TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/7 W176 2188414-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2020
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Entscheidungsdatum

07.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2188414-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , iranischer Staatsangehöriger, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2018, Zl. 1097335603-151903265, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer brachte am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, den Iran wegen seines Glaubenswechsels verlassen zu haben. Er habe Christ werden wollen. Man habe ihm mit dem Tod gedroht. Er habe sich dort nicht mehr sicher gefühlt und daher den Entschluss gefasst zu flüchten.

2. Am XXXX 2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) einvernommen, machte der Beschwerdeführer Angaben zu seiner Person, zu familiären Hintergründen sowie seinem beruflichen Werdegang. Seinen Fluchtgrund betreffend führte er zusammengefasst aus, im Iran an christlichen Sitzungen an geheimen Orten teilgenommen zu haben. Ein Arbeitskollege von ihm, ein armenischer Iraner namens XXXX , habe ihn dorthin mitgenommen. Dann habe ihm dieser eines Tages von der Verhaftung der Mitglieder berichtet und ihm geraten, sich in Sicherheit zu bringen. Als der Beschwerdeführer Beamte in Zivil vor seinem Haus gesehen habe, habe er erst seine Frau zu ihrem Vater gebracht und anschließend einen Schlepper gesucht um zu flüchten.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 200/2005 (AsylG), (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm gemäß § 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), gegen den Beschwerdeführer (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

In der Begründung versagte die belangte Behörde im Wesentlichen dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit, sah in dessen Glaubenswechsel bloß eine Scheinkonversion und erkannte für ihn im Falle seiner Rückkehr in den Iran keine wie immer geartete Gefahr.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er darauf verwies, dass er sich nach Besuch eines mehrmonatigen Taufvorbereitungskurses in Österreich habe taufen lassen und zum Christentum konvertiert sei. Er identifiziere sich mit dem Christentum und nicht mehr mit dem Islam, weshalb ihm eine Rückkehr in den Iran nicht mehr möglich sei, zumal Apostasie im gesamten Land einen Straftatbestand darstelle. Er besuche regelmäßig den Gottesdienst. Zudem sei er um seine Integration bemüht, besuche Deutschkurse, schreibe als Musiker Lieder und arbeite als Hilfskraft in einem Weingut in Wien.

5. Am 14.07.2020 fand am Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung statt, in der der Beschwerdeführer insbesondere zu seinen Fluchtgründen befragt und ein Mitglied der XXXX als Zeuge vernommen wurde. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Familie des Beschwerdeführers und seine Bindungen nach Österreich und in den Iran:

1.1.1. Der XXXX jährige – arbeitsfähige – Beschwerdeführer ist in Teheran geboren und aufgewachsen und ist iranischer Staatsangehöriger aserischer Volksgruppenzugehörigkeit; er stellte 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er absolvierte im Iran zwölf Jahre die Grundschule im Iran und schloss diese mit Reifeprüfung ab. Beruflich arbeitete er als Tischler. Er konnte im Iran gut für seinen Lebensunterhalt sorgen, hatte eine eigene Wohnung und war – gemeinsam mit seinen Brüdern – Teilhaber am Unternehmen seines Vaters, XXXX Sowohl die Kernfamilie des Beschwerdeführers, d.h. seine Frau und seine beiden Kinder, als auch zahlreiche weitere Verwandte leben – unbehelligt – im Iran.

1.1.2. Der strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer hält sich seit November 2015 im Bundesgebiet auf, spricht Deutsch auf B1-Niveau und bezieht seit Anfang 2020 keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr. Seit 01.01.2020 betreibt er in XXXX Wien auf Grundlage einer entsprechenden Gewerbeberechtigung das (freie) Gewerbe Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen (ev. mit Anhägern), deren höchstzulässiges Gesamtgewicht 3.5000 kg nicht übersteigt. Er pflegt Freundschaften in Österreich und wird von seinem Umfeld geschätzt.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer nicht bereits im Iran an christlichen Sitzungen teilgenommen hat und auch nicht befürchten muss, in Hinblick auf die Verhaftung von Teilnehmern an solchen Sitzungen verraten und verfolgt zu werden.

1.2.2. Festgestellt wird weiters, dass es zu keiner Hausdurchsuchung bei der in Teheran lebenden Familie des Beschwerdeführers aufgrund der Veröffentlichung von Aktivitäten betreffend den Glaubenswechsel zum Christentum in sozialen Netzwerken durch diesen gekommen ist.

1.2.3. Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich einen Taufvorbereitungskurs („ XXXX “) der XXXX (die der XXXX angehört) in XXXX Wien und wurde im Mai 2016 in der Alten Donau getauft. Bis zu seiner Aufnahme seiner selbstständigen Berufungstätigkeit im Jänner 2020 besuchte der Beschwerdeführer regelmäßig Gottesdienste dieser Gemeinde in vollem Umfang, seither nur noch für die erste halbe Stunde.

1.2.4. Überdies besuchte der Beschwerdeführer im Jahr 2018 regelmäßig Veranstaltungen der röm.-kath. Pfarre XXXX in XXXX Wien, darunter etwa zwei bis drei Gottesdienste; seither ist dies ab und zu der Fall.

1.2.5. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer sich nicht ernsthaft innerlich dem Christentum zugewandt hat. Nach einer Rückkehr in den Iran hätte er kein Bedürfnis, als Christ zu leben.

1.2. Zur hier relevanten Situation im Iran:

Allgemeine Lage:

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitsapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muss im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zum Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion:

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, 5 wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und 10 mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr in den Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr in den Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein.

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 2.3.2018). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Sozialbeihilfen:

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten „Hohen Versicherungsrat“ (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die „Organisation für Sozialversicherung“ (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und

Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio- psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).

Medizinische Versorgung:

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend – laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt. Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2017a). Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. In den zahlreichen Apotheken [Persisch: daru-khane] sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer (GIZ 3.2017b).

Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 15.3.2017). Grundsätzlich entspricht die medizinische Versorgung nicht (west-) europäischen Standards. Gegen Zahlung hoher Summen ist jedoch in den Großstädten eine medizinische Behandlung nach erstklassigem Standard erhältlich. Die Versorgung mit Medikamenten ist weitgehend gewährleistet. Behandlungsmöglichkeiten auch für schwerste Erkrankungen sind zumindest in Teheran und ggf. gegen Zahlung entsprechender Kosten grundsätzlich gegeben. Iran verfügt über ein staatliches Versicherungswesen, welches prinzipiell auch die Deckung von Krankheitskosten umfasst. Allerdings müssen Patienten hohe Eigenleistungen teils in Form von Vorauszahlungen erbringen und regelmäßig lange Wartezeiten in Kauf nehmen (AA 8.12.2016).

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI genannt: www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern gedeckt (IOM 2016).

Versicherung durch Arbeit: Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.

Private Versicherung: Mit Ausnahme von Regierungsangestellte müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.

Salamat Versicherung: Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html (IOM 2016).

Zugang speziell für Rückkehrer:

Anmeldeverfahren: Alle iranischen Bürger einschließlich Rückkehrer können beim Tamin Ejtemaei eine Krankenversicherung beantragen.

Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können jedoch noch verlangt werden.

Zuschüsse: Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird.

Kosten: Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen sobald die Person eine Arbeit im Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2016).

Mehr als 85% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essentiellen Gesundheitsdienstleistungen. In den letzten drei Jahrzehnten wurden im Iran diverse Reformen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung vorgenommen, nach deren Implementierungen wesentliche Fortschritte im sozialen sowie wirtschaftlichen Sektor verzeichnet werden konnten. In ländlichen Regionen verfügt jedes Dorf über ein sogenanntes Gesundheitshaus, in dem ausgebildete “Behvarz” und Gesundheitsarbeiter zur medizinischen Behandlung bereitstehen. In städtischen Regionen stehen, ebenfalls ähnlich verteilt, eine Vielzahl an Gesundheitszentren zur Verfügung. Das gesamte Gesundheitssystem wird vom Ministerium für Gesundheit und Medizinische Bildung verwaltet. Die Universitätskliniken, von denen in jeder Provinz eine vorhanden ist, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle hinsichtlich der medizinischen Versorgung. Der Universitätsleiter fungiert hier als Oberhaupt aller medizinischen Dienstleistungen und ist verantwortlich für alle Gesundheitshäuser und Kliniken in der jeweiligen Region. Trotz kürzlicher Sanktionen gegen den Iran die zu einer vorläufigen Knappheit bestimmter Medikamentengruppen geführt haben, gibt es generell keinen Mangel an Medikamenten, Spezialisten sowie Behandlungsmöglichkeiten. Pharmazeutische Produkte werden unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums ausreichend importiert. Darüber hinaus gibt es vor allem in größeren Städten mehrere private Kliniken die für Privatpatienten Gesundheitsdienste anbieten (IOM 2016).

Einweisung: In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren.

Verfügbarkeit von Medikamenten: “The Red Crescent” ist die zentrale Stelle bezüglich des Imports von speziellen Medikamenten, die für Patienten in bestimmten Apotheken erhältlich sind. Generell sind alle Medikamentengruppen im Iran erhältlich, welche üblicherweise in kleinen Mengen ausgeteilt werden um den Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt zu unterbinden (IOM 2016).

2. Beweiswürdigung:

2.1.1. Die wesentlichen biografischen Feststellungen (Herkunft, Ausbildung, Berufstätigkeit) beruhen auf den gleichbeliebenden und demnach glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht und der belangten Behörde. Die Feststellung, wonach er arbeitsfähig ist, stützt sich auf sein glaubwürdiges Vorbringen, seit Jänner 2020 als selbstständiger Lieferant zu arbeiten. Soweit er am 14.05.2019 ein ärztliches Attest vorlegte, in dem ihm eine traumatische Belastungsreaktion bescheinigt wird, wurde ein derartiges Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung nicht mehr erstattet und auch nicht vorgebracht, dass er einer medizinischen Behandlung bedürfe oder Medikamente einnehme.

2.1.2. Die Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben. Weiters liegen im Akt ein Strafregisterauszug, Auszüge aus dem Gewerbeinformationssystem aus dem Betreuungsinformationssystem sowie und diverse Bestätigungen zu absolvierten Sprachkursen des Beschwerdeführers ein. Den zuletzt auf Niveau B1 absolvierten Kurs konnte der Beschwerdeführer zwar noch nicht mittels Prüfung abschließen, der erkennende Richter konnte sich jedoch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einen entsprechenden persönlichen Eindruck von seinen Sprachkenntnissen verschaffen.

2.2.1. Die negative Feststellung zu Punkt 1.2.1. basiert zunächst darauf, dass das betreffende Vorbringen in nicht bloß unerheblicher Weise widersprüchlich ist: Hatte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde den Anruf seines armenischen Freundes XXXX , der ihn zu den christlichen Sitzungen mitgenommen habe, noch so dargestellt, dass dieser (bloß) gesagt habe, dass Mitglieder der Gemeinschaft verhaftet worden seien und der Beschwerdeführer sich in Sicherheit bringen bzw. verstecken solle (Verwaltungsakt, AS 67), schilderte er in der Beschwerdeverhandlung dieses Telefonat dergestalt, dass XXXX ihm vorgeworfen habe, es sei der Beschwerdeführer gewesen, der ihm Probleme bereitet habe; die anderen „Jungs“ seien festgenommen worden und er solle ihn nicht mehr kontaktieren. Die Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde bzw. in der Beschwerdeverhandlung, er habe geglaubt, XXXX mache nur „Spaß“ (Verwaltungsakt, AS 67) bzw. er habe den Anruf „nicht ganz ernst genommen“ (Verhandlungsschrift S 16) sind freilich wenig plausibel, wenn er vorbringt, XXXX habe ihm in diesem Anruf einen Vorwurf gemacht. Überdies hat der Beschwerdeführer seine ausdrückliche Aussage zum Vorwurf, den ihm XXXX gemacht habe, dann auf Vorhalt seiner Angaben vor der belangten Behörde insofern relativiert, als er vorbrachte, XXXX habe gesagt, er habe bereits zuvor darauf hingewiesen, dass aufgrund dieser Treffen Probleme entstehen könnten und diese Probleme seien nun entstanden sind, weil einige Mitglieder bei Treffen festgenommen worden seien (Verhandlungsschrift S 8), d.h. das Telefonat nun wieder in einer Weise darstellte, dass Vorwürfe XXXX gegen ihn nicht zum Ausdruck gebracht werden.

Auch verwundert es, dass der Beschwerdeführer einerseits die Gefährlichkeit christlicher Aktivitäten im Iran hervorstreicht, andererseits aber bereit gewesen sein will, sich durch den Besuch von heimlichen christlichen Sitzungen über das Christentum bloß zu „informieren“ (Verhandlungsprotokoll S 17). Wenig überzeugend ist weiters das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich bereits nach drei bis vier derartigen, für ihn eben nur der Information dienenden Treffen, bereits als Christ gefühlt.

2.2.2. Die (negative) Feststellung zu Punkt 1.2.2. stützt sich darauf, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum zeitlichen Ablauf der Kontakte seiner Frau mit iranischen Beamten ebenfalls widersprüchlich ist: Hatte er in der Beschwerdeverhandlung zunächst angegeben, dass er vor ca. eineinhalb Jahre ein christliches Motiv zeigendes Foto auf Facebook veröffentlicht habe und seine Frau ihm zwei Tage danach telefonisch mitgeteilt habe, dass Beamte zu ihnen gekommen seien (Verhandlungsschrift S 5), gab er in der Folge auf die Frage, wann ihm seine Frau erstmals mitgeteilt habe, dass Beamte seinetwegen zu ihm gekommen seien, an, dass dies vor ca. einem Jahr gewesen sei. Über Vorhalt seiner zuvor getätigten Aussage erwiderte er, dass auch damals, als er das Foto auf Facebook veröffentlicht habe, Beamte zu seiner Frau gekommen und ihr gesagt hätten, er würde für das Christentum werben; bei dem anderen Telefonat vor ca. einem Jahr hätten sie ihr mitgeteilt, sie hätten erfahren, dass er in den Iran zurückgekehrt sei, und sie aufgefordert, seinen Aufenthaltsort zu nennen (Verhandlungsschrift S 17). Diese Aussage löst das Spannungsverhältnis zwischen den dargestellten Aussagen jedoch keineswegs auf, da diesfalls der Anruf nach der Veröffentlichung des christlichen Motivs das erste Mal gewesen wäre, bei dem die Frau des Beschwerdeführers diesem von Besuchen durch iranische Beamte berichtet hätte.

Überdies ist die Darstellung des Beschwerdeführers, wonach ihn drei Freunde – ungeachtet seiner Erklärung, dass er Angst habe und kontrolliert werde – überredet hätten, das betreffende Bild zu posten, um eine Art Missionsarbeit zu leisten (Verhandlungsschrift S 5), wenig lebensnah.

Vor diesem Hintergrund war auch unter Punkt 1.1.1. festzustellen, dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers unbehelligt im Iran leben.

2.2.3. Die Feststellungen zu Punkt 1.2.3. ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen, darunter die Taufbescheinigung, den Angaben des in der Beschwerdeverhandlung einvernommenen Zeugen sowie den diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers. Hinzuweisen ist dabei, dass er angab, den Gottesdiensten seit Aufnahme einer Berufstätigkeit nur mehr die erste halbe Stunde beigewohnt zu haben (Verhandlungsprotokoll S 12).

2.2.4. Die Feststellung zu Punkt 1.2.4. stützt sich auf die diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers.

2.2.5. Die Feststellung zu Punkt 1.2.5. basiert auf folgenden Erwägungen:

Wie vorauszuschicken ist, verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass der Beschwerdeführer – wie aus der vorgelegten Taufbescheinigung ersichtlich – in der XXXX die Taufe empfangen hat und auch weiterhin (jedenfalls bis zu den COVID-19-bedingten Einschränkungen) an Gottesdiensten in dieser Gemeinde teilgenommen hat.

Bei der Beurteilung der Frage, ob er sich auch innerlich ernsthaft dem Christentum zugewandt hat, ist jedoch zunächst von wesentlicher Bedeutung, dass sich sein Vorbringen zu seiner Hinwendung zu diesem Glauben bereits im Iran (wie zuvor dargelegt) als tatsachenwidrig erwiesen hat.

Gegen eine solche ernsthafte innerliche Zuwendung spricht überdies der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer den Prozess seiner Abwendung vom Islam und Hinwendung zum Christentum nicht glaubwürdig darstellen konnte:

So nannte er als für ihn wesentlichen Unterschied zwischen Islam und Christentum den Umstand, dass auf die Christen das ewige Leben warte, während im Islam alles mit dem Tod ende bzw. der Tod angedroht werde (Verhandlungsschrift S 7), dies obwohl auch der Islam eine Religion ist, die Jenseitserwartungen beinhaltet. Auch gab der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung an, er habe sich nicht für andere Religionen als den Islam interessiert, bevor er sich entschlossen habe, Christ zu werden (Verhandlungsschrift S 8), während er vor der belangten Behörde noch vorgebracht hatte, sich auch mit dem Glauben der Zoroaster beschäftigt zu haben (Verwaltungsakt AS 75).

Der Wissensstand des Beschwerdeführers hinsichtlich des Christentums entspricht ungefähr dem zu erwartenden Stand nach der Absolvierung der von ihm besuchten Kurse. Unrichtige Angaben machte er jedoch hinsichtlich des sola-fide-Prinzips, das ein Grundprinzip des protestantischen Glaubens ist und besagt, dass der Mensch allein durch seinen Glauben (und nicht aufgrund seiner Werke vor Gott gerechtfertigt wird. Der Aussage des Beschwerdeführers, wonach es einem im Jenseits gut angerechnet wird, wenn man sich anderen Menschen gegenüber wohlverhält (Verhandlungsschrift S 10), entspricht nicht dieser Lehre, auf deren Grundlage auch die Gemeinde steht, der der Beschwerdeführer angehört (vgl. Pkt. 5c des Papiers „Lehrmäßige Grundlagen der Freien Christengemeinde – Pfingstgemeinde FCGÖ“, Beilage ./C zur Verhandlungsschrift).

Des Weiteren kann nicht erwähnt bleiben, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, die Kirchengemeinde, der er angehört, im Spektrum der unterschiedlichen protestantischen Kirchen einzuordnen, indem er die Frage, ob er der Evangelischen Kirche A.B. angehöre, (zu Unrecht) bejahte.

Schließlich spricht auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit Beginn seiner Berufstätigkeit als selbstständiger Lieferant keinem einzigem Gottesdienst mehr bis zum Schluss beigewohnt hat, gegen eine tiefgreifende Hinwendung zu der von ihm neu angenommenen Religion, da daraus abgeleitet werden muss, dass das Feiern des Gottesdienstes für ihn letztlich keinen derart bedeutenden Stellenwert hat. Wie dabei festzuhalten ist, hat der Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht, er sei auf der Suche nach einer (hinsichtlich der Glaubensinhalte vergleichbaren) anderen freikirchlichen Gemeinde, wo die Gottesdienste zu einem Zeitpunkt stattfinden, dass seine Arbeitszeiten einen vollständigen Besuch zulassen.

2.2. Die Feststellungen zur Lage im Iran gründen sich auf das Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation zum Iran vom 14.06.2019, welches im Rahmen der Ladungen zur Beschwerdeverhandlung in das Verfahren eingeführt wurde. Da das LIB auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bietet, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung die Richtigkeit des LIB nicht in Frage stellte. Das inzwischen veröffentliche aktualisierte LIB mit Stand 19.06.2020 enthält in den hier relevanten Teilen keine Aussagen, die ein maßgeblich anderes Bild zeichnen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachtfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) oder er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Verfolgung ist gemäß § 2 Abs. 11 AsylG jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie. Nach Art. 9 der Statusrichtlinie muss eine Verfolgungshandlung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

-        Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt,

-        gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,

-        unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

-        Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

-        Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 Abs 2 fallen und

-        Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Verfolgung ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB. Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zur behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (Erkenntnis des VwGH vom 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

3.2.1.2. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine drohende Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen:

Zum einen haben sich die von ihm behaupteten Vorfälle im Iran als tatsachenwidrig erwiesen, sodass von keiner sich daraus ergebenden Verfolgungsgefahr im Iran ausgegangen werden kann.

Zum andern hat der Beschwerdeführer – wie oben ebenfalls festgestellt – den christlichen Glauben nicht ernsthaft angenommen, sodass nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass er bei einer Rückkehr seinen Glauben derart ausleben würde, dass er asylrelevanten Verfolgungshandlungen von hinreichender Intensität ausgesetzt wäre.

Es ist demnach nicht glaubhaft, dass ihm bei einer Rückkehr Verfolgung aufgrund seiner Religion (und damit eines in der GFK genannten Grundes) droht.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigen liegen demnach nicht vor, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.2.2. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.2.1. Gema?ß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden bei Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten der Status eines subsidia?r Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zuru?ckweisung, Zuru?ckschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und 13 bedeuten wu?rde oder fu?r ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willku?rlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen wu?rde.

Art. 2 EMRK schützt das Recht aus Leben; gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegru?ndete Gefahr mo?glicher Konsequenzen fu?r den Betroffenen ("sufficiently real risk") im Herkunftsland zu verstehen (VwGH 19.2.2004, 99/20/0573).

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) liegt ein „real risk“ (reale Gefahr) vor, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafürsprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR 28.11.2011, Appl. 8319/07 und 11.449/07, Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Rz 218, mit Hinweis auf EGMR 17.07.2008, Appl. 25.904/07, NA gegen Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), auf Grund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa EGMR 28.11.2011, Appl. 8319/07 und 11.449/07, Sufi und Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Rz 217).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der Judikatur des VwGH ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Darüber hinaus obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).

3.2.2.2. Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit nicht so dar, dass ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefa?hrdung aus Sicht der EMRK (Art. 2 und 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch den aktuellen La?nderberichten nicht zu entnehmen, wonach die Sicherheitslage im Iran allgemein als ruhig bezeichnet werden kann und es nur in vereinzelten Regionen unregelma?ßig zu Zwischenfa?llen mit terroristischem Hintergrund oder zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskra?ften und anderen Gruppierungen kommt. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden darf, in welcher der Respekt fu?r die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Ru?ckfu?hrung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzula?ssig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.

Der Beschwerdeführer konnte auch daru?ber hinaus insgesamt keine individuellen Umsta?nde glaubhaft machen, die im Falle einer Ru?ckfu?hrung in den Iran die reale Gefahr einer Verletzung aus Art. 2 oder 3 EMRK entspringenden Rechte (oder der anderen im Lichte von § 8 AsylG 2005 relevanten Grundrechte) fu?r maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen Mann, bei dem die Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann, zumal er im Iran Schulbildung absolvierte und einem Beruf nachging, weshalb er auch in der Lage war, sich sein Einkommen zu sichern. Die vom ihm 2019 ins Treffen geführte Belastungsstörung wurde zum einen in der Folge nicht mehr vorgebracht, zum anderen führte sie nicht dazu, dass er etwa nicht mehr erwerbsfähig wäre. Im Gegenteil, der Beschwerdeführer befindet sich seit Jahresanfang nicht mehr in der Grundversorgung und sichert seinen Lebensunterhalt eigenständig ab. Der Beschwerdeführer spricht zudem Farsi, die Sprache der Mehrheitsbevölkerung, und verfügt im Herkunftsstaat über alle seine Angehörigen. Er ist im Iran aufgewachsen, dort zur Schule gegangen und konnte auch zuvor sein Auskommen dort finden. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Iran, existenzgefährdende Probleme hätte, dort wieder Fuß zu fassen. Vielmehr hätte er auch wieder Familienanschluss zu seiner Frau und seinen beiden Kindern.

Auch ergibt sich aus den Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer bei Rückkehr in den Iran eine – allfällig notwendige – medizinische Betreuung in hinreichender Weise zu Verfügung stünde.

Es liegen auch keine Hinweise fu?r das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) vor und die Grundversorgung der Bevo?lkerung ist gesichert, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Beru?cksichtigung sa?mtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann. Was das derzeit grassierende Covid-19-Virus angeht, handelt es dich dabei zum einen um eine weltweit auftretende Krankheit (Pandemie), zum anderen kann in Hinblick auf das Alter und den physischen Zustand des Beschwerdeführers nicht angenommen werden, dass er im Falle einer Infizierung einen schweren Krankheitsverlauf hätte.

Der Beschwerdeführer wa?re demnach durch eine Ru?ckfu?hrung in den Herkunftsstaat nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat der Beschwerdeführer weder vorgebracht, noch ist eine solche von Amts wegen hervorgekommen oder dem BVwG bekannt. Selbiges gilt fu?r die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Im Hinblick auf die gegebenen Umsta?nde kann daher ein „reales Risiko“ einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwa?rtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.2.3. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG:

3.2.3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, (1.) wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG, seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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