TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 W123 2197156-1

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch


W123 2197156-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2018, Zl. 1157759808-180230388, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin war seit 15.05.2017 im Bundesgebiet gemeldet und ab 28.06.2017 Besitzerin einer Aufenthaltskarte.

2. Am 22.01.2018 richtete die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten ein Schreiben an die Beschwerdeführerin. Dieses lautet auszugsweise:

„Ihnen wurde aufgrund einer am 04.05.2017 in Serbien vorgenommenen Heirat mit einem EWR-Bürger, nämlich mit dem deutschen Staatsbürger XXXX , am 28.06.2017 eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Der Reisepass vom 08.05.2017 lautete auf Ihren verehelichten Namen „ XXXX “ und die Einreise in den Schengenraum erfolgte am 12.05.2017 über Kroatien, obwohl ein Einreiseverbot in den Schengenraum durch die Schweiz auf den vorherigen Namen „ XXXX “ seit dem 04.02.2017 bis zum 03.02.2019 aufrecht ist.

Eine Sicherheitsabfrage im Schengeninformationssystem (SIS) auf den Familiennamen „ XXXX “ ergab bei der Prüfung der Voraussetzungen zur Ausstellung einer Aufenthaltskarte kein Ergebnis.

Am 14.10.2017 stellte die Polizeiinspektion Purkersdorf bei einer Überprüfung Ihrer personenbezogenen Daten fest, dass über Sie im Schengeninformationssystem (SIS) ein Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot auf ihren vorherigen Familiennamen „ XXXX “ besteht.

Wie erst aufgrund von Erhebungen durch das BM.I, BK-SIRENE, bekannt wurde, lebten Sie vor ihrer Heirat in der Schweiz.

Aus der Mitteilung der Schweizer Behörde geht hervor, dass gegen Sie am 04.02.2017 ein Einreiseverbot vom Staatssekretariat für Migration SEM bis 03.02.2019 für den Schengenraum ausgesprochen worden ist und eine Zurückführung in den Heimatstaat am 04.02.2017 erfolgte.

Dem zugrunde lagen folgende Verurteilungen:

?        Verurteilung am 19.03.2015 durch das Bezirksgericht Zürich zu einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten, davon bedingt vollziehbar 19 Monate, Probezeit 2 Jahre, für das Verbrechen gegen das Betäubungsgesetz

?        Verurteilung am 12.01.2016 durch die Staatsanwaltschaft Baden zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30,00 und einer Busse von CHF 100 für Übertretung des Betäubungsgesetzes und Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises, Missbrauch von Ausweisen und Schildern

?        Verurteilung durch die Staatsanwaltschaft Winterthur zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten für rechtswidrigen Aufenthalt, Fälschung von Ausweisen und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung

Aufgrund folgender Überlegungen kommt Ihnen nach Ansicht der Behörde das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr zu bzw. hätte Ihnen ein solches bis zum Ablauf des Einreise- bzw. Aufenthaltsverbotes, nämlich den 03.02.2019, nicht zukommen dürfen:

Aufgrund des bestehenden Einreiseverbotes in das Schengengebiet bis 03.02.2019 hätten Sie am 12.05.2017 in den Schengenraum nicht einreisen dürfen und wäre Ihnen in Kenntnis dieses Einreiseverbotes kein Aufenthaltsrecht in Form einer Aufenthaltskarte gem. § 54 NAG von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten als Niederlassungsbehörde ausgestellt worden.

Die vom EWR-Mitgliedstaat Schweiz mehrfach rechtskräftigen Verurteilungen, insbesondere wegen des zweimaligen Verbrechens gegen das Betäubungsgesetz, Verbrechens wegen Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises, Missbrauch von Ausweisen und Schildern, wegen rechtswidrigen Aufenthalt, Fälschung von Ausweisen und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung, stellen auch im Bundesgebiet der Republik Österreich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dar.“

3. Am 08.03.2018 verständigte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme („Parteiengehör“).

4. Mit Schreiben vom 12.03.2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die Kanzlei Mag. Wolfgang AUNER für ihre rechtsfreundliche Vertretung beauftragt und dieser Vollmacht erteilt habe.

5. Am 20.04.2018 erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme und brachte zusammenfassend vor, dass nach dem Schreiben des Staatssekretariats für Migration SEM vom 26.02.2018 die Voraussetzungen für die Erlöschung der Fernhaltung aus dem Schengenraum (SIS) zwar nicht als erfüllt erachtet würden; sollte die Beschwerdeführerin jedoch durch einen Mitgliedsstaat eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden bzw. eine solche erteilen wollen, werde die Schweiz im Rahmen des Konsultationsverfahrens um Löschung des Eintrags im SIS ersucht werden. Dies sei vorliegend noch nicht geschehen.

6. Das seitens der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 20.04.2018 übermittelte Dokument der schweizerischen Eidgenossenschaft (vgl. AS 133 f) lautet auszugsweise (Rechtschreibfehler korrigiert):

„Im vorliegenden Fall erachten wir die Voraussetzungen für die Löschung der Fernhaltemaßnahmen im Schengen Information System (SIS) nicht als erfüllt. Es besteht nach wie vor ein großes Interesse an einer generellen Fernhaltung aus dem ganzen Schengenraum. Sie mussten mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland, vom 19. Januar 2016 wegen rechtswidrigem Aufenthalt, Fälschung von Ausweisen und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt werden. In der Folge mussten Sie von der zuständigen Behörde weggewiesen werden. Die Wegweisung musste mittels Ausschaffungshaft sichergestellt werden.

Es ist zudem nicht ersichtlich, dass Ihnen durch einen Schengenstaat eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird. Sollte Ihnen ein Mitgliedstaat eine Aufenthaltsbewilligung erteilen wollen, wird die Schweiz im Rahmen des Konsultationsverfahrens um Löschung des Eintrags im SIS ersucht werden, was vorliegend nicht geschehen ist. Somit sind wir nicht bereit, die Ausschreibung im SIS zu löschen.“

7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.05.2018 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Ihr wurde gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit erteilt (Spruchpunkt II.).

8. Mit Schriftsatz vom 29.05.2018 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte zusammenfassend vor, dass es richtig sei, dass in der Vergangenheit gegen die Beschwerdeführerin am 04.02.2017 ein Einreiseverbot vom Staatssekretariat für Migration SEM bis 03.02.2019 für den Schengenraum ausgesprochen worden sei. Jedoch darf bemerkt werden, dass die zugrundeliegenden Handlungen und Vorfälle bereits einige Zeit zurücklägen. Zwischenzeitlich habe sich die Beschwerdeführerin wohl verhalten und sei auch von einer durchaus günstigen Zukunftsprognose auszugehen. Seitens der belangten Behörde sei nicht weiter auf die Bemühungen und die Korrespondenz mit der Schweizer Behörde eingegangen worden und hätte die belangte Behörde trotz Ausschreibung eine Aufenthaltsbewilligung erteilen können und müssen.

9.Mit Schreiben vom 22.07.2019 gab der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin die Vollmachtsauflösung bekannt und wies darauf hin, dass eine aktuelle Adresse der ehemals Vertretenen der Kanzlei nicht bekannt sei (vgl. OZ 2).

10. Mit Schreiben vom 28.10.2020 (vgl. „Mitteilung“, OZ 4) teilte der ehemalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass versucht worden sei, zur Beschwerdeführerin bzw. zum Ehegatten Kontakt herzustellen; eine Rückantwort sei nicht erfolgt. Offenkundig würden auch keine aktuellen Meldeadressen im österreichischen Bundesgebiet mehr aufscheinen. Weitere Adressen, als die bislang bekannten, seien der Kanzlei nicht bekannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der oben unter I. wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt.

1.2. Die Beschwerdeführerin ist serbische Staatsbürgerin; ihre Identität steht fest.

1.3. Die Beschwerdeführerin ist seit 15.05.2017 im Bundesgebiet gemeldet. Aufgrund der am 04.05.2017 erfolgten Eheschließung mit einem EWR-Bürger wurde der Beschwerdeführerin von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten am 28.06.2017 eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 NAG ausgestellt. Die Beschwerdeführerin lebte jedenfalls bis 14.09.2018 im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten.

1.4. Die Schweizer Behörden erließen am 04.02.2017 gegen die Beschwerdeführerin (unter ihrem früheren Familiennahmen) ein Einreiseverbot, welches bis zum 03.02.2019 gültig und im Schengen Informationssystem ausgeschrieben war. Dem seitens der Beschwerdeführerin an die Schweizer Behörden gerichteten Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes wurde nicht entsprochen.

1.5. Laut Auszug des Zentralen Melderegisters (erstellt am 29.10.2020) war die Beschwerdeführerin vom 15.05.2017 bis 14.09.2018 in XXXX , gemeldet. Aktuell liegt keine Meldung der Beschwerdeführerin vor; auch im GVS findet sich kein Eintrag. Weder dem ehemaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin noch dem Bundesverwaltungsgericht ist eine aktuelle Meldeadresse der Beschwerdeführerin bekannt.

1.6. Es besteht keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin in Serbien einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt ist. Gemäß § 1 Z 6 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Serbien als sicherer Herkunftsstaat. Es sind im Falle einer Rückkehr nach Serbien auch keine Umstände hinsichtlich etwaiger staatlicher Repressalien oder anderweitig gearteter Probleme bekannt bzw. wurden solche nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.

Die Identität der Beschwerdeführerin wurde durch die BH St. Pölten nach Vorlage ihres serbischen Reisepasses festgestellt.


3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I.:

3.1.1. § 66 Abs. 1 FPG lautet:

„EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.“

§ 55 Abs. 3 NAG lautet:

„Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.“

3.1.2. Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid:

„Wurde ursprünglich ein Einreiseverbot verhängt, so mag es nach Maßgabe des Falles naheliegend sein, dass eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im eben angesprochenen Sinn - weiterhin - vorliegt. Gegebenenfalls hat der betreffende Fremde ungeachtet dessen, dass er EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger geworden ist, kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht erlangt. Rückkehrentscheidung und damit verbundenes Einreiseverbot blieben dann insoweit unangetastet, sie würden also nicht gegenstandslos werden. Sie könnten aber auch nicht einer Aufhebung unterfallen, vielmehr wären sie nunmehr durch eine Ausweisung nach § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG zu ersetzen (vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 14.11.2017, Zahl Ra 2017/21/0151).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:

Nach Ausstellung der Aufenthaltskarte kam hervor, dass gegen Sie am 04.02.2017 ein Einreiseverbot vom Staatssekretariat für Migration SEM bis 03.02.2019 für den Schengenraum ausgesprochen worden ist und eine Zurückführung in den Heimatstaat am 04.02.2017 erfolgte.

Dem zugrunde lagen folgende Verurteilungen:

?        Verurteilung am 19.03.2015 durch das Bezirksgericht Zürich zu einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten, davon bedingt vollziehbar 19 Monate, Probezeit 2 Jahre, für das Verbrechen gegen das Betäubungsgesetz

?        Verurteilung am 12.01.2016 durch die Staatsanwaltschaft Baden zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30,00 und einer Busse von CHF 100 für Übertretung des Betäubungsgesetzes und Führen eines Motorfahrzeuges trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises, Missbrauch von Ausweisen und Schildern

?        Verurteilung durch die Staatsanwaltschaft Winterthur zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten für rechtswidrigen Aufenthalt, Fälschung von Ausweisen und Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung

Die Behörde geht davon aus, dass Ihr in der Schweiz gesetztes strafbares Verhalten gegen das Betäubungsgesetz (in Österreich Suchtmittelgesetz) und das Strafgesetzbuch (Urkundendelikte) auch in Österreich zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt.

Im Hinblick auf strafgerichtliche Verurteilungen, insbesondere wegen Vergehen/Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz ist die Aufenthaltsbeendigung zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen dringend geboten. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berührt die aus der Begehung eines Suchtgiftdeliktes abzuleitende Gefahr eines Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter) wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft und könne im Hinblick darauf selbst die Gründung einer Familie sowie die berufliche und soziale Integration des Beschwerdeführers keinen ausreichenden Anlass dafür bieten, von einem Wegfall der Gründe auszugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben (VwGH vom 22.05.2007, Zl. 2006/21/0115).

Sie haben nach Ihrer Abschiebung von der Schweiz nach Serbien die Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen geschlossen und dessen Familiennamen angenommen. Sie haben den Umstand, dass gegen Sie von der Schweiz unter Ihrem vorherigen Namen ein Aufenthaltsverbot für den Schengenraum erlassen worden ist, der Niederlassungsbehörde nicht bekannt gegeben.

Sie halten sich erst seit knapp einem Jahr im Bundesgebiet auf. Die Eheschließung erfolgte zu einem Zeitpunkt, indem Sie bereits von dem gegen Sie bestehenden Einreiseverbot für den Schengenraum wussten.

Das von Ihnen in der Schweiz gesetzte Fehlverhalten begründet auch in Österreich die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und ist auch unter Berücksichtigung des nunmehr bestehenden Familienlebens mit einem deutschen Staatsangehörigen nach Art. 8 EMRK zulässig.

Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt gemäß § 66 Abs. 3 FPG insbesondere die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftssaat zu berücksichtigen.

Es ist daher nunmehr eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff als verhältnismäßig – auch im Sinne des Artikel 8 EMRK – angesehen werden kann:

Sie haben nach Ihrer Abschiebung von der Schweiz nach Serbien die Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen geschlossen und dessen Familiennamen angenommen. Sie haben den Umstand, dass gegen Sie von der Schweiz unter Ihrem vorherigen Namen ein Aufenthaltsverbot für den Schengenraum erlassen worden ist, der Niederlassungsbehörde nicht bekannt gegeben.

Sie halten sich erst seit knapp einem Jahr im Bundesgebiet auf. Die Eheschließung erfolgte zu einem Zeitpunkt, indem Sie bereits von dem gegen Sie bestehenden Einreiseverbot für den Schengenraum wussten.

Ihrem persönlichen Interesse an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten und einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu.“

3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der obigen rechtlichen Beurteilung an und verweist ergänzend auf die Stellungnahme der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 26.02.2018, in der explizit festgehalten wird, dass nach wie vor ein großes Interesse an einer „generellen Fernhaltung aus dem ganzen Schengenraum“ bestehe und zudem „nicht ersichtlich“ sei, dass der Beschwerdeführerin „durch einen Schengenstaat eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird“ (vgl. AS 133). Somit ist aber aufgrund der Stellungnahme der Schweizerischen Eidgenossenschaft eine zugunsten der Beschwerdeführerin bestehende Möglichkeit zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung – wie offenbar im Beschwerdeschriftsatz vermeint (vgl. AS 179) – nicht ableitbar.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II.:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG – ungeachtet des diesbezüglichen Parteiantrags – eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. auch § 24 Abs. 4 VwGVG).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Ausweisung Ausweisung rechtmäßig Durchsetzungsaufschub Familienleben Gefährdung der Sicherheit strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2197156.1.00

Im RIS seit

22.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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