Entscheidungsdatum
10.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W118 2200286-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 31.10.2017, AZ II/4-EBP/14-7635445010, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2014 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Datum vom 14.04.2014 stellte die Beschwerdeführerin einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2014 und beantragte u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen.
2. Mit Bescheid der AMA vom 05.01.2015 wurde der Beschwerdeführerin auf Basis von 11,01 Zahlungsansprüchen die Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 773,01 gewährt.
Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.
3. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid der AMA vom 31.10.2017 wurde der Bescheid vom 05.01.2015 gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007 abgeändert und der Beschwerdeführerin die Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 552,79 gewährt; ein Betrag in Höhe von EUR 220,22 wurde rückgefordert.
Begründend wurde insbesondere ausgeführt, anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle seien Flächenabweichungen im Ausmaß von über 3 % festgestellt worden, daher habe der Beihilfebetrag um das eineinhalbfache der Differenzfläche (1,23 ha) gekürzt werden müssen (Art. 19a Abs. 1 VO 640/2014).
4. Gegen diesen Bescheid wurde mit Datum vom 15.11.2017 Beschwerde erhoben und in der Begründung im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin sich auf die Richtigkeit des Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrolle 2007 verlassen habe.
5. Mit Datum vom 06.07.2018 legte die AMA die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete im Rahmen der Beschwerdevorlage Vorbringen zu den von den Flächenabweichungen betroffenen Feldstücken.
6. Mit Datum vom 19.07.2018 reichte die AMA eine Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen betreffen das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2007 nach und führte unter Bezugnahme auf beigeschlossene Luftbilder aus, die Beschwerdeführerin habe sich bei ihrer Antragstellung 2014 nicht an das Ergebnis der früheren Vor-Ort-Kontrolle gehalten.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.07.2018 wurde der Beschwerdeführerin die Stellungnahme der AMA vom 06.07.2018 zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
8. Mit Datum vom 06.08.2018 nahm die Beschwerdeführerin zum o.a. Vorbringen der AMA Stellung und brachte unter anderem vor, dass auf den Feldstücken 1 und 10 die Außengrenzen in den sieben Jahren seit der Vor-Ort-Kontrolle 2007 natürlich geringfügig angepasst worden seien; die beantragte Fläche sei zum Teil verringert und an bestimmten Stellen auch erweitert worden. Die Beschwerdeführerin machte zu mehreren, auf beigeschlossenen Luftbildern numerisch markierten Flächen, nähere Angaben zu der erfolgten Nutzung bzw. Beantragung.
9. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache mit Datum vom 12.02.2020 der Gerichtsabteilung W118 zugewiesen.
10. Über Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nahm die AMA mit Schreiben vom 19.05.2020 Stellung zu dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 06.08.2018. Die belangte Behörde nahm dabei unter Beifügung von Luftbildern sowie im Zuge der Vor-Ort-Kontrolle der Flächen im Jahr 2016 angefertigten Fotos Bezug auf die von der Beschwerdeführerin bezeichneten Flächen der Feldstücke 1 und 10 und legte detailliert dar, warum die AMA nicht davon ausgehe, dass die Beschwerdeführerin das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2007 übernommen bzw. auf dieses vertraut habe. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht konkret dargelegt, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen die Abweichungen der Digitalisierung zu dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt worden sei, nicht erkennbar gewesen seien. Im Ergebnis könne daher von den Sanktionen nicht Abstand genommen werden.
11. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte der Beschwerdeführerin die Stellungnahme der AMA vom 19.05.2020 und räumte ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen ein.
Bis dato langte beim Bundesverwaltungsgericht keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin beantragte im Antragsjahr 2014 die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen im Ausmaß von 11,61 ha.
Der Beschwerdeführerin standen im Jahr 2014 insgesamt 11,01 Zahlungsansprüche zur Verfügung.
Tatsächlich verfügte die Beschwerdeführerin im Antragsjahr 2014 nur über beihilfefähige Flächen im Ausmaß von 9,78 ha (Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2016). Unter Berücksichtigung des Minimums Fläche/Zahlungsansprüche ergibt sich daraus eine Differenzfläche im Ausmaß von 1,23 ha.
Die dieser Differenzfläche zugrundeliegenden Flächenabweichungen befinden sich auf den Feldstücken 1 und 10. Diese Feldstücke wurden bei der im Jahr 2007 durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle mit 6,47 ha (Feldstück 1) bzw. 5,12 ha (Feldstück 10) ermittelt. Die Beschwerdeführerin beantragte diese Feldstücke im Jahr 2014 mit 6,35 ha (Feldstück 1) bzw. 5,26 ha (Feldstück 10). Die Beantragung dieser Feldstücke weicht nicht nur hinsichtlich der Fläche, sondern insbesondere auch hinsichtlich der Außengrenzen der Feldstücke deutlich von den Ergebnissen der Vor-Ort-Kontrolle 2007 ab.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Antragstellungen und den verfügbaren Zahlungsansprüchen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.
Die Feststellungen zum Ausmaß der beihilfefähigen Flächen und den jeweiligen Überbeantragungen beruhen ebenfalls auf dem Akteninhalt – insbesondere dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2016 und der Nachkontrolle 2017 – und den diesbezüglichen Ausführungen der AMA im Rahmen der Stellungnahme vom 19.05.2020, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist. Die AMA hat in dieser Stellungnahme detailliert dargelegt, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Antragstellung an zahlreichen Stellen von dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2007 abgewichen ist.
Auch sonst haben sich keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit des diesbezüglich von der belangten Behörde ermittelten Sachverhaltes ergeben. Die Beschwerdeführerin ist auch dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2016 nicht substantiiert entgegengetreten und hat insbesondere nicht dargetan, inwiefern die Beurteilung durch die Prüforgane der AMA unzutreffend wäre bzw. zu welchem anderen Ergebnis die Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten hätte führen können (vgl. VwGH 07.10.2013, 2012/17/0165).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992 iVm § 6 MOG 2007 erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009, ABl. L 30 vom 31.01.2009, S. 16, im Folgenden VO (EG) 73/2009:
„Artikel 33
Zahlungsansprüche
(1) Betriebsinhaber können die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie
a) Zahlungsansprüche besitzen, die sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten haben;
b) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung
[…],
erhalten haben.
[…].
Artikel 34
Aktivierung von Zahlungsansprüchen je beihilfefähige Hektarfläche
(1) Eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge.
(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Ausdruck „beihilfefähige Hektarfläche“
a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb (KN-Code ex060290 41), die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird,
[…].
Artikel 35
Meldung der beihilfefähigen Hektarflächen
(1) Der Betriebsinhaber meldet die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.
(2) Die Mitgliedstaaten können unter ordnungsgemäß begründeten Umständen den Betriebsinhaber ermächtigen, seine Anmeldung zu ändern, sofern er die seinen Zahlungsansprüchen und den Bedingungen für die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für die betreffende Fläche entsprechende Hektarzahl einhält.“
Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009, ABl. L 316 vom 02.12.2009, S. 65, im Folgenden VO (EG) 1122/2009:
„Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Rahmen dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen von Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009.
Es gelten auch folgende Begriffsbestimmungen:
1. „landwirtschaftliche Parzelle“: zusammenhängende Fläche, auf der von einem bestimmten Betriebsinhaber nur eine bestimmte Kulturgruppe angebaut wird; muss im Rahmen dieser Verordnung die Nutzung einer Fläche innerhalb einer Kulturgruppe getrennt angegeben werden, so wird die landwirtschaftliche Parzelle durch diese besondere Nutzung weiter eingegrenzt; die Mitgliedstaaten können zusätzliche Kriterien für eine weitere Abgrenzung einer landwirtschaftlichen Parzelle festlegen;
[…];
23. „ermittelte Fläche“: Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;
[…].“
„Artikel 11
Termin für die Einreichung des Sammelantrags
(1) Ein Betriebsinhaber kann im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen nur einen Sammelantrag pro Jahr einreichen.
[…].
(2) Der Sammelantrag ist bis zu einem von den Mitgliedstaaten auf spätestens 15. Mai festzusetzenden Termin einzureichen. Estland, Lettland, Litauen, Finnland und Schweden können den Termin jedoch auf spätestens 15. Juni festsetzen.
[…].
Artikel 12
Inhalt des Sammelantrags
(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere
a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;
b) die betreffende(n) Beihilferegelung(en);
c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;
d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;
e) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat.“
„Artikel 34
Bestimmung der Flächen
[…].
(2) Die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Parzelle kann berücksichtigt werden, sofern sie nach den gebräuchlichen Normen des Mitgliedstaats oder der betreffenden Region ganz genutzt wird. Andernfalls wird die tatsächlich genutzte Fläche berücksichtigt.
[…].
(5) Werden Flächen gemeinsam genutzt, so teilen die zuständigen Behörden diese fiktiv entsprechend dem Umfang der Nutzung durch die einzelnen Betriebsinhaber oder entsprechend deren Nutzungsrechten auf diese auf.
[…].“
„Artikel 57
Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen
(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, ausgenommen die Beihilfen für Stärkekartoffeln und Saatgut gemäß Titel IV Kapitel 1 Abschnitte 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009, die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.
(2) Bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung gilt Folgendes:
- ergibt sich eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt;
- liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so werden die angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt.
(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die im Sammelantrag angemeldete Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 58 und 60 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.
[…].
Artikel 58
Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von zuviel angemeldeten Flächen
Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen über der gemäß Artikel 57 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.
Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.
[…]“
„Artikel 73
Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse
(1) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.
(2) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.
Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation.“
„Artikel 80
Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge
(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet.
[…].
(3) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.
Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.“
Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:
„Artikel 19a
Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete
(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.
Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.
[…].“
Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über eine auf ein geographisches Informationssystem gestützte Flächenidentifizierung (INVEKOS-GIS-V 2011), BGBl. II Nr. 330/2011 idF BGBl. II Nr. 249/2013:
„Begriffsbestimmungen
§ 3. Im Sinne dieser Verordnung bedeuten:
1. Feldstück:
eine eindeutig abgrenzbare und in der Natur erkennbare Bewirtschaftungseinheit mit nur einer Nutzungsart gemäß § 6, die zur Gänze innerhalb oder außerhalb des benachteiligten Gebietes liegt, und im Geographischen Informationssystem (GIS) als Polygon digitalisiert ist und aus Grundstücksanteilen oder ganzen Grundstücken im Sinne des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1968 über die Landesvermessung und den Grenzkataster (Vermessungsgesetz – VermG), BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2008, besteht;
2. Grundstücksanteil am Feldstück:
jener Flächenanteil eines Grundstückes im Sinne des Vermessungsgesetzes, der zu einem bestimmten Feldstück gehört;
3. Schlag:
eine zusammenhängende Fläche auf einem Feldstück, die für eine Vegetationsperiode mit nur einer Kultur bewirtschaftet oder aber lediglich in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhalten wird und erforderlichenfalls im Geographischen Informationssystem (GIS) als Polygon digitalisiert ist.
[…].
Referenzparzelle
§ 4. (1) Referenzparzelle im Sinne des Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist das Feldstückspolygon, das aus Grundstücksanteilen besteht.
(2) Soweit eine Referenzparzelle bei Almen oder Hutweiden sowohl produktive Flächen als auch unproduktive Flächen aufweist, gilt als Referenzfläche die Summe der zur Beweidung geeigneten Teilflächen mit einheitlichem Bewuchs unter Abzug von Ödland und überschirmten Flächen nach Maßgabe des Ödland- oder Überschirmungsgrades.
[…].
Flächenpolygone und Ausmaß der beihilfefähigen Fläche
§ 5. (1) Flächenangaben zum Feldstück und maßnahmenabhängig erforderlichenfalls zum Schlag erfolgen auf Grund digitaler Polygone. Das Ausmaß der Fläche ist jeweils für die tatsächlich genutzte Fläche zu ermitteln und in Hektar mit zwei Dezimalstellen, kaufmännisch gerundet, anzugeben.
[…].“
„Mitwirkung des Antragstellers
§ 8. (1) Lage, Ausmaß und Nutzungsart der Referenzparzelle sind durch die autorisierten Stellen unter verpflichtender Mitwirkung des Antragstellers festzustellen.
(2) Weicht die Auffassung des Antragstellers über die Referenzfläche von den Feststellungen der autorisierten Stelle ab, ist dies jedenfalls zu dokumentieren. Davon unbeschadet sind die Feststellungen der autorisierten Stelle der Digitalisierung zugrunde zu legen, soweit der Antragsteller nicht schlüssig darlegen kann, dass die Informationen auf der Hofkarte nicht mehr zutreffen. Der Antragsteller kann im Verfahren zur Gewährung oder Rückforderung der jeweiligen Beihilfe seine Einwände gegen die Digitalisierung geltend machen, soweit diese Auswirkungen auf die Beihilfengewährung hat.
(3) Der Antragsteller bestätigt durch seine Unterschrift auf der Dokumentation über die Digitalisierung seine Mitwirkung einschließlich allfälliger Auffassungsunterschiede über die tatsächliche Referenzfläche und die Informationen auf Grund der Hofkarte.
Weitere Verwendung der Hofkarte
§ 9. (1) Die digitalen Daten der Hofkarte sind von der Agrarmarkt Austria als Zahlstelle für die Verwaltungskontrolle und für die Vor-Ort-Kontrolle heranzuziehen.
(2) Stimmt die identifizierte Referenzparzelle nicht mit den Ergebnissen der Flächenermittlung bei der Vor-Ort-Kontrolle überein, kann sich der Antragsteller unter Bezug auf Art. 73 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 nicht auf die Verbindlichkeit der Daten der identifizierten Referenzparzelle berufen, es sei denn, er kann belegen, dass ihn an der verfehlten Identifizierung keine Schuld trifft. Ein derartiger Beleg kann erbracht werden beispielsweise durch konkrete Darlegung, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen
a) auf das Ergebnis der letzten vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle vertraut werden durfte,
b) die Unrichtigkeit der Digitalisierung nicht erkannt werden konnte,
c) die Abweichungen der Digitalisierung zum Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde, nicht erkennbar waren oder
d) die Digitalisierung mit den EU-rechtlichen Vorgaben zur beihilfefähigen Fläche sowie bei Almen oder Hutweiden den Vorgaben gemäß § 4 Abs. 2 in Einklang steht.
(3) Ist für Beihilfemaßnahmen auch die Ermittlung von Lage und Ausmaß eines Schlags erforderlich, bilden die digitalen Daten der Hofkarte die Grundlage dafür.
(4) Der Sammelantrag (Mehrfachantrag-Flächen) und der Herbstantrag basieren auf der Hofkarte und der darauf erfolgten Flächendigitalisierung der Referenzparzelle und erforderlichenfalls des Schlags.
(5) Die Agrarmarkt Austria hat in möglichst regelmäßigen Abständen allen Antragstellern, die zum letzten vor der Erstellung der Hofkarte liegenden Antragstermin einen Sammelantrag (Mehrfachantrag-Flächen) gestellt haben, einen Ausdruck der Hofkarte zu übermitteln. Dabei kann sie sich beauftragter Stellen bedienen. Betriebsinhabern, die zu diesem Zeitpunkt keinen Sammelantrag (Mehrfachantrag-Flächen) gestellt haben, ist erstmals nach der nächsten von ihnen durchgeführten Antragstellung die Hofkarte zu übermitteln.
(6) Die Agrarmarkt Austria hat dem Antragsteller einen elektronischen Zugriff auf die Daten der Hofkarte samt Internetapplikation zu ermöglichen, wobei die Daten der digitalen Katastralmappe und des orthorektifizierten Luftbildes ausschließlich für Zwecke des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems genutzt werden dürfen.“
3.3. Rechtliche Würdigung:
Im vorliegenden Fall wurde im betroffenen Antragsjahr eine Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche festgestellt, die auf dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle der Flächen am 13.09.2016 beruht.
Die Beschwerdeführerin hat es unterlassen, konkret darzulegen, aufgrund welcher Umstände entgegen den Ausführungen der AMA von der Unrichtigkeit des Ergebnisses dieser Vor-Ort-Kontrolle auszugehen wäre.
Da sich auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Ermittlungsergebnisses der belangten Behörde ergeben haben, war dieses der vorliegenden Entscheidung zugrunde zu legen.
Da eine Abweichung von mehr als 3 % der ermittelten Fläche festgestellt wurde, kürzte die belangte Behörde die Beihilfe gemäß der neuen Sanktionsbestimmung des Art. 19a Abs. 1 VO (EU) 640/2014 um das Eineinhalbfache der festgestellten Differenz.
Gemäß Art. 73 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 finden die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.
Nach der Rechtsprechung des VwGH kann von der Verhängung von Sanktionen Abstand genommen werden, wenn sich der Antragsteller auf das Ergebnis einer vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle verlassen konnte; vgl. VwGH 16.11.2011, 2011/17/0147. Abweichungen von einem früheren Kontrollergebnis können das Vertrauen auf dieses erschüttern. Allerdings trifft dies nicht auf jede Abweichung zu. Wurden die zentralen Prüffeststellungen übernommen, konnte sich der Antragsteller diesbezüglich weiterhin auf das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle verlassen.
Im vorliegenden Fall hat die AMA mit Schreiben vom 19.05.2020 detailliert dargelegt, dass sich die Beschwerdeführerin bei der Beantragung der verfahrensgegenständlichen Feldstücke 1 und 10 nicht auf das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2007 verlassen und zahlreiche Anpassungen vorgenommen hat. Nicht nur die beantragte Fläche der Feldstücke weicht deutlich ab, vor allem der konkrete Verlauf der Außengrenzen der Feldstücke divergiert teilweise sehr deutlich von dem Ergebnis der früheren Vor-Ort-Kontrolle. Die Beschwerdeführerin hat sohin offensichtlich selbst erkannt, dass die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle 2007 nicht bzw. nicht mehr zutreffend waren, weshalb sie die Antragstellung modifiziert hat. Allerdings nicht im erforderlichen Umfang, wie dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2016 zu entnehmen ist.
Ein mangelndes Verschulden im Sinne von Art. 73 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009, das die Abstandnahme von den verhängten Sanktionen rechtfertigen könnte, wurde sohin seitens der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen.
Da sich auch keine Hinweise für das Vorliegen eines Behördenirrtums iSd Art. 80 Abs. 3 VO (EG) 1122/2009 ergeben haben, waren die zu Unrecht ausgezahlten Beträge gemäß Art. 80 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 rückzufordern.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache aus den oben beschriebenen Gründen nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie aktuell VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117-5. Die Beschwerdeführerin ist den dem Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen der belangten Behörde nicht hinreichend konkret bzw. substantiiert entgegengetreten und der entscheidungsrelevante Sachverhalt hat sich vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als geklärt erwiesen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu Rückforderungen im Rahmen des INVEKOS liegen mittlerweile zahlreiche Entscheidungen des VwGH vor; vgl. VwGH 09.09.2013, 2011/17/0215.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Direktzahlung einheitliche Betriebsprämie Flächenabweichung INVEKOS konkrete Darlegung Konkretisierung Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Verschulden Vertrauensschutz ZahlungsansprücheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W118.2200286.1.00Im RIS seit
22.01.2021Zuletzt aktualisiert am
22.01.2021