TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/12 W123 2236171-1

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Veröffentlicht am 12.11.2020
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Entscheidungsdatum

12.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

W123 2236171-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH – ARGE Rechtberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2020, Zahl: 595097208/200494669, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer wurde am 31.05.2012 durch Organe des Landeskriminalamtes Wien wegen des Verdachts der Begehung eines strafbaren Delikts (§ 28a Abs. 1 SMG) angezeigt.

2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 11.06.2012, Zl. XXXX , wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.08.2012, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 28a Abs. 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, hiervon 6 Monate unbedingt, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

4. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 10.10.2012, Zl. XXXX , wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen.

5. Am 25.10.2012 erfolgte die freiwillige Rückkehr des Beschwerdeführers im Luftwege nach Serbien.

6. Am 16.06.2020 leitetet das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG ein.

7. Mit Schreiben vom 02.07.2020 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit, zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot binnen 10 Tagen (ab Zustellung des Schreibens) Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme ab.

8. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.08.2020, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 5. Fall und Abs. 2 Z 2 und 3 SMG, 15 StGB, sowie wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach 28 Abs. 1 und 3 SMG gemäß § 28a Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren verurteilt.

9. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

10. Mit Schriftsatz vom 12.10.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde und führte zusammenfassend aus, dass die belangte Behörde eine Einvernahme des Beschwerdeführers unterlassen und das Verfahren damit mit Mängeln belastet habe. Auch die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers sei nicht konkret eruiert worden, obwohl bei der Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt des
§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr dorthin Bedacht zu nehmen sei. Der Beschwerdeführer habe auf die schriftliche Aufforderung zur Stellungnahme nicht antworten können, weil er die deutsche Sprache nicht beherrsche und nicht gewusst habe, was zu tun sei. Hätte die belangte Behörde die Einvernahme nicht unterlassen, wäre sie zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer nicht nur serbischer, sondern auch kroatischer Staatsbürger sei. Dem Beschwerdeschriftsatz wurde ein Scan der 1. Seite der Anordnung zur Festnahme übermittelt, wo auch die kroatische Staatsbürgerschaft angeführt sei. Die belangte Behörde hätte somit wissen müssen, dass der Beschwerdeführer die kroatische Staatsbürgerschaft besitze und somit Unionsbürger sei.

11. Mit Schriftsatz vom 13.10.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 19.10.2020, übermittelte die belangte Behörde die Beschwerdevorlage samt Verfahrensakt und gab gleichzeitig eine Stellungnahme ab. Es sei der belangten Behörde nicht ersichtlich, inwiefern es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, eine Stellungnahme zu verfassen, zumal der Beschwerdeführer den sozialen Dienst in der Justizanstalt nutzen hätte können, um das Parteiengehör wahrzunehmen oder der belangten Behörde zumindest eine Kopie seines vermeintlichen existierenden kroatischen Reisepasses vorzulegen. Inwiefern der Beschwerdeführer kroatischer Staatsbürger sei, könne die belangte Behörde nicht nachvollziehen, zumal er durch die Interpol Belgrad einwandfrei als serbischer Staatsangehöriger identifiziert worden sei und das Landesgericht für Strafsachen Wien sowie die Justizanstalt Wien Josefstadt den Beschwerdeführer ebenfalls mit der serbischen Nationalität führe.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht fest.

1.2. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.08.2020, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß
§ 28a Abs. 1 5. Fall und Abs. 2 Z 2 und Z 3 SMG, 15 StGB, sowie wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.

Dem Schuldspruch lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung im Bundesgebiet in den Jahren 2015, 2017 und 2020 Suchtgift (Heroin, Kokain und Marihuana) in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge Dritten „in vielfachen Angriffen gewinnbringend durch Verkauf überlassen bzw. zu überlassen versucht“ hat sowie mit dem Vorsatz besessen hat, dass es in Verkehr gesetzt werde.

Im Zuge der Strafbemessung wertete das Gericht als mildernd das „Geständnis“ sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist“, erschwerend „eine einschlägige Vorstrafe“ sowie das „Zusammentreffen zweier Verbrechen“.

1.3. Der Beschwerdeführer ist aufgrund der von ihm begangenen Straftaten und seines Persönlichkeitsbildes als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit anzusehen.

1.4. Der Beschwerdeführer befindet sich seit September 2019 im Bundesgebiet und war zu keinem Zeitpunkt – abgesehen von der Haftmeldung – im Bundesgebiet aufrecht gemeldet. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen; zu Österreich bestehen weder familiäre, soziale noch berufliche Bindungen. Der Beschwerdeführer verfügt über eine aktuelle Meldeadresse in Serbien.

Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer in Haft.

1.5. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

2.2. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie des eingeholten Strafregisterauszuges vom 19.10.2020.

Ausgehend davon führte die belangte Behörde zu Recht an, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten Grundinteressen der Gesellschaft massiv verletzt habe.

2.3. Die Feststellungen zu den familiären, sozialen und beruflichen Bindungen Österreich konnten deshalb getroffen werden, da der Beschwerdeführer zum einen – trotz Einräumung seiner Möglichkeit – keine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme der belangten Behörde vom 02.07.2020 erstattete. Zum anderen ergaben sich aber auch nicht aufgrund des Beschwerdeschriftsatzes Hinweis, dass der Beschwerdeführer über Familienangehörige im Bundesgebiet verfügen würde oder sonstige (soziale oder berufliche) Bindungen zu Österreich bestünden.

2.4. Im Beschwerdeschriftsatz wurde mehrfach auf die unterlassene Einvernahme durch die belangte Behörde des Beschwerdeführers hingewiesen. Diesbezüglich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde das Parteiengehör schon deshalb nicht verletzte, da der Beschwerdeführer die ihm diesbezüglich eingeräumte Möglichkeit (vgl. AS 99) ungenutzt verstrichen ließ. Der Einwand im Beschwerdeschriftsatz, wonach der Beschwerdeführer die schriftliche Aufforderung nicht beantworten habe können, da er der deutschen Sprache nicht mächtig sei und nicht gewusst habe, was zu tun sei, überzeugt nicht, da – wie die belangte Behörde in der Stellungnahme vom 13.10.20202 zutreffend ausführt – dem Beschwerdeführer Möglichkeiten offen gestanden wären, sein Parteiengehör wahrzunehmen (vgl. das diesbezügliche schlüssige Vorbringen der belangten Behörde, OZ 1).

Selbst wenn man jedoch tatsächlich – so wie im Beschwerdeschriftsatz behauptet – die unterlassene Einvernahme des Beschwerdeführers als grobe Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften betrachten würde, würde dies am Ergebnis der gegenständlichen Entscheidung nichts ändern, da der Beschwerdeführer spätestens mit Einbringung des Beschwerdeschriftsatzes seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere ob er über Familienangehörige im Bundesgebiet verfügt, darlegen hätte können.

Aber auch das erstmalige Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, wonach der Beschwerdeführer nicht nur serbischer, sondern auch kroatischer Staatsbürger (und somit Unionsbürger) sei, vermag am Ergebnis der gegenständlichen Entscheidung nichts zu ändern. Alleine aufgrund der Übermittelung eines Scans der 1. Seite der Anordnung zur Festnahme (vgl. AS 179), in der „Kroatien“ als Staatsangehörigkeit erscheint, kann noch nicht (gleichsam automatisch) davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich (neben der serbischen) auch die kroatische Staatsbürgerschaft besitzt. Die belangte Behörde verwies zutreffend in ihrer Stellungnahme auf die Identifizierung des Beschwerdeführers durch die Interpol Belgrad als serbischer Staatsangehöriger. Ferner ergab sich auch aus dem rechtskräftigen Urteil des Straflandesgerichtes Wien vom 20.08.2020 kein Hinweis auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer zwei Staatsbürgerschaften besitzen würde.

2.5. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien geäußert. Serbien gilt aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. und II. (Rückkehrentscheidung)

3.1.1. § 10 Abs. 2 AsylG lautet: „Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.“

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

3.1.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie - anders als im vorliegenden Fall - Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554). In seinem Erkenntnis vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem erwogen, dass auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden kann. Im Hinblick darauf seien die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0021).

3.1.3. Daraus ergibt sich für den gegenständlichen Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde bereits im Jahr 2012 wegen eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt und gegen ihn in weiterer Folge ein 10-jähriges Einreiseverbot erlassen. Trotz aufrechten Einreiseverbotes kehrte der Beschwerdeführer im Jahr 2020 ins Bundesgebiet zurück und wurde wiederum wegen begangener Verbrechen gegen das SMG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Beschwerdeführer verfügt ferner über keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen im Bundesgebiet.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet allfälligen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Auch Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

3.1.4. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen die Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt III. (Abschiebung nach Serbien)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234). Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren, wie beweiswürdigend dargelegt, kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet. Sowohl unter Beachtung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, als auch der allgemeinen Sicherheits- und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat ergab sich kein Hinweis auf eine dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat potentiell drohende Gefährdung in den hier relevanten Grundrechten. Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in Serbien ist überdies zu berücksichtigen, dass gemäß § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt. Sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID-19 Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer aktuell eine Strafhaft im Bundesgebiet verbüßt, aus der er voraussichtlich erst im Jahr 2022 entlassen werden wird.

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.3. Zu den Spruchpunkten IV. und V. (Frist für Ausreise)

3.3.1. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

3.3.2. Der Verwaltungsgerichtshof geht bezüglich der Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden in ständiger Rechtsprechung davon aus (vgl. zuletzt VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0053-4), dass es in diesem Zusammenhang nicht genüge, auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. etwa – zum Durchsetzungsaufschub nach § 70 Abs. 3 FPG – VwGH 12.9.2013, 2013/21/0094, mwN; siehe auch – zum Kriterium der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise nach § 52 Abs. 6 FPG – Erkenntnis VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007, Rn 11).

Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert demnach das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind. Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid mit dem Verweis auf das strafgerichtliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers und die auch zur Begründung des gegen seine Person erlassenen Einreiseverbotes getroffenen Gefährdungsprognose zutreffend aufgezeigt. Gerade die in der gewerbsmäßigen Tatbegehung gelegene Tendenz des Fremden, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu sichern, stellt für sich eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (vgl. VwGH 24.5.2005, 2002/18/0289).

3.3.3. Die belangte Behörde ging unter Berücksichtigung des Nichtbestehens privater oder familiärer Interessen des Beschwerdeführers sowie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, zu Recht davon aus, dass sich die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich erweist.

Folglich hat die belangte Behörde gemäß § 55 Abs. 4 FPG zu Recht von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise Abstand genommen.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides war daher ebenfalls abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt VI. (Einreiseverbot)

3.4.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG i.d.g.F. lautet auszugsweise:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt. (4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

…“

3.4.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf den Tatbestand des
§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und mit dem Umstand begründet, dass der Beschwerdeführer auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und seines bisherigen Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose – gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot – ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das, diesem zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

3.4.3. Der Beschwerdeführer wurde unbestritten von einem Landesgericht wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 5. Fall und Abs. 2 Z 2 und Z 3 SMG, 15 StGB, sowie wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Im Urteil des Straflandesgerichtes Wien wurde zudem als erschwerend bei der Strafbemessung auf die einschlägige Vorstrafe in Österreich hingewiesen.

Das vom Beschwerdeführer begangene Delikt stellt ohne Zweifel eine die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdende und beeinträchtigende Form von Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 23.3.1992, 92/18/0044; 22.2.2011, 2010/18/0417). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) darstellt. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554; 30.8.2017, Ra 2017/18/0155; 1.4.2019, Ra 2018/19/0643).

Zum im Jahr 2012 ausgesprochenen und bereits getilgten Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach auch eine bereits erfolgte Tilgung von Straftaten nicht dazu führt, dass die Straffälligkeit eines Fremden bei der Abwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht berücksichtigt werden dürfe, insbesondere wenn zu getilgten Strafen noch ungetilgte Straftaten hinzukommen (vgl. dazu jüngst VwGH 06.10.2020, Ra 2019/19/0332 unter Bezug auf VwGH 22.2.2011, 2010/18/0073; 18.12.1998, 97/19/0858).

Die besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers wird dabei durch den Umstand, dass er offensichtlich ausschließlich zwecks Handels mit Suchtgiften in das Bundesgebiet eingereist ist, durch die hohe Menge des tatverfangenen Suchtgifts sowie durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorging, unterstrichen.

Der Beschwerdeführer hat durch sein strafrechtliche Rechtsnormen negierendes Verhalten massiv seinen Unwillen unter Beweis gestellt, in Österreich geltende Grundinteressen der Gesellschaft zu achten, weshalb in Zusammenschau des Verhaltens des Beschwerdeführers von einer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden Gefährdung auszugehen und eine Rückfälligkeit in strafrechtswidriges Verhalten seitens des Beschwerdeführer naheliegend ist, zumal er im Bundesgebiet und im Gebiet der Mitgliedstaaten weder sozial noch wirtschaftlich verankert ist und seine Einreise ausschließlich zum Zweck der Verschaffung einer fortlaufenden Einnahmequelle durch den Handel mit Suchtgift erfolgt ist. Der Beschwerdeführer verfügte – mangels substantiierter Hinweis im Beschwerdeschriftsatz –über keinerlei finanzielle Mittel, sodass zutreffend davon auszugehen war, dass dieser neuerlich versuchen werde, durch die Begehung von Suchtgiftdelikten eine illegale Einnahmequelle zu schaffen.

3.4.4. Der Beschwerdeführer verfügt zudem über keine familiären oder privaten Bindungen im Bundesgebiet, sodass das ausgesprochene Einreiseverbot nicht geeignet ist, einen Eingriff in ein in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat geführtes Familien- oder Privatleben zu begründen.

Selbst unter der Annahme von familiären/privaten Anknüpfungspunkten iSd Art 8 EMRK im Gebiet der Mitgliedstaaten, müssten diese Umstände aufgrund der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers eine Relativierung hinnehmen. Letztlich ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in seinem Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen hat (vgl. VwGH 9.7.2009, 2008/22/0932; 22.2.2011, 2010/18/0417).

Den insoweit geminderten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Gebiet der Mitgliedstaaten steht sohin die aufgrund seines in schwerwiegenden Straftaten gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem Beschwerdeführer ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität (vgl. nochmals VwGH 1.4.2019, Ra 2018/19/0643 mwN), den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt. Die Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen führt sohin zur Auffassung, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des Beschwerdeführers überwiegt.

Daher ist die belangte Behörde zu Recht von der Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den Beschwerdeführer als erforderlich, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

3.4.5. Ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot ist unter Berücksichtigung der für Fälle des
§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG genannten Maximaldauer verhältnismäßig. Angesichts der schwerwiegenden Delinquenz des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung seines Aufenthaltes im Gebiet der Mitgliedstaaten, welcher lediglich zum Zweck der Begehung von Suchtgifthandel erfolgte, seiner Mittellosigkeit sowie der nicht vorhandenen familiären und sozialen Anknüpfungspunkte im Gebiet der Mitgliedstaaten ist das Einreiseverbot im angemessenen Ausmaß festgelegt worden. Aufgrund des konkreten Unrechtsgehalts der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten und unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe kann davon ausgegangen werden, dass nur ein Einreiseverbot in der Dauer von zumindest 10 Jahren eine allfällige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten bewirken wird. Eine Herabsetzung der Dauer des im angefochtenen ausgesprochenen Einreiseverbotes kam demnach nicht in Betracht.

Im vorliegenden Fall kommt – zu Lasten des Beschwerdeführers – hinzu, dass der Beschwerdeführer die Verbrechen gegen das SMG trotz aufrechtem Einreiseverbotes im Bundesgebiet beging.

3.4.6. Die Beschwerde war demnach als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – ungeachtet des Antrages im Beschwerdeschriftsatz – abgesehen werden.


Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährlichkeitsprognose Interessenabwägung öffentliches Interesse Pandemie Risikogruppe Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2236171.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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