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UnterrichtNorm
AVG §37Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Zach, Dr. Karlik, Dr. Kirschner und Dr. Liska als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Aigner, über die Beschwerde des LS in F, vertreten durch Dr. Joachim Sonnleitner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Lidmansykgasse 39, gegen 1) den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 29. Oktober 1976, Zl. St-14.008-2/76-6, und 2) den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. Februar 1977, Zl. SchA-1033/1/1976, betreffend Übertretung nach § 24 Schulpflichtgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. Februar 1977, Zl. SchA-1033/1/1976, wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 29. Oktober 1976, Zl. St-14.008-2/76-6, zurückzuweisen.
Begründung
Der Bezirksschulrat V.-Land beantragte am 1. Oktober 1976 bei der Bezirkshauptmannschaft V. die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer, weil dessen Sohn als Schüler der 1. Klasse (1. Schulstufe) der Volksschule G. seit Schulbeginn dem Unterricht ferngeblieben sei. Der Beschwerdeführer habe einen Antrag an den Landesschulrat für K. auf Feststellung gerichtet, daß die Volksschule G. nicht zweisprachig zu führen sei, er weigere sich, sein Kind bis zum Einlangen eines „amtlichen Bescheides“ über diese Eingabe in die Schule zu schicken.
Bei seiner zu dieser Anzeige erfolgten Einvernahme am 15. Oktober 1976 gab der Beschwerdeführer an, er vertrete nach wie vor den Standpunkt, daß an der Volksschule G. der zweisprachige Unterricht gesetzwidrig erteilt werde, weiteres habe er nicht hinzuzufügen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft V. vom 29. Oktober 1976 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Erziehungsberechtigter seines Kindes unterlassen, für die Erfüllung der Schulpflicht Sorge zu tragen, wodurch das Kind seit Schulbeginn 1976 den Unterricht an der Volksschule G. versäumt habe; der Beschwerdeführer habe dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 24 Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 241/1962, in der Fassung des Gesetzes, BGBl. Nr. 322/1975, begangen, es werde über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- verhängt. In der Begründung dieses Straferkenntnisses wurde darauf verwiesen, schon die bloße Nichtbefolgung des Gebotes, dafür Sorge zu tragen, daß das schulpflichtige Kind den Unterricht besuche, ziehe Strafe nach sich, zumal der Beschwerdeführer keinen Nachweis dafür erbracht habe, daß ihm die Einhaltung der verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, die Volksschule G. entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen, weil in der ersten Klasse der Unterricht sowohl in Deutsch als auch in Slowenisch erteilt werde, ohne daß diese Schule von Gesetzes wegen zu einer „sogenannten zweisprachigen Volksschule erklärt worden wäre“. Jene Einrichtung, die sich „Volksschule G.“ nenne, sei keine Volksschule im gesetzlichen Sinne, der Beschwerdeführer sei, weil ihm der Staat eine dem Gesetz entsprechende Volksschule nicht zur Verfügung gestellt hätte, nicht in der Lage, sein Kind in eine solche Schule zu senden. Mangels Vorhandenseins einer Volksschule im gesetzlichen Sinne habe er daher den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 24 Schulpflichtgesetz nicht setzen können.
Die belangte Behörde wies diese Berufung mit Bescheid vom 3. Februar 1977 im wesentlichen mit der Begründung ab, da der schulpflichtige Sohn des Beschwerdeführers im Pflichtsprengel der Volksschule G. wohnhaft sei, habe er dort seiner Schulpflicht nachzukommen, wenn er sie nicht anderweitig erfülle. Mit seiner Ansicht, es handle sich bei der Volksschule G. um keine Volksschule im gesetzlichen Sinne, weil an ihr zweisprachig unterrichtet werde und diese Form der Unterrichtserteilung einer gesetzlichen Grundlage entbehre, könne für den Beschwerdeführer nichts gewonnen werden. Die weiteren Ausführungen der Bescheidbegründung befassen sich mit der Frage, warum die Volksschule G. zu den Schulen gehört, an denen zweisprachig zu unterrichten sei.
In der wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stellt der Beschwerdeführer mit der Behauptung, er sei in seinem Recht auf Unterbleiben der Bestrafung wegen Verwaltungsübertretung nach § 24 Schulpflichtgesetz verletzt worden, den Antrag, sowohl den Berufungsbescheid der belangten Behörde als auch den ihr vorausgegangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V. zur Gänze aufzuheben und die belangte Behörde zum Kostenersatz zu verurteilen. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit Gegenanträgen erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach der hier allein in Betracht kommenden Bestimmung des Art. 131 Abs. 1 Z 11 B-VG kann erst nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges erhoben werden, weshalb die Beschwerde, soweit sie sich nach dem gestellten Beschwerdeantrag gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft V. richtet, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen war. Denn gegen dieses Straferkenntnis stand dem Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung zu, das er tatsächlich auch ergriffen hat.
Im übrigen ist bei der Beurteilung dieses Beschwerdefalles von § 5 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 25. Juli 1962, BGBl. Nr. 241, in seiner geltenden Fassung auszugehen, wonach die allgemeine Schulpflicht in den ersten vier Schuljahren grundsätzlich durch den Besuch einer Volksschule erfüllt wird. Ein Fernbleiben des Schülers von der Schule während der Schulzeit ist nach § 9 Abs. 2 leg. cit. nur im Fall einer gerechtfertigten Verhinderung des Schülers zulässig. Aus der im Abs. 3 dieser Gesetzesstelle enthaltenen demonstrativen Aufzählung der Rechtfertigungsgründe für ein Fernbleiben ergibt sich, daß der Gesetzgeber ein Fernbleiben des Schülers nur aus Gründen als gerechtfertigt anerkennt, die sich aus der Rücksicht auf Gesundheit und körperliche Sicherheit des Schülers, seiner Mitschüler oder seiner Angehörigen oder aus im Bereich der Familie oder des Hauswesens des Schülers eingetretenen außergewöhnlichen Ereignissen ergeben. Hingegen berechtigen Umstände, die mit Ausmaß, Art und Form der Unterrichtserteilung zusammenhängen, ein Fernbleiben des Schülers von der Schule während der Schulzeit grundsätzlich nicht.
Schon daraus ergibt sich, daß alles, was die Beschwerde und - auf deren Vorbringen eingehend - teilweise auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift über die Frage ausführen, ob an der Volksschule G. zu Recht oder zu Unrecht zweisprachig unterrichtet wird, für die Entscheidung des gegebenen Falles irrelevant ist.
Daß die Volksschule G. als Volksschule mit einem bestimmt umschriebenen Sprengel errichtet ist (und zwar durch die Verordnung der Kärntner Landesregierung LGBl. Nr. 103/1970), gibt der Beschwerdeführer in einer von ihm im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Äußerung selbst ausdrücklich zu. Er bestreitet es auch nicht und hat es niemals bestritten, daß sein schulpflichtiger Sohn in dem für diese Volksschule festgesetzten Sprengel wohnt. Verfehlt ist seine Rechtsmeinung, die erwähnte Schule wäre keine „Volksschule im Sinne des Gesetzes“, weil bei der Unterrichtserteilung an dieser Schule eine bestehende Rechtsvorschrift nicht beachtet werde. Denn die Konsequenz dieser Rechtsmeinung führte dazu, daß Eltern oder Erziehungsberechtigte eine ihrer persönlichen Meinung nach unterlaufene Verletzung einer bei der Unterrichtserteilung zu beachtenden Vorschrift an einer Schule damit beantworten könnten, die Kinder trotz bestehender Schulpflicht die Schule nicht weiter besuchen zu lassen. Eine solche Berechtigung räumt das Schulpflichtgesetz aber aus den zuvor dargestellten Überlegungen nicht ein. Gegen Verstöße bei der Unterrichtserteilung stehen nur die nach den einschlägigen Schulgesetzen hiefür vorgesehenen Rechtsbehelfe - etwa eine Beschwerde an die zuständige Aufsichtsbehörde - zur Verfügung.
Seine Meinung, an der Volksschule G. dürfe nicht zweisprachig unterrichtet werden, entband den Beschwerdeführer daher nicht von der ihm obliegenden Verpflichtung nach § 24 Abs. 1 Schulpflichtgesetz (in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 322/1975), für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere den regelmäßigen Schulbesuch ...... durch den Schüler zu sorgen. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung wurde mit Recht als Verwaltungsübertretung nach Abs. 4 leg. cit. geahndet, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides der belangten Behörde liegt nicht vor.
Auch die gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht gegeben, weil der Beschwerdeführer zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt schon im Strafverfahren erster Instanz vernommen worden war. Der Inhalt der Berufung, in der nur die rechtliche Beurteilung des an sich unbestrittenen Sachverhaltes bekämpft wurde, begründete keine Pflicht der Berufungsbehörde, den Beschwerdeführer vor ihrer Entscheidung abermals zu hören.
Auf die Behauptung, der Beschwerdeführer habe seinem Sohn Privatunterricht erteilen lassen und sei dadurch seiner Verpflichtung, nach dem Schulpflichtgesetz nachgekommen, kann nicht eingegangen werden, weil diese Behauptung als unzulässige Neuerung erstmals in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aufgestellt wurde.
Der Zuspruch von Aufwandersatz an das Land Kärnten als den Rechtsträger, in dessen Namen die belangte Behörde in dieser Beschwerdesache gehandelt hat, beruht auf den §§ 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Abs. 5, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 und III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am 14. April 1978
Schlagworte
Parteiengehör Rechtliche Beurteilung Parteiengehör Rechtliche WürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1978:1977000726.X00Im RIS seit
25.01.2021Zuletzt aktualisiert am
25.01.2021