TE Vwgh Beschluss 2020/12/21 Ra 2020/14/0422

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Veröffentlicht am 21.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des X Y in Z, vertreten durch Mag. Renate Kahlbacher, Rechtsanwältin in 8605 Kapfenberg, Wiener Straße 35a/ECE, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2020, G304 2195107-1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 2. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er zusammengefasst mit Angst vor dem Islamischen Staat und dem Krieg in seinem Herkunftsstaat begründete.

2        Mit Bescheid vom 28. März 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens wurde der Revisionswerber zweimal straffällig. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 28. März 2019 wurde er wegen der Vergehen der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB und des Diebstahls gemäß § 127 StGB sowie des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG rechtskräftig zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 11. Juli 2019 wurde der Revisionswerber wegen des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

8        Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat. Er ist weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 14.9.2020, Ra 2020/14/0314, mwN). In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 29.5.2020, Ra 2019/14/0405, mwN).

9        Soweit sich die Revision gegen die Nichtzuerkennung des Asylstatus wendet und vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe dem Revisionswerber „aufgrund seiner zwei geringen, bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen den Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt“ und es fehle „zum Begriff der Straffälligkeit“ Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, genügt es darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht entgegen den Ausführungen in der Revision den Abspruch über den Status des Asylberechtigten auf das Nichtvorliegen einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat stützte.

10       Auch die in diesem Zusammenhang pauschalen und nicht näher - insbesondere nicht durch Bezugnahme auf bestimmte Entscheidungen - konkretisierten Behauptungen im Zulassungsvorbringen, dass Gericht habe die Asylrelevanz der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung im Ausland völlig unberücksichtigt gelassen, reichen nicht aus, um das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen (vgl. VwGH 1.9.2020, Ra 2020/20/0239, mwN).

11       Wenn sich die Revision zu ihrer Zulässigkeit weiters gegen die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorgenommene Interessenabwägung wendet, ist dazu festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 7.10.2020, Ra 2020/14/0059, mwN; 13.10.2020, Ra 2020/14/0411, mwN).

12       Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung zwar gewichtige familiäre sowie private Interessen des Revisionswerbers (unter anderem in Hinblick auf den mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden erwachsenen Bruder und dessen Familie), kam jedoch angesichts der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Revisionswerbers zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen an seiner Ausreise überwögen. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Interessenabwägung fallbezogen unvertretbar wäre.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140422.L00

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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