisierung des Strafgesetzbuchs verabschiedete. Moderne Gerichte gibt es auf Arrondissements-Ebene (tribunal de première instance) und Départements-Ebene (tribunal de grande instance), Berufungsgerichte auf Provinzebene (cour d´appel) (GIZ 4.2019a). Militärgerichte können auch die Zuständigkeit für Zivilpersonen wegen Straftaten ausüben (USDOS 13.3.2019).

Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor. Die Justiz wird jedoch oft vom Präsidenten, seinem Stellvertreter und/oder von der regierenden Partei kontrolliert (USDOS 13.3.2019). Die Justiz ist dem Justizministerium unterstellt, und politischer Einfluss und Korruption schwächen die Gerichte (FH 4.2.2019). Die Verfassung und das Gesetz sehen das Recht auf eine faire und öffentliche Verhandlung vor. Es gilt die Unschuldsvermutung. Aber die Behörden respektieren dies nicht immer. Angeklagte haben das Recht einen Anwalt ihrer Wahl zu konsultieren, aber dieses Recht wird in den meisten Fällen nicht respektiert; insbesondere in Fällen von Komplizenschaft mit Boko Haram oder anglophonen Separatisten (USDOS 13.3.2019).

Die Einmischung der Exekutive kann das Gerichtsverfahren beeinflussen: Staatsanwälte wurden unter Druck gesetzt, die Verfolgung von Korruptionsfällen gegen einige hochkarätige Beamte einzustellen, während Kritiker behaupten, dass mit Korruptionsvorwürfen Beamte bestraft wurden, die beim Regime in Ungnade gefallen sind (FH 4.2.2019). Probleme bereiten der absolute Mangel an Gerichten, die Bestechlichkeit von Richtern (AA 15.1.2019; vgl. GIZ 3.2019a; USDOS 13.3.2019), die Konzentration der Rechtsanwaltsbüros auf Douala und Yaoundé, die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte von der Exekutive und die Blockierung der Gerichte in Douala und Yaoundé aufgrund von Richtermangel (GIZ 4.2019a). Sippenhaft ist nicht vorgesehen. Der Justizapparat ist in Kamerun schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft; dies gilt auch bei Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen (AA 15.1.2019).

Trotz der partiellen Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive und der Legislative ist der Präsident zur Ernennung zahlreicher Posten in der Justiz berechtigt - einschließlich des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, und er kann dort Personal nach Belieben entlassen. Das Gerichtssystem ist dem Justizministerium unterstellt, das wiederum dem Präsidenten untersteht. Die Verfassung bestimmt den Präsidenten als "Ersten Richter", also als "Oberster Richter" der Justiz, und macht ihn zum gesetzlichen Schiedsrichter für alle Sanktionen gegen die Justiz. Die Verfassung legt weiters fest, dass der Präsident für die Unabhängigkeit der Rechtsordnung garantiert. Er ernennt alle Richter auf Anraten des Obersten Justizrats (USDOS 13.3.2019).

Die gravierenden Schwächen des Rechtssystems betreffen alle Bürger gleichermaßen und sind vor allem in Korruption, mangelhafter Aus- und Fortbildung sowie Überlastung begründet. Das Justizsystem ist überlastet; manche Richter und Staatsanwälte sind unterqualifiziert und/oder bestechlich. Rechtsstaatliche Verfahren sind nicht durchgängig gewährleistet. Allerdings hat sich der Justizminister in den vergangenen Jahren mit Informationskampagnen und Fortbildungsseminaren um die Weiterbildung der Richter bemüht. In der Praxis wird das neue Strafprozessrecht jedoch von den Behörden zumeist nur angewendet, wenn die Betroffenen dies einfordern. Dies setzt einen gewissen Kenntnisstand der Gesetzeslage voraus, den jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung aufweist (AA 15.1.2019 ).

Die vor allem in den ländlichen Gegenden praktizierte Justiz traditioneller Autoritäten ist weder verfassungsrechtlich legitimiert, noch unterliegen die daraus folgenden Entscheidungen und Handlungen einer staatlichen Kontrolle. Dieses traditionelle Rechtssystem benachteiligt vor allem Frauen und Kinder. Häufig gibt es Machtmissbrauch der traditionellen Autoritäten (Clanchefs usw.). Im Norden des Landes unterhalten einige „Könige“ („Lamido“) Privatgefängnisse, in denen mutmaßliche Kriminelle bis zum Abtransport in staatliche Gefängnisse in Haft genommen und dabei mitunter misshandelt werden. Diese „Könige“ sind zudem traditionelle Gerichtsherren, die auch eine körperliche Bestrafung anordnen können (AA 15.1.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 25.3.2019

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.html, Zugriff 2.4.2019

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 25.3.2019

Sicherheitsbehörden

Die Gendarmerie Nationale hat militärischen Charakter und ist Teil der Streitkräfte. Sie interveniert im nichtstädtischen Bereich. Dagegen untersteht die Police Nationale dem Innenministerium (GIZ 4.2019a). Verhaftungen werden von der Gendarmerie und den verschiedenen Untergliederungen der Polizei ausgeführt: allgemeine Polizei (Sécurité publique), Inlandsgeheimdienste (Renseignements Généraux, Surveillance du Territoire), Kriminalpolizei (Police Judiciaire), Grenzpolizei (Police des Frontières) sowie von der Spezialeinheit GSO (Groupement Spécial d'Opérations) (AA 15.1.2019). Letztere ist eine Eliteeinheit der Polizei. Es gibt auch Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Straßenräubern, wie die im März 1998 gegründete Brigade Anti-Gang (auch: Groupement Mobile d’Intervention GMI, unités antigangs), das 2000 gegründete Commandement Opérationnel (CO, auch: special oder operational command) oder die seit 2006 im Einsatz befindliche Brigade d'Intervention Rapide (BIR) (GIZ 3.2019a). Auch die Militärpolizei darf Verhaftungen durchführen, wenn sie im Rahmen von Unruhen eingesetzt wird. Der Auslandsgeheimdienst DGRE, der auch im Inland eingesetzt wird, nimmt in Einzelfällen ebenfalls Verhaftungen vor (AA 15.1.2019).

Probleme der Polizeikräfte sind zunehmende Gewalt und Banditentum auf der einen, Korruption, willkürliche Verhaftungen und Folter auf der anderen Seite (GIZ 4.2019a). Die Sicherheitskräfte sind zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet (AA 15.1.2019). Zudem haben zivile Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte, einschließlich der Polizei und der Gendarmerie (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 2.4.2019

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002163.html, Zugriff 2.4.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 2.4.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz vom 10.1.1997 hat den Straftatbestand Folter mit Todes- oder Gesundheitsfolgen in das Strafgesetzbuch eingeführt (Art. 132 ff). Unmenschliche und erniedrigende Strafen sind weder im Strafgesetzbuch vorgesehen, noch werden sie verhängt bzw. vollstreckt (AA 15.1.2019).

In der Praxis kommen Misshandlungen (AA 15.1.2019) und Folter (USDOS 13.3.2019) vor. Dabei handelt es sich meist um Schikanen durch Gefängniswärter, Polizisten oder Angehörige der Geheimdienste und der Gendarmerie (AA 15.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). In schwer verifizierbaren Einzelfällen soll es zu Misshandlungen zwecks Erpressung von Geständnissen gekommen sein. Über ein derartiges systematisches Vorgehen der Sicherheitsbehörden oder des Gefängnispersonals liegen keine Erkenntnisse vor (AA 15.1.2019). Nach anderen Angaben sind die katastrophalen Zustände in den Gefängnissen berüchtigt, Folter und Misshandlung durch die Sicherheitskräfte sind üblich. In einem Bericht der kamerunischen Menschenrechtsorganisation ACAT (Action des Chrétiens pour l'abolition de la Torture) wird Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam als "Routine" bezeichnet (GIZ 4.2019a).

Es kommt zu willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte. Übergriffe der Sicherheitskräfte werden in der Regel nicht angemessen verfolgt. Systematische Gewaltanwendung gegen bestimmte Gruppen ist allerdings nicht feststellbar (AA 9.12.2016). Auch wenn die Regierung einige Schritte ergriffen hat, um Täter zu verfolgen und zu bestrafen, so agieren diese auch weiterhin meist ungestraft (USDOS 13.3.2019).

Die soziopolitische Krise, die Ende 2016 in den Regionen Nordwest und Südwest begann, entwickelte sich zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Regierungstruppen und separatistischen Gruppen. Der Konflikt führte zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen durch Regierungstruppen und anglophone Separatisten (USDOS 13.3.2019). Sicherheitskräfte der Regierung haben außergerichtliche Hinrichtungen begangen, Eigentum verbrannt, willkürliche Festnahmen durchgeführt und Gefangene gefoltert. Eine Reihe von Misshandlungen auf beiden Seiten in den anglophonen Regionen, darunter Brandanschläge auf Häuser und Schulen, sind dokumentiert. Nach Angaben der International Crisis Group haben Regierungstruppen und bewaffnete Separatisten seit der Eskalation 2017 über 420 Zivilisten in den Regionen getötet. Ein im Juli 2018 in der Region Far North entstandenes Video zeigt, wie Männer in Uniform zwei Frauen und zwei Kinder hinrichten. Erst nach einer von Amnesty International durchgeführten Untersuchung, teilte die Regierung mit, dass die Soldaten verhaftet wurden (HRW 17.1.2019).

Auch im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram werden den kamerunischen Sicherheitskräften massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (AA 15.1.2019; vgl. FH 4.2.2019). Der sichtbare Mangel an Rechenschaftspflicht scheint jedoch zu Missbrauch wie Brandstiftung und Folter beigetragen zu haben, anstatt diese zu beenden (HRW 17.1.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 2.4.2019

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.html, Zugriff 2.4.2019

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002163.html, Zugriff 2.4.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 2.4.2019

Korruption

Seit Ende der 90er-Jahre erscheint Kamerun immer wieder an prominenter Stelle in Berichten von Transparency International (GIZ 4.2019a). 1998 und 1999 galt Kamerun als korruptestes Land der Welt. In den letzten Jahren wurde Kamerun durch andere Länder von dieser Stelle verdrängt (GIZ 3.2019a). 2018 lag Kamerun am Korruptionswahrnehmungsindex auf Platz 152 von 180 (TI 2019; vgl. AA 21.3.2019b).

Korruption ist allgegenwärtig, z.B. bei Polizei, Justiz, in der Verwaltung, an Schulen und Universitäten, in der Privatwirtschaft (GIZ 4.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019). Es herrscht systematische Korruption. Bestechung ist in allen Sektoren und Ebenen gängig. Der Justiz steht es nicht immer frei, Korruptionsfälle unabhängig zu untersuchen und zu verfolgen (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Zwar gibt es Gesetze gegen Korruption, diese werden aber weder effektiv noch einheitlich umgesetzt (USDOS 13.3.2019). Korruption bzw. deren Bekämpfung bleibt nach wie vor Thema in Kamerun. Die nach diversen Anti-Korruptionskampagnen 2006 gegründete Commission Nationale Anti-Corruption (CONAC) tut ihre Arbeit und veröffentlicht jährliche Berichte (GIZ 3.2019a). Die Initiativen zur Korruptionsbekämpfung bleiben jedoch unzureichend. Obwohl eine Reihe ehemaliger hochrangiger Regierungsbeamter erfolgreich wegen Korruption verfolgt und inhaftiert wurden (FH 4.2.2019). Im Laufe des Jahres führte die CONAC eine gebührenfreie Nummer ein, um die Bürger zu ermutigen, Korruptionsdelikte, deren Opfer oder Zeugen sie waren, zu melden (USDOS 13.3.2019). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um und es wird oft genutzt, um politische Probleme zu lösen (USDOS 13.3.2019).

Angehörige der Sicherheitskräfte missbrauchen in vielen Fällen ihre Machtposition zum persönlichen Vorteil. Die Bevölkerung hat zu wenig Vertrauen in das Gerichtswesen, um den Rechtsweg gegen solche Übergriffe zu beschreiten. Symptomatisch ist das Vorgehen von Straßenverkehrspolizisten, die von vielen Verkehrsteilnehmern an Kontrollpunkten und Straßensperren wegen tatsächlicher oder angeblicher Vergehen Bestechungsgelder kassieren. Willkürliche Polizeiaktionen bis hin zu Verhaftungen zwecks Erpressung von Bestechungsgeldern und unverhältnismäßige Gewaltanwendung kommen weiterhin vor (AA 15.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die General Delegation of National Security (DGSN) - die unter der direkten Autorität des Präsidenten steht - sowie das Verteidigungsministerium und das Justizministerium erklärten, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte 2018 wegen Missbrauchs sanktioniert wurden, aber es sind nur wenige Details über Untersuchungen oder eine spätere Rechenschaftspflicht bekannt (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung setzte die 2006 gestartete Operation Sparrow Hawk zur Bekämpfung der Korruption, einschließlich der Veruntreuung öffentlicher Gelder, fort. Wie im Vorjahr hat der Sonderstrafgerichtshof (SCC) neue Korruptionsverfahren eröffnet und über einige anhängige Verfahren entschieden. Die Behörden beschuldigten Beamte aus den Finanzministerien der Manipulation staatlicher Gehaltsabrechnungen, einschließlich der Zahlung fiktiver Gehälter und anderer Zulagen, die zu Verlusten in Höhe von Hunderten von Millionen CFA-Francs (mehrere tausend Dollar) führten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 3.4.2019

AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019b): Kamerun - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kamerun-node/wirtschaft/208876, Zugriff 3.4.2019

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.html, Zugriff 3.4.2019

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, Cameroon, https://https://www.transparency.org/country/CMR, Zugriff 16.4.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 3.4.2019

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Es existiert eine Vielzahl von unabhängigen kamerunischen Menschenrechtsorganisationen (AA 15.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019), die jedoch zumeist am finanziellen Tropf der internationalen Geber hängen (AA 15.1.2019; vgl. FH 4.2.2019).

Gesetzlich sind Organisationen nicht zulässig, die sich gegen die Verfassung, die Gesetze, die Moral richten; oder sich gegen die territoriale Integrität, die nationale Einheit, die nationale Integration oder die Republik stellen (USDOS 13.3.2019). Die Bestimmungen zur Gründung einer NGO sind komplex, und nicht alle Antragsteller werden gleich behandelt. Daher entscheiden sich die meisten Menschenrechtsorganisationen für die Gründung gemeinnütziger Vereine, wodurch sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Dies gilt insbesondere für Menschenrechtsorganisationen, die sich für Rechte sexueller Minderheiten einsetzen (AA 15.1.2019). Letztere wurden auch schon von Strafverfolgungsbehörden ins Visier genommen: Mitglieder der NGO AJO, die sich für Prostituierte und Angehörige sexueller Minderheiten engagiert, wurden wegen Homosexualität verhaftet und eine Woche festgehalten, bevor die Anklage wieder fallen gelassen wurde (FH 4.2.2019).

Internationale Menschenrechtsbeobachter können weitgehend unabhängig agieren und ermitteln. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) konnte seiner Tätigkeit im Land nach den üblichen Standards nachgehen und auch unangekündigte Besuche in Gefängnissen durchführen (AA 15.1.2019). NGO-Vertreter berichteten wiederholt von Drohungen, willkürlichen Verhaftungen, vereinzelt auch von Folter und menschenunwürdiger Behandlung (AA 15.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die Regierung kritisierte die Berichte von internationalen Menschenrechtsorganisationen (USDOS 13.3.2019).

Menschenrechtsverteidiger beklagen, dass Sicherheitskräfte nicht auf Anzeigen (z. B. wegen Drohungen, Einbrüchen) reagieren (AA 15.1.2019).

Im Jahr 2010 hat sich mit Hilfe der EU-Mitgliedstaaten ein Netzwerk zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern zusammengeschlossen, im Jahr 2011 konnte dieses Netzwerk weitere Mitglieder gewinnen und sich auch regional stärker vernetzen. Mit Hilfe des United Nations Development Programme (UNDP) haben sich ebenfalls 2010 etwa 50 Menschenrechtsorganisationen zu einem nationalen Netzwerk der Menschenrechtsvereine zusammengeschlossen, das vor allem in der Hauptstadt präsent ist. In Kamerun besteht ein zentraler Bedarf an Aufklärung über Menschenrechte insbesondere bei Frauen und Kindern, die sich ihrer Rechte oft gar nicht bewusst sind (AA 15.1.2019 ).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 10.4.2019

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.htm, Zugriff 10.4.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 10.4.2019

Ombudsmann

Die Nationale Kommission für Menschenrechte und Freiheiten (CNDHL - Comité National des Droits de l'Homme et des Libertés) verfolgt Menschenrechtsverletzungen und prangert Haftbedingungen an. Im Rahmen ihres begrenzten Spielraums veröffentlicht sie einen jährlichen Bericht (AA 15.1.2019). Die CNDHL beschränkt sich jedoch auf Empfehlungen an die zuständigen Behörden und kann selbst keine Maßnahmen ergreifen. Insgesamt wird die Kommission unter Berücksichtigung der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen als effektiv beschrieben (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 10.4.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 10.4.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

Eine Wehrpflicht besteht nicht (AA 15.1.2019; vgl. CIA 3.4.2019). Im Alter von 18-23 Jahren kann freiwilliger Militärdienst mit einer Dauer von vier Jahren abgeleistet werden (CIA 3.4.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 10.4.2019

CIA - Central Intelligence Agency (3.4.2019): The World Factbook – Cameroon, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cm.html, Zugriff 10.4.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

2018 wurde Kamerun mit Gewalt und schweren Menschenrechtsverletzungen konfrontiert. Das Bewusstsein für Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen ist in der Gesellschaft nur eingeschränkt ausgeprägt, obwohl sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen für eine Sensibilisierung von Bevölkerung und Regierung in diesem Bereich engagieren. Der Justizapparat ist schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft. Dies gilt auch bei Ermittlungen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern (AA 15.1.2019).

Dabei garantiert die Verfassung von 1996 die Grundrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948), der Charta der Vereinten Nationen (1945) und der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (1981). Außerdem ist Kamerun an folgende Menschenrechtsabkommen gebunden:

?        Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1966, ratifiziert 1971);

?        Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966, ratifiziert 1984);

?        International

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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