TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/8 LVwG-356-1/2020-R11

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2021
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Entscheidungsdatum

08.01.2021

Norm

GdG Vlbg 1985 §97 Abs1
GdG Vlbg 1985 §97 Abs2
GdG Vlbg 1985 §93
B-VG Art116a
GdG Vlbg 1985 §86 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Pathy über die Beschwerde des Gemeindeverbandes S M, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 28. Mai 2020 betreffend Aufhebung eines Beschlusses gemäß Gemeindegesetz, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

Angefochtener Bescheid

1.   Im Jahr 2017 hat der Gemeindeverband S M seinen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Finanzverwaltung M beschlossen. Im angefochtenen Bescheid vom 28. Mai 2020 hat die Bezirkshauptmannschaft diesen Beschluss aufgehoben.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet auszugsweise wie folgt: „Gemäß § 86 Abs 1 Gemeindegesetz, […], wird der in der Sitzung der Standesvertretung am 12.12.2017 […] gefasste Beschluss […], welcher lautet wie folgt: ‚Nachdem keine weiteren Fragen gestellt bzw. Anmerkungen gemacht werden, wird auf Antrag des Vorsitzenden der Beitritt des Gemeindeverbandes S M zur Verwaltungsgemeinschaft Finanzverwaltung M und damit die Fertigung der vorliegenden Vereinbarung einstimmig genehmigt.‘, aufgehoben.“

Nach Meinung der Bezirkshauptmannschaft war der aufgehobene Beschluss gesetzwidrig, weil nach § 97 Gemeindegesetz (GG) nur Gemeinden untereinander Verwaltungsgemeinschaften bilden könnten. Die Mitgliedschaft eines Gemeindeverbandes in der Verwaltungsgemeinschaft sei nicht gesetzeskonform. Die Aufhebung des Beschlusses liege im öffentlichen Interesse.

Beschwerde

2.   Gegen diesen Bescheid hat der Gemeindeverband S M rechtzeitig Beschwerde erhoben. Der Gemeindeverband verweist auf den § 86 Abs 1 Gemeindegesetz, wonach Beschlüsse, die ein Gesetz verletzen, von der Aufsichtsbehörde aufzuheben sind, wenn dies im öffentlichen Interesse gelegen ist. Der Gemeindeverband führt näher aus, warum die Bezirkshauptmannschaft zu Unrecht angenommen hat, dass ein öffentliches Interesse an der Aufhebung vorliegt. Der Gemeindeverband hat beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Sachverhalt

3.   Das Gemeindegesetz sieht vor, dass Gemeinden eine Verwaltungsgemeinschaft bilden können. Eine Verwaltungsgemeinschaft ist ein Instrument der interkommunalen Zusammenarbeit.

Im Jahr 2017 haben neun M Gemeinden und der Gemeindeverband S M (im Folgenden: S M) beschlossen, eine Verwaltungsgemeinschaft zu bilden. Sie haben die Vereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Finanzverwaltung M abgeschlossen.

Der S M hat in seiner Sitzung am 12. Dezember 2017 seinen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft einstimmig genehmigt. Der Beschluss lautete wie folgt: „Nachdem keine weiteren Fragen gestellt bzw. Anmerkungen gemacht werden, wird auf Antrag des Vorsitzenden der Beitritt des Gemeindeverbandes S M zur Verwaltungsgemeinschaft Finanzverwaltung M und damit die Fertigung der vorliegenden Vereinbarung einstimmig genehmigt.“

Die Vertreter des S M haben daraufhin eine Beitrittserklärung unterfertigt. Die Vertreter der anderen Gemeinden haben gleichlautende Beitrittserklärungen unterzeichnet.

4.   Die Vereinbarung (samt den Beitrittserklärungen) lautet auszugsweise wie folgt:

„I.

Gegenstand der Vereinbarung

Mit Beschluss der

Gemeindevertretung B vom 28.09.2017,

[Aufzählung der Gemeindevertretungsbeschlüsse der anderen Gemeinden] und

der Standesvertretung des Gemeindeverbandes S M vom 12.12.2017

vereinbaren die Gemeinden B, G, L, Sc, Si, St, S, T und V sowie der Gemeindeverband S M die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft gemäß § 97 Gemeindegesetz zur Führung einer gemeinsamen Finanzverwaltung.

II.

Bezeichnung und Sitz der Verwaltungsgemeinschaft

1.   Die Verwaltungsgemeinschaft trägt die Bezeichnung Finanzverwaltung M.

2.   Der Sitz der Verwaltungsgemeinschaft ist beim S M in S.

III.

Aufgaben

1.   Die Verwaltungsgemeinschaft hat insbesondere folgende Aufgaben:

a) Beratung in Finanzfragen,

b) Erstellen der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse sowie der mittelfristigen Finanzplanung,

c) Übernahme des Abgabenwesens

[…]

2.   Grundsätzlich ist auch eine teilweise Besorgung der in Abs. 1 angeführten Aufgabenbereiche durch die Verwaltungsgemeinschaft möglich. Für eine Erweiterung des Aufgabenbereiches bedarf es der Zustimmung aller Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft.

3.   Gemeinsame Aufgabe der Verwaltungsgemeinschaft ist auch eine laufende Analyse der Prozessabläufe in den Finanzbereichen der einzelnen Mitglieder und die Bildung einheitlicher Standards für alle Mitglieder samt deren laufender Anpassung.

IV.

Geschäftsführung

1.   Die Geschäftsführung der Verwaltungsgemeinschaft obliegt dem S M. Für die Aufgabenbesorgung bedient sich die Geschäftsführung des von den Mitgliedern der Verwaltungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten Personals und der erforderlichen Sachmittel.

[…]

V.

Räumlichkeiten, Ausstattung

[…]

VI.

Kostentragung

1.   Die Kostentragung für die in Pkt. III angeführten Aufgaben der Verwaltungsgemeinschaft erfolgt jeweils pauschal von den Mitgliedern, von denen die Aufgaben abgerufen werden. Dabei erfolgt die Pauschalierung zu einem Hundertsatz eines VZÄ (Vollzeitäquivalent) lt. Abs. 2.

[…]

7.   Festgehalten wird, dass es sich bei den Aufgaben der Verwaltungsgemeinschaft ausschließlich um solche des Hoheitsbereiches handelt, die in keinem Wettbewerb mit der Privatwirtschaft stehen, sodass für die Kostenbeiträge der Gemeinden auch keine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen ist.

[…]

VII.

Beginn, Dauer und Auflösung der Vereinbarung

1.   Die Verwaltungsgemeinschaft hat ihre Tätigkeit am 1.8.2017 aufgenommen.

2.   Eine Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft ist über Beschluss aller Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft zum Ende eines jeden Kalenderjahres möglich. Darüber hinaus kann jedes Mitglied zum Ende eines Kalenderjahres aus der Verwaltungsgemeinschaft austreten, wenn sie dies bis spätestens 30. Juni des betreffenden Jahres der Verwaltungsgemeinschaft gegenüber erklärt hat. Tritt der S M als geschäftsführendes Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft aus dieser aus, ist von den verbleibenden Mitgliedern mehrheitlich eine andere Sitzgemeinde zu bestimmen, bleibt nur noch eine Gemeinde übrig, gilt die Verwaltungsgemeinschaft als aufgelöst.

3.   Eine Austrittserklärung ist frühestens zum 31.7.2026, also nach Ablauf von 10 Jahren, möglich.

VIII.

Erweiterung, Beitritt weiterer Gemeinden

1.   Die Mitgliedsgemeinden begrüßen grundsätzlich den Beitritt weiterer Gemeinden zur Verwaltungsgemeinschaft.

2.   Nachträglich beitretende Gemeinden verpflichten sich, die Bestimmungen dieser Vereinbarung anzuerkennen und vor allem auch die Kostentragungsbestimmungen zu akzeptieren. Weiters erklären sie sich bereit, für Vorleistungen im Zuge der Gründung der Verwaltungsgemeinschaft einen Einmalbeitrag von 5.000 € zu leisten.

IX.

Beitrittserklärungen zur Vereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft

Finanzverwaltung M

[Es folgen die Beitrittserklärungen der Gemeinden]

BEITRITTSERKLÄRUNG

Mit der Unterfertigung dieser Beitrittserklärung gemäß Beschluss der Standesvertretung des Gemeindeverbandes S M vom 12.12.2017 tritt der

Gemeindeverband S M

in Anerkennung der darin geregelten Inhalte zur Vereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Finanzverwaltung M in der Fassung vom 03.05.2017 bei.

Diese unterfertigte Beitrittserklärung wird Teil der Vereinbarung über die Bildung der

Verwaltungsgemeinschaft Finanzverwaltung M.

[Unterschriften]“.

5.   Im Oktober 2019 hat der S M die Vereinbarung über die Verwaltungsgemeinschaft der Bezirkshauptmannschaft zur Kenntnis gebracht (Schreiben vom 14. Oktober 2019).

Die Bezirkshauptmannschaft hat daraufhin nach Prüfung der Sach- und Rechtslage den angefochtenen Bescheid erlassen und den Beschluss des S M aufgehoben.

Erwägungen zur Feststellung des Sachverhalts

6.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund des Akteninhaltes als erwiesen angenommen. Im Akt der Bezirkshauptmannschaft befinden sich insbesondere: die Vereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft samt den Beitrittserklärungen der Gemeinden und des S M, die Niederschrift über die Sitzung der Standesvertretung am 12. Dezember 2017 und das Schreiben des S M vom 14. Oktober 2019 an die Bezirkshauptmannschaft.

7.   Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt. Sie war auch nicht erforderlich. Der Sachverhalt ist unstrittig. Im Verfahren waren (lediglich) Rechtsfragen zu lösen, deren mündliche Erörterung keine weitere Klärung gebracht hätte.

Maßgebliche Rechtsvorschriften

8.   Das Gesetz über die Organisation der Gemeindeverwaltung (Gemeindegesetz), LGBl.Nr. 40/1985 in der Fassung LGBl.Nr. 91/2020, lautet auszugsweise:

„§ 86

Prüfung von Beschlüssen

(1) Beschlüsse und sonstige Maßnahmen der Gemeinde, die nicht unter die Bestimmungen der §§ 84 und 85 fallen und die ein Gesetz oder eine Verordnung verletzen, sind von der Aufsichtsbehörde mit Bescheid aufzuheben, wenn dies im öffentlichen Interesse gelegen ist.

(2) Die Gemeinde ist verpflichtet, mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde entsprechenden Zustand herzustellen.

(3) Ist eine rasche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit nicht möglich und ist Gefahr im Verzug, so kann die Aufsichtsbehörde bestimmen, dass mit der Durchführung des Beschlusses oder der Maßnahme bis zur Entscheidung innezuhalten ist.

VII. HAUPTSTÜCK

Gemeindeverbände, Verwaltungsgemeinschaften und

öffentlich-rechtliche Vereinbarungen

[…]

2. Abschnitt

Verwaltungsgemeinschaften und sonstige

öffentlich-rechtliche Vereinbarungen

§ 97

(1) Gemeinden können zum Zwecke der sparsameren und zweckmäßigeren Besorgung ihrer Angelegenheiten untereinander Vereinbarungen über ihren jeweiligen Wirkungsbereich abschließen.

(2) Insbesondere können sie die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft vereinbaren. Die Vereinbarung hat unter anderem Bestimmungen zu enthalten über den Sitz, die Bezeichnung und Geschäftsführung, das Verhältnis der Beteiligung am Aufwand sowie über die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft. Die Selbständigkeit der Gemeinden, ihre Rechte und Pflichten sowie die Zuständigkeit ihrer Organe werden durch die Einrichtung einer Verwaltungsgemeinschaft nicht berührt. Verwaltungsgemeinschaften haben keine Rechtspersönlichkeit. Sie handeln im Namen der Gemeinde, deren Geschäfte sie besorgen.

(3) Vereinbarungen nach Abs. 1 und 2 sind von den beteiligten Gemeinden entsprechend den für Verordnungen geltenden Vorschriften kundzumachen (§ 32) und der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis zu bringen.

(4) Über Streitigkeiten zwischen den beteiligten Gemeinden hat die Landesregierung mit Bescheid zu entscheiden. Bei der Entscheidung über vermögensrechtliche Streitigkeiten ist, wenn es die besonderen Umstände gebieten, auf die Billigkeit Bedacht zu nehmen.

(5) Die Möglichkeit zum Abschluss privatrechtlicher Vereinbarungen bleibt unberührt.

Rechtliche Beurteilung

Allgemeines

9.   Ein Gemeindeverband hat beschlossen, einer Verwaltungsgemeinschaft beizutreten. Die Bezirkshauptmannschaft als Aufsichtsbehörde hat diesen Beschluss mit Bescheid aufgehoben. Der Gemeindeverband bekämpft diesen Bescheid.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, wenn der Beschluss des Gemeindeverbandes ein Gesetz oder eine Verordnung verletzt und wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. § 86 Abs 1 Gemeindegesetz). Beides ist der Fall, weshalb der angefochtene Bescheid zu bestätigen war.

Gesetzwidrigkeit; Gemeindeverbände können keine Verwaltungsgemeinschaft bilden

10. Nach § 97 Abs 1 und 2 Gemeindegesetz können Gemeinden die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft vereinbaren. Nach § 1 zweiter Satz Gemeindegesetz sind die Ortsgemeinden gemeint, soweit „im Folgenden von Gemeinden die Rede ist“. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass der Gesetzgeber im § 97 Gemeindegesetz nicht die im § 1 Gemeindegesetz angeführten Ortsgemeinden gemeint hat.

Ein Gemeindeverband ist ein Zusammenschluss mehrerer Gemeinden und damit keine „Gemeinde“ im Sinne des § 97 Gemeindesgesetz. Gemeindeverbände können daher keine Verwaltungsgemeinschaft bilden oder Partner eine Verwaltungsgemeinschaft sein (vgl. auch Häusler/Müller, Das Vorarlberger Gemeindegesetz, 6. Auflage, Seite 261).

Wenn der Gesetzgeber auch Gemeindeverbänden die Möglichkeit geben wollte, Verwaltungsgemeinschaften zu bilden, dann hätte er dies deutlicher zum Ausdruck gebracht und im § 97 Gemeindegesetz nicht nur Gemeinden angeführt.

Die Bezirkshauptmannschaft verweist auch zu Recht auf den Art. 116b B-VG, der die Grundlage für die Regelung im Gemeindegesetz ist. Danach können die Gemeinden eines Landes untereinander Vereinbarungen abschließen, wenn die Landesgesetzgebung dies vorsieht. Die Gemeindeverbände, die im Art. 116a B-VG geregelt sind, sind keine Gemeinden im Sinne des Art. 116b B-VG.

11. Die Stellung des § 97 im Gemeindegesetz spricht ebenfalls für eine solche Auslegung: Der § 97 befindet sich im 2. Abschnitt des VII. Hauptstückes des Gemeindegesetzes. Das VII. Hauptstück regelt die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und besteht aus zwei Abschnitten: Im 1. Abschnitt wird den Gemeinden ermöglicht, sich zu Gemeindeverbänden zusammenzuschließen; damit können wohl nur Ortsgemeinden gemeint sein, aber keine Gemeindeverbände. Im 2. Abschnitt erhalten die Gemeinden die Möglichkeit, öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abzuschließen (ua Verwaltungsgemeinschaften zu bilden). In beiden Abschnitten spricht der Gesetzgeber von „Gemeinden“. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass der Begriff „Gemeinde“ im 2. Abschnitt die Gemeindeverbände miteinschließt.

Der Beschluss des Gemeindeverbandes verletzt daher das Gemeindegesetz, weil darin der Beitritt eines Gemeindeverbandes zu einer Verwaltungsgemeinschaft und damit die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft mit einem Gemeindeverband beschlossen wird.

Öffentliches Interesse an der Aufhebung

12. Die Aufsichtsbehörde muss diesen Beschluss aufheben, wenn dies im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl § 86 Abs 1 Gemeindegesetz).

Die Vereinbarung über die Verwaltungsgemeinschaft ist auf eine längere Dauer angelegt (ein Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft kann frühestens am 31. Juli 2026 austreten; vgl Punkt VII.3 der Vereinbarung). Die Vereinbarung ist auch in Zukunft die vertragliche Grundlage für die weitere Zusammenarbeit der Gemeinden und des Gemeindeverbandes im Bereich der Finanzverwaltung. Die in der Vereinbarung vorgesehenen Regelungen (zB die Kostentragungspflicht im Punkt VI der Vereinbarung) sind auch weiterhin anzuwenden. Der Beschluss des S M und die Vereinbarung entfalten in diesem Sinn auch in Zukunft Wirkungen.

Es liegt nicht im öffentlichen Interesse, dass die Gemeinden und der Gemeindeverband ihre zukünftige Zusammenarbeit in einer Weise regeln, die nicht dem Gemeindegesetz entspricht. Vielmehr liegt es im öffentlichen Interesse, dass eine auf Dauer angelegte Zusammenarbeit der Gemeinden auf einer rechtlich einwandfreien Basis steht.

Die Aufhebung des Beschlusses liegt daher im öffentlichen Interesse, nicht allein deshalb, weil er rechtswidrig ist, sondern weil der gesetzwidrige Beschluss ohne seine Aufhebung nach wie vor rechtliche Auswirkungen hätte, indem er die rechtliche Grundlage für die künftige Zusammenarbeit zwischen dem Gemeindeverband und den Gemeinden bildete.

13. Die Aufhebung eines rechtswidrigen Beschlusses liegt nicht erst dann im öffentlichen Interesse, wenn er das „Allgemeinwohl“ beeinträchtigt, wie in der Beschwerde angeführt wird.

Vereinbarungen zwischen Gemeinden berühren kaum andere Interessen als jene der beteiligten Gemeinden, die diese Vereinbarungen getroffen haben. Eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls ist nur schwer vorstellbar. Entsprechende Gemeindebeschlüsse könnten praktisch nie aufgehoben werden, weil ihre Aufhebung aus Gründen des Allgemeinwohles kaum erforderlich wäre. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Zusammenarbeit ohne Rücksichtnahme auf den § 97 Gemeindegesetz regeln könnten. Das kann nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein.

Die richtige und einheitliche Anwendung von Rechtsvorschriften, auch wenn es sich um Vorschriften über die Zusammenarbeit von Gemeinden handelt, liegt ebenfalls im öffentlichen Interesse.

Die Bezirkshauptmannschaft verweist daher in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht auf die Beispielswirkung für andere Gemeinden.

Zusammenfassung

14. Im angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft einen rechtswidrigen Beschluss eines Gemeindeverbandes aufgehoben, dessen Aufhebung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Aufhebung entspricht daher dem § 86 Gemeindegesetz. Der Beschwerde konnte keine Folge gegeben werden.

Unzulässigkeit der Revision

15. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gemeinderecht, Gemeindeverband, Verwaltungsgemeinschaft, Gemeindeaufsicht, Aufhebung von Beschlüssen im öffentlichen Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2021:LVwG.356.1.2020.R11

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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