TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/24 L510 2233149-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.08.2020
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Entscheidungsdatum

24.08.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4

Spruch

L510 2233149-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.06.2020, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) ist türkischer Staatsbürger. Sie wurde am XXXX in Österreich geboren. Sie ist Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“. Sie wurde wegen mehrerer Delikte rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, zuletzt zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 38 Monaten, sie befindet sich derzeit in Straftat.

Am 09.10.2019 erfolgte in der Justizanstalt eine niederschriftliche Einvernahme der bP zum gegenständlichen Verfahren. Die Haftentlassung ist mit 30.11.2021 geplant.

2. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 5 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 5 Fremdenpolizeigesetz wurde gegen sie ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde ihr ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

3. Mit Schriftsatz der Vertretung vom 13.07.2020 wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.

4. Mit 21.07.2020 langte der Verwaltungsverfahrensakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität der bP steht fest. Sie führt den im Spruch genannten Namen und das im Spruch angeführte Geburtsdatum, sie ist in Österreich geboren. Die bP ist türkischer Staatsangehöriger. Nach ihrer Geburt kehrte sie mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in die Türkei zurück. Ihr Vater blieb in Österreich. 1989 kam die Familie wieder zurück nach Österreich. Die bP absolvierte in Österreich die Grundschule und spricht Türkisch, Deutsch und Englisch. Sie hat eine Lehre als Maler abgerochen und hat keine Berufsausbildung. Die bP lernte sowohl die österreichische, wie auch die türkische Kultur kennen. Die bP ist geschieden und Vater von zwei minderjährigen Kindern im Alter von 9 und 14 Jahren. Zur Kindesmutter hat sie keinen Kontakt. Sie ist für ihre Kinder unterhaltspflichtig, kommt jedoch ihrer Verpflichtung nicht nach, da sie in Haft ist. Die Obsorge für ihre Kinder, welche bei einer Pflegefamilie untergebracht sind, obliegt der Kinder- und Jugendhilfe. Sie steht seit dem Jahr 2013 in keinem direkten Kontakt zu ihren Kindern. Ihr ist auch den Aufenthaltsort der Kinder nicht bekannt. Die bP leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung, noch ist sie pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Aufgrund ihrer Suchtgiftabhängigkeit befindet sie sich in einem Substitutionsprogramm. Die bP hat den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ inne. Sie war zuletzt ohne gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet aufhältig.

Die Eltern der bP leben zur Hälfte in der Türkei und zur Hälfte in Österreich. Sie haben dort 2 Häuser und eine Wohnung. Ein Bruder, sowie Onkel und Tanten wohnen in der Türkei. Außer im Urlaub hat die bP wenig Kontakt zu ihren Verwandten in der Türkei. Zuletzt war sie dort im Jahr 2009 für 2 Wochen. 3 Geschwister leben in Österreich und haben die österreichische Staatsbürgerschaft inne. Beginnend mit dem Jahr 2000 war die bP in meist kurzen Arbeitsverhältnissen insgesamt 5 Jahre lang berufstätig. Ihrer letzte Erwerbstätigkeit ging sie 2011 nach. Sie verfügt über einen Freundeskreis in Österreich, wobei sie aufgrund ihrer Suchtgiftdelinquenz den Kontakt zu einem Teil der Freunde abgebrochen hat. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu irgendwelchen Personen besteht nicht.

Gegen die bP liegen folgende rechtskräftige Urteile vor:

01) LG XXXX vom 09.01.2006 RK 13.01.2006

PAR 127 128 ABS 1/4 129/1 StGB

Freiheitsstrafe 9 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 13.01.2006

zu LG XXXX RK 13.01.2006

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 13.01.2006

LG XXXX vom 29.04.2010

02) LG XXXX vom 22.12.2009 RK 29.12.2009

PAR 15 12 127 129/1 StGB

Datum der (letzten) Tat 04.09.2009

Freiheitsstrafe 10 Monate, davon Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit

3 Jahre

Vollzugsdatum 28.08.2015

zu LG XXXX RK 29.12.2009

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 07.05.2010

LG XXXX vom 11.05.2010

zu LG XXXX RK 29.12.2009

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 09.11.2011

zu LG XXXX RK 29.12.2009

Der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 19.11.2013

03) BG XXXX vom 09.11.2011 RK 02.12.2011

§ 229 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 11.05.2011

Geldstrafe von 140 Tags zu je 6,00 EUR (840,00 EUR) im NEF 70 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 08.04.2013

04) BG XXXX vom 01.02.2012 RK 01.02.2012

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 31.05.2011

Geldstrafe von 20 Tags zu je 4,00 EUR (80,00 EUR) im NEF 10 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX

XXXX RK 02.12.2011

Vollzugsdatum 13.02.2012

05) BG XXXX vom 27.09.2012 RK 12.11.2012

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 18.03.2012

Geldstrafe von 140 Tags zu je 4,00 EUR (560,00 EUR) im NEF 70 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 28.08.2015

zu BG XXXX RK 12.11.2012

zu LG XXXX RK 29.12.2009

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 11.11.2014, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 26.09.2014

zu BG XXXX RK 12.11.2012

zu LG XXXX RK 29.12.2009

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 29.04.2015

06) LG XXXX vom 24.09.2013 RK 28.09.2013

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3), 27 (5) SMG

Datum der (letzten) Tat 31.07.2013

Freiheitsstrafe 3 Monate

Vollzugsdatum 06.12.2013

07) LG XXXX vom 19.11.2013 RK 22.11.2013

§§ 127, 129 Z 1, 2, 130 4. Fall StGB § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.08.2013

Freiheitsstrafe 9 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX

XXXX RK 28.09.2013

Vollzugsdatum 06.09.2014

08) LG XXXX 29.04.2015 RK 04.05.2015

§§ 127, 128 (1) Z 4, 129 Z 1, 130 3. Fall, 130 4. Fall StGB § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 27.01.2015

Freiheitsstrafe 2 Jahre

Vollzugsdatum 02.06.2018

09) BG XXXX vom 16.06.2016 RK 21.06.2016

§ 15 StGB § 127 StGB

§ 241e (3) StGB

Datum der (letzten) Tat 21.04.2016

Geldstrafe von 240 Tags zu je 4,00 EUR (960,00 EUR) im NEF 120 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 30.09.2018

10) LG XXXX vom 01.12.2016 RK 22.02.2017

§§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (2) 2. Fall StGB § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 23.05.2016

Freiheitsstrafe 38 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX

XXXX RK 21.06.2016

Sie wurde zuletzt mit Urteil des Landesgerichts vom 01.12.2016, Zl: XXXX , wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den § 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 STGB zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 38 Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Ausreise in die Türkei aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen individuellen Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt wäre oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würde.

1.3. Zur aktuellen Lage in der Türkei wird auf die länderkundlichen Feststellungen des BFA im bekämpften Bescheid verwiesen, die auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsverfahrensaktes. Zentral wurden berücksichtig:

- Verfahrensakt des BFA

- Auszüge aus ZMR, IZF, GVS, Sozialversicherungsdaten, SA,

- Gerichtsurteile

- Niederschrift mit der bP

- Bescheid des BFA

- Beschwerde

2.1. Die Feststellungen zur Person zu 1.1. stützen sich auf den vorliegenden Akteninhalt, insbesondere auf den Angaben der bP im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme, diese wurden im Verfahren auch nicht bestritten, weshalb auch das BVwG diese Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legt. Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus den SA Auszügen.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. wurden mangels irgendeines in diese Richtung deutenden Vorbringens durch das BFA getroffen. Auch in der Beschwerde machte die bP in Bezug auf ihren Herkunftsstaat keine Probleme geltend.

Insgesamt war somit den diesbezüglichen Feststellungen des BFA nicht entgegen zu treten. Dass es aktuell in der Türkei keinen landesweiten bewaffneten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt dort jedermann, sohin auch die bP, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war zugleich als notorisch festzustellen, wie dies aus den Feststellungen des BFA zu gewinnen war. Zudem verbrachte die bP Urlaube in der Türkei, was ebenfalls gegen eine Bedrohung spricht. Auch legte die bP in ihrer Einvernahme selbst dar, dass sie schon in der Türkei leben könnte, dies jedoch schwer wäre, weil ihre Kinder in Österreich sind.

2.3. Die vom BFA getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Türkei stellen sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang.

2.4. Zum Beweisantrag in der Beschwerde, den Bruder XXXX der bP zu seiner Beziehung zur bP einzuvernehmen und dazu, dass er ihm helfen würde, nicht wieder auf die schiefe Bahn zu geraten, ist festzustellen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Beweisanträge dann abgelehnt werden dürfen, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, wenn es auf sie nicht ankommt oder wenn das Beweismittel – ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung – untauglich ist (vgl VwGH vom 27. Februar 2003, Zl 2002/20/0492; VwGH 24. 4. 2003, 2000/20/0231). Aus sachlicher Sicht setzt ein Beweisantrag voraus, dass er „prozessual ordnungsgemäß“ gestellt wird, denn nur dann ist er als solcher beachtlich. Entscheidend für einen Beweisantrag ist vor allem die Angabe des Beweismittels und des Beweisthemas, also der Punkt und Tatsachen, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. Erheblich ist ein Beweisantrag jedoch in der Folge nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn diese schon nicht selbst erheblich (sachverhaltserheblich) ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine erhebliche (sachverhaltserhebliche) Tatsache zu gewinnen (Hinweis, Stoll, BAO-Handbuch, 1891). Beweise bei einem nur unbestimmten Vorbringen müssen nicht aufgenommen werden (Hinweis VwGH 20.1.1988, 87/13/0022, 0023; VwGH 24.01.1996, 94/13/0125); Thienel Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174)

Es liegt im Wesen der freien Beweiswürdigung, dass Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn sich die Verwaltungsbehörde [das Gericht] auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltsmomente machen konnte (VwGH 17.01.1991, 90/09/0148; vgl auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 65 zu § 52 AVG, mit weiterführenden Hinweisen auf die Judikatur).

Gegenständlich wurde die bP zu ihrem Privat- und Familienleben einvernommen. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Bruder machte sie dabei nicht geltend. Vielmehr legte sie selbst dar, dass ihre Geschwister Familien haben, weshalb Besuche in der JA schwierig sind. Zudem wurde auch in der Beschwerde nicht dargelegt, was der Bruder als Zeuge genau darlegen könnte, weshalb es auch an einer Relevanzdarstellung fehlt. Wenn dargelegt wird, dass der Bruder der bP helfen würde, nicht wieder auf die schiefe Bahn zu geraten, so wird hier nur eine Hypothese in Aussicht gestellt, keinesfalls jedoch eine Zeugenaussage über tatsächlich erlebtes. Aufgrund des unbestimmten Vorbringens und der zum Teil auch Untauglichkeit des Beweisangebots und deshalb, weil sich das Gericht bereits ein umfassendes Bild machen konnte, war dem Beweisantrag somit nicht zu entsprechen.

Gleiches gilt auch in Bezug auf die beantragte Einvernahme der Bruders XXXX zum Beweis seiner Beziehung zur bP. Dabei ist insbesondere auch der bereits lange Haftaufenthalt der bP zu berücksichtigen sowie ihre eignen Angaben, wonach kein besonderes Naheverhältnis zu den Brüdern dargelegt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

1. Zu Spruchpunkt I.

Rückkehrentscheidung

§ 52 FPG lautet:

(1) ...

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

[…]

§ 53 FPG lautet:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) ...

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. (…)

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

[…]

Im gegenständlichen Fall wurde seitens des BFA festgestellt, dass sich die bP im Bundesgebiet rechtmäßig aufhält und den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" innehat. Dies ergibt sich nachweislich und unbestritten aus den Auszügen des IZF. Die bP ist daher auf Dauer rechtmäßig niedergelassen.

Das BFA hat somit richtigerweise die Rückkehrentscheidung auf den Tatbestand des § 52 Abs 5 FPG gestützt.

1.2. Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG ist ein Einreiseverbot auch unbefristet zu erlassen, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

Gegenständlich wurde die bP zuletzt zu 38 Monaten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt, weshalb der Tatbestand des § 53 Abs 3 Z 5 FPG erfüllt ist.

Diese Tatsache alleine indiziert bereits das Vorliegen einer hinreichend schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt der bP im Bundesgebiet (VwGH 30.07.2014, 2013/22/0281).

Das BFA war daher dem Grunde nach berechtigt, sogar ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen.

Darüber hinaus ist im Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung, in deren Rahmen neben der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung auch das bisherige Verhalten der bP während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet sowie ihr Privat- und Familienleben zu analysieren und berücksichtigen sind, eine Gefährlichkeitsprognose zu treffen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109, mwN aus der Judikatur).

Wie das BFA darlegte, erfolgte die erste Verurteilung der bP am 09.01.2006 zu XXXX durch das Landesgericht wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB. Dafür wurde die bP, unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Die Strafe wurde am 29.04.2010 endgültig nachgesehen.

Erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßte sie aufgrund ihrer Verurteilung am 22.12.2009 zu XXXX des Landesgerichts XXXX wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 12, 127, 129 Z 1 StGB. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, wobei 7 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden. Der unbedingte Teil von 3 Monaten wurde am 07.05.2010 vollzogen. Die Probezeit der bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe wurde aufgrund neuerlicher Delinquenz zunächst auf 5 Jahre verlängert und schließlich mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 19.11.2013 zu XXXX widerrufen. Die Freiheitsstrafe von 7 Monaten wurde am 28.08.2015 vollzogen.

Nach Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz in den Jahren 2012 und 2013 wurde sie vom Landesgericht XXXX am 19.11.2013 zu XXXX wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.09.2013 zu XXXX (Freiheitsstrafe von 3 Monaten wegen strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz) zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, die sie am 06.09.2014 vollzogen hat. Laut Urteilstenor hat sie im Zeitraum vom 01.07.2013 bis 26.08.2013 in XXXX

I./ fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt EUR 3.000,-- nicht jedoch EUR 50.000,-- übersteigenden Wert andere durch Einbruch in ein Gebäude, teils in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter mit den gesondert verfolgten XXXX , mit dem Vorsatz weggenommen, bzw. zu den Punkten 2. und 7. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Taten gewerbsmäßig beging, und zwar

1./ am 09.08.2013 in XXXX XXXX M. als Verfügungsberechtigten des XXXX Bargeld in Höhe von zumindest EUR 970,-- verschiedene Süßwaren im Wert von EUR 92,40, 120 Stück Red-Bull-Dosen im Wert von EUR 396,00, eine Handkasse im Wert von EUR 20,00, 7 Stangen Zigaretten im Wert von EUR 352,00, 5 Zigarettenpackungen im Wert von EUR 30,00, einen Müllcontainer im Wert von EUR 45,00 einen Schlüsselbund im Wert von EUR 100,00 sowie eine Geldbörse im Wert von EUR 30,00 indem Sie zunächst im Bereich des Haupteinganges mit einem unbekannten Gegenstand zwei Fensterscheiben einschlug, die Türe des Kiosks und drei abgestellte Spielzeugautomaten aufbrach;

2./ am 10.08.2013 in XXXX mit den abgesondert verfolgten XXXX , am Kiosk XXXX vorzufindendes Bargeld, indem sie zuerst mittels eines Brecheisens versuchte eine Türe aufzubrechen und in weiterer Folge einen Stein nahm und die Glasscheibe einschlugen, wobei diese Tat beim Versuch blieb;

3./ am 10.08.2013 in XXXX mit den gesondert verfolgten XXXX als Verfügungsberechtigten des Kiosks XXXX Bargeldbestände in Höhe von EUR 100,00, 25 Red-Bull-Dosen im Wert von EUR 62,50, 60 Überraschungseier im Wert von 90,00, 17 Packungen Zigaretten im Wert von 96,00, 40 Armbänder im Wert von 180,00, 4 Sandrosen im Wert von EUR 48,00, 4 Bergkristalle im Wert von EUR 48,00, 4 Kerzenhalter im Wert von EUR 56,00 und einen Metallkorb im Wert von EUR 20,00 indem Sie zunächst mit einem unbekannten Gegenstand die Sperrvorrichtung (Vorhängeschloss) aufbrachen, versuchte die zweite Eingangstüre mit einem Brecheisen aufzubrechen, was ihr jedoch nicht gelang, und daher die Holzvergitterung an der Hinterseite des Kiosks mit dem Brecheisen herunter bogen;

4./ am 11.08.2013 in XXXX mit dem gesondert verfolgten XXXX Münzgeld in unbekannter Höhe und XXXX 1 Geldtasche unbekannten Wertes, indem sie die Scheibe der Empfangskasse einschlug und dort einstieg und mit einem unbekannten Werkzeug die Bürotür des Gastroniomiebetriebes öffnete;

5./ am 19.08.2013 in XXXX mit dem gesondert verfolgten XXXX D. Verfügungsberechtigten des „ XXXX “ 98 Zigarettenpackungen im Wert von EUR 436,80, ein Sparschwein mit Bargeld in Höhe von ca. EUR 160,-- einen Laptop der Marke ASUS im Wert von EUR 400,00 und 24 Dosen Red-Bull im Wert von EUR 30,00 indem sie mit einem Seitenschneider ein Loch in den Maschendrahtzaun schnitt sowie in weiterer Folge eine Fensterscheibe des angeführten Lokals zerschlug;

6./ am 19.08.2013 in XXXX mit dem gesondert verfolgten XXXX S. und XXXX K. Verfügungsberechtigten des XXXX einen Flachbildschirmfernseher der Marke Philips im Wert von EUR 1.111,-- einen Laptop der Marke Acer im Wert von EUR 499,00 eine Digitalkamera der Marke Nikon im Wert von EUR 304,00 eine Handkasse mit Bargeld in Höhe von EUR 130,-- einen Tresor mit Bargeldbeständen in Höhe von EUR 550,-- und Bargeldbestände (Münzgeld) in Höhe von EUR 750,-- indem Sie im Bereich des Hintereingangs ein Fenster mit dem Brecheisen im Erdgeschoss einschlug, 5 weitere Türen im Objekt aufbrach und 2 Getränke- und Süßigkeitenautomaten aufbrach;

7./ am 26.08.2013 in XXXX mit dem gesondert verfolgten XXXX S. der Firma XXXX Zigaretten und Bargeld, indem sie mit einem Hebeeisen, welches sie von einer in der Nähe befindlichen Baustelle mitgenommen hat, versuchte bei zwei Zigarettenautomaten jeweils den ausgabeschlitz aufzubrechen, wobei sie durch die einschreitenden Beamten gestört wurde und flüchtete.

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes XXXX vom 24.10.2014 zu XXXX wurde der Beschluss des Landesgerichts XXXX als Vollzugsgericht vom 26.09.2014 zu XXXX aufgehoben und sie am 11.11.2014 gemäß § 46 Abs 1 und 5 StGB nach dem gänzlichen Vollzug der Freiheitsstrafen von 3 Monaten zu XXXX des Landesgerichtes XXXX und von 9 Monaten zu XXXX des Landesgerichtes XXXX aus dem Vollzug der 7-monatigen Freiheitsstrafe zu XXXX des Landesgerichtes XXXX und von 70 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe zu XXXX des Bezirksgerichtes XXXX bedingt entlassen, wobei die Probezeit mit 3 Jahren bestimmt wurde. Ihr wurden neben der Anordnung von Bewährungshilfe die Weisung zur Inanspruchnahme einer Drogenberatung erteilt.

Trotz dieser Resozialisierungsmaßnahmen wurde sie neuerlich delinquent, was zur Verurteilung am 29.04.2015 durch das Landesgericht XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB (aF) führte. Die über sie verhängte Freiheitsstrafe betrug 2 Jahre, wobei gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB die Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 27.01.2015, 04:10 Uhr bis 29.04.2015, 11:23 Uhr, auf die Strafe angerechnet wurde.

Laut Urteilstenor habt sie in XXXX fremde bewegliche Sachen in einem EUR 3.000,-- nicht jedoch EUR 50.000,-- übersteigenden Wert, einem anderen zu I. durch Einbruch in ein Gebäude, mit dem Vorsatz weggenommen, zu II. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Sie die Taten in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

I.       Am 27.01.2015 in XXXX dem XXXX K. 280 Stangen Zigaretten im Wert von insgesamt EUR 12.675,-- indem sie mit einem Flachwerkzeug mehrere Holzbretter der Bretterwand des Kiosk aufhebelte, diese wegriss, durch die entstandene Öffnung die Zigarettenstangen herausnahm und diese mitnahm;

II.      Am 15.01.2015 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit XXXX als Mittäter den Berechtigten des Geschäftes XXXX und Toilettenartikel im Wert von insgesamt EUR 1.854,05 indem sie die Gegenstände von Verkaufsständern nahm, in zwei Kartons packte und damit das Einkaufszentrum verließ, wobei sie bei der Tat beobachtet wurde.

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes XXXX vom 12.06.2015 zu XXXX wurde der Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 29.04.2015 XXXX aufgehoben und gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die bedingte Entlassung zu XXXX des Landesgerichtes XXXX widerrufen.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. med. XXXX im Verfahren zu XXXX des Landesgerichtes XXXX wurde mit Beschluss vom 23.06.2015 der Vollzug der 2-jährigen Freiheitsstrafe gemäß § 39 Abs 1 SMG für die Dauer von 2 Jahren, gerechnet ab der Entlassung aus der im Verfahren XXXX widerrufenen Freiheitsstrafe zu XXXX des Landesgerichtes XXXX aufgeschoben, wobei als gesundheitsbezogene Maßnahmen eine stationäre Therapie mit psychotherapeutischer Behandlung von 6 Monaten in der Therapiestation „ XXXX “ sowie eine ambulante psychosoziale Beratung und Betreuung in Form einer Vor- und Nachbetreuung von 2 Jahren in der Beratungsstelle „ XXXX “ mit regelmäßigen vierteljährlichen Harnkontrollen bestimmt wurden. Darüber hinaus wurde sie aufgefordert, Bestätigungen über den Beginn und den Verlauf der gesundheitsbezogenen Maßnahmen vorzulegen.

Am 28.05.2015 wurde sie nach vollständiger Verbüßung der widerrufenen Freiheitsstrafe zu XXXX des Landesgerichtes XXXX entlassen.

Anstelle ihren Weisungen konsequent und zielstrebig nachzukommen, wurde sie wiederum straffällig, was zu einer Verurteilung durch das Bezirksgericht XXXX vom 16.06.2016 zu 15 XXXX wegen der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB und des Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB führte und eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen, in Uneinbringlichkeit 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, zu je EUR 4,-- nach sich zog. Laut Urteilstenor hat sie

1.       Im Zeitraum 04.04. bis 09.04.2016 in XXXX ein unbares Zahlungsmittel, nämlich die Bankomatkarte des XXXX T., über die sie nicht oder nicht allein verfügen durfte, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt;

2.       Am 09.04.2016 in XXXX versucht, dem Verfügungsberechtigten des Einkaufszentrums XXXX eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Paar Kopfhörer im Wert von EUR 19,99 mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

3.       Am 21.04.2016 in XXXX versucht, dem Verfügungsberechtigten des XXXX fremde bewegliche Sachen, nämlich 2 Parfums im Gesamtwert von EUR 113,80 mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Da sie ihren Weisungen nicht nachkam, wurde gemäß § 39 Abs 4 Z 1 SMG mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 04.04.2016 zu XXXX der Aufschub des Vollzuges der 2-jährigen Freiheitsstrafe widerrufen. Nach Rechtskraft des Beschlusses trat sie die Freiheitsstrafe nicht freiwillig an, weshalb ihre Vorführung angeordnet wurde, die die Polizeiinspektion XXXX am 02.06.2016 vollzog. Seither befindet sie sich in Strafhaft, wobei Sie seit 03.05.2017 in der Justizanstalt XXXX untergebracht ist.

Zuletzt wurde sie mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 01.12.2016, Zl: XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den § 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 STGB zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 38 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Das Gericht erkannte zu Recht:

XXXX ist schuldig, er hat am 23.05.2016 zwischen 00:00 Uhr und 01:00 Uhr in XXXX gewerbsmäßig nachgenannten Personen nachgenannte fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.00.—nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch in ein Gebäude 1. weggenommen und zu 2. 5. wegzunehmen versucht, indem er im Mehrparteien Haus XXXX zunächst die versperrte Zugangstür zu den Kellerräumlichkeiten mit Hilfe eines großen Schraubenziehers, sohin mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug, und unter Anwendung von Körperkraft durch das Herausdrücken aus der Fallenkopfhalterung aufbrach und anschließend nachgenannte aus Holzlatten bestehende und mit Vorhängeschlössern abgesperrte Kellerabteile unter Einsatz von massiver Körperkraft und Verwendung des Schraubenziehers zu 1. und 2. aufdrückte bzw. öffnete und zu 3. Bis 5. aufrücken bzw. zu öffnen versuchte, und zwar

1.       Dem XXXX K. eine Bohrmaschine im Wert von EUR 120,-- sowie sechs Paar Schuhe im Gesamtwert von EUR 1.000,--

2.       Dem XXXX L. allenfalls aufzufindende Wertgegenstände;

3.       Dem XXXX M. allenfalls aufzufindende Wertgegenstände;

4.       Dem XXXX S. allenfalls aufzufindende Wertgegenstände;

5.       Der XXXX F. allenfalls aufzufindende Wertgegenstände;

Er hat hierdurch das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB begangen und wird hierfür nach §130 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 16.06.2016 zu XXXX gemäß den §§ 31, 40 StGB zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 38 Monaten verurteilt

Es steht somit auch für das BVwG fest, dass die bP die angeführten Delikte begangen hat. Zudem steht fest, dass die bP wiederholt einschlägig straffällig wurde. Unzweifelhaft stellt das in den genannten rechtskräftigen Verurteilungen zum Ausdruck kommende Fehlverhalten der bP eine gewichtige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen, konkret an der Verhinderung von Eigentumsdelikten und Suchtgiftdelikten, dar. Die bP wurde zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen auf der selben schädlichen Neigung beruhenden Delikten verurteilt. Dem BFA kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn es darlegt, dass die Gefahr noch gegenwertig ist, bedenkt man, dass die bP zuletzt erst vor relativ kurzer Zeit rechtskräftig verurteilt wurde und sich deshalb in Strafhaft befindet. Aufgrund der offensichtlichen Unbelehrbarkeit der bP ist eine Wiederholungsgefahr im besonderen Maße naheliegend. Dies ergibt sich insbesondere auch aus den wiederholten Tatbegehungen im letzten Urteil.

Die bP hat widerholt die österreichische Rechtsordnung missachtet. Sie hat kein Interesse gezeigt, sich an die österreichischen Gesetze zu halten und befindet sich derzeit in Haft. Insgesamt stellt der Aufenthalt der bP im Bundesgebiet somit eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Es besteht gegenständlichen zweifellos ein öffentliches Interesse an ihrer Aufenthaltsbeendigung. Die bP hat beharrlich gegen die Gesetze der österreichischen Rechtsordnung verstoßen. Die Straftaten sind wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Hierbei sind vor allem die wiederholt begangenen Straftaten sowie die erst relativ kurz zurückliegende Verurteilung wegen gleichartiger Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild relevant. Ihr bisheriges Verhalten läuft zweifellos den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwider. Durch ihr Fehlverhalten bringt sie eine mangelnde Rechtstreue und ihre Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck. Die von ihr gesetzten Straftaten beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung (weiterer) strafbarer Gewaltdelikte.

Das BFA legte dar, dass, wie ebenso im Urteil des Landesgerichts festgestellt wurde, ihr Aufenthalt in Österreich von schwerer Kriminalität geprägt ist, was zu mehrfachen Verurteilungen und Haftstrafen führte. Beginnend mit 2006, wurde sie bereits 10 Mal durch inländische Gerichte, unter anderem wegen strafbaren Handlungen nach dem Suchtgiftmittelgesetz, schweren Diebstahl, Diebstahl durch Einbruch sowie gewerbsmäßigen Diebstahls, zu Freiheitsstrafen in einer Gesamtdauer von 7 Jahren verurteilt. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass ihr mehrfach die Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht zu Teil wurde, sie jedoch ungeachtet der ihr gebotenen Möglichkeit erneut innerhalb der offener Probezeiten straffällig wurde und ebenso die durch die Gerichte ausgesprochenen Anweisungen zu Therapie ignorierte und sohin Resozialisierungsmaßnahmen von sich wies und in ihrem straffälligem Verhalten unbeirrt verharrte. Auch ihre am 09.10.2019 niederschriftlich erfassten Beteuerungen, ein von nun an rechtskonformes Leben zu führen, vermag nicht den Makel ihrer bisher gelebten persönlichen Unglaubwürdigkeit zu beheben, zumal selbige Beteuerungen bereits mehrfach gegenüber den Gerichten, aber und auch gegenüber der Behörde aktenkundig sind, und eine solche innere Umkehr sohin erst an dem Zeitraum der Delinquenzfreiheit nach vollzogener Haftstrafe zu bemessen ist. Ein allfälliges Wohlverhalten in der aktuellen Haft ist sohin nicht geeignet, ihre persönliche Vertrauens- und Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und ihr aufgezeigtes schwerwiegendes Fehlverhalten aufzuwiegen.

Aufgrund Ihres fehlenden Unrechtsbewusstseins, das sich in ihren zahlreichen Verurteilungen widerspiegelt, ist zwingend davon auszugehen, dass selbst gerichtliche Sanktionen und Freiheitsstrafen sie nicht zu einem gesetzestreuen Leben bewegen können. Ihre Verstöße gegen die Rechtsordnung und im Speziellen gegen das Suchgiftmittelgesetz sowie die Begehung gewerbsmäßiger Einbruchsdiebstähle zeigen überdeutlich, dass sie keinerlei Achtung und Respekt vor den österreichischen Gesetzen hat.

Aufgrund der Tatsache, dass sie wiederholt gerichtlich strafbare Handlungen innerhalb kurzer Zeit begangen hat und sie sich beharrlich weigerte, Gesetze zu respektieren, gelangt die erkennende Behörde zu der Ansicht, dass bislang keine positive Verhaltens- bzw. Charakterentwicklung stattgefunden hat und eine solche auch in Zukunft nicht eintreten wird.

Diesen Ausführungen wird seitens des BVwG nicht entgegen getreten.

Die Frage, ob tatsächlich eine positive Zukunftsprognose gefällt werden könnte, lässt sich angesichts der von der bP begangenen Straftaten erst nach einer entsprechend langen Zeit des Wohlverhaltens nach der Entlassung aus der Strafhaft beurteilen (vgl. etwa VwGH 19.03.2013, 2011/21/0152; 24.06.2010, 2007/21/0200). Eine Phase des Wohlverhaltens liegt bisher nicht vor, da sich die bP noch in Haft befindet, weshalb auch nicht von einem Wegfall ihrer Gefährdung ausgegangen werden kann, demgemäß kann auch die diesbezügliche Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden. Daran ändern auch die Ausführungen in der Beschwerde, dass die bP zwei Kinder hat und sie sich Briefe schreiben, nichts. Selbst die Kinder konnten die bP nicht davon abhalten, wiederholt straffällig zu werden. Gesamt ergibt sich aus dem Persönlichkeitsprofil, dass die bP nicht bereit ist sich an Gesetze zu halten. Das dargestellte Verhalten der bP ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen. Die von der bP gesetzten Handlungen beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände und der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens der bP getroffenen Gefährdungsprognose ist davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt der bP im Bundesgebiet eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

2.2. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:

§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um eine öffentliche Behörde im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK; der Eingriff ist – wie bereits oben dargestellt – in § 9 Abs 1 BFA-VG iVm § 67 FPG gesetzlich vorgesehen.

Art 8 EMRK:

Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:

Privatleben

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).

Familienleben

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben;

das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00); etwa bei Zutreffen anderer Faktoren aus denen sich ergibt, dass eine Beziehung genügend Konstanz aufweist, um de facto familiäre Bindungen zu erzeugen: zB Natur und Dauer der Beziehung der Eltern und insbesondere, ob sie geplant haben ein gemeinsames Kind zu haben; ob der Vater das Kind als eigenes anerkannt hat; ob Unterhaltszahlungen für die Pflege und Erziehung des Kindes geleistet wurden; und die Intensität und Regelmäßigkeit des Umgangs (EGMR v. 8.1.2009, Zl 10606/07, Fall Grant gg. Vereinigtes Königreich).

Kinder werden erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere „de facto Beziehungen“ ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine „hinreichend starke Nahebeziehung“ besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

2.3. In Österreich leben ihre Ex-Frau und die zwei Kinder der bP. Die bP hat zu diesen Personen keinen persönlichen Kontakt. Sie weiß nicht einmal, wo ihre Kinder wohnhaft sind. Sie leistet auch keinen Unterhalt für ihr Kinder. Die Eltern leben nur zur Hälfte in Österreich, ansonsten in der Türkei. Weiter leben 3 Geschwister der bP in Österreich. Ein besonderes Naheverhältnis zu diesen besteht nicht. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen Eingriff in das Recht Familienleben.

Auf Grund der langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und der gegeben persönlichen Umstände liegt hier ein relevantes Privatleben in Österreich vor.

Da die Rückkehrentscheidung somit einen Eingriff in das Recht auf Privatleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs 2 EMRK legitime Ziele, nämlich

- die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene
Rechtsordnung zu subsumieren ist;

- das wirtschaftliche Wohl des Landes;

- zur Verhinderung von strafbaren Handlungen;

Öffentliche Ordnung / Verhinderung von strafbaren Handlungen (auch im Bereich des Aufenthaltsrechtes)

Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Rückkehrentscheidung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.).

Wirtschaftliches Wohl

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes (vgl zB EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den geordneten Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem erhebliche Auswirkung hat.

2.2. Im Einzelnen ergibt sich unter zentraler Beachtung der in § 9 Abs 1 Z 1-9 AsylG genannten Determinanten Folgendes:

-        Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Die bP war bisher legal im österreichischen Bundesgebiet aufhältig.

-        das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens

Die bP führt in Österreich kein Familienleben.

-        Schutzwürdigkeit des Privatlebens

Während des bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet hat die bP auch private Anknüpfungspunkte in Österreich erlangt, wobei jedoch diesbezüglich auch der kriminelle Aspekt diverser Anknüpfungspunkte nicht übersehen werden darf.

-        Grad der Integration

Die bP hat Freunde in Österreich. Sie wurde jedoch vermehrt straffälli

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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