Entscheidungsdatum
30.10.2020Norm
AsylG 2005 §13 Abs1Spruch
I406 1434953-2/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Nigeria alias Liberia, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2017, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A)
I. Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides wird ersatzlos behoben.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird als unzulässig zurückgewiesen.
III. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und diese werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.08.2012 unter Verwendung einer Alias-Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, Staatsangehöriger von Liberia zu sein.
2. Daraufhin beantragte das Bundesasylamt die Erstellung eines linguistischen Gutachtens zur Abklärung der Herkunft des Beschwerdeführers. Dieses hatte zum Ergebnis, dass eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Liberia mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Vielmehr sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Nigeria auszugehen.
3. Mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 11.04.2013, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.)
4. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 03.06.2013, Zl. A6 434.953-1, in Bezug auf Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurden Spruchpunkte II. und III. des Bescheides behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
5. Der Beschwerdeführer heiratete am XXXX .2016 in XXXX die tschechische, in Österreich wohnhafte Staatsangehörige L.N. und stellte am 05.12.2016 beim Amt der XXXX Landesregierung, XXXX , einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers.
6. Gegenüber den österreichischen Behörden legte er einen nigerianischen Reisepass vor und gab an, XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein.
7. Am 09.03.2017 sowie am 29.03.2017 wurde er durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen.
8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2017, Zl. 1137051304/1524954 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.08.2012 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Unter einem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.), ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab dem 10.01.2013 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe (Spruchpunkt V.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht habe und auch kein Hinweis auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände bestehe, die eine Rückführung nach Nigeria unzulässig machen könnten. Da seine Ehefrau die nötigen Voraussetzungen nicht mehr erfülle und ihr das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet nicht mehr zukomme, komme auch dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr zu. Überdies habe er sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG bereits aufgrund seiner Straffälligkeit verloren, weil er am 10.01.2013 rechtskräftig wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall; 27 Abs. 3 SMG zu einer teilbedingten siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.
9. Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 10.07.2017 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen diesen Bescheid vollumfänglich Beschwerde.
Die neuerliche Entscheidung über seinen Asylantrag erscheine ihm rechtswidrig, weil über in Rechtskraft entschiedene Sachen nicht mehr inhaltlich entschieden werden dürfe. Im Übrigen verletze seine Ausweisung auch das Gesetz. Seine aus Tschechien stammende Gattin sei in Österreich aufrecht beschäftigt und verbiete Art. 14 Abs. 4 UnionsbürgerRL ihre Ausweisung. Ohnehin besitze sie bereits das Daueraufenthaltsrecht. Daher sei eine Ausweisung des Beschwerdeführers ebenso rechtswidrig.
10. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 23.05.2017 vorgelegt.
11. Am 29.07.2020 stellte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof.
12. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.08.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer einen Fragenkatalog zu seinen persönlichen Verhältnissen und aktuelle Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsstaat und forderte den Beschwerdeführer auf, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer fristgerecht nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen vorgenommen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich und hält sich dort seit (mindestens) 04.08.2012 auf.
Er ist seit dem XXXX .2016 mit einer in Österreich lebenden tschechischen Staatsangehörigen verheiratet, der das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt. Seine Ehefrau ist seit 15.11.2012 durchgehend in Besitz einer Anmeldebescheinigung. Sie geht aktuell einer geringfügigen Beschäftigung bei einem Zeitschriftenverlag nach.
Eine gegen die Ehefrau des Beschwerdeführers mit Bescheid des BFA vom 22.06.2017, Zl. XXXX ausgesprochene Ausweisung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.03.2018, Zl. G312 2164310-1/2E, ersatzlos behoben.
Der Beschwerdeführer ist daher begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20c AsylG 2005.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der Vorlage seines nigerianischen Reisepasses Nr. XXXX fest.
Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit mindestens 04.08.2012 ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einer eingeholten zmr-Auskunft und dem Datum seiner Asylantragsstellung.
Die Feststellung betreffend seine Ehe ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt.
Die Feststellung, dass seine Ehefrau durchgehend seit 15.11.2012 in Besitz einer Anmeldebescheinigung ist und ihr das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt, ergibt sich aus einer aktuellen Auskunft aus dem zentralen Fremdenregister. Die Feststellung, dass sie derzeit im Bundesgebiet einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht, geht aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung der ÖGK vom 28.08.2020 sowie einer Auskunft aus dem AJ-Web hervor.
Außerdem wurde Einsicht genommen in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren G312 2164310-1 betreffend die (mittlerweile behobene) Ausweisung der Ehefrau des Beschwerdeführers
Wie in der rechtlichen Beurteilung näher auszuführen sein wird, ist der Beschwerdeführer daher begünstigter Drittstaatsangehöriger.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers geht aus einem aktuellen Strafregisterauszug vom 27.10.2020 hervor. Die dem Beschwerdeführer von Seiten des BFA zur Last gelegte Verurteilung vom 10.01.2013 ist mittlerweile getilgt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Prüfungsumfang:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Da Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts zu beheben war, die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. als unzulässig zurückzuweisen war und die übrigen Spruchpunkte zu beheben waren, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.
Zu A)
I. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)
Mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 11.04.2013 war der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.08.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bereits rechtskräftig abgewiesen worden.
Dennoch traf das BFA im verfahrensgegenständlichen Bescheid neuerlich eine Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 04.08.2012.
Aus § 68 AVG ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist. Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden darf (Wiederholungsverbot bzw. ne bis in idem). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen (vgl. VwGH 28.4.2017, Ra 2017/03/0027; 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN).
Verletzt die Behörde den Grundsatz der Unwiederholbarkeit (ne bis in idem), so belastet sie nach herrschender Rechtsprechung den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts. Ein hervorkommendes Prozesshindernis ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. VwGH 24.4.2015, 2011/17/0244, mwN).
Das BFA hätte daher keine neuerliche Entscheidung über den bereits rechtskräftig negativ entschiedenen Asylantrag des Beschwerdeführers treffen dürfen. Aus diesem Grund ist Spruchpunkt I. des Bescheides aufzuheben (vgl. VwGH 12.09.2018, Ra 2017/17/0620).
3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass zur Erhebung einer Parteibeschwerde nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG legitimiert ist, wer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein; zu den subjektiven Rechten, deren mögliche Verletzung die Beschwerdelegitimation begründen, zählen sowohl einfachgesetzlich wie auch verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte. Die Beschwerdelegitimation gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG setzt unter anderem voraus, dass eine solche Rechtsverletzung möglich ist; ob dies der Fall ist, ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids zu bestimmen (VwGH 11.11.2016, Ro 2016/12/0010; 30.06.2016, Ra 2016/16/0038, ua.).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das zur Erhebung einer solchen Bescheidbeschwerde erforderliche Rechtsschutzinteresse im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit also nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (VwGH vom 26.6.2018, Ra 2018/05/0022, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Die Möglichkeit der Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid ist aufgrund seiner Rechtsstellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger nicht gegeben (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 3.3.)
Ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers an der Beseitigung von Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides besteht daher nicht.
Fehlt es schon im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung an einem Rechtsschutzinteresse, führt dies zur Zurückweisung der Beschwerde (vgl. etwa VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0023 mwN).
Der Beschwerdeführer ist durch Spruchpunkt II. der angefochtenen Entscheidung nicht beschwert und damit mangels Rechtsschutzinteresses nicht zur Erhebung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde legitimiert. Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
3.3 Stattgabe der Beschwerde (Spruchpunkte III.-V. des angefochtenen Bescheides)
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;
Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
§ 54 NAG lautet auszugsweise:
„(1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
[...]
§ 55 NAG lautet:
„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“
Der Beschwerdeführer ist mit einer in Österreich lebenden tschechischen Staatsangehörigen verheiratet, der das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt. Seine Ehefrau ist seit 15.11.2012 durchgehend in Besitz einer Anmeldebescheinigung und sie geht einer geringfügigen Beschäftigung nach.
Die Voraussetzungen für ein daraus abgeleitetes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers iSd § 54 Abs. 1 NAG liegen daher zum aktuellen Zeitpunkt vor. Die Ausweisung erweist sich nunmehr als rechtswidrig.
Auch kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie dem Beschwerdeführer eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit attestiert. Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ist mittlerweile getilgt und nicht mehr zu berücksichtigen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsrecht Ausweisung begünstigte Drittstaatsangehörige Behebung der Entscheidung Beschwerdelegimitation Beschwerderecht Durchsetzungsaufschub Ehe entschiedene Sache ersatzlose Behebung geringfügige Beschäftigung Kassation ne bis in idem Prozesshindernis der entschiedenen Sache Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung Rechtsschutzinteresse res iudicata strafgerichtliche Verurteilung subjektive Rechte subsidiärer Schutz Tilgung Unionsrecht Unzulässigkeit der Beschwerde ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.1434953.2.00Im RIS seit
25.01.2021Zuletzt aktualisiert am
25.01.2021