TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/25 LVwG-AV-1176/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.11.2020
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Entscheidungsdatum

25.11.2020

Norm

WRG 1959 §29
AVG 1991 §59 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, vertreten durch B Rechtsanwälte, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 16. September 2020, ***, betreffend letztmalige Vorkehrungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, zu Recht erkannt:

I.  Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Erfüllungsfrist dahingehend abgeändert, dass anstelle des Termins „30.04.2021“ der Termin „30. Oktober 2021“ tritt. Im Übrigen bleibt der genannte Bescheid unberührt.

II. Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 29 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)

§ 59 Abs. 2 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF)

§§ 24, 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)

Entscheidungsgründe

1.   Sachverhalt

Aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha, wie er dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgelegt wurde, ergibt sich folgender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom 23. Juli 2013, ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha dem A die wasserrechtliche Bewilligung für eine Teichanlage – bestehend aus insgesamt neun Teichen mit einer Gesamtfläche von knapp 25.000 m². Für die Bauvollendung wurde dabei eine Frist bis 01. Juli 2018 bestimmt, welche mit Bescheid vom 03. Juli 2018, ***, bis zum 01. Juli 2019 verlängert wurde.

1.2. Am 16. Dezember 2019 führte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (in der Folge: die belangte Behörde) eine Überprüfung der Anlage durch. Dabei erstattete unter anderem ein Amtssachverständiger für Wasserbautechnik und Gewässerschutz ein Gutachten, in dem er festhielt, dass die Fischteichanlage baulich noch nicht fertig gestellt worden sei, immer noch Baggerarbeiten durchgeführt würden und zum Bewilligungsbescheid wesentliche Abänderungen vorlägen. Diese sind in der Folge ebenso aufgelistet wie eine Stellungnahme des Sachverständigen zur Erfüllung von Auflagen. Abschließend finden sich in der Verhandlungsschrift unter der Überschrift „Erklärungen“ die Feststellung, dass der Antragsteller darauf hingewiesen werde, dass der „verfahrensabschließende Bewilligungsbescheid“ im „Wasserbuch-online veröffentlicht“ würde und das der Antragsteller die Zustimmung für die Veröffentlichung der Bewilligung im Amtsblatt erteile. Von der Einleitung des Erlöschensverfahrens und letztmaligen Vorkehrungen ist in der Niederschrift keine Rede.

1.3. Der Akt wird mit einem undatierten (am 10. August 2020 protokollierten) und nicht unterfertigten Schriftstück folgenden Inhalts fortgesetzt:

„Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha hat nach dem Ergebnis der Verhandlung vom 16.12.2019 ein Löschungsverfahren zur mit Bescheid vom 23.07.2013, Zahl *** wasserrechtliche bewilligten Fischteichanlage auf den Grdst.Nr. ***, ***, und ***, alle KG *** eingeleitet. Grundlagen für die letztmaligen Vorkehrungen sind:

?    Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 23.07.2013 für die Fischteichanlage auf den Grdst.Nr. ***, ***, und ***, alle KG ***, mit dem zugehörigen Projekt des C vom April 2012.

?    Vermessungsplan der Abteilung ***, GZ:*** vom 08.02.2019. Darin sind auch die Umrisse der einzelnen vorhandenen Teiche – zum Aufnahmezeitpunkt - vermessungstechnisch dargestellt.

?    Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2019. In der Verhandlungsschrift wurde festgestellt, dass das ggst. Vorhaben nicht fristgerecht ausgeführt wurde und aus rechtlicher Sicht daher das Wasserrecht erloschen und ein Löschungsverfahren einzuleiten ist.

Auf Grundlage der behördlichen Feststellung soll das Wasserrecht gelöscht werden. Ziel der letztmaligen Vorkehrungen ist bei der gegenständlichen Fischteichanlage die Auflassung der wasserrechtlich relevanten Anlagenteile. Die Arbeiten zur Auflassung der Fischteichanlage sind im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer durchzuführen.

Vor der Auflassung ist die Entnahme aller aquatischen und semiaquatischen Lebewesen und Individuen erforderlich. Die Teiche selbst und sonstige zugehörigen Wasserflächen sind so abzulassen bzw. zu entleeren, dass der Vorfluter nicht verunreinigt wird. Wesentliche bauliche und technische Anlagenteile sind zu entfernen oder fachgerecht stillzulegen. Dazu zählen die Zuläufe, die Verbindungsleitungen und die Ablaufeinrichtungen.

Folgende wesentlichen Teile der Fischteichanlage sind, bezogen auf das bewilligte Projekt, als für das Erlöschensverfahren wasserrechtlich relevante Anlagenteile anzuführen:

?    Anspeisung, hier: 7 Quellen
Die örtliche Situierung der Quellen ist im Lageplan des bewilligten Projekt eingezeichnet. Danach speisen nur die Quellen 1 und 4 direkt über eine Rohrleitung, alle anderen süeisen diffus in die oberen, östlichen Teiche der Fischteichanlage (Teich I bis IV) ein. Bei den diffusen Einleitungen werden keine letztmaligen Vorkehrungen erforderlich sein. Bei den direkt eingeleiteten Quellüberläufen sind die Rohrleitungen entweder zu entfernen oder in die gleiche wasserführende Bodenschicht einzubinden.

?    Teichanlage
Die Bewilligung umfasst die Fischteichanlage selbst bestehend aus den Einzelteichen I bis IX und den Flachwasser-Absetzteichen X bis XII samt den zugehörigen Einrichtungen (Zwischenklärbecken mit Schilfbewuchs, biologisches Klärbecken, Graben mit Schotter und Schilfbewuchs).
Im Vermessungsplan vom 08.02.2019 sind die Umrisse der Teich I bis IX und X bis XII dargestellt. In der Verhandlungsschrift vom 16.12.2019 wurde festgestellt, dass die Fischteichanlage baulich nicht fertiggestellt wurde, weiters, dass immer noch Baggerarbeiten durchgeführt werden und dass zum Bewilligungsbescheid wesentliche Abänderungen vorliegen. Diese wesentlichen Abänderungen sind beschrieben.

?    Ausleitung in den Vorfluter, hier: Drainagegraben
Laut Untersuchungsbefund 2019 (Probenahme 07.05.2019) ist beim Ablauf des Teich X ein Mönch als Auslaufbauwerk vorhanden, von welchem das Wasser in den Vorfluter fließt. Für das Erlöschensverfahren ist es unerheblich, das Ablaufwasser direkt oder im Wege der drei kleinen Teiche in den Vorflutgraben fließt.

Nach der Verhandlung vom 16.12.2019 sieht die Behörde einen Erlöschens-

Tatbestand zur Bewilligung vom 23.07.2013, Zahl *** gegeben.

Folgende letztmalige Vorkehrungen sind erforderlich:

1.   Aus allen Teichen gemäß Bewilligung vom 23.07.2013, das sind die Teiche I bis XII laut bewilligtem Projekt, dargestellt auch im Vermessungsplan der Abteilung ***, GZ:*** vom 08.02.2019, sind alle Fische fachgerecht entnehmen zu lassen. Die Fische sind artengerecht in anderen Teichen oder sonstigen geeigneten Einrichtungen unterzubringen.
Weiter sind vorhandene Amphibien und sonstige aquatische Lebenswesen fachgemäß entnehmen zu lassen und unter Beachtung des Artenschutzes in nahe gelegene Lebensräume zu verbringen.
Mit der Bestandsaufnahme und mit der ordnungsgemäßen Verbringung ist eine Fachfirma zu betrauen. Die Arbeiten sind von einem Fachkundigen zu überwachen und zu dokumentieren. Zu beachten sind die Vorgaben des Tier- und Artenschutzes. Darüber ist der Behörde ein Bericht vorzulegen.

2.   Nach Entnahme aller Fische und sonstigen Lebewesen sind alle Teiche zu entspannen (entleeren). Dort, wo dies nicht in freiem Gefälle möglich ist, sind Pumpen einzusetzen. Bei der Entleerung mit Ableitung in den Vorfluter dürfen weder Schlamme noch Schweb- und Trübstoffen abgeleitet werden. Es sind die Grenzwerte der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung einzuhalten. Die Arbeiten zur Entleerung sind von einem Fachkundigen zu überwachen und zu dokumentieren.

3.   Bei den Quellen 1 und 4 (laut Bezeichnung im bewilligten Projekt) sind vorhandene Rohrleitungen zu entfernen oder unterirdisch in die gleiche wasserwegige Schichte (Aquifer) einzubinden.

4.   Das Auslaufrohr in den Vorfluter ist zur Gänze zu entfernen oder im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer so stillzulegen, dass eine Pflege des Grabens möglich ist.

5.   Aus den stillgelegten Teichen sind Abfälle und Schlamm zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen.
(Anmerkung: eine Rekultivierung des Areals ist eine privatrechtlich Angelegenheit des Grundeigentümer)

6.   Die Durchführung der letztmaligen Vorkehrungen ist der Behörde unter Vorlage eines Berichtes der/des betrauten Fachkundigen nachzuweisen.

Frist: 30.04.2021

Anmerkung: Die Arbeiten sollten während der Wintermonate durchführt werden.“

1.4. Mit Schreiben vom 20. August 2020 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer A mitgeteilt, dass im Zuge einer mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2019 festgestellt worden sei, dass das gegenständliche Vorhaben nicht fristgerecht ausgeführt worden und daher das gegenständliche Wasserrecht aus rechtlicher Sicht erloschen sei. Es sei daher beabsichtigt, das Erlöschen festzustellen und nachfolgend aufgelistete letztmalige Vorkehrungen vorzuschreiben. Es folgen sodann die sechs Punkte aus dem vorgenannten Schriftstück. Auch die in Aussicht genommene Frist ist angeführt.

1.5. In seiner Stellungnahme dazu macht der Beschwerdeführer geltend, dass ihm bei der mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2019 eine Frist zur Erfüllung noch nicht erfüllter Auflagen nicht eingeräumt worden sei; er hätte nach dem Lokalaugenschein, soweit zu dieser Jahreszeit möglich, mit der Erfüllung der festgestellten Verpflichtungen und Auflagen begonnen. Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie sei es zu Verzögerungen gekommen. Ein Vertreter des von ihm beauftragten Ingenieurbüros hätte sich in der Folge an die Behörde gewandt. Hinsichtlich deponierechtlicher Verpflichtungen sei ihm behördlicherseits eine Fristerstreckung bewilligt worden; hinsichtlich der wasserbau- und gewässerschutztechnischen Auflagen und der Vorlage von Ausführungsunterlagen, für welche beim Lokalaugenschein am 16. Dezember 2019 keine Frist gesetzt worden sei, hätte der Vertreter des technischen Büros zunächst um einen Termin mit dem Amtssachverständigen ersucht. Das hinsichtlich der deponierechtlichen Verpflichtungen von der Behörde beantwortete Schreiben sei an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet, letztlich aber unbeantwortet geblieben.

Die erforderlichen Erfüllungsmaßnahmen würden bis 30. November 2020 abgeschlossen sein, weshalb er beantrage, das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes nicht festzustellen und ihm eine Frist zur Erfüllung der Auflagen, Behebung bestehender Umsetzungsmängel und Vorlage von Ausführungsunterlagen bis zum 30. November 2020 zu gewähren.

1.7. Mit Bescheid vom 16. September 2020, ***, stellte die belangte Behörde fest, dass das mit Bescheid vom 23. Juli 2013, ***, erteilte Wasserbenutzungsrecht erloschen sei. Weiteres wurden die oben aufgelisteten Maßnahmen 1. bis 6. vorgeschrieben und für deren Durchführung und Mitteilung an die Behörde eine Frist bis 30. April 2021 gesetzt.

Begründend führt die belangte Behörde an, dass im Zuge einer mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2019 festgestellt worden sei, dass das Vorhaben nicht fristgerecht ausgeführt worden und das Wasserrecht erloschen sei. Das Erlöschen trete ex lege mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes ein; der Feststellungsbescheid sei nur deklarativ. Die in der Äußerung angesprochene Mail-Korrespondenz beziehe sich auf ein abfallrechtliches Verfahren; eine Fristverlängerung hinsichtlich wasserbau- und gewässerschutztechnischer Auflagen sei nicht erteilt worden.

Mit Bezug auf die letztmaligen Vorkehrungen (mit denen sich die Behörde in der Begründung nicht näher auseinandersetzt) wird ausgeführt, dass die für notwendig erachteten letztmaligen Vorkehrungen aus wasserbautechnischer Sicht innerhalb der festgesetzten Frist durchführbar seien und daher der gewährte Zeitraum zur Erfüllung angemessen sei.

1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des A, worin er ausdrücklich lediglich den Ausspruch hinsichtlich der Erfüllungsfrist für die vorgeschriebenen letztmaligen Vorkehrungen anficht und deren Abänderung in Form einer Fristsetzung bis 30. Oktober 2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass die festgesetzte Frist nicht angemessen im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 sei, weil die ordnungsgemäße Unterbringung der aus den Fischteichen zu entfernenden Fische erhebliche Zeit in Anspruch nehme und der Beschwerdeführer an einer ordnungsgemäßen Vorgehensweise besonders interessiert sei, weil die Fischteichanlage seine Existenzgrundlage sei; überdies wären die vorgeschriebenen Vorkehrungen teilweise „naturgemäß lediglich in den Sommermonaten“ durchführbar, so die vorgeschriebenen (Grabe-)Arbeiten. Er benötige jedenfalls die Sommermonate des nächsten Jahres.

Die belangte Behörde legte den Akt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vor.

2.   Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich

2.1. Das Gericht forderte die belangte Behörde zunächst auf, den mit der Festlegung der letztmaligen Vorkehrungen befasst gewesenen Amtssachverständigen bekannt zu geben und ersuchte diesen in der Folge um Erstattung eines Gutachtens zur Angemessenheit der Erfüllungsfrist, wobei nachvollziehbar angegeben und begründet werden möge, mit welchem zeitlichen Aufwand in Wochen bzw. Monaten die einzelnen Maßnahmen einschließlich der dafür notwendigen Vorbereitungen verbunden sind und ob diese Arbeiten an bestimmte Jahreszeiten gebunden wären. Sofern sich daraus nicht ohnedies die vom Beschwerdeführer begehrte Frist ergäbe, möge dargelegt werden, ob wasserwirtschaftliche Gründe oder sonstige aus fachlicher Sicht zu erkennende öffentliche Interessen einer großzügigeren Fristsetzung im Sinne des Begehrens, nämlich einer Erfüllungsfrist bis zum 30. Oktober 2021 entgegenstehen.

2.2. Der Amtssachverständige teilte dem Gericht in der Folge mit, dass aus fachlicher Sicht kein Einwand gegen Einräumung der beantragten Erfüllungsfrist bestehe; es werde weder ein Widerspruch zu wasserwirtschaftlichen noch zu öffentlichen Interessen gesehen; der fachliche Hinweis auf die Durchführung innerhalb der Wintermonate sei mit einer einfacheren Entfernung von Schlamm und Abfälle zu begründen. Zur Frage des konkreten zeitlichen Aufwandes äußerte sich der Sachverständige nicht.

2.3. Der belangten Behörde wurde in der Folge Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben. In ihrer Stellungnahme bringt diese unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.01.1987, 86/07/0209, vor, dass eine Frist zur Durchführung letztmaliger Vorkehrungen nicht rechtswidrig sei, wenn die Durchführung dieser Vorkehrungen innerhalb der gesetzten Frist auch nur unter größtmöglicher Anstrengung erfolgen könne; eine solche Anstrengung sei der Partei sowohl aus Gründen des Umweltschutzes als auch mit Rücksicht darauf zumutbar, dass sie bereits ab dem Ablauf der Bewilligungsfrist mit diesbezüglichen behördlichen Auflagen rechnen musste. Der Beschwerdeführer hätte daher bereits mit Ablauf der Bauvollendungsfrist mit behördlichen Aufträgen rechnen müssen. Seitens der Behörde werde der Verlängerung der Frist für die Durchführung von letztmaligen Vorkehrungen „nicht zugestimmt“.

3.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

3.1.     Feststellungen und Beweiswürdigung

Der unter Punkt 1. beschriebene Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der belangten Behörde und ist unstrittig.

Dass sich die in Rede stehenden letztmaligen Vorkehrungen bis zum 30. Oktober 2021 jedenfalls bewerkstelligen lassen, ist unbestritten; ob und in welcher kürzeren Frist sich diese Maßnahmen auch durchführen ließen, braucht – wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird – nicht festgestellt zu werden.

Öffentliche Interessen stehen der Fristsetzung im begehrten Ausmaß nicht entgegen. Die ergibt sich aus der Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen; Gegenteiliges ist nach Lage des Falles unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung letztmaliger Vorkehrungen (s. dazu unter 3.3.) auch nicht zu erkennen; solches vermochte auch die belangte Behörde nicht schlüssig zu behaupten.

3.2.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

(…)

AVG

§ 59. (…)

(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.

VwGVG

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.   der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.   die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.   wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

3.3.     Rechtliche Beurteilung

3.3.1. Auf Grund des eindeutigen Inhalts des Anbringens des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass dieser nur die Fristsetzung durch die belangte Behörde bekämpft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.06.2006, 2004/05/0027) kann die Erfüllungsfrist eines behördlichen Auftrags gesondert angefochten werden, sodass der Auftrag allein in Rechtskraft erwächst und die berufungsbehördliche bzw. nunmehr gerichtliche Entscheidungsbefugnis (§ 27 VwGVG) auf die Prüfung der Angemessenheit der Fristen (und deren Neufestsetzung) beschränkt ist (VwGH 30.01.2007, 2006/05/0247). Ein solcher Fall liegt gegenständlich vor.

3.3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB 06.11.2003, 2003/07/0129; 19.05.1994, 92/07/0067) hat die nach der Vorschrift des § 59 Abs. 2 AVG zu setzende Leistungsfrist für die Erfüllung eines wasser-polizeilichen Auftrags angemessen zu sein, wobei Kriterium der Gesetzmäßigkeit des in der Fristsetzung auszuübenden Ermessens die Angemessenheit einer gesetzten Frist unter dem Gesichtspunkt ist, dass sie objektiv geeignet ist, dem Leistungspflichtigen unter Anspannung aller seiner Kräfte der Lage des konkreten Falles nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen. Objektiv zu erkennende Schwierigkeiten in der Befolgung eines erteilten Auftrages können dabei nicht ohne Einfluss auf die gemäß § 59 Abs. 2 AVG zu setzende Leistungsfrist bleiben.

3.3.3. Bei der dem Gericht nun obliegenden Bemessung der Erfüllungsfristen hat dieses vom Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen und damit die seit Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeit zu berücksichtigen (anzumerken ist, dass die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht ausgeschlossen hatte, wofür im übrigen auch kein Grund vorgelegen wäre).

Unterstellt man die Angemessenheit der von der belangten Behörde festgesetzten Frist, für welche jene freilich keine nähere Begründung gegeben hat, ergibt sich von der Bescheiderlassung aus gerechnet und allfällige jahrzeitlich bedingte Hindernisse bei Seite gelassen, ein Zeitraum von etwa 7 ½ Monaten (ausgehend vom Zeitpunkt, zu dem der Sachverständige der Behörde den für angemessen erachteten Erfüllungstermin genannt hatte, etwa ein Monat mehr). Jene Frist der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt, resultierte ein neuer angemessener Erfüllungstermin etwa Mitte Juli 2021. Dabei ist allerdings noch nicht berücksichtigt, dass nun der Erfüllungsbeginn in eine Jahreszeit fällt (Winterbeginn), in der Bauarbeiten erfahrungsgemäß witterungsbedingten Schwierigkeiten unterliegen (vgl. VwGH 24.04.2003, 2000/07/0247), sowie mögliche Verzögerungen angesichts der gegenwärtigen außerordentlichen Verhältnisse infolge der Covid-19-Pandemie.

Aufgrund des Umstandes, dass im Hinblick auf die seit Erlassung des angefochten-en Bescheides verstrichenen Zeit jedenfalls eine Neubemessung der Erfüllungsfrist vorzunehmen ist, und im Hinblick auf die Einschätzung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, dass wasserwirtschaftliche und sonstige öffentliche Interessen der Stattgabe des Begehrens des Beschwerdeführers nicht entgegenstehen (dem auch die belangte Behörde substantiell nicht entgegengetreten ist), erscheint dem Gericht die Festsetzung der Erfüllungsfrist wie vom Beschwerdeführer begehrt durchaus vertretbar. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es bei letztmaligen Vorkehrungen – anders als bei gewässerpolizeilichen Maßnahmen zur Beseitigung von Gewässergefährdungen oder konsenslosen Neuerungen – darum geht, die aufgrund des Wegfalls der Erhaltungspflicht nach § 50 Abs. 1 WRG 1959 aus öffentlichen Rücksichten (etwa wegen Gefährdung von Personen oder fremden Eigentum), im Interesse andere Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. VwGH 23.05.2019, Ro 2018/07/0044), und diese Schutzgüter im konkreten Fall durch eine etwas großzügigere Fristsetzung nicht beeinträchtigt erscheinen (was sich auch aus der vom Gericht eingeholten Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ergibt). Dabei ist zu beachten, dass nach der Judikatur (zB VwGH 28.06.2017, Ra 2017/07/0010) die Instandhaltungsverpflichtung des ehemaligen Wasserberechtigten bis zur Durchführung der letztmaligen Vorkehrungen weiterbesteht.

Schließlich kommt nach der Rechtsprechung zur Angemessenheit von Erfüllungsfristen die Bedachtnahme auf wirtschaftliche Umstände insoweit in Betracht, als die von der Behörde in erster Linie zu wahrenden öffentlichen Interessen dies nach den Umständen des Einzelfalles zulassen (zB VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0033). In diesen Zusammenhang ist das nicht als unplausibel zu erkennende Vorbringen des Beschwerdeführers zu stellen, wonach besondere Achtsamkeit bei der Entnahme und Unterbringung der Fische, die seine Lebensgrundlage darstellten, geboten sei.

3.3.4. Sohin erschien es dem Gericht angebracht, die Erfüllungsfrist für den in Rede stehenden Auftrag zur Durchführung letztmaliger Vorkehrungen spruchgemäß festzusetzen, ohne das Ausmaß des unbedingt erforderlichen Zeitbedarfes noch näher (im Sinne des dem Amtssachverständigen gestellten, von diesem aber nicht vollständig beantworteten Beweisthemas) zu erforschen; ganz abgesehen davon, dass die dafür erforderliche Zeit einschließlich der Anhörung der Parteien wiederum bei der Neubemessung der Frist einzurechnen wäre.

Es sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Ausübung eines erloschenen Wasserbenutzungsrechtes während der noch offenen Erfüllungsfrist zur Durchführung letztmaliger Vorkehrungen unzulässig ist.

3.3.5. Der Anhörung des Beschwerdeführers bzw. der Durchführung der von diesem begehrten mündlichen Verhandlung bedurfte es im Hinblick auf den Umstand, dass seinem Begehren vollinhaltlich stattgegeben wurde, nicht. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 VwGVG sind damit erfüllt.

Zum Vorbringen der belangten Behörde sei ergänzend folgendes bemerkt:

Auch wenn der Verpflichtete nach Lage des Falles mit behördlichen Aufträgen rechnen muss, enthebt dies die Behörde nicht der Verpflichtung, die von ihr zu setzenden Frist vom Entscheidungszeitpunkt aus zu bemessen und dies – sofern die Angemessenheit nicht von vorherein völlig offenkundig bzw. unbestritten ist – auch nachvollziehbar zu begründen. Bei der Fristsetzung ist auch eine entsprechende Vorbereitungszeit zu berücksichtigen, etwa zur Beauftragung von Fachunternehmen – wenigstens sofern, wie hier, explizit angeordnet (wobei im konkreten Fall bemerkenswerter Weise nicht bloß die Entfernung der Fische, sondern auch der Amphibien „und sonstiger aquatischer Lebewesen“ durch eine Fachfirma und unter Beachtung des Artenschutzes vorgeschrieben wurde, was sich wohl nicht so einfach kurzfristig bewerkstelligen lassen dürfte und wobei sich die Frage stellt, ob diese Tiere während des Winters artgerecht umgesiedelt werden können).

Schließlich unterscheidet sich der Fall des Fristablaufs einer Bewilligung von dem einer Bauvollendungsfrist ua. dahingehend, dass § 121 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 eine Ausnahme in Bezug auf den Erlöschensgrund des § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 ermöglicht. Es sei dahingestellt, ob der Beschwerdeführer angesichts des Umstandes, dass die Behörde im Zuge der Verhandlung am 16. Dezember 2019 dem Beschwerdeführer die Veröffentlichung eines „verfahrensabschließenden Bewilligungsbescheides“ ankündigte und in der Verhandlungsschrift von einem Erlöschen bzw. der Einleitung des Erlöschensverfahrens keine Rede ist, mit der gewählten Vorgangsweise der Behörde rechnen musste.

3.3.6. Eine Rechtfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, bewegt sich diese Entscheidung doch im Rahmen der von der Judikatur (vgl. die angeführten Rechtsprechungszitate) aufgestellten Leitlinien. Die Revision gegen diese Entscheidung ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Verfahrensrecht; letztmalige Vorkehrungen; Erfüllungsfrist; Angemessenheit; wirtschaftliche Umstände;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1176.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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