TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/30 W116 2140054-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W116 2140054-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2020, Zl. 91508908-200515518, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1.    Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, stellte nach illegaler Einreise am 04.10.2015 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der am darauf folgenden Tag durchgeführten Erstbefragung gab die Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen an, vor acht Jahren zum Christentum konvertiert und vor sieben Jahren in Teheran getauft worden zu sein. Sie habe immer wieder unter Freunden und Bekannten über das Christentum gesprochen und erzählt, dass dieses besser sei als der Islam. Vor zwei bis drei Monaten hätten ihr Freunde gesagt, dass Beamte über sie recherchieren und behaupten würden, dass sie missioniere und den Islam schlecht darstelle. Deshalb habe sie geahnt, dass sie demnächst festgenommen werde und habe das Land verlassen.

1.2.    Am 04.10.2016 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte sie zu ihren Fluchtgründen zusammengefasst vor, dass sie zum Christentum übergetreten sei und ihre Wohnung als Hauskirche benutzt habe. Da die Behörde dies entdeckt habe, sei sie verfolgt worden und habe sie sich zur Ausreise entschlossen. Einige Personen aus ihrem Umfeld seien im Gefängnis und andere seien umgebracht worden. Die Beschwerdeführerin habe selbst keinen Kontakt zu den Beamten gehabt und sei nicht persönlich verfolgt oder bedroht worden. Auch ihre Familie sei nicht bedroht worden und befinde sich diese in Österreich; der im Iran verbliebene Sohn sei nicht Christ und sei nicht von den Behörden kontaktiert worden. Bis zum Tag, an dem die Hauskirche verraten worden sei, dies sei ca. zwei Monate vor der Ausreise gewesen, habe sie keine Probleme gehabt. In den zwei Monaten vor der Ausreise sei nichts passiert; es hätten auch Gebetskreise stattgefunden, jedoch nicht in ihrer Wohnung. Es habe keine Versammlungen mehr gegeben, jedoch sei die Beschwerdeführerin zu Einzelpersonen zu Besuch gegangen. Im Rückkehrfall würde sie gefoltert und umgebracht werden.

1.3.1.  Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft betrage (Spruchpunkt IV.).

1.3.2.  Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.02.2019, L506 2140054-1/23E, wurde die dagegen rechtszeitige erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

1.3.3.  Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12.06.2019, E 990/2019-7, wurde die Behandlung der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2019, L506 2140054-1/23E, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.08.2019, Ra 2019/19/0303-6, wurde die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2019, L506 2140054-1/23E, zurückgewiesen.

1.4.     Die Beschwerdeführerin stellte am 22.06.2020 ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab sie im Wesentlichen an, dass sie vom Islam zum Christentum konvertiert sei und sie deswegen im Iran ermordet werden würde. Im Falle einer Rückkehr würde sie verfolgt, vergewaltigt und brutal misshandelt werden. Sogar ihr eigener Sohn möchte nichts mehr mit ihr zu tun haben, weil sie zum Christentum gewechselt habe. Sie sei sich sicher, dass sie im Falle einer Rückkehr umgebracht werde.

1.5.    Am 06.07.2020 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Dabei gab die Beschwerdeführerin zunächst zu ihrem Gesundheitszustand an, dass sie 70 Jahre alt sei, an vielen Krankheiten (einer Herzkrankheit, Diabetes und Knochenschmerzen) leide und sich derzeit in ärztlicher Behandlung befinde. Außerdem sei sie aufgrund eines Selbstmordversuches mehrere Wochen im Krankenhaus gewesen. Die Beschwerdeführerin legte diesbezüglich mehrere Medikamentenpackungen, einen Arztbrief vom 27.09.2019 betreffend ihren stationären Aufenthalt im Krankenhaus sowie ein weiteres ärztliches Schreiben mit einer Auflistung ihrer gesundheitlichen Beschwerden vor. Zu ihren Fluchtgründen führte sie zusammengefasst an, dass sie zum Christentum konvertiert sei, laut dem Koran deshalb als Ungläubige bezeichnet werde und sie deswegen in ihrem Heimatland in Lebensgefahr wäre. In diesem Zusammenhang verwies die Beschwerdeführerin wiederum auf ihren kritischen Gesundheitszustand. Ergänzend zu ihren Ausreisegründen, die sie im ersten Verfahren angab, gab sie an, dass sie nun von ihrer Familie ausgeschlossen worden sei. Wenn sie zurückkehren würde, würde sie von ihrer Familie möglicherweise getötet oder verraten werden.

1.6.    Mit Verfahrensordnung vom 08.07.2020 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon ausgehe, dass eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Des Weiteren wurde die Beschwerdeführerin über ihre Verpflichtung gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen, in Kenntnis gesetzt.

1.7.    Bei ihrer zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.07.2020 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen bereits zuvor getätigte Angaben.

2.       Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl:

2.1.    Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2020, am 06.08.2020 zugestellt, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten und einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte IV. und V.). Zudem sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass sowohl die psychischen Probleme der Beschwerdeführerin als auch ihre sonstigen Erkrankungen einer Rückkehr in den Iran nicht entgegenstehen würden. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Erkrankungen bereits der ersten Entscheidung zum internationalen Schutz zugrunde gelegen seien. Ferner sei im Vorverfahren festgestellt worden, dass es sich bei der vorgebrachten Konversion um eine Scheinkonversion handle. Auch den gegenständlichen Antrag habe die Beschwerdeführerin neuerlich mit ihrem Religionswechsel begründet. Sie habe keine Angaben gemacht, die auf eine entscheidungswesentliche Änderung hinsichtlich ihrer Konversion seit der Rechtskraft des Vorverfahrens hindeuten würde. Daher habe sich im gegenständlichen Verfahren kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Hinsichtlich der Änderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Alters und ihrer Krankheiten in die Risikogruppe falle. Dennoch erfordere die COVID-19-Pandemie keine neuerliche inhaltliche Prüfung gemäß § 8 AsylG 2005. Eine Epidemie im Herkunftsstaat sei grundsätzlich unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK beachtlich. Da es sich jedoch nicht nur um eine Epidemie im Herkunftsstaat handle, sondern um eine Pandemie, sei das allgemeine Lebensrisiko, an COVID-19 zu erkranken, weltweit erhöht. Außerdem habe sich das Gesundheitssystem im Iran in den letzten 40 Jahren konstant stark verbessert und habe die iranische Regierung weitreichende Maßnahmen getroffen, um die Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 zu verhindern. Das iranische Gesundheitssystem sei weiterhin in der Lage, die medizinische Versorgung zu gewährleisten. Daher habe sich auch diesbezüglich kein entscheidungswesentlich geänderter Sachverhalt ergeben.

2.2.    Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 03.08.2020 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

2.3.    Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht eine Beschwerde erhoben, welche am 20.08.2020 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Darin wurden unter anderem die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und die Rechtssache zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und zur Erlassung eines Bescheides in der Sache an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Verfahren angesichts der Corona-Pandemie im Iran in Zusammenschau mit dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ein neuer Sachverhalt vorliege. Es wurde auf Dokumentationen zu COVID-19-Erkrankungen im Iran verwiesen und dabei insbesondere hervorgehoben, dass die Corona-Fallzahlen im Iran aus politischen und sicherheitstechnischen Gründen manipuliert werden würden und die wahren Zahlen, insbesondere die der Toten, zwanzigmal höher seien als vom Gesundheitsministerium veröffentlicht. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im hohen Alter sei, an einer Herzkrankheit und Diabetes leide und sie sich darüber hinaus in psychiatrischer Behandlung befinde. Sie zähle zur COVID-19-Risikogruppe und daher könnte eine Rückkehr in den Iran in ihrem Fall zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen. Im gegenständlichen Fall liege daher keine Identität der Sache vor, weshalb die Behörde bei richtiger Beurteilung das Verfahren zulassen und inhaltlich bearbeiten hätte müssen. Auch hätte die Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen. Dazu wurde begründend angeführt, dass die Beschwerdeführerin zwei Töchter, einen Sohn und eine Schwester in Österreich habe, die alle aufenthaltsberechtigt seien. Die Beschwerdeführerin habe insbesondere zu ihrer in Linz lebenden Tochter eine gute Beziehung und habe bei dieser sogar gewohnt. Dagegen hätte sie im Iran nur einen Sohn, zu dem sie aufgrund ihres Religionswechsels ein schlechtes Verhältnis habe. Außerdem habe die Beschwerdeführerin im Iran keine Unterkunft mehr. Als Anlagen zur Beschwerde wurden das Ergebnis einer am 23.06.2020 durchgeführten Röntgenuntersuchung übermittelt sowie eine Kopie der Klientenkarten der Betreuungsstelle West, wonach die Beschwerdeführerin noch immer in psychiatrischer Behandlung sei.

3.       Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

3.1.    Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 24.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

3.2.    Mit Beschluss vom 26.08.2020, W116 2140054-2/3Z, wurde der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin hat am 04.10.2015 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.10.2016 sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde (Spruchpunkt II.). Weiters wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran ausgesprochen (Spruchpunkt III.) und für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.02.2019, L506 2140054-1/23E, wurde die dagegen rechtszeitige erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Behandlung der Beschwerde dagegen wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12.06.2019, E 990/2019-7, abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Die Revision dagegen wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.08.2019, Ra 2019/19/0303-6, zurückgewiesen.

Am 22.06.2020 hat die Beschwerdeführerin ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2020, insbesondere bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt I. und II.). Es wurde ihr kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehen würde (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den gegenständlichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, insbesondere ist ein Vergleich zwischen der derzeitigen medizinischen Versorgungslage im Zusammenhang mit COVID-19 in Österreich und jener im Iran unterblieben und ist daher unberücksichtigt geblieben, dass die Ansteckungs- und Todesrate im Iran um ein Vielfaches höher als in Österreich ist. Die Beschwerdeführerin ist 70 Jahre alt und leidet an zahlreichen Krankheiten, darunter Diabetes mellitus Typ II, Arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Vorhofflimmern, Mitral- und Aortenstenose und Eingeschränkte linksventrikuläre Funktion. Außerdem ist die belangte Behörde auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihre im Iran lebende Familie sie verstoßen habe und ihr seitens ihrer Familie im Iran Gefahr drohe, nicht eingegangen. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens stattgefunden hat. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass das gesamte Vorbringen im Rahmen ihres zweiten Asylantrags von der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens umfasst ist und dass deshalb tatsächlich eine entschiedene Sache vorliegt.

Zu COVID-19 ist festzustellen, dass es sich hierbei um eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung handelt, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 28.09.2020 44.224 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 790 bestätigte Todesfälle (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html). Im Iran gibt es derzeit laut der Homepage der Weltgesundheitsorganisation 446.448 bestätigte Fälle infizierter Personen und 25.589 Todesfälle (https://covid19.who.int/ [28.09.2020]). Der Iran meldete Mitte Februar die ersten Corona-Ansteckungen, die Zahl der Neuinfizierten stieg infolge rasant, sodass die iranische Regierung diverse Ausgangsbeschränkungen erließ. In Folge sanken die Infektionszahlen, sodass Mitte April die Behörden erstmals mehr Genesene als Infizierte registrierten (https://www.nzz.ch/international/corona-in-iran-teheran-kaempft-mit-der-zweiten-welle-ld.1560131; https://www.diepresse.com/5823958/eine-zweite-viruswelle-erfasst-den-iran [28.09.2020]). Nach Lockerung der Ausgangsbeschränkungen sind die Infektionszahlen seit Anfang Mai wieder gestiegen; derzeit beträgt die Zahl der täglichen Neuinfektionen 3.362 (https://covid19.who.int/region/emro/country/ir [28.09.2020]). Die medizinische Situation ist (auch wegen sanktionsbedingter Versorgungsengpässe) laut dem Außenwirtschaftscenter der Wirtschaftskammer Österreich äußerst angespannt (https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/iran-bulletin-aussenwirtschaftscenter-zum-coronavirus--.html [28.09.2020]).

Eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Erkrankung verläuft bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (unter anderem Herzkrankheiten, Diabetes) auf (vgl. dazu https://www.who.int/news-room/q-a-detail/q-a-coronaviruses [28.09.2020] sowie die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe, BGBl. II Nr. 203/2020, vom 22.09.2020).

2.       Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Situation betreffend COVID-19 beruhen auf den oben in den Klammern angeführten Quellen. Wie sich aus diesen Feststellungen ergibt, sind Diabetiker, ältere Personen und Personen mit chronischen Herzerkrankungen besonders gefährdet, im Falle einer Infektion mit COVID-19 einem schweren Krankheitsverlauf zu unterliegen. Vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf die Feststellungen zur COVID-19-spezifischen Situation im Iran kann derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die 70-jährige Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in den Iran in eine lebensbedrohliche Situation geraten würde. Die Feststellungen zu ihrem Gesundheitszustand ergeben sich aus im Akt aufliegenden Arztbriefen (AS 61ff). Insoweit die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung ausführt, dass die Erkrankungen der Beschwerdeführerin bereits der Entscheidung im Vorverfahren zugrunde gelegen seien und für die Beschwerdeführerin, welche aufgrund ihres Alters und ihrer Krankheiten unter die COVID-19-Risikogruppe falle, das allgemeine Lebensrisiko, an COVID-19 zu erkranken, weltweit erhöht sei, ist unter Bedachtnahme der oben getroffenen Feststellungen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift zu folgen, dass im gegenständlichen Verfahren angesichts der Corona-Pandemie im Iran in Zusammenschau mit dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ein neuer Sachverhalt vorliegen und eine Rückkehr in den Iran im Falle der Beschwerdeführerin zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen könnte. Hätte die belangte Behörde die Situation betreffend COVID-19 im Iran mit jener in Österreich verglichen, hätte sie zum Schluss kommen müssen, dass das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, im Iran weitaus höher ist als in Österreich. Im Übrigen ist der Ansicht der belangten Behörde, wonach sich das Gesundheitssystem im Iran in den letzten 40 Jahren konstant stark verbessert habe und das iranische Gesundheitssystem weiterhin in der Lage sei, die medizinische Versorgung zu gewährleisten, entgegenzuhalten, dass die medizinische Situation im Iran äußerst angespannt ist. Die Auslastung der medizinischen Einrichtungen ist sehr hoch, verschiedentlich gibt es Engpässe bei der Versorgung mit Schutzausrüstung und Medikamenten. Für 25 von 31 Provinzen inklusive Teheran gilt die höchste, „rote“ Warnstufe (https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/iran-bulletin-aussenwirtschaftscenter-zum-coronavirus--.html [28.09.2020]).

Der Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Beschwerdeführerin ihren gegenständlichen Antrag neuerlich ausschließlich mit ihrem Religionswechsel begründet und keine Angaben gemacht habe, die auf eine entscheidungswesentliche Änderung hinsichtlich ihrer Konversion seit der Rechtskraft des Vorverfahrens hindeuten würden, kann nicht gefolgt werden. Tatsächlich hat die Beschwerdeführerin sehr wohl neue Angaben gemacht hat, die von der belangten Behörde in ihrer Entscheidung unberücksichtigt geblieben sind. Ergänzend zu ihren Ausreisegründen, die sie im ersten Verfahren geltend gemacht hatte, gab sie nunmehr an, dass sie von ihrer in der Heimat lebenden Familie ausgeschlossen worden sei. Wenn sie zurückkehren würde, würde sie von ihrer Familie, allen voran von ihrem Sohn, möglicherweise getötet oder verraten werden. Nach Ansicht des erkennenden Richters ist dabei von einem durchaus relevanten Vorbringen auszugehen, das nicht von der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens umfasst ist. Im Vorverfahren konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre. Dies wurde unter anderem auf den Umstand gestützt, dass die Beschwerdeführerin finanziell auch von ihren Kindern unterstützt worden war und im Iran über eine eigene Wohnung sowie einen erwachsenen Sohn verfüge, welcher als Architekt tätig sei und zu dem sie in Kontakt stehe (vgl. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2019, L506 2140054-1/23E). Auf Grundlage des neuen Vorbringens der Beschwerdeführerin kann insbesondere vor dem Hintergrund ihres hohen Alters und ihrer aktenkundigen Gesundheitsprobleme ohne nähere Prüfung nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass sie nach wie vor über ein entsprechendes soziales Netzwerk im Iran verfügt, um ihr eine entsprechende Existenzsicherung im Herkunftsland zu gewährleisten. Daher ergibt sich auch in dieser Hinsicht entgegen der Ansicht der belangten Behörde ein entscheidungswesentlich geänderter Sachverhalt.

3.       Rechtliche Erwägungen zu der zulässigen Beschwerde:

3.1.1.  Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.2.  Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3.  Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.

3.2.    Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.  Den neuerlichen Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hat die belangte Behörde wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH vom 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0050, mwN; 13.09.2016, Ro 2015/03/0045; vgl. weiters VwGH vom 08.08.2018, Ra 2017/04/0112; 20.09.2018, Ra 2017/09/0043).

„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH vom 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH vom 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH vom 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH vom 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH vom 29.06.2011, U 1533/10; VwGH vom 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH vom 30.09.1994, 94/08/0183, mwN; 24.08.2004, 2003/01/0431; 17.09.2008, 2008/23/0684; 06.11.2009, 2008/19/0783; vgl. zum VwGVG: VwGH vom 25.10.2018, Ra 2018/07/0353: „Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst“).

Zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd § 18 Abs. 1 AsylG 2005 - kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls sie festgestellt werden kann - zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN, zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76; 17.09.2008, 2008/23/0684; weiters VwGH vom 06.11.2009, 2008/19/0783). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH vom 09.03.2015, Ra 2015/19/0048; 25.02.2016, Ra 2015/19/0267; 12.10.2016, Ra 2015/18/0221; 24.05.2018, Ra 2018/19/0187 und 27.11.2018, Ra 2018/14/0213).

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen „glaubhaften Kern“ zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. „Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit“ (VwGH vom 25.04.2007, 2005/20/0300 und 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; vgl. weiters VwGH vom 26.09.2007, 2007/19/0342).

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, das Verwaltungsgericht darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Verwaltungsbehörde den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Das Verwaltungsgericht darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH vom 30.05.1995, 93/08/0207; 07.10.2010, 2006/20/0035; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).

Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Beschwerdefall Folgendes:

Um eine Entscheidung nach § 68 AVG treffen zu können, ist zu prüfen, ob der neuerliche Antrag im entschiedenen Sachverhalt Deckung findet. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin im Zuge ihres ersten Asylverfahrens eine Verfolgung in der Heimat wegen ihrer Konversion zum Christentum geltend gemacht, welche ihr von der Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht letztlich nicht geglaubt worden ist. Der Antrag wurde daher mit Entscheidung des BVwG vom 15.02.2019, L506 2140054-1, rechtskräftig abgewiesen (in der Folge vom VfGH und VwGH bestätigt). Den zweiten Asylantrag hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf ihr derzeit schlechtes Verhältnis zu ihrer Familie im Iran und die damit einhergehende fehlende familiäre Unterstützung im Iran gestützt sowie in weiterer Folge auf die COVID-19-Situation im Iran in Zusammenschau mit ihrem beeintächtigten Gesundheitszustand. Dementsprechend unterscheidet sich der im Zuge des zweiten Asylantrags vorgebrachte Sachverhalt gegenüber jenem im ersten Asylverfahren wesentlich und ist zudem auch erst nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens eingetreten.

Das Bundesverwaltungsgericht außerdem ist der Ansicht, dass die dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorliegenden Beweismittel nicht den Schluss zulassen, dass eine andere, dh. positive Beurteilung des Antrags von vorherein ausgeschlossen sei. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass sich der wesentliche Sachverhalt gegenüber dem Vorbescheid nicht geändert habe. Somit liegt eine „entschiedene Sache“ nicht vor. Die Zurückweisung des Antrags steht daher mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)   Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung entschiedene Sache Folgeantrag gesundheitliche Beeinträchtigung non-refoulement Prüfung Pandemie private Streitigkeiten Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation wesentliche Änderung wesentliche Sachverhaltsänderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W116.2140054.2.01

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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