TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/22 I403 2149281-1

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Veröffentlicht am 22.10.2020
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Entscheidungsdatum

22.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2149281-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Kamerun, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste auf dem Luftweg am 19.02.2013 nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, in Kamerun aufgrund seiner Tätigkeit als Chauffeur für ein Mitglied der Unabhängigkeitsbewegung SCNC verfolgt zu werden.

Mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.10.2013, zugestellt am 24.10.2013, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kamerun abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kamerun ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde unter Hinweis auf verschiedene Unstimmigkeiten kein Glauben geschenkt.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde vom 30.10.2013 wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und führte weiters aus, dass die Regierung gegen Sympathisanten und Aktivisten des SCNC brutal vorgehe. Bei einer Ausweisung nach Kamerun hätte er wieder mit Festnahmen und Misshandlungen zu rechnen, da er aufgrund seiner Tätigkeit als Fahrer und Leibwächter als Sympathisant des SCNC.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.12.2015 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die französische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt und ihm Gelegenheit gegeben wurde, zu den aufgetretenen Widersprüchen Stellung zu nehmen. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer darüber hinaus an, dass er bisexuell sei, wobei er Männer lieber möge. Er sei deshalb bereits in Kamerun verprügelt worden und habe in Österreich eine Beziehung zu einem anderen Kameruner. Am 22.01.2016 fand abermals eine Verhandlung statt. Der angebliche Freund des Beschwerdeführers wurde dabei zeugenschaftlich einvernommen und gab an, dass er in Österreich als Asylberechtigter lebe und mit dem Beschwerdeführer eine sexuelle Beziehung gehabt habe. Mittlerweile habe er über das Familienverfahren seine Frau und seine Kinder nach Österreich geholt und seiner Frau versprochen, dass er „das“ nie wieder mache, weshalb er nicht mehr mit dem Beschwerdeführer zusammen sei.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.02.2016, Zl. W221 1438571-1/17E wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen und der Bescheid im Umfang des Spruchpunktes III. aufgehoben und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hielt weder seine Tätigkeit für den SCNC noch seine bisexuelle Orientierung für glaubhaft. Das Erkenntnis erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 14.06.2016 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, eine Stellungnahme zu seiner persönlichen Situation abzugeben. Am 24.06.2016 wurde eine entsprechende Stellungnahme erstattet.

Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 11.02.2017 wurde ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt II.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.).

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und diese dem Bundesverwaltungsgericht am 17.03.2017 vorgelegt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin am 01.10.2020 zur Entscheidung zugewiesen. Nachdem dem Rechtsvertreter eine Ladung für eine mündliche Verhandlung am 09.11.2020 zugestellt worden war, erklärte dieser mit Schriftsatz vom 16.10.2020, dass kein Kontakt mehr zum Beschwerdeführer bestehe, diesem daher auch die Ladung nicht zur Kenntnis gebracht habe werden können und dass die Vollmacht aufgelöst werde.

Die für den 09.11.2020 geplante Verhandlung wurde abberaumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kamerun und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er besuchte in Kamerun die Schule und machte eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker. Er wird in Kamerun nicht verfolgt und ist seine Existenz dort auch nicht gefährdet.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet; seine Ehefrau und seine drei Kinder leben in Kamerun. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste am 19.02.2013 nach Österreich ein. Bis 29.03.2019 war er in Österreich gemeldet, seither ist er unbekannten Aufenthaltes und hat sich dem Verfahren entzogen. Sein Antrag auf internationalen Schutz war (hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten) bereits im Februar 2016 als unbegründet abgewiesen worden.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Familie, allerdings hat er Freundschaften geknüpft. Der Beschwerdeführer verkaufte eine Straßenzeitung und legte eine Einstellungszusage vor. Er ist in Österreich nicht vorbestraft. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf A2-Niveau.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, der Grundversorgung (GVS) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zur Abweisung seines Asylantrages und dazu, dass in Kamerun keine Gefährdung für den Beschwerdeführer besteht, ergeben sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.02.2016. Dass keine gesundheitlichen Einschränkungen bzw. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit vorliegen, ergibt sich aus dem Umstand, dass zu keinem Zeitpunkt im Verfahren solche geltend gemacht wurden. Dass Frau und Kinder des Beschwerdeführers in Kamerun leben, er in Österreich aber Freunde hat, ergibt sich aus seiner schriftlichen Stellungnahme vom 14.06.2016.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen in Österreich ergeben sich zudem aus den folgenden vorgelegten Dokumenten:

?        Einstellungszusagen vom 06.06.2016 und vom 22.02.2017

?        Unterstützungsschreiben

?        ÖSD-Zertifikat A2 vom 01.06.2016

?        Bestätigung über den Verkauf einer Straßenzeitung vom 12.12.2016 und vom 15.12.2016

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit mehr als eineinhalb Jahren unbekannten Aufenthaltes ist, ergibt sich aus einem Auszug des GVS-Betreuungsinformationssystem, einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister und der Erklärung seines Rechtsvertreters, dass kein Kontakt zum Beschwerdeführer bestehe.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (erster Teil des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich des ersten Teils des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (zweiter Teil des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ein Familienleben machte der Beschwerdeführer in Österreich nicht geltend, vielmehr verwies er darauf, dass seine Frau und seine drei Kinder in Kamerun leben würden. Allerdings führt bzw. führte er zweifelsohne ein Privatleben im Bundesgebiet; er kam vor siebeneinhalb Jahren nach Österreich und ist die lange Dauer des Asylverfahrens (das erst mit gegenständlicher Entscheidung abgeschlossen wird) nicht ihm zuzurechnen. Der Beschwerdeführer machte zwar gewisse Schritte zu einer Integration in die österreichische Gesellschaft, so verkaufte er eine Straßenzeitung und gewann er Freunde, eine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung ergibt sich daraus aber ebenso wenig wie aus der Ablegung der Deutschprüfung A2. Insbesondere aber steht nicht einmal fest, ob sich der Beschwerdeführer überhaupt noch im Bundesgebiet aufhält, hat er sich doch vor mehr als eineinhalb Jahren dem Verfahren entzogen und ist er nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet.

Soweit in der Beschwerde behauptet wurde, dass der Beschwerdeführer keine Bindung mehr nach Kamerun habe, gab er selbst dagegen an, dass seine Ehefrau und seine drei Kinder dort leben würden, so dass von einem völligen Abbruch der Bindung nicht ausgegangen werden kann.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des zweiten Teils des Spruchpunktes I. abzuweisen.

3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz (FPG) festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun zulässig ist.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

§ 50 FPG lautet:

(1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Dies wurde vom Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt. Es ist davon auszugehen, dass der volljährige und gesunde Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Es ergibt sich insgesamt kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers nach Kamerun zu einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde. Eine Verfolgung seiner Person wurde bereits mit dem vorangegangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes verneint.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.4. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der im angefochtenen Bescheid festgestellten Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun wurde in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten, zumal bereits im vorangegangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes festgestellt worden war, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kamerun keine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK mit sich bringen würde und er in Kamerun auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt wird.

Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt, und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9). Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf.

Die erkennende Richterin beraumte dennoch eine Verhandlung an, um etwaige Veränderungen im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu erörtern, da seit der Erlassung des angefochtenen Bescheides mehr als drei Jahre vergangen sind. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seit mehr als eineinhalb Jahren keinen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet gemeldet hat, war dies aber nicht möglich. Von Seiten der belangten Behörde war auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohnehin verzichtet worden.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe freiwillige Ausreise Frist Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2149281.1.00

Im RIS seit

25.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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