TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/17 W161 2233751-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2020
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Entscheidungsdatum

17.09.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W161 2233752-1/4E
W161 2233751-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 15.06.2020, Zl. XXXX , aufgrund der Vorlageanträge von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Somalia, vertreten durch Anja RIECKEN, Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerde jeweils gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft XXXX vom 15.01.2020, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide werden behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.1.     XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia stellte am 14.06.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge BFA) vom 25.07.2016 wurde ihr zunächst der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 25.07.2017 erteilt. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde zunächst abgewiesen.

Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2018, GZ W254 2133896-1/23Z stattgegeben und ihr gemäß § 3 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

1.2.    Die Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige Somalias und die Töchter von XXXX .

Sie stellten erstmalig bereits am XXXX jeweils einen Antrag auf Einreise gemäß § 35 AsylG 2005 und nannten als Bezugsperson ihre Mutter.

In der Folge wurde den nunmehrigen Beschwerdeführerinnen mitgeteilt, dass laut gesetzlicher Regelung eine Antragstellung frühestens drei Jahre nach dem BFA-Bescheid der Bezugsperson gestellt werden könne, aufgrund des Bescheides vom 25.07.2016 könne somit frühestens am 25.07.2019 ein solcher Antrag gestellt werden.

Nach einem Schriftverkehr zwischen der Vertreterin der Beschwerdeführerinnen und der ÖB XXXX wurde mit Schreiben vom 04.04.2019 festgestellt, dass die von der Botschaft eingeräumte Frist zur persönlichen Vorsprache der damals noch minderjährigen Antragstellerinnen per 30.01.2019 abgelaufen sei und eine E-Mail-Antragstellung nach Asyl für die beiden nicht habe festgestellt werden können. Eine persönliche Vorsprache der Antragstellerinnen am 02.04.2019 sei zu spät erfolgt.

Am 09.04.2019 wurden die Anträge der nunmehrigen Beschwerdeführerinnen von der Botschaft entgegengenommen und in der Folge dem BFA übermittelt, dies unter gleichzeitiger Anregung einer dringenden Altersfeststellung.

1.3.    In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 10.12.2019 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die am XXXX eingebrachten Einreiseanträge wären zum Einbringungszeitpunkt nicht zulässig gewesen. Die Antragsteller hätten die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Ab. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht nachweisen können und erscheine die Einreise der Antragsteller zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten. Auch sei bei einem Antragszeitpunkt vom 02.04.2019 von einer Volljährigkeit der Antragsteller auszugehen.

In der beiliegenden Stellungnahme gemäß § 35 AsylG 2005 führte das Bundesamt näher aus, der Bezugsperson sei mit Bescheid vom 25.07.2016 der Status der subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt worden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung der obgenannten am XXXX habe die Bezugsperson gerade einmal rund eineinhalb Jahre über den Status der subsidiär Schutzberechtigten verfügt und seien die Anträge aus diesem Grund gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005 abzuweisen, da diese erst frühestens drei Jahre nach einer rechtskräftigen Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zulässig gewesen wären. Somit wäre eine Antragstellung bei weiterem Fortbestehen des subsidiären Schutzes erst nach dem 29.08.2019 möglich gewesen. Zwischenzeitlich sei jedoch der Bezugsperson mit Erkenntnis des BVwG der Status der Asylberechtigten am 30.10.2018 zuerkannt worden. Dies wäre sohin der frühestmögliche Zeitpunkt für die Einbringung von Einreiseanträgen gemäß § 35 AsylG 2005 gewesen.

Nach Ansicht der Behörde wäre es verfehlt von einer ordnungsgemäßen Antragstellung am XXXX auszugehen, zumal nicht angenommen werden könne, dass es in der Intention des Gesetzgebers gelegen sei, durch eine verfrühte und zu diesem Zeitpunkt unzulässige Antragstellung eine Gesetzeslücke zu generieren, um schlichtweg in Folge eine Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu umgehen und sich so einen Vorteil gegenüber jenen Personen zu verschaffen, welche den gesetzlichen Forderungen folgeleisten.

Die Antragsteller wären am 17.01.2019 persönlich bei der österreichischen Botschaft vorstellig gewesen, doch wären sie nicht in der Lage gewesen einen ordnungsgemäßen Antrag einzubringen, da Dokumente lediglich unvollständig in Vorlage gebracht worden wären. Die Tatsächliche Antragstellung habe entsprechend der Ausführungen der Österreichischen Botschaft XXXX somit erst am 02.04.2019 stattgefunden und sei nach Ansicht der Behörde einzig dieses Datum für die Zulässigkeit des Einbringens von Einreiseanträgen gemäße § 35 AsylG 2005 nach der entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderung heranzuziehen. Erfolge die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten seien die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen. Im vorliegenden Fall ergebe sich ein Zeitraum von mehr als drei Monaten nach rechtskräftiger Asylstatus-Zuerkennung, was gleichsam die Einbringung der genannten Erteilungsvoraussetzungen nach sich ziehe. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren lägen nicht vor, weil die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 von den Antragstellern nicht erfüllt worden wären und eine Einreise der Antragsteller im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Im vorliegenden Fall sei die Bezugsperson in Österreich auf Mindestsicherung angewiesen. Der Bezug von bedarfsorientierter Mindestsicherung sei so wie bisher der Bezug von Sozialhilfe kein Einkommensbestandteil. Mangels Nachweis fester und regelmäßiger Einkünfte ohne die in Anspruchnahme von Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung sei die Bestimmung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt. Auch sei im folgenden Fall kein Nachweis für ein bestehendes Versicherungsverhältnis gemäß § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 vorgelegt worden.

Im Übrigen ergebe sich aus dem Einbringungsdatum der Einreiseanträge bei der Österreichischen Botschaft, dass die Verfahrensparteien zum Einbringungsdatum des Antrages am 02.04.2019 das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben und es sich demnach zum prüfungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr um minderjährige Personen handle. Die Anträge seien somit auch aus diesem Grund abzuweisen.

Mit Schreiben vom 11.12.2019 wurde der Vertreterin der Antragstellerinnen die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es an den Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 mangle und die Einreise der Antragstellerinnen zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Die Mitteilung nach § 35 Abs.4 AsylG und die dazu ergangene Stellungnahme wurden beigelegt.

Am 18.12.2019 brachte die Vertreterin der Antragstellerinnen innerhalb offener Frist eine Stellungnahme ein und führte darin aus, das BFA gehe davon aus, dass der Antrag vom XXXX im Antragszeitpunkt unzulässig gewesen wäre, da die Bezugsperson zu diesem Zeitpunkt nicht für die Dauer von drei Jahren den Status als subsidiär Schutzberechtigte innegehabt hätte und auch noch nicht über den Flüchtlingsstatus verfügt hätte. Die Antragstellerinnen würden die Rechtsansicht vertreten, dass die Zulässigkeit des Antrags im Antragszeitpunkt irrelevant sei, und es vielmehr hinsichtlich der Zulässigkeit aufgrund der Eigenschaft als Familienangehörige eines anerkannten Flüchtlings auf den Entscheidungszeitpunkt ankomme. Im konkreten Fall wären die Antragstellerinnen im Zeitpunkt des Antrags am XXXX noch minderjährig gewesen und hätten bei rascherer Bearbeitung des Verfahrens zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft jedenfalls noch vom Recht auf Familienzusammenführung Gebrauch machen können.

Sollte das BFA dieser Argumentation nicht folgen, so sei alternativ die versuchte Antragstellung vom 17.01.2019 bzw. die erfolgte Antragstellung ovm 02.04.2019 als Antragsmodifikation zum erstinstanzlich anhängigen Antrag vom XXXX zu werten. Die Vorsprache am 17.01.2019 bzw. der Antrag vom 02.04.2019 sei als Wunsch nach einer Antragsmodifikation zu interpretieren und hätte die ÖB XXXX in dem Zusammenhang die Antragstellerinnen gemäß § 13a AVG manudizieren müssen.

Zu Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen bereits am 17.01.2019 zwecks Antragstellung, allerdings mit unvollständigen Dokumenten die ÖB XXXX aufgesucht hätten und mangels Rechtskenntnis von einer erfolgreichen Antragseinbringung ausgegangen wären. Die Antragstellerinnen hätten durch ihre Verfahrenshandlungen zur Familienzusammenführung bereits vor der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Bezugsperson deutlich den Wunsch kundgetan, das Familienleben fortsetzen zu wollen.

Zum Beweis der Familieneigenschaft sei gemäß § 13 Abs. 4 AVG bei Zweifeln eine DNA-Analyse durchzuführen. Ohne die Durchführung eines DNA-Tests werde der Antragsteller in rechtswidriger Weise nicht in die Lage versetzt, tatsächlich den geforderten Beweis der Eigenschaft des Familienangehörigen zu erbringen.

1.4. In einer ergänzenden Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 AsylG vom 14.01.2020 wurde ausgeführt, dass das BFA an der getroffenen Entscheidung festhalte.

1.5. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 15.01.2020 wies die ÖB XXXX die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG ab.

Begründend würde ausgeführt, die Antragsteller hätten die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht nachweisen können und erscheine die Einreise der Antragsteller zu Aufrechterhaltung Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten. Auch sei bei einem Antragszeitpunkt vom 23.05.2019 von einer Volljährigkeit der Antragsteller auszugehen.

Dieser Bescheid wurde der Vertreterin der Antragsteller am 16.01.2020 per E-Mail zugestellt.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 13.02.2020 im Namen beider Beschwerdeführerinnen eingebrachte Beschwerde, mit der zunächst das bisherige Vorbringen wiederholt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.06.2020 wies die ÖB XXXX die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gebunden sei, habe der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bundesamtes im Rahmen des § 27 VwGVG unterliege einer Prüfung durch das BVwG nur, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde. Nur das BVwG sei gehalten, selbst eine Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson vorzunehmen.

Jenseits von unabhängig der Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass beim Antragszeitpunkt 02.04.2019 von einer Volljährigkeit der Antragsteller auszugehen sei. Nachdem nämlich der Bezugsperson mit Erkenntnis des BVwG vom 30.10.2018 der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden wäre und eine ordnungsgemäße Einbringung der Anträge auf Einreise gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 durch die Antragsteller erst am 02.04.2019 erfolgt wäre, wären die Beschwerdeführerinnen zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bereits volljährig gewesen und seien daher nicht mehr vom Familienbegriff des § 35 AsylG 2005 erfasst. Weiters ergebe sich durch den Antragszeitpunkt einen Zeitraum von mehr als drei Monaten nach rechtskräftiger Asylstatuszuerkennen, was gleichsam die Erbringung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nach sich ziehe. Daran vermöge auch die Beschwerdeargumentation nichts zu ändern. In einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren bestimmen in erster Linie der Antragsteller was Gegenstand des Verfahrens sei. Vor der Behörde könne grundsätzlich nur über etwas abgesprochen werden, dass überhaupt beantragt worden wäre, insofern sei die Behörde dem Inhalt des Antrages des jeweiligen Antragstellers gebunden. Es sei auf verwehrt einseitig von diesem abzuweichen. Im vorliegenden Fall wären eben Anträge nach § 35 AsylG 2005 gestellt worden und nicht etwa die Anträge vom XXXX modifiziert worden. Eine solche Modifizierung der Anträge wäre im Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG auch nicht möglich, ohne die Sache ihrem Wesen nach zu ändern. Auch unter dem Blickwinkel des § 13 Abs. 8 AVG habe es daher dabei zu bleiben, dass den Anträgen nicht stattzugeben sei, weil die Beschwerdeführerinnen zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht (mehr) minderjährige Kinder der Bezugsperson im Sinn des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 seien. Nur der vollständigkeitshalber sei anzuführen, dass sich aus der Stellungnahme des BFA vom 10.12.2019 zutreffend ergebe, dass die Bezugsperson keiner Beschäftigung nachgehe und lediglich bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehe. Daher habe der Nachweis nicht erbracht werden können, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte und sei somit die Voraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt. Selbiges treffe auf die Voraussetzung nach § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 zu. Eine Bestätigung eines Sozialversicherungsträgers, welche im vorliegenden Fall vorzulegen gewesen wäre, sei im Rahmen des Verfahrens nicht vorgelegt worden.

Im Hinblick auf § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 sei auch noch anzumerken, dass Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht unter dem Begriff des Familienlebens des Art. 8 EMRK fallen. Außer im Falle, dass weitere Faktoren einer Abhängigkeit, die über normale Gefühlsbande zwischen solchen Familienangehörigen hinausgehen, festgestellt werden könnten. Ein derartiger Ausnahmefall sei hier nicht feststellbar und wäre ein solcher von den Beschwerdeführerinnen auch nicht behauptet worden.

Am 22.06.2020 wurde bei der ÖB XXXX ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 04.08.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerinnen stellten erstmalig am XXXX bei der Österreichischen Botschaft XXXX jeweils einen unvollständigen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt, welche die in Österreich subsidiär Schutzberechtigte Mutter der minderjährigen Antragstellerinnen sei.

Mit E-Mail vom 27.02.2019 teilte die Vertreterin der Beschwerdeführerinnen der Österreichischen Botschaft mit, dass die Bezugsperson seit 30.10.2018 in Österreich Asylberechtigt sei. Gleichzeitig wurde ersucht die Anträge anzunehmen und an das BFA weiterzuleiten.

Der Bezugsperson wurde zunächst mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2016 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Ihrer dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2018 stattgegeben und ihr der Staus einer Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.

Das Bundesamt teilte nach Prüfung des Sachverhaltes mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es sich bei den Beschwerdeführern nicht um Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 handle.

Diese Einschätzung wurde auch nach Einbringung von Stellungnahmen der Antragstellerinnen aufrechterhalten.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft XXXX und wurden von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) idgF lauten wie folgt:

㤠2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lauten:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idf BGBl I Nr. 56/2018 (AsylG 2005) lauten wie folgt:

Familienverfahren im Inland

„§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

2. aufgehoben

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. aufgehoben

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

„§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG)

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

„§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.“

[…]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 FPG lautet:

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

§ 30 Abs 1 NAG idF des FrRÄG 2018 lautet:

Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.

Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.

Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, wurde in § 9 Abs. 3 FPG jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das BVwG zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem BVwG, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem BVwG offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das Bundesamt seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das BVwG gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegengehalten werden (vgl. auch VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).

Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im gegenständlichen Fall hat die erstinstanzliche Behörde in einer Gesamtschau kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Aus nachstehend angeführten Gründen war das diesem Verfahren zugrundeliegende Ergebnis so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Österreichische Botschaft zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich war.

Zunächst ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, dass die nunmehrigen Antragsteller unter Missachtung der zwingenden gesetzlichen Voraussetzung des § 35 Abs. 2 AsylG 2005 bereits am XXXX einen Antrag auf Einreise gemäß § 35 AsylG 2005 eingebracht haben.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die angeführte Bezugsperson in Österreich den Status einer subsidiär Schutzberechtigten, welcher ihr mit Bescheid des BFA vom 25.07.2016 zuerkannt worden war.

Die ÖB XXXX bestätigte mit Mail vom 28.12.2017 „den Erhalt der Familienasylanträge“, welche am XXXX per Mail eingebracht worden wären und erteilte einen Verbesserungsauftrag für die persönliche Vorsprache und Einbringung des Antrages.

Die nunmehrige Erstbeschwerdeführerin ist am XXXX geboren und war somit am XXXX wenige Tage vor ihrem 18. Geburtstag, die nunmehrige Zweitbeschwerdeführerin ist geboren am XXXX und war am XXXX somit 17 Jahre alt. Beide waren somit noch minderjährig.

Mit Mail vom 13.12.2018 teilte die Botschaft der Vertreterin der Beschwerdeführerinnen mit, dass auch „diese Anträge“ nicht entgegengenommen werden können, es fehlen: Antrag, Geld, Zustimmung-Obsorge für die Antragstellung, zweimal Fotos sowie alle weiteren Dokumente für die Antragstellung.

Mit Schreiben vom 26.02.2019 wurde der Vertreterin der Beschwerdeführerinnen mitgeteilt, dass bei Durchsicht der Anträge festgestellt worden wäre, dass die Bezugsperson derzeit den Status eines subsidiär Schutzberechtigten innehabe und derzeit kein Antrag gestellt werden könne. Ein Antrag könne frühestens am 25.07.2019 gestellt werden. Die Botschaft stimme einer persönlichen Antragstellung nicht zu, der Fall wäre an der Botschaft geschlossen. Mit Schreiben vom 27.02.2019 (E-Mail) teilte die Vertretung der Antragstellerinnen der Botschaft mit, dass die Bezugsperson seit 30.10.2018 Asylberechtigt sei. Die Frist für die Antragstellung sei somit bis zum 30.01.2019 gelaufen. Der Fall der Antragstellerinnen sei anhängig gewesen, die Anträge seien somit fristgerecht eingebracht worden.

Mit Mail vom 01.03.2019 erteilte die ÖB XXXX nochmals einen Verbesserungsauftrag für die persönliche Vorsprache und Einbringung der Anträge. Auf die vorgesehene Frist von vier Wochen für die persönliche Antragstellung wurde hingewiesen.

Mit Mail vom 04.04.2019 teilte die Botschaft der Vertretung der Antragstellerinnen mit eine E-Mail-Antragstellung nach der Asylgewährung für die Bezugsperson habe bei der Botschaft nicht festgestellt werden können, es werde um Nachweis einer solchen Übermittlung ersucht. Die persönliche Vorsprache der beiden Antragstellerinnen am 02.04.2019 sei zu späte erfolgt.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass die Vorsprache einer dritten Person namens XXXX am 02.04.2019 bemerkenswert sei. Von dieser Person sei bis dato nie die Rede gewesen.

Mit Mail vom 03.04.2019 entschuldigte der Vertreter der Antragstellerinnen, dass diese dem Verbesserungsauftrag nicht zeitgerecht nachgekommen seine, sondern erst am 02.04.2019 vorstellig geworden wären, eine der beiden Antragstellerinnen sei erkrankt und habe sich länger zur Behandlung im Krankenhaus befunden. Die Antragstellerinnen wären bei ihrer Vorsprache am 02.04.2019 dahingehend informiert worden, dass sie zu spät wären und ihr Verfahren daher abgeschlossen sei. Die Vertretung erlaube sich, darauf hinzuweisen, dass es hierfür keine rechtliche Grundlage gäbe. Im gegenständlichen Verfahren wären schriftliche Einreiseanträge eingebracht und zugleich die Zulässigkeit der Schriftlichkeit erläutert worden. Sollte die Botschaft diese also für unzulässig erachten, so wäre gegebenenfalls ein zurückweisender Bescheid zu erlassen.

Mit E-Mail vom 12.04.2019 hielt die ÖB XXXX fest, dass auf Wunsch des ÖRK sowie der Antragsteller der Antrag der Kinder an der Botschaft entgegengenommen werden wird.

In der Folge wurde von Seiten der Botschaft noch mitgeteilt, dass für jede Person eine Terminreservierung notwendig sei. Mit Schreiben (Mail) vom 15.04.2019 teilte die Vertretung der Antragstellerinnen mit, dass die Bezugsperson XXXX die Vertretung informiert hätte, dass sie im Zeitraum von 20.04. bis 20.05. in Äthiopien aufhältig sein werde und ihre Tochter gerne zur Vorsprache begleiten würde.

Als nächstes finden sich im Akt zwei Befragungsformulare im Familienverfahren gemäß § 35 Abs. 3 AsylG 2005, in welchem als Antragsteller die nunmehrigen Beschwerdeführerinnen aufscheinen. Beide Formulare sind mit Datum 23.05.2019 versehen und in der Rubrik für die Unterschrift scheint die Unterschrift XXXX auf, nicht jedoch die Unterschrift der Antragstellerinnen, welche zu diesem Zeitpunkt beide bereits volljährig waren.

Mit Schreiben vom 24.05.2019 teilte die Botschaft dem BFA XXXX mit, dass in der Anlage die Anträge auf Familienasyl von den angeblichen Kindern der in Österreich als Asylberechtigten anerkannten „Frau XXXX , geboren XXXX , StA. Somalia“.

In der Folge werden drei Personen als Antagsteller genannt, nämlich XXXX , XXXX sowie XXXX , alle angeblich Töchter der Bezugsperson.

In dem Schreiben ist auch festgehalten: „Am 09.04.2019 wurden die Anträge auf Wunsch des ÖRK entgegengenommen und dem BFA übermittelt. Weiters regt die Botschaft eine dringende Altersfeststellung aller Antragsteller an.

Das BFA teilt in seiner Mitteilung vom 10.12.2019 mit, dass die am XXXX eingebrachten Einreiseanträge zum Einbringungszeitpunkt nicht zulässig gewesen wären und somit aus diesem Grund abzuweisen gewesen wären. Weiters wird festgehalten, dass bei Heranziehung des Antragstellungszeitpunktes vom 02.04.2019 die Antragsteller die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht hätten nachweisen können und die Einreise der Antragsteller zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine und dass bei einem Antragszeitpunkt vom 02.04.2019 von einer Volljährigkeit der Antragsteller auszugehen sei.

In der Folge geht das BFA darauf ein, warum die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 2 und 3 AsylG 2005 nicht erfüllt seien. Auf die ebenfalls herangezogene Ziffer 1 leg. cit (adäquate Unterkunft) wird weder in der Stellungnahme des BFA noch später in den angefochtenen Bescheiden eingegangen. Über die Wohnsituation der Bezugsperson finden sich keinerlei Auskünfte in den bezughabenden Akten.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung geht die Österreichische Botschaft XXXX im Schreiben vom 11.12.2019 (Aufforderung zur Stellungnahme) sowie in den Bescheiden vom 15.01.2020 davon aus, dass die Antragstellerinnen am 23.05.2019 persönlich bei der Österreichischen Botschaft einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels eingebracht hätten. Bei Durchsicht dieser chronologisch wiedergegebenen Vorgänge kann insbesondere nicht nachvollzogen werden, von welchem Antragsdatum die erkennende Behörde in ihrem Bescheid tatsächlich ausgeht. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, was aus den nach Ansicht des erkennenden Gerichtes eindeutig zu früh gestellten Anträgen vom XXXX wurde. Eine Entscheidung darüber in Form einer Abweisung oder Zurückweisung dieser Anträge findet sich eindeutig nicht im Akt, obwohl dies auch vom BFA angeregt wurde.

Trotz Mitteilung vom 26.02.2019, dass der Fall an der Botschaft geschlossen werde, wurde in der Folge am 01.03.2019 ein weiterer Verbesserungsauftrag erteilt.

Der Rechtsstandpunkt der ÖB XXXX ist somit aus dem Akt nicht ersichtlich.

Ebenso geht die ÖB XXXX in ihrem Schreiben vom 24.05.2019 von einem Datum der Antragstellung mit 09.04.2019 aus, das BFA spricht vom 02.04.2019 und findet sich im Bescheid der 23.05.2019. Hier fällt auf, dass im Schreiben vom 24.05.2019 auch die Bezugsperson mit einem anderen Namen und einem anderen Geburtsdatum angegeben ist. Offenbar ist auch nicht aufgefallen, dass die Antragsformulare nicht von den damals schon volljährigen Beschwerdeführerinnen unterschrieben wurden, sondern offensichtlich von deren Mutter.

Auch wurde nicht nachvollziehbar abgeklärt, was es mit der immer wieder im Akt vorkommenden dritten Antragstellerin namens XXXX auf sich hat.

Eine genaue Abklärung der aufgeworfenen Fragen ist in den gegenständlichen Fällen jedoch unabdingbar. So wäre bereits bei der Antragseinbringung am XXXX zunächst auch eine Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin zur Antragseinbringung einzuholen gewesen.

Ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit der nunmehrigen Beschwerdeführerinnen hätte eine Vollmacht der Vertretung, ausgestellt von den volljährigen Beschwerdeführerinnen vorgelegt werden müssen.

In der vorliegenden Fallkonstellation ist zur Prüfung der dreimonatigen Frist nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 das Datum der tatsächlichen Antragseinbringung durchaus von Relevanz. Ebenso wäre zu berücksichtigten gewesen, ab welchem Zeitpunkt bei den Antragstellerinnen von Volljährigkeit auszugehen ist, um nachvollziehen zu können, ob sie unter den Begriff des Familienangehörigen nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005 subsumiert werden können.

Aus dem bisherigen Akteninhalt ergibt sich, dass über den Antrag vom XXXX nicht entschieden wurde. Über den mit 23.05.2019 datierten Antrag, welcher von den Antragstellerinnen gar nicht unterfertigt wurde, wurde in den angefochtenen Bescheiden in nicht nachvollziehbarer Art und Weise abgesprochen, sodass die tatsächlichen Gründe der Abweisung des Bescheides in der dargelegten Form nicht nachvollziehbar sind.

Ergänzend bleibt anzuführen, dass die Aktenführung nicht in chronologischer Reihenfolge erfolgte und der Mail-Verkehr in mehrfacher Ausfertigung im Akt befindet, während das offenbar persönliche Erscheinen der Antragstellerinnen bei der Botschaft und einem allenfalls mit diesen geführten Interviews dem Akteninhalt nicht entnommen werden kann. Ebenso wenig wurde die Beschwerde vorgelegt.

Auch fehlen der nunmehr beigeschafften Beschwerde offenbar die Übersetzungen der im Verfahren vorgelegten Urkunden in deutscher Sprache (siehe hiezu die Bestimmung des § 11a Abs. 1 FPG).

Aufgrund der Besonderheiten und der verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11 a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kann die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zur Eheschließung und dem Familienleben der beschwerdeführenden Partei nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch das erkennende Gericht selbst durchgeführt werden. Es war daher mit der Behebung des gegenständlichen Bescheides vorzugehen.

Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Familienverfahren Frist Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung österreichische Botschaft Volljährigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W161.2233751.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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