TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/26 96/16/0239

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Veröffentlicht am 26.06.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BAO §200 Abs1;
BAO §200 Abs2;
BAO §251;
BewG 1955 §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Dr. D in F, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 2. September 1996, Zl. 435-5/96, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Vertrag vom 19. Mai 1990 verpachtete Mag. Ladislav S. der Beschwerdeführerin ein Apothekenunternehmen. Nach Punkt IV Abs. 1 der Vertragsurkunde begann das Pachtverhältnis am 1. Jänner 1993. Punkt V. der Urkunde lautet auszugsweise:

"V.

(1) Der Pachtzins beträgt jährlich zwischen 6 und 7 % (sechs und sieben von Hundert) der Pachtbemessungsgrundlage. Den genauen Prozentsatz werden die Parteien bis 30. Juni 1992 einvernehmlich festlegen. Einigen sie sich nicht, bestimmt den Prozentsatz das im Punkte XVI. dieses Vertrages vorgesehene Schiedsgericht innerhalb der genannten Grenzen.

Pachtbemessungsgrundlage ist der im Unternehmen der gegenständlichen Apotheke erzielte Jahresumsatz mit Ausnahme des Eigenverbrauches, der Umsätze aus Lieferungen an den Verpächter und an die Dienstnehmer sowie aus Veräußerungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.

Als Umsatz gilt der Nettoumsatz der Apotheke, das heißt der Umsatz ohne Hinzurechnung der Mehrwertsteuer."

Mit Bescheid vom 1. August 1990 setzte das zuständige Finanzamt auf Grund des angeführten Rechtsgeschäftes eine Rechtsgebühr in Höhe von S 248.400,-- nach § 33 TP 5 GebG vorläufig fest, wobei es von einem jährlichen Pachtentgelt von S 1,380.000,-- ausging. In der Begründung dieses Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, das jährliche Entgelt sei vorläufig anhand der Umsätze des Verpächters geschätzt worden. Eine endgültige Festsetzung erfolge nach Vorliegen "eigener Umsätze".

Der vorläufige Gebührenbescheid erwuchs in Rechtskraft.

Auf eine Anfrage der Finanzamtes vom 14. September 1994 wurde mitgeteilt, daß der Jahrespachtzins 1993 einschließlich Umsatzsteuer S 2,162.570,40 betragen habe.

Hierauf wurde die Gebühr mit einem weiteren vorläufigen Bescheid vom 25. Oktober 1994 neu festgesetzt.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, die Gebühr von einem Bestandvertrag könne nur einmal bemessen werden. Die Behörde sei nicht berechtigt, die Veranlagung durch vorläufige Bescheide beliebig oft zu wiederholen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wurde der Gebührenbescheid insoferne abgeändert, als die vorläufige Festsetzung durch eine endgültige ersetzt und die Rechtsgebühr nach dem Durchschnitt der Jahrespachtzins 1993 bis 1996 festgesetzt wurde.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit, eventualiter dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß die Rechtsgebühr nicht höher als mit S 248.400,-- festgesetzt werde.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach dem Inhalt der Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin ausschließlich dagegen, daß der Gebührenbescheid vom 1. August 1990 als vorläufiger Bescheid im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO erlassen worden ist. Die Einwendungen gegen die Vorläufigkeit der Gebührenfestsetzung hätte die Beschwerdeführerin aber gegen diesen - von ihr nicht bekämpften - Gebührenbescheid vom 1. August 1990 vorbringen müssen. Da nämlich der Ausspruch über die Vorläufigkeit ein der Rechtskraft fähiger und dementsprechend auch anfechtbarer Spruchbestandteil ist, sind die damit verbundenen Rechtswirkungen, nämlich die Notwendigkeit, einen - allenfalls auch inhaltlich abweichenden - endgültigen Bescheid zu erlassen, auch dann beachtlich, wenn der Spruch des vorläufigen Bescheides mangels tatsächlich bestehender Ungewißheit allenfalls rechtswidrig wäre (vgl. das Erkenntnis vom 18. Juli 1995, Zl. 91/14/0016). Im Verfahren über die endgültige Abgabenfestsetzung ist jedenfalls für die Beantwortung der Frage, ob der seinerzeitige Abspruch über die Vorläufigkeit dem Gesetz entsprochen hat, kein Raum mehr, sodaß sich die Beschwerde schon deswegen als unbegründet erweist.

Zur Klarstellung wird jedoch auf folgendes hingewiesen:

Die Beschwerdeführerin verkennt mit ihren Einwendungen gegen die Vorläufigkeit der Abgabenfestsetzung auch den Regelungsinhalt des von ihr zur Argumentation herangezogenen § 17 Abs. 3 BewG, nach welcher Gesetzesstelle bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiß sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zugrundezulegen ist, der IN ZUKUNFT im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. Durch diese Bewertung, die ja jedenfalls erst nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld erfolgen kann, sollen soweit als möglich die in Zukunft tatsächlich erzielten Beträge erfaßt werden. Es ist daher rechtlich unbedenklich, wenn bei der Bewertung nach § 17 Abs. 3 BewG die dem Abgabenpflichtigen nach dem Bewertungsstichtag zugekommenen Nutzungen oder Leistungen Berücksichtigung finden (vgl. die Erkenntnisse vom 13. September 1989, Zl. 88/13/0107, und vom 29. Jänner 1997, Zl. 96/16/0084). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin entsprach es daher dem Gesetz, wenn die Abgabenbehörden der Gebührenbemessung nicht die in der Vergangenheit gelegenen Umsätze des Verpächters zugrunde legten, sondern die erst lange nach Abschluß des Pachtvertrages einsetzenden Umsätze der Beschwerdeführerin als Pächterin. Da im Zeitpunkt der Erlassung des vorläufigen Gebührenbescheides das Pachtverhältnis noch gar nicht begonnen hatte, bestand aber in diesem Zeitpunkt eine Ungewißheit im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO, die die Erlassung eines vorläufigen Bescheides erforderlich machte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996160239.X00

Im RIS seit

14.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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