TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 W123 2236766-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch


W123 2236766-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des albanischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Spruchpunkte II. bis IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2020, Zl. 1177836206/200107614, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 1 Jahr herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 28.09.2020 von der Landespolizeidirektion Wien wegen unerlaubten Aufhaltens im Bundesgebiet angehalten.

2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde gegenüber dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

3. Am 29.09.2020 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt. Der Beschwerdeführer brachte darin vor, dass er sich seit erst zwei Tagen in Österreich aufhalte. Vorher habe er sich bis ungefähr Jänner 2020 in Österreich aufgehalten. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2018 und 2019 ein Visum beantragt, jedoch seien die Anträge bei der MA 35 abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe Österreich mit dem Flugzeug im Jänner 2020 verlassen und habe vorher bei seiner Schwester in 1020 Wien gewohnt. Am 28.09.2020 sei der Beschwerdeführer mit dem Flieger wieder eingereist. Zweck sei gewesen, hier in Österreich zum Arzt zu gehen und am Freitag hätte der Beschwerdeführer wieder heimreisen wollen. Der Beschwerdeführer habe in Österreich Kurse für die deutsche Sprache besucht und sei von seinem Vater unterstützt worden. Derzeit sei der Beschwerdeführer im Besitz von EUR 400.

4. Mit Schriftsatz vom 20.10.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis IV. gegen den Bescheid der belangten Behörde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass er albanischer Staatsbürger sei, der seit 2017 regelmäßig nach Österreich reise. Er habe sich immer legal im Bundesgebiet aufgehalten. Der Beschwerdeführer habe sich bei seiner Ausreise behördlich nicht abgemeldet. Dies möge zwar eine Verletzung des Meldegesetzes darstellen, sei aber keinesfalls ein Beleg für einen Aufenthalt im Bundesgebiet. Zum Einreiseverbot wurde vorgebracht, dass bereits in diesem Verfahren von den Eltern des Beschwerdeführers schriftlich bestätigt worden sei, dass sie für ihren Sohn während seines Aufenthaltes in Österreich finanziell aufkommen würden. Der Tatbestand der Mittellosigkeit sei im gegenständlichen Fall daher nicht gegeben. Selbst wenn der Tatbestand der Mittellosigkeit formell erfüllt wäre, bedeute das nicht, dass jedenfalls zwingend ein Einreiseverbot zu erlassen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Albanien; seine Identität steht fest.

1.2. Der Beschwerdeführer ist seit dem 12.07.2017 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Am 04.01.2019 beantragte der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel bei der MA 35, der am 17.07.2019 abgewiesen wurde. Am 17.10.2019 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf einen Aufenthaltstitel bei der MA 35, der am 29.11.2019 wiederum abgewiesen wurde.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde am 28.09.2020 in Wien 1090 von der Landespolizeidirektion Wien wegen unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet aufgehalten.

1.4. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Eine Schwester des Beschwerdeführers befindet sich in Österreich und verfügt über ein Studentenvisum. Zum Zeitpunkt der Einvernahme vor der belangten Behörde wohnte der Beschwerdeführer bei seiner Schwester in 1020 Wien. Die restliche Familie des Beschwerdeführers lebt in Albanien. Der Beschwerdeführer ist gesund. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht versichert. Der Vater des Beschwerdeführers finanzierte den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt der Einvernahme vor der belangten Behörde über EUR 400,00.

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um seinen Unterhalt in Österreich zu finanzieren.

1.5. Am 06.10.2020 verließ der Beschwerdeführer mit Unterstützung des Vereins Menschenrechte Österreich freiwillig das Bundesgebiet (vgl. AS 135).

Es liegen keine Gründe vor, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegengestanden hätten und wurden solche auch nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines albanischen Personalausweises fest.

2.2. Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen beruhen auf den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor der belangten Behörde sowie auf den Angaben im Beschwerdeschriftsatz.

Die Feststellung zur finanziellen Situation des Beschwerdeführers ergibt sich aufgrund seiner eigenen Aussagen im Rahmen der Einvernahme durch die belangte Behörde am 29.09.2020. Die Behauptung im Beschwerdeschriftsatz, wonach „von den Eltern des BF schriftlich bestätigt wurde, dass sie für ihren Sohn während seines Aufenthaltes in Österreich finanziell aufkommen werden“ (vgl. Seite 4 der Beschwerde), wurde nicht mit entsprechenden Bescheinigungen (wie etwa Übermittlung einer Kopie dieser Bestätigung) nachgewiesen und konnte somit nicht glaubhaft gemacht werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den Spruchpunkten I., V. und VI. des angefochtenen Bescheides:

Der gegenständliche Bescheid wurde ausdrücklich nur hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis IV. angefochten. Damit erwuchsen die Spruchpunkte I., V. und VI. in Rechtskraft.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II.

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

3.2.2. Der Beschwerdeführer ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG und fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) kann einem Drittausländer die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten gestattet werden, wenn er die dort normierten Voraussetzungen erfüllt. Gemäß lit. c leg. cit. muss der Drittausländer gegebenenfalls Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben. Weiters darf ein Drittausländer gemäß lit. e leg. cit. keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art. 5 lit. a bis e SDÜ vorliegen.

3.2.3. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Albanien und als Inhaber eines gültigen serbischen Reisedokuments nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 vom 15.03.2001, ABl. L 081 vom 21.03.2001, S. 1 (sog. Visumpflicht-Verordnung) idgF, für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit. Die visumfreie Einreise mit einem biometrischen Reisepass berechtigt jedoch nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Österreich.

Der Beschwerdeführer reiste am Ende September 2020 unter Verwendung seines gültigen albanischen Reisedokuments (wiederum) in den Schengen-Raum bzw. in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer wäre sohin grundsätzlich zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. Jedoch konnte der Beschwerdeführer den Besitz von finanziellen Mitteln nicht nachweisen (siehe VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309: wonach Fremde den Besitz von hinreichenden finanziellen Mitteln nachzuweisen haben und diese Geldmittel zudem aus legalen Quellen stammen müssen). Da der Besitz – aus legalen Quellen stammender – finanzieller Mittel in Bezug auf den Beschwerdeführer nicht festgestellt werde konnte, erfüllt dieser die sichtvermerksfreien Einreise- und Aufenthaltsbedingungen iSd oben zitierten Bestimmungen nicht und erweist sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich als durchgehend unrechtmäßig.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher (im Ergebnis) zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gestützt.

3.2.4. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich jedoch nicht ergeben, dass allenfalls vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden. Konkrete Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt allenfalls vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht waren nicht anzunehmen und sind auch sonst nicht erkennbar.

Der bisherige Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers lag in Albanien, wo – bis auf eine Schwester – die gesamte Familie lebt.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

3.2.5. Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III.

§ 52 Abs. 9 FPG lautet: „Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.“

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde freiwillig ausgereist war, wurde im Rahmen der Beschwerde kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass eine Rückführung nach Albanien gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig gewesen wäre.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war daher ebenfalls abzuweisen.

3.5. Zu Beschwerde gegen Spruchpunkt IV.

3.5.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6) oder bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (Z 7).

3.5.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gestützt.

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar (vgl. § 28 AuslBG) gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).

Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der konkret beabsichtigten Dauer seines Aufenthaltes in der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum und der dabei geplanten Bestreitung seines Unterhaltes hat der Beschwerdeführer nicht erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt (vgl. Beweiswürdigung), weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.

3.5.3. Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Wie bereits zu Spruchpunkt II. angemerkt, lag der bisherige Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in Albanien, wo – bis auf eine Schwester – die gesamte Familie lebt. Sonstige berufliche oder soziale Bindungen zu Österreich sind nicht hervorgekommen.

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt wurde. Allfällige, vom Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebrachte, persönlichen Interessen haben daher kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.

Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers im Hinblick auf seinen im Ergebnis unrechtmäßigen Aufenthalt und die fehlenden Unterhaltsmittel, letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der Beschwerdeführer in Serbien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Die Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von 2 Jahren erweist sich jedoch im Ergebnis als unangemessen. Insbesondere berücksichtigte die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt IV. die in Österreich lebende Schwester des Beschwerdeführers sowie seine strafrechtliche Unbescholtenheit nicht.

Daher war das von der belangten Behörde verhängte Einreiseverbot auf 1 Jahr zu reduzieren.

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Eine mündliche Verhandlung wurde seitens des Beschwerdeführers auch nicht beantragt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Gefährdungsprognose Herabsetzung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliches Interesse Privatleben Rückkehrentscheidung Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2236766.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten