TE Vwgh Beschluss 2021/1/7 Ra 2019/02/0210

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Veröffentlicht am 07.01.2021
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Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
AVG §68
VStG §24
VStG §39 Abs1
VwGG §33 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwRallg
WettenG Wr 2016 §23 Abs2
WettenG Wr 2016 §23 Abs4 idF 2018/040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der C GmbH in G, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. September 2019, VGW-002/082/9778/2019-11, betreffend Beschlagnahme nach dem Wiener Wettengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Ersatz von Aufwendungen findet nicht statt.

Begründung

1        Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 17. Juni 2019 wurde wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 13 Abs. 3 lit. b und c Wiener Wettengesetz die Beschlagnahme von Wettterminals samt dem darin befindlichen Geld gemäß § 23 Abs. 2 iVm. Abs. 4 leg. cit. gegenüber der revisionswerbenden Partei angeordnet.

2        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 2. September 2019 als unbegründet ab, es bestätigte den bekämpften Bescheid mit näher genannten Abänderungen und erklärte die Revision gegen dieses Erkenntnis für unzulässig.

3        Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 6. Mai 2020 wurde der handelsrechtliche Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei u.a. wegen näher konkretisierter Verwaltungsübertretungen mit derselben Tatanlastung wie im oben genannten Beschlagnahmebescheid mit der Verhängung einer Geldstrafe bestraft und der Verfall derselben Gegenstände ausgesprochen.

4        Das Verwaltungsgericht gab mit dem Erkenntnis vom 7. Juli 2020 der gegen das Straferkenntnis gerichteten Beschwerde Folge, hob die bekämpften Spruchpunkte auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG ein; insbesondere wurde der von der belangten Behörde verfügte Verfall der zuvor beschlagnahmten Gegenstände aufgehoben. Dagegen wurde keine Revision erhoben.

5        Gegen das die Beschlagnahme bestätigende Erkenntnis vom 2. September 2019 richtet sich die vorliegende Revision, zu der der Magistrat nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattete.

6        In der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Stellungnahme der revisionswerbenden Partei vom 24. Juli 2020 begründete sie das Fortbestehen ihrer materiellen Beschwer mit der Ankündigung des Magistrats vom 21. Juli 2020, gegen die Aufhebung des Verfallsbescheides durch das Verwaltungsgericht eine Revision zu erheben und diese mit einem Antrag auf aufschiebende Wirkung zu verbinden.

7        Der Magistrat äußerte sich mit Schriftsatz vom 12. August 2020, dass gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 7. Juli 2020 keine außerordentliche Revision mit Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht werde.

8        Dazu erwiderte die revisionswerbende Partei mit ihrer Eingabe vom 15. September 2020, dass der Magistrat noch mit Schreiben vom 21. Juli 2020 die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände mit der Begründung verweigert habe, dass er gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 7. Juli 2020 eine Amtsrevision samt Antrag auf aufschiebende Wirkung zu erheben gedenke. Es sei daher der revisionswerbenden Partei (in der Stellungnahme vom 24. Juli 2020) nichts anderes übrig geblieben, als zur Wahrung ihrer Rechte die Revision aufrecht zu erhalten. Jedenfalls begehre sie Aufwandersatz.

9        Gemäß § 39 Abs. 1 VStG kann die Behörde, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

10       Eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG erfolgte Beschlagnahme tritt durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls - zu dessen Sicherung sie verfügt wurde - mangels einer normativen Weiterwirkung außer Kraft (vgl. VwGH 24.4.1990, 89/04/0175, mwN). Ist daher der Zweck der Beschlagnahme durch den Anspruch des Verfalls erreicht, oder steht fest, dass der Zweck der Beschlagnahme nicht mehr gegeben ist, dann hat der Beschlagnahmebescheid seine normative Wirkung verloren (vgl. VwGH 20.8.2018, Ra 2018/17/0128).

11       Das Gleiche gilt für eine Beschlagnahme nach § 23 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, weil der Gesetzgeber mit Art. I Z 50 LGBl. Nr. 40/2018 die Regelung des § 23 Abs. 4 leg. cit. in der Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016, die eine ausdrückliche Aufhebung der Beschlagnahme anordnete, abschaffte. Nach seinen Erläuterungen sei es nicht erforderlich, den Beschlagnahmebescheid aufzuheben. Bei einer Beschlagnahme handle es sich um eine vorläufige Maßnahme der Entziehung eines Gegenstandes aus der Verfügungsmacht eines Betroffenen mit dem Zweck der Sicherung während des Verfahrens darüber, was mit dem Gegenstand endgültig zu geschehen habe. Wenn daher der Zweck der Beschlagnahme durch den Ausspruch des Verfalls erreicht sei oder fest stehe, dass der Zweck der Beschlagnahme nicht mehr gegeben sei, dann habe der Beschlagnahmebescheid seine normative Wirkung verloren (BlgLT 20. GP 7/2018, S 15, mit Hinweis auf VwGH 6.9.2016, Ra 2015/09/0103).

12       Daher tritt auch eine gemäß § 23 Abs. 2 Wiener Wettengesetz erfolgte Beschlagnahme durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls - zu dessen Sicherung sie verfügt wurde - mangels einer normativen Weiterwirkung außer Kraft. Nichts anderes kann für den über eine solche Maßnahme nach § 23 Abs. 4 Wiener Wettengesetz (idF LGBl. Nr. 40/2018) ergangenen Bescheid gelten, weil mit einem derartigen Deckungsbescheid (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2018/02/0257) derselbe Sicherungszweck verfolgt wird. Der Beschlagnahmebescheid entfaltet daher wegen der Aufhebung des Verfalls keine normative Wirkung mehr.

13       Da entgegenstehende Gründe weder aus der Aktenlage zu entnehmen sind, noch auch etwa von der revisionswerbenden Partei in ihrer zuletzt erstatteten Äußerung vom 15. September 2020 geltend gemacht wurden, ist die vorliegende Revision somit gegenstandslos geworden. Aus diesem Grund war das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

14       Eine formelle Klaglosstellung (mit den Kostenfolgen des § 56 VwGG) liegt im Revisionsfall nicht vor. Da die Klärung der Frage, wer als obsiegende Partei anzusehen wäre, mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, war im Sinne der freien Überzeugung nach § 58 Abs. 2 VwGG kein Aufwandersatz zuzuerkennen.

Wien, am 7. Jänner 2021

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019020210.L00

Im RIS seit

22.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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