TE Lvwg Erkenntnis 2020/9/24 VGW-031/089/10627/2020

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Entscheidungsdatum

24.09.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §54b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Baumgartner über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C. für die Bezirke ..., vom 10.07.2020, Zl. VStV/..., mit welchem das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 07.07.2020 um Teilzahlung abgewiesen wurde, zu Recht:

I.       Gemäß § 54b Abs. 2 VStG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang:

1.1.    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10.07.2020, Zl. VStV/..., wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 07.07.2020 auf Teilzahlung gemäß §§ 54a und 54b VStG abgewiesen und der Beschwerdeführer verpflichtet, gemäß dem Straferkenntnis vom 24.11.2017, Zl. VStV/..., insgesamt € 3.575,60 zu bezahlen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Teilzahlungsansuchens, zumal die Geldstrafe als uneinbringlich zu qualifizieren sei.

1.2.    Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer vorbringt, es sei für ihn lebenswichtig, die Strafe abzahlen zu können. Da er nach langer Zeit der Obdachlosigkeit wieder einen festen Wohnsitz in einer WG habe und mit 01.09.2020 auch eine Festanstellung. Wenn er die Strafe absitzen muss verliere er seine Festanstellung und das Zimmer in der WG, da er dann die Miete nicht bezahlen könnte. Er ersuche daher um Nachsicht und hoffe, dass ihm die Chance eingeräumt werde, die Strafe in Raten abbezahlen zu können.

1.3.    Mit Schreiben vom 13.08.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vor.

2.   Feststellungen:

2.1.    Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 24.11.2017, Zl. VStV/..., wurden über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen nach § 99Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO, § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG, § 97 Abs. 4 StVO, §99 abs. 1 KFG und § 38 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a StVO Geldstrafen in der Höhe von insgesamt € 3.246,00 verhängt. Gegen diese Strafverfügung wurde keine Beschwerde erhoben, sodass diese in Rechtskraft erwuchs.

2.2.    Hinsichtlich dieser Geldstrafe ersuchte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 22.02.2018 um Zahlungserleichterung in der Form von Teilzahlungen.

2.3.    Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 22.05.2018 wurde dem Ansuchen um Teilzahlung Folge gegeben und dem Beschwerdeführer Ratenzahlungen, beginnen mit 15.06.2018 mit einer Ratenhöhe von € 175,60 und 17 weiteren Raten der darauffolgenden Monate mit einer Höhe von jeweils € 200,00, bewilligt.

2.4.    Da die bewilligte Ratenzahlung vom Beschwerdeführer nicht eingehalten wurde, erfolgte mit Schreiben der belangten Behörde vom 24.07.2018 die Androhung der Exekution und mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.08.2018 die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe.

2.5.    Mit E-Mail vom 07.07.2020 ersuchte der Beschwerdeführer neuerlich um Bewilligung einer Ratenzahlung betreffend die offenen Geldstrafen. Dieses Ansuchen lautet auszugsweise wie folgt (Tippfehler im Original):

Sehr geehrte Hr. D.

Mein Name ist B. A. ich schreibe sie an da am Weochenende die Polizei bei mir war wegen einer offenen Forderung. Mit der GZ: VStV/...

Da ich Obdachlos war und seit Mitte Februar es geschafft habe ein Zimmer in einer WG zu finden wie derzeit einen geringfügigen Job der ab September zum Vollzeitstelle wird (Einstellungszusage im Anhang) bitte ich sie diese Strafe zur Ratenzahlung zuzulassen. Wenn ich diese Strafe absitzen muss würde ich wieder von Vorne beginnen müssen da ich mit Sicherheit die Vollzeitstellt verlieren würde. Die Miete würde ich auch nicht bezahlen können und so mit auch das WG-Zimmer. Da ich nur einen Untermietsvertrag habe würde ich auch keine Mietkostenersatz von Sozialamt bekommen. Ich würde mich sehr freuen wenn wir uns bei einem persönlichen Gespräch eine akzeptable Höhe der Geldrate finden würden derzeit Lebe ich von der Mindestsicherung.
MfG A. B.

2.6.    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10.07.2020, Zl. VStV/..., wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Teilzahlung gemäß §§ 54a und 54b VStG abgewiesen und der Beschwerdeführer verpflichtet, gemäß dem Straferkenntnis vom 24.11.2017, Zl. VStV/..., insgesamt € 3.575,60 (Verfahrenskosten inkludiert) zu bezahlen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Teilzahlungsansuchens, zumal aktuelle Zahlungsfähigkeit nicht vorliege.

2.7.    Gegen den Abweisungsbescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht nachstehende Beschwerde [Tippfehler im Original]:

„Sehr geehrte Damen und Herren

Ich möchte hiermit Beschwerde gegen den Bescheid GZ: VStV/... einlegen. Wie sich in meiner ersten Mail auf Ratenzahlung geschrieben habe ist es für mich Lebenswichtig diese Strafe abzahlen zu können. Da ich nach langer Zeit der Obdachlosigkeit wieder einen festen Wohnsitz in einer WG habe und mit 01. September auch eine Festanstellung (siehe Anhang). Wenn ich die Strafe absitzen muss verliere ich nicht nur die Festanstellung sondern auch das Zimmer in der WG da ich die Miete nicht bezahlen kann. Da ich nur einen Untermietvertrag habe hilft auch kein Amt. Ich bitte sie um Nachsicht und hoffe das sie mir doch noch die Chance geben das ich diese Strafe in Raten abbezahlen kann.

Hochachtungsvoll

A. B.“

2.8.    Mit Schreiben des erkennenden Gerichtes vom 31.08.2020 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, ein Formular über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ausgefüllt und unterfertigt dem erkennenden Gericht vorzulegen. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, glaubhaft darzulegen, warum es ihm derzeit nicht möglich ist, die über ihn verhängten Geldstrafen unverzüglich zu bezahlen und bekannt zu geben, in welchen monatlichen Teilbeträgen er die Geldstrafe bezahlen möchte. Ferner wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bekanntzugeben, ob er aktuell in der Lage ist, die Geldstrafe in den begehrten Teilbeträgen pro Monat zu entrichten und bejahendenfalls aus welchen Mitteln er zur Leistung der erbetenen Teilzahlung fähig sein wird. Diesbezüglich wurde dem Beschwerdeführer auch die Vorlage entsprechender Beweismittel aufgetragen. Für die Erledigung dieser gerichtlichen Aufträge wurde dem Beschwerdeführer eine Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens (einlangend beim Verwaltungsgericht Wien) gesetzt. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass der fruchtlose Ablauf der gesetzten Frist zur Folge hat, dass sein Anliegen zurück- bzw. abgewiesen werden wird. Das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer sowohl per E-Mail am 31.08.2020 als auch nachweislich postalisch durch Hinterlegung am 09.09.2020 zugestellt.

2.9.    Der Beschwerdeführer ist dem gerichtlichen Auftrag vom 31.08.2020 bislang nicht nachgekommen. Bis heute ist keine Stellungnahme eingelangt.

2.7.    Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum 25.07.2020 – 31.08.2020 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe vom AMS Wien bezogen und ist derzeit (seit 06.06.2020) geringfügig als Angestellter bei der E. GmbH beschäftigt.

3.   Beweiswürdigung:

3.1.    Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und Würdigung des Beschwerdevorbringens sowie der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.

3.2.    Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Inhalt des unbedenklichen Verwaltungsaktes und sind nicht weiter strittig.

3.3.    Die getroffenen Feststellungen zum Notstandshilfebezug und zur derzeitigen geringfügigen Beschäftigung des Beschwerdeführers gründen auf einen vom erkennenden Gericht am 24.09.2020 eingeholten Versicherungsdatenauszug betreffend den Beschwerdeführer und den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers selbst.

4.   Rechtliche Beurteilung:

4.1.    § 54b VStG in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 lautet auszugsweise wie folgt:

"Vollstreckung von Geldstrafen

§ 54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“

4.2.    Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist gemäß § 54b Abs. 2 VStG die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung der Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf seinen Antrag hin einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wobei die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen nur mit der Maßgabe gestattet werden darf, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.

Die Erteilung einer Bewilligung nach § 54b Abs. 3 VStG liegt nicht im Ermessen der Behörde. Liegen die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vor, ist also einem Bestraften die unverzügliche Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten, dann hat der Bestrafte einen Rechtsanspruch auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung (VwGH 30.04.1992, 92/02/0008; 20.05.1994, 94/02/0165).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Anwendbarkeit des § 54b Abs. 3 VStG voraus, dass die Geldstrafe an sich einbringlich ist, der Antragsteller sohin zahlungsfähig ist. Ist das nicht der Fall, so ist der Antrag auf Stundung bzw. Teilzahlung abzuweisen (VwGH 20.05.1994, 94/02/0165; 26.01.1995, 94/16/0303; 08.09.1995, 95/02/0032; 24.06.2008, 2005/17/0078).

Sind die Voraussetzungen des § 54b Abs. 2 VStG gegeben, so ist also für eine Anwendung des § 54b Abs. 3 VStG kein Raum. Im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw. für den Fall, dass die Uneinbringlichkeit mit Grund anzunehmen ist, ist einem Antrag auf Zahlungsaufschub nicht stattzugeben. Uneinbringlichkeit liegt dann vor, wenn der Bestrafte wirtschaftlich außerstande ist, die Geldstrafe zu bezahlen (VfSlg 12.255/1990), also durch ihre Begleichung der notwendige Unterhalt des Bestraften oder derjenigen Personen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet oder die Erfüllung der Pflicht, einen verursachten Schaden wieder gut zu machen, gefährden würde. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen, wobei als Orientierungshilfe jeweils das Existenzminimum herangezogen werden kann. Liegt das Einkommen unter diesem und verfügt der Bestrafte über kein Vermögen, so steht dieser Umstand einer Zwangsvollstreckung der Geldstrafe entgegen – die Geldstrafe ist uneinbringlich (Raschauer/Wessely, VStG § 54b Rz 7).

Die Bewilligung eines Teilzahlungsansuchens setzt somit voraus, dass die Geldstrafe an sich einbringlich, der Bestrafte also grundsätzlich zahlungsfähig ist, ihm eine Bezahlung der Geldstrafe aber vorübergehend nicht zur Gänze zugemutet werden kann. Bei erwiesener Uneinbringlichkeit dürfen Zahlungserleichterungen demnach nicht bewilligt werden. Es ist im Falle eines Teilzahlungsansuchens daher vorab die Frage der Einbringlichkeit der verhängten Geldstrafen zu prüfen, wobei für die Beurteilung der Einbringlichkeit einer Geldstrafe nur die Sachlage maßgebend ist, wie sie sich im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts darstellt. (vgl. VwGH 22.02.2013, 2011/02/0232).

Uneinbringlich ist eine Geldstrafe jedenfalls dann, wenn eine Zwangsvollstreckung bereits erfolglos versucht wurde. Wurde eine Zwangsvollstreckung noch nicht versucht, darf die Uneinbringlichkeit nur aufgrund der Offenkundigkeit (z.B. infolge der Insolvenz des Bestraften) oder aufgrund eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens angenommen werden, dessen Ergebnis die Annahme rechtfertigen muss, dass die verhängte Geldstrafe mit hoher Wahrscheinlichkeit uneinbringlich ist (vgl. VfGH 30.11.1979, 8679/1979, mwN). In diesem Ermittlungsverfahren ist daher insbesondere zu prüfen, ob der Bestrafte einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht oder ob er über sonstige Einkünfte oder Vermögen verfügt (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 54b Rz 7 [Stand 1.5.2017, rdb.at]).

In diesem Ermittlungsverfahren trifft die Parteien aber eine entsprechende Mitwirkungspflicht und zwar insbesondere dort, wo den amtswegigen Erhebungen faktische Grenzen gesetzt sind. Dort also, wo es der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, was insbesondere bei jenen in der Person des Antragstellers gelegenen Voraussetzungen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann, ist die Partei selbst zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanbot verpflichtet (VwGH 22.02.2013, 2011/02/0232).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat derjenige, der um Bewilligung einer Teilzahlung ansucht (auch) seine aktuelle Zahlungsfähigkeit nachzuweisen. Der Antragsteller muss glaubhaft machen können, aus welchen Mitteln er zur Leistung der erbetenen Teilzahlung fähig sein werde (VwGH 14.02.1985, 85/02/0128), bzw. dartun, wie er in der Lage sein werde, die Geldstrafen in Teilbeträgen zu entrichten (VwGH 18.01.1989, 88/02/0174). Der Antragsteller hat daher unter Vorlage bzw. Anführung von Beweismitteln konkrete Angaben (etwa über den Arbeitgeber, die Art und Entlohnung der Arbeit, etc.) darüber zu machen, aus welchen Mitteln er die Geldstrafe werde bezahlen können und solcher Art der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht gegenüber glaubhaft darzutun, dass die Geldstrafe einbringlich sein wird (VwGH 18.09.1991, 91/03/0121). Voraussetzung für die Gewährung der Entrichtung offener Geldstrafen in Teilbeträgen ist also der Nachweis der Zahlungsfähigkeit (nicht der Nachweis der Zahlungsunfähigkeit).

4.3.    Aufgrund des Ergebnisses des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens und insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist davon auszugehen, dass die über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen uneinbringlich sind:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht zur Feststellung des Sachverhalts im oben dargestellten Sinn nicht nachgekommen ist. So hat er dem erkennenden Gericht – trotz gerichtlichem Aufforderungsschreiben vom 31.08.2020 – bis heute weder seine aktuellen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse bekannt gegeben, noch glaubhaft dargelegt, dass er in Zukunft in der Lage sein wird, die Geldstrafen in monatlichen Teilbeträgen zu entrichten. Auch wurden vom Beschwerdeführer keine konkreten Beweismittel (aktuelle Lohnzettel; Kontoauszüge etc.) vorgelegt. Schon aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen einbringlich sein werden.

Ferner hat der Beschwerdeführer in seinem Teilzahlungsansuchen vom 07.07.2020 und in seiner Beschwerde angegeben, dass er keine finanziellen Mittel habe, um die Geldstrafen abzubezahlen. Er führte aus, obdachlos gewesen zu sein und seit Mitte Februar 2020 ein Zimmer in einer WG zu haben, für welches er Mietkosten zu bezahlen habe. Er gehe derzeit einer geringfügigen Beschäftigung nach, welche ab September in eine Vollzeitstelle umgewandelt werde. Wenn er die Strafe absitzen müsse, würde er mit Sicherheit die Vollzeitstellt verlieren und auch den Mietzins nicht mehr bezahlen können. Er lebe derzeit von der Mindestsicherung. Dadurch hat der Beschwerdeführer selbst klar zum Ausdruck gebracht, dass derzeit keine Zahlungsfähigkeit gegeben ist. Folglich ist schon aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers kein Grund zur Annahme gegeben, dass der Beschwerdeführer aktuell zahlungsfähig wäre.

Aus dem vom erkennenden Gericht eingeholten aktuellen Sozialversicherungsdatenauszug geht hervor, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 25.07.2020 – 31.08.2020 Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe vom AMS Wien bezogen hat und seit 06.06.2020 geringfügig als Angestellter bei der E. GmbH beschäftigt ist. Eine – vom Beschwerdeführer in Aussicht gestellte Vollanstellung – lässt sich diesem Versicherungsdatenauszug hingegen nicht entnehmen.

Geringfügig beschäftigt ist, wer bei regelmäßiger Beschäftigung nicht mehr als € 460,66 im Kalendermonat verdient. Unter diesem Gesichtspunkt steht fest, dass das dem Beschwerdeführer monatlich zur Verfügung stehende Einkommen aus seiner geringfügigen Beschäftigung unterhalb des Existenzminimums liegt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer monatliche Mietkosten, deren genaue Höhe er dem erkennenden Gericht jedoch nicht bekannt gegeben hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die Geldstrafen beim Beschwerdeführer nicht einbringlich sein werden. Um von der Zahlungsfähigkeit des Beschwerdeführers und der Einbringlichkeit des ausstehenden Betrages ausgehen zu können, müsste der Beschwerdeführer ein Einkommen ins Verdienen bringen, das den unpfändbaren Einkommensteil deutlich übersteigt. Der unpfändbare Sockelbetrag beträgt derzeit(unter der Annahme, dass Anspruch auf Sonderzahlungen besteht und der Beschwerdeführer keine Sorgepflichten hat) € 966,00 pro Monat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Geldstrafe jedenfalls dann als „uneinbringlich“ im Sinne der Bestimmung des § 54b Abs. 2 VStG anzusehen, wenn der Zahlungspflichtige im Falle der Gewährung eines Ratenansuchens über einen längeren Zeitraum mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum auskommen müsste (vgl. VwGH 07.06.1990, 90/18/0036). Liegt sohin das Einkommen unter dem Existenzminimum und verfügt der Bestrafte über kein Vermögen, so steht dieser Umstand einer Zwangsvollstreckung der Geldstrafe entgegen – die Geldstrafe ist uneinbringlich (Raschauer/Wessely, VStG § 54b Rz 7).

Der Beschwerdeführer hat im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft dargelegt, dass er in nächster Zukunft über ein regelmäßiges oder konkret in nächster Zukunft zu erwartendes regelmäßiges Einkommen verfügen wird, das die Höhe des exekutionsrechtlich unpfändbaren Einkommensbetrages übersteigt. Ein derartiges Einkommen kann auch aufgrund der Aktenlage sowie der Verfahrensergebnisse nicht angenommen werden. Sonstige finanzielle Reserven bzw. pfändbare Vermögenswerte des Beschwerdeführers sind ebenfalls nicht vorhanden, weshalb sich die Annahme der belangten Behörde, dass die verhängte Geldstrafe uneinbringlich ist, als begründet erweist.

In diesem Zusammenhang sei der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom 22.05.2018 Ratenzahlungen in der Höhe von jeweils € 200,00, bewilligt wurden, diese vom Beschwerdeführer jedoch nicht eingehalten wurden. Vielmehr hat der Beschwerdeführer keine einzige Rate beglichen.

Wie bereits dargetan, ist im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw. für den Fall, dass die Uneinbringlichkeit mit Grund anzunehmen ist, einem Antrag auf Zahlungsaufschub bzw. Teilzahlung nicht stattzugeben (siehe VwGH 26.01.1995, 94/16/0303; 20.06.1990, 91/19/0132; 31.03.1992, 91/04/0318).

Die belangte Behörde hat dem Antrag des Beschwerdeführers auf Teilzahlung sohin zu Recht nicht stattgegeben, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

4.4.    Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte in Hinblick auf § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG abgesehen werden, zumal sich die Beschwerde lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtete und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (VwGH 22.02.2013, 2011/02/0232). Zudem stand der maßgebliche Sachverhalt fest und war lediglich eine Rechtsfrage zu lösen.

4.5.    Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Vollstreckung von Geldstrafen; Teilzahlung; Zahlungsfähigkeit; Uneinbringlichkeit; Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.089.10627.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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