TE OGH 2020/11/27 1Ob190/20b

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Veröffentlicht am 27.11.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Nikola Tröthan, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen 7.736,60 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 6. August 2020, GZ 53 R 73/20z-22, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 5. März 2020, GZ 11 C 395/19k-18, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts, das hinsichtlich der Abweisung eines Zinsenbegehrens in Rechtskraft erwachsen ist, wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt als Teilurteil lautet:

„1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 7.660 EUR samt 9,2 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 456 UGB aus 7.736,60 EUR vom 20. August 2018 bis 4. September 2018 und aus 7.760 EUR seit 5. September 2018 zu zahlen, wird abgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Im Übrigen, im Umfang von 76,60 EUR samt Zinsen, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

[1]       Die klagende GmbH hat ihren Sitz in Österreich und betreibt ein Unternehmen für Messebau, Eventgestaltung und Ladenbau. Sie wurde von zwei (selbständig vertretungsbefugten) Geschäftsführern vertreten. Der Geschäftsführer DI ***** A***** war mit sämtlichen Agenden der Planung und mit Kundenangelegenheiten (Aufträge, Schriftverkehr etc) befasst, während sich der andere Geschäftsführer um die Abwicklung (Produktion, Bestellungen etc) sowie die Aufbauarbeiten vor Ort kümmerte. Die Löschung von DI A***** als Geschäftsführer der Klägerin wurde am 3. 5. 2018 im Firmenbuch eingetragen.

[2]       Die beklagte GmbH mit Sitz in Deutschland beauftragte die Klägerin im August 2017 mit der Errichtung eines „Mietmessestands“, der im Eigentum der Klägerin verbleiben sollte, für die Präsentation bei vier Messen in Österreich und Deutschland. Ansprechpartner der Beklagten war seit Beginn der Geschäftsbeziehung immer der Geschäftsführer DI A*****. Dieser unterzeichnete auch den Vertrag für die Klägerin. Sämtliche „Abwicklungen“ fanden über ihn statt; so korrespondierte er etwa am 9., 10. und 13. 2. 2018 mit der Beklagten und deklarierte sich (auch) dabei als Geschäftsführer der Klägerin.

[3]       Am 19. 2. 2018 übermittelte DI A***** unter der Bezeichnung „Der Werbearchitekt DI ***** A*****“, wobei er als „CEO“ unterfertigte, der Beklagten eine Auftragsbestätigung über 7.660 EUR für den Messestand auf einer bestimmten Messe in Deutschland sowie die „Anzahlungsrechnung“ über 3.830 EUR unter Angabe eines bestimmten Bankkontos. Darin hält er fest, dass das „Mietmessematerial“ im Eigentum der Klägerin verbleibt, weiters informierte er die Beklagte über eine „bevorstehende firmeninterne Umstrukturierung“, wodurch sich bloß der „Firmenname“ ändere, und diese ab sofort Angebote, Pläne und Fakturen von „Der Werbearchitekt – DI ***** A*****“ erhalte. Zu diesem Zeitpunkt war DI ***** A***** noch Geschäftsführer der Klägerin.

[4]       Am 22. 2. 2018 überwies die Beklagte die Anzahlung von 3.830 EUR auf das bekanntgegebene Konto. Nach der Messe und der Übermittlung der Schlussrechnung vom 9. 3. 2018 überwies sie am 18. 4. 2018 den Restbetrag von 3.830 EUR ebenfalls auf dieses Konto. Sie wusste nicht, dass der zweite Geschäftsführer der Klägerin mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden war. Die Beklagte leistete auf das Konto ohne Wissen, dass DI ***** A***** als Geschäftsführer der Klägerin ausscheiden wird. Seine Ankündigung einer Umstrukturierung rief bei ihr keine Zweifel hervor, weil er seit Beginn der Geschäftsbeziehung ihr Ansprechpartner war.

[5]       Erst mit Schreiben vom 23. 4. 2018 wurde sie von der Klägerin informiert, dass DI ***** A***** seine Geschäftsführungstätigkeit am 10. 4. 2018 zurückgelegt habe und zu keiner Zeit „ermächtigt“ gewesen sei, mit seinem Privatunternehmen „Der Werbearchitekt“ für die Klägerin „tätig zu werden“.

[6]            Am 20. 8. 2018 legte die Klägerin der Beklagten für ihre Tätigkeit auf der Messe in Deutschland eine Rechnung über 7.736,60 EUR. Diese Rechnung beinhaltet das Entgelt für den „Mietmessestand“ von 7.660 EUR zuzüglich 1 % „Bestandvertragsgebühr“ von 76,60 EUR.

[7]       Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 7.736,60 EUR samt Zinsen für die Errichtung des Messestands. Sie habe erst im Nachhinein erfahren, dass ihr früherer Geschäftsführer als Einzelunternehmer „Der Werbearchitekt“ auftrete, Rechnungen an Kunden mit diesem Briefkopf stelle und irreführende Angaben über Umstrukturierungen mache. Die Beklagte hätte nicht unhinterfragt an DI A***** zahlen dürfen. Im Februar 2018 sei eine Umstrukturierung und eine Änderung des „Firmennamens“ weder durchgeführt worden noch im Firmenbuch ersichtlich gewesen. Die Beklagte hätte DI A***** niemals vertrauen und an ihn zahlen dürfen. Dieser habe treuwidrig gehandelt. Der Beklagten hätte als „kaufmännisches Unternehmen“ bewusst sein müssen, dass sich eine GmbH mit zwei Gesellschaftern nicht einfach in eine „Einzelfirma“ umstrukturieren lasse. Sie habe nicht schuldbefreiend an DI A***** gezahlt.

[8]       Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, sie habe bereits schuldbefreiend gezahlt. Sie sei ausschließlich mit DI A***** in Kontakt gestanden; dieser habe sie im Februar 2018 über eine Umstrukturierung in Form einer Firmenwortlautänderung (auf „Der Werbearchitekt“) informiert. Zu dieser Zeit sei ihr die Auftragsbestätigung für die Messe in Deutschland übermittelt worden. Der Auftrag sei Anfang Februar 2018 bestätigt worden und der Preis habe laut Anbot 7.660 EUR betragen. Sie habe sowohl die Anzahlung als auch die Schlussrechnung von jeweils 3.830 EUR an DI A***** gezahlt. Erst nachfolgend sei sie von der Klägerin darüber informiert worden, dass DI A***** als Geschäftsführer im Firmenbuch gelöscht worden sei. DI A***** sei zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe, Auftragsbestätigung und Erbringung der Leistungen selbständig vertretungsbefugtes Organ der Klägerin gewesen, weshalb sie auf die Richtigkeit seiner Information über die Umstrukturierung vertrauen habe dürfen.

[9]       Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe die Leistungen betreffend den Messestand in Deutschland schuldbefreiend auf das Konto zahlen können, das in der Auftragsbestätigung vom 19. 2. 2018, der Rechnung über die Anzahlung und auch in der Information über die „Umstrukturierung“ genannt worden sei. Sie habe nicht gewusst, dass der Geschäftsführer DI A***** aus der Klägerin ausscheiden werde, und darauf vertrauen dürfen, dass seine Mitteilung über die Umstrukturierungsmaßnahmen korrekt sei. Frühestens am 23. 4. 2018 hätten ihr Zweifel kommen können, dass DI A***** die Vorgangsweise nicht mit dem zweiten Geschäftsführer der Klägerin abgesprochen habe. Die Zahlungen seien jedoch bereits zuvor erfolgt. Selbst bei Einsicht ins Firmenbuch hätte dieses zum Zeitpunkt der Zahlungen DI A***** als Geschäftsführer der Klägerin ausgewiesen.

[10]     Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin überwiegend Folge und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 7.736,60 EUR samt Zinsen seit 5. 9. 2018; ein Zinsenmehrbegehren wies es – unbekämpft und daher rechtskräftig – ab. Rechtlich führte es aus, die Parteien hätten sich im Verfahren erster Instanz ausschließlich auf österreichisches Recht bezogen, sodass jedenfalls von einer schlüssigen Rechtswahl ausgegangen werden könne. Im Übrigen seien nach § 10 IPRG Fragen der Geschäftsführung und Vertretungsmacht betreffend die Klägerin nach österreichischem Recht zu beurteilen. Gegenständlich stelle sich nicht die Frage des Missbrauchs einer Vertretungsmacht, sondern die Frage, inwiefern die Beklagte schuldbefreiend an DI ***** A***** zahlen habe dürfen. Zu berücksichtigen sei § 1424 ABGB. Die Klägerin habe als juristische Person und Gläubigerin der Forderung keinen Beitrag dazu geleistet, dass DI A***** „als natürliche Person“ sich als Machthaber gegenüber der Beklagten darstellen habe können. Der Beklagten falle es vielmehr zur Last, dass sie nicht erkannt habe, dass der Geschäftsführer der Klägerin anlässlich der Einforderung im Februar und März 2018 hinreichend deutlich als natürliche Person, nicht aber als Organ und Machthaber der Klägerin aufgetreten sei. Sie hätte nachforschen müssen, warum nun eine natürliche Person den Auftrag abrechne.

[11]     Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es der Klarstellung bedürfe, wie weit ein Vertragspartner nachforschen müsse, wenn sich im Rahmen der Abwicklung eines Vertrags der Geschäftsführer einer GmbH mit Auftragsbestätigungen und Rechnungen melde, die sein Auftreten als natürliche Person „darlegen“.

Rechtliche Beurteilung

[12]     Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision, die von der Klägerin beantwortet wurde, ist zulässig, weil das Berufungsgericht nicht begründete, warum es ein Handeln von DI A***** im eigenen Namen annahm. Sie ist auch berechtigt.

[13]     1.1. Die Parteien schlossen im August 2017 einen Vertrag über die Miete eines von der Klägerin herzustellenden Messestands zur Präsentation der Produkte der Klägerin auf insgesamt vier Messen in Österreich und Deutschland. Die Klägerin hatte die Planung, den Transport, die Montage sowie den Alu-Systemstand und die Kojen samt Beleuchtung zur Verfügung zu stellen.

[14]     1.2. Das auf den Vertrag anzuwendende Recht bestimmt sich nach der Rom I-VO. Ob die Parteien gemäß Art 3 Abs 1 Rom I-VO schlüssig österreichisches Recht vereinbarten (wie das Berufungsgericht meint), obwohl im erstinstanzlichen Verfahren nur der Kläger allein zur Höhe der begehrten Verzugszinsen auf § 456 UGB verwies und sich die Parteien erstmals im Berufungsverfahren auf österreichische Rechtsnormen bezogen, braucht nicht geklärt zu werden.

[15]     Der Vertrag über die Miete des Messestands unterliegt gemäß Art 4 Abs 2 iVm Art 19 Abs 1 Rom I-VO österreichischem Recht. Die nach dem Vertrag zu erbringenden Dienstleistungen der Klägerin stellen gegenüber der Vermietung des Messestands eine bloß nachrangige Verpflichtung dar (vgl 1 Ob 23/14k [Gebrauchsüberlassungsvertrag] = ecolex 2014/364, 873 [zustimmend Auernig] = ZfRV-LS 2014/54, 222 [Ofner]; Musger in KBB6 Art 4 Rom I-VO Rz 9). Die klagende GmbH hatte die charakteristische Leistung – Vermietung von beweglichen Sachen – zu erbringen (Art 4 Abs 2 Rom I-VO) und der Ort ihrer Hauptverwaltung (Art 19 Abs 1 Rom I-VO) liegt in Österreich. Damit gelangt auf das Vertragsverhältnis österreichisches Sachrecht zur Anwendung.

[16]     1.3. Die Klägerin begehrt von der Beklagten – neben der Zahlung von 7.660 EUR sA – ohne nähere Begründung auch den Zuspruch von weiteren 76,60 EUR. Diesen Betrag wies sie in ihrer Rechnung vom 20. 8. 2018 als 1 % „Bestandvertragsgebühr“ (von 7.660 EUR) aus. Die Beklagte wendete ein, der Auftrag sei zu einem Betrag von 7.660 EUR erfolgt.

[17]     Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren über 76,60 EUR ab, das Berufungsgericht sprach den Betrag zu. Keines der Gerichte führte dazu eine Begründung an.

[18]     Fest steht nur, dass die Beklagte bislang diesen Betrag noch nicht gezahlt hat. Auf welcher Rechtsgrundlage die Klägerin eine „Bestandvertragsgebühr“ für die Miete des Messestands fordert, hat sie bislang nicht dargelegt. Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung (vgl RIS-Justiz RS0037300; RS0108816) ist ihr Gelegenheit zu geben, ausreichendes Vorbringen zu erstatten, warum und auf welcher Grundlage ihr die „Bestandvertragsgebühr“ von 76,60 EUR zustehen soll. Vom Erstgericht sind auf dieser Grundlage gegebenenfalls entsprechende Feststellungen zu treffen.

[19]     1.4. Insofern sind daher die Entscheidungen aufzuheben und dem Erstgericht ist eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

[20]     2.1. Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens über 7.660 EUR sA ist strittig, ob die Beklagte schuldbefreiend auf das vom früheren Geschäftsführer der Klägerin bekanntgegebene Bankkonto leisten konnte. Zwar ist nach Art 1 Abs 1 Rom I-VO diese Verordnung auf vertragliche Schuldverhältnisse, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen, anzuwenden und nach Art 12 Abs 1 lit b leg cit ist insbesondere auch die Erfüllung der durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen vom Anwendungsbereich umfasst.

[21]           Jedoch (und hier relevant) ist nach Art 1 Abs 2 lit g Rom I-VO die Frage, ob ein Vertreter die Person, „für deren Rechnung“ er zu handeln vorgibt, Dritten gegenüber verpflichten kann, oder ob ein Organ einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer anderen juristischen Person diese Gesellschaft, diesen Verein oder diese juristische Person gegenüber Dritten verpflichten kann, vom Anwendungsbereich ausgenommen. Diese – über die ausdrücklich genannte „Verpflichtung“ eines Dritten hinausgehende – Ausnahme von der Rom I-VO für Fragen des Vertretungsrechts bezieht sich ausschließlich auf die gewillkürte oder – wie hier – organschaftliche Vertretung im Außenverhältnis; insoweit sind daher von österreichischen Gerichten weiterhin die Bestimmungen des IPRG anzuwenden (Musger aaO Art 1 Rom I-VO Rz 12; von Hein in Rauscher, EuZPR/EuIPR [2011] Art 1 Rom I-VO Rn 49 f).

[22]     Nach dem IPRG unterliegt die organschaftliche Vertretung dem Personalstatut der juristischen Person bzw Handelsgesellschaft (Verschraegen in Rummel3 § 49 IPRG Rz 3; Neumayr in KBB6 § 49 IPRG Rz 3; RS0077038; RS0077060). Nach § 10 IPRG bestimmt sich das für die Rechts- und Handlungsfähigkeit maßgebliche Personalstatut (§ 12 IPRG) einer juristischen Person nach dem Recht des Staates, in dem der Rechtsträger den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat. Da die Klägerin ihren Sitz in Österreich hat, ist die Frage, ob ihr ehemaliger Geschäftsführer vertretungsbefugt war, nach österreichischem Recht zu beurteilen.

[23]     2.2. Im Zeitpunkt der Rechnungslegung über 7.660 EUR war DI ***** A***** als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Klägerin im Firmenbuch eingetragen. Er soll seine Tätigkeit als Geschäftsführer zwar schon am 10. 4. 2018 zurückgelegt haben. Die Beklagte erfuhr aber erst nach der zweiten Teilzahlung von der Klägerin, dass er nicht mehr berechtigt sei, für diese zu handeln. Die Zurücklegung der Geschäftsführung durch DI A***** hätte ihr auch anlässlich der letzten Zahlung am 18. 4. 2018 nicht bekannt sein können, war diese Tatsache doch im Firmenbuch nicht ersichtlich.

[24]     2.3. Im Februar 2018 übermittelte DI A***** die Auftragsbestätigung als „CEO“ (Chief Executive Officer) von „Der Werbearchitekt DI ***** A*****“ an die Beklagte. Mit diesem Schreiben wurde zugleich eine Teilrechnung gelegt und die Beklagte über eine angeblich bevorstehende „firmeninterne Umstrukturierung“ informiert, durch die sich nur der „Firmenname“ ändere. DI A***** trat bei der Rechnungslegung zwar als „Der Werbearchitekt DI ***** A*****“ auf und zeichnete entgegen § 18 Abs 2 GmbHG nicht durch Hinzufügung seiner Unterschrift zur Firma der Klägerin. § 18 Abs 2 GmbHG ist jedoch eine bloße Ordnungsvorschrift (RS0014561; RS0059724; Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, WK-GmbHG § 18 Rz 38); der Verstoß gegen diese Vorschrift allein muss im Einzelfall der Annahme einer ausreichenden Offenlegung (vgl § 19 GmbHG) nicht entgegenstehen.

[25]     Der Wille, im Namen eines anderen zu handeln, muss im Geschäftsverkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein (Offenlegungsprinzip; RS0088884). Wenn ein ausdrückliches Handeln im fremden Namen nicht vorliegt, bedarf es der sorgfältigen Prüfung, wie der Dritte – von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen – das Auftreten des Handelnden verstehen musste (RS0019516). Die Beurteilung der Erkennbarkeit hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen; maßgeblich ist auch hier die Vertrauenstheorie. Danach kommt es darauf an, wie ein redlicher, verständiger Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände die Erklärung verstehen durfte (vgl RS0113932).

[26]           Noch am 10. 2. und 13. 2. 2018 hatte DI A***** mit Bezug auf die Messe in Deutschland mit der Beklagten korrespondiert und dabei eindeutig auf seine Stellung als Geschäftsführer der Klägerin hingewiesen. Er bezog sich in der Auftragsbestätigung und Teilrechnung vom 19. 2. 2018 (wie auch in der Schlussrechnung vom 9. 3. 2018) auf die zuvor von ihm im Namen der Klägerin verhandelte Auftragserteilung. Zudem führte er am 19. 2. 2018 an, dass die Namensänderung („Der Werbearchitekt …“) aufgrund einer bevorstehenden firmeninternen Umstrukturierung erfolge; außer dem „Firmennamen“ werde sich nichts ändern. Damit gab er der Beklagten zu erkennen, dass er nach wie vor für die Klägerin handeln wolle und die bloße Änderung der Firma auf die Vertragsbeziehung zur Beklagten ohne Einfluss sei. Auch die Zeichnung als „CEO“ spricht für ein Tätigwerden als Geschäftsführer einer GmbH. Auch wenn die Revisionsgegnerin aufzeigt, dass einzelne Aspekte des Falls auch auf ein Handeln für ein eigenes (Einzel-)Unternehmen hindeuten könnten, durfte die Beklagte bei einer Gesamtbetrachtung der Äußerungen berechtigt davon ausgehen, das DI A***** im Namen der Klägerin auftrat, entspricht es doch der üblichen Praxis im Geschäftsleben, bei einer bisher unbedenklichen Vertragsabwicklung darauf bezogene schriftliche Erklärungen des bisherigen Verhandlungspartners nicht Wort für Wort auf etwaige Ungereimtheiten zu untersuchen.

[27]           Die Beklagte leistete ohne Kenntnis, dass die Klägerin ein anderes Geschäftskonto nutzt, auf das von DI A***** erkennbar als Geschäftsführer der Klägerin bekanntgegebene Konto. Ihre Zahlungen wirkten damit schuldbefreiend.

[28]     3. Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher dahin abzuändern, dass das Begehren auf Zahlung von 7.660 EUR samt Zinsen mit Teilurteil abgewiesen wird.

[29]     Im Übrigen sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über 76,60 EUR („Bestandvertragsgebühr“) nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

[30]     4. Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 und 4 ZPO.

Textnummer

E130341

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00190.20B.1127.000

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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