TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/9 W118 2219911-1

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Veröffentlicht am 09.09.2020
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Entscheidungsdatum

09.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §12
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W118 2219911-1/5E

W118 2219912-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerden von XXXX , BNr. XXXX , gegen die Bescheide der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/17-11617003010, betreffend Direktzahlungen 2017 und AZ II/4-DZ/18-11665799010, betreffend Direktzahlungen 2018 zu Recht:

A)

I.       Den Beschwerden wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden dahingehend abgeändert, dass den Anträgen auf Gewährung der Top-up-Zahlung für Junglandwirte stattgegeben wird.

II.      Die AMA hat gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) nahmen mit Datum vom 01.08.2016 eine landwirtschaftliche Tätigkeit auf.

2. Mit dem Mehrfachantrag-Flächen 2017 beantragten sie die Gewährung von Direktzahlungen, darunter die Top-up-Zahlung für Junglandwirte. Im Rahmen der Antragstellung gaben sie an, Herr XXXX sei zu 60 % am Betrieb beteiligt. Herr XXXX wurde auch als „Anspruchsberechtigter“ für den Bezug der Top-up-Zahlung angeführt. Darüber hinaus legten die BF eine Bestätigung vom 27.04.2017 vor, derzufolge Herr XXXX seine Facharbeiterprüfung Ende Juni 2017 ablegen sollte.

3. Mit dem Mehrfachantrag-Flächen 2018 beantragten die BF erneut die Gewährung von Direktzahlungen, darunter die Top-up-Zahlung für Junglandwirte.

4. Seitens der AMA wurden die Anträge der BF auf Gewährung der Top-up-Zahlung für Junglandwirte letztlich mit Bescheiden vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/17-11617003010, betreffend Direktzahlungen 2017 und AZ II/4-DZ/18-11665799010, betreffend Direktzahlungen 2018 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der erforderliche Ausbildungsnachweis sei nicht erbracht worden.

5. In ihren rechtzeitig eingebrachten Beschwerden führten die BF im Wesentlichen aus, Herr XXXX habe seine Facharbeiterprüfung am 24.05.2018 abgelegt. Den Beschwerden angeschlossen war u.a. ein Facharbeiterbrief für Herrn XXXX vom 30.08.2018.

6. Mit Schreiben des BVwG vom 13.06.2019 wurden die BF darauf hingewiesen, dass der von ihnen behauptete Termin für die Ablegung der Facharbeiterprüfung, konkret der 24.05.2018, in den vorgelegten Unterlagen in keiner Weise dokumentiert werde.

7. Mit Datum vom 27.06.2017 übermittelten die BF ein Zeugnis der örtlichen land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstelle, derzufolge sich Herr XXXX am 11.05.2018 erfolgreich der Facharbeiterprüfung unterzogen und deshalb seit 24.05.2018 das Recht auf Führung der Berufsbezeichnung „Facharbeiter Landwirtschaft“ habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die BF nahmen mit Datum vom 01.08.2016 eine landwirtschaftliche Tätigkeit auf und beantragten in den Jahren 2017 und 2018 die Gewährung der Top-up-Zahlung für Junglandwirte.

Herr XXXX , der zu 60 % am Betrieb der BF beteiligt ist, hat seit 24.05.2018 das Recht auf Führung der Berufsbezeichnung „Facharbeiter Landwirtschaft“.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten. Die Feststellungen betreffend die Ausbildung des Herrn XXXX beruhen auf den vorgelegten unbedenklichen Urkunden, deren Echtheit von der AMA nicht bestritten wurde. Im Verhältnis zum Facharbeiterbrief vom 30.08.2018 wurde mit der Vorlage des angeführten „Zeugnisses“ näher konkretisiert, wann die Ausbildung tatsächlich abgeschlossen wurde. Insofern liegt auch kein aufklärungsbedürftiger Widerspruch zwischen den vorgelegten Urkunden vor. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Nachweis einer einschlägigen Fachausbildung bis zum 24.05.2018 abgelegt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992 iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007) erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013:

„Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a)       Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten […].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[…].“

„Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a)       jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, […].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[…].“

„Zahlung für Junglandwirte

Artikel 50

Allgemeine Vorschriften

(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").

(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die

a)       sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und

b)       im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.
(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.

[…].“

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014:

„Zahlung für Junglandwirte

§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden.“

b) Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 kam es zu einer Reform der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einheitliche Betriebsprämie wurde von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, darunter die Zahlung für Junglandwirte (Top-up-Zahlung), abgelöst, die im vorliegenden Fall strittig ist.

Grundlegende Voraussetzung für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte ist im Wesentlichen zum einen der Zuspruch der Basisprämie – vgl. Art. 50 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 – sowie zum anderen, dass der Betriebsinhaber sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat und nicht älter als 40 Jahre ist; vgl. Art. 50 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013. Zusätzlich wurde mit § 12 Direktzahlungs-Verordnung 2015 bestimmt, dass Junglandwirte spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen müssen.

Da im vorliegenden Fall jener Teil der Personengemeinschaft, der in der Lage ist, die Personengemeinschaft wirksam zu kontrollieren - vgl. dazu Art. 50 VO (EU) 639/2014 - den Nachweis für die Absolvierung einer landwirtschaftlichen Facharbeiterausbildung am 24.05.2018 und damit innerhalb der zweijährigen Frist nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit gemäß § 12 Direktzahlungs-Verordnung erbracht hat, wurden die Kriterien für die Gewährung der Top-up-Zahlung für Junglandwirte erfüllt.

Den Beschwerden war daher stattzugeben, die angefochtenen Bescheide spruchgemäß abzuändern und der AMA gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 aufzutragen, gemäß den Vorgaben im vorliegenden Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen sowie das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, die Rechtslage ist jedoch so eindeutig und die Unionsrechtskonformität der nationalen Umsetzung so unzweifelhaft, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.02.2014, Ro 2014/16/0010, sowie VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053. Darüber hinaus bewegt sich der Fall in erster Linie auf Ebene der Sachverhaltsermittlung, die einer Revision nicht zugänglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ausbildung Berechnung Bewirtschaftung Direktzahlung Frist Junglandwirt landwirtschaftliche Tätigkeit Mehrfachantrag-Flächen Mitteilung Nachweismangel Prüfung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W118.2219911.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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