TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/31 VGW-031/055/3938/2020

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Entscheidungsdatum

31.07.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §49
ZustG §11 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Dr. Forster über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 19. Februar 2020 gegen den Zurückweisungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C. für die Bezirke ..., vom 5. Februar 2020, Zl. VStV/..., mit welchem der Einspruch des Einschreiters vom 23. Dezember 2019 gegen die Strafverfügung vom 26. September 2019 als verspätet zurückgewiesen wurde,

zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof – soweit sie nicht bereits nach § 25a Abs. 4 VwGG ausgeschlossen ist – unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 5. Februar 2020, Zl. VStV/..., zugestellt am 13. Februar 2020, wies die Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C. für die Bezirke ..., den Einspruch des Beschwerdeführers vom 23. Dezember 2019 (im Spruch des Bescheides ist irrtümlicher Weise der 23. Jänner 2019 angeführt, aus der Begründung ist allerdings klar erkennbar, welcher Einspruch gemeint ist) gegen die Strafverfügung vom 26. September 2019 gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurück. Begründend führte die Landespolizeidirektion Wien hierbei – zusammengefasst – aus, dass die Strafverfügung am 1. Oktober 2019 ausgefolgt worden sei, woraufhin die Einspruchsfrist an diesem Tag zu laufen begonnen und am 15. Oktober 2019 geendet habe. Der Beschwerdeführer habe den Einspruch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am 23. Dezember 2019 und folglich nach Ablauf der Einspruchsfrist eingebracht.

2. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2020 erhob der Einschreiter gegen diesen Bescheid der Landespolizeidirektion Wien Beschwerde, wobei er – zusammengefasst – vorbringt, dass ihm die Strafverfügung vom 26. September 2019 nicht zugestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe lediglich im Dezember 2019 eine Zahlungserinnerung erhalten. Im Zeitraum zuvor sei seiner Gattin eine Fahrzeugführeranfrage zugestellt worden, welche sie umgehend beantwortet habe. Da der Beschwerdeführer im besagten Zeitraum krankgeschrieben und demnach zu Hause gewesen sei, würde er sich daran erinnern, ein Einschreiben erhalten zu haben.

3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde sowie den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, wobei sie auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und für den Fall einer Durchführung auf eine Teilnahme daran verzichtete. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 12. März 2020 beim Verwaltungsgericht Wien ein.

4. Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2020 übermittelte das Verwaltungsgericht Wien dem Beschwerdeführer den im Akt enthaltenen internationalen Rückschein, mit welchem die Übernahme der gegenständlichen Strafverfügung dokumentiert ist. Mit demselben Schreiben wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen nach Zustellung dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab daraufhin mit E-Mail vom 29. August 2020 (unter anderem) bekannt, dass die auf dem Rückschein ersichtliche Unterschrift für ihn nicht nachvollziehbar sei.

5. Mit Schriftsatz vom 6. August 2020 ersuchte das Verwaltungsgericht Wien die Deutsche Post, bekannt zu geben, ob hinsichtlich des internationalen Rückscheins ein Vermerk iSd § 5 Abs. 2 des deutschen Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) existiert, warum das Schriftstück in diesem Fall an einen Ersatzempfänger ausgehändigt wurde. Sollte ein derartiger Vermerk vorhanden sein, wurde die Deutsche Post mit demselben Schreiben ersucht, diesen an das Verwaltungsgericht Wien zu übermitteln. Bis zum heutigen Tag ist keine Rückmeldung auf dieses Schreiben beim Verwaltungsgericht Wien eingelangt. Auch eine Rückfrage bei der belangten Behörde hinsichtlich des genannten Vermerks blieb ohne Ergebnis.

II. Sachverhalt

Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1. Im Hinblick auf eine Anzeige vom 29. August 2019, in der eine Übertretung des § 38 Abs. 1 lit. a iVm Abs. 5 StVO beanstandet wurde, forderte die Landespolizeidirektion Wien Frau D. B. mit einer Lenkererhebung vom 29. August 2019 auf, als Zulassungsbesitzerin binnen zwei Wochen den Lenker des Fahrzeuges bekannt zu geben. Mit Schriftsatz vom 4. September 2019 kam die Zulassungsbesitzerin dieser Aufforderung nach, indem sie Herrn A. B. als Lenker benannte.

2. Mit Strafverfügung vom 26. September 2019, Zl. VStV/..., verhängte die Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C. für die Bezirke ..., über den Beschwerdeführer im Hinblick auf eine Übertretung des § 38 Abs. 1 lit. a iVm Abs. 5 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von EUR 140,– (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und sechzehn Stunden).

3. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer – als formellem Empfänger – mit internationalem Rückschein zugestellt. Als Zustelladresse ist auf der Strafverfügung, ebenso wie auf dem internationalen Rückschein, die Adresse „E.-weg 182“ angegeben, obgleich diese richtigerweise „F.-Weg 182“ lautet.

Nach den auf dem entsprechenden Rückschein ersichtlichen Angaben wurde die Strafverfügung an der darauf genannten Adresse am 1. Oktober an „Frau B.“ ausgehändigt. Dem Rückschein ist kein Vermerk darüber zu entnehmen, warum an eine Ersatzempfängerin zugestellt wurde. Ein solcher Vermerk konnte auch sonst im Verfahren nicht nachgewiesen werden.

Es ergaben sich im gesamten Verfahren keine Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer die Strafverfügung vom 26. September 2019 tatsächlich zugekommen ist.

4. Mit Mahnung vom 27. November 2019 teilte die Landespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer mit, dass die Strafverfügung vom 26. September 2019 nunmehr vollstreckbar sei und der Beschwerdeführer aufgefordert werde, den offenen Betrag, zuzüglich eine Mahngebühr iHv EUR 5,–, unverzüglich einzuzahlen.

5. Mit E-Mail vom 23. Dezember 2019 wollte der Beschwerdeführer von der Behörde wissen, was ihm zur Last gelegt werde. Ihm sei zwar telefonisch mitgeteilt worden, dass Anfang Oktober ein Einschreiben mit Rückschein eingegangen sei, der Beschwerdeführer könne dies aber nicht bestätigen. Der Beschwerdeführer ersuche die Behörde, ihm den Sachverhalt und Beweise zur Verfügung zu stellen, damit er dies durch seinen Anwalt prüfen lassen könne.

6. Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 2020, zugestellt am 13. Februar 2020, wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers vom 23. Dezember 2019 als verspätet zurück.

7. Gemäß § 5 Abs. 1 des deutschen Verwaltungszustellgesetzes (VwZG) händigt der zustellende Bedienstete bei der Zustellung durch die Behörde das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokuments oder bei offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.

Gemäß § 5 Abs. 2 VwZG sind die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung anzuwenden. Gemäß § 178 Abs. 1 Z 1 der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Schriftstück in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner, zugestellt werden, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird.

Zum Nachweis der Zustellung ist gemäß § 5 Abs. 2 zweiter Satz VwZG im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen nach § 178 ZPO der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt, also das Nichtantreffen des Adressaten an einem dieser Orte, in den Akten zu vermerken. Dieser Vermerk ermöglicht es nachzuvollziehen, warum auf welche Weise zugestellt wurde und stellt eine wesentliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ersatzzustellung dar (BeckOK VwVfG/Rost, 47. Ed., 1.4.2020, VwZG § 5 Rz 44 bis 47). Das Formerfordernis des § 5 Abs. 2 zweiter Satz VwZG ist sohin ein zwingendes, jedoch nach § 8 VwZG – wonach eine nicht den Vorschriften entsprechende Zustellung eines Dokuments in dem Zeitpunkt bewirkt wird, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist – heilbares Formerfordernis (BeckOK OWiG/Preisner, 27. Ed., 1.7.2020, VwZG § 5 Rz 7).

In diesem Sinn stellte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 21. Oktober 1993, GZ: 8 S 2308/93, zu dem damals geltenden § 11 Abs. 5 VwZG fest, dass die Zustellung unwirksam ist, wenn der zustellende Bedienstete im Falle einer Ersatzzustellung deren Grund nicht in den Akten vermerkt. Die zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Urteils in Geltung stehende Bestimmung des § 11 Abs. 5 VwZG sah vor, dass der zustellende Bedienstete in den Akten den Grund der Ersatzzustellung zu vermerken habe. Diese Regelung ist mit dem Gesetz zur Novellierung des Verwaltungszustellrechts vom 12. August 2005, BGBl. I 49/2002, in Kraft getreten am 1. Februar 2006, in § 5 Abs. 2 zweiter Satz VwZG aufgegangen.

8. Der Beschwerdeführer wurde in der Rechtsmittelbelehrung des Zurückweisungsbescheides vom 10. Juli 2019 ausdrücklich auf sein Recht hingewiesen, in der Beschwerde eine öffentliche mündliche Verhandlung zu beantragen. Weder vom Beschwerdeführer noch von einer sonstigen Verfahrenspartei wurde ein derartiger Antrag gestellt.

III. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, Würdigung des Beschwerdevorbringens, Gewährung von Parteiengehör und Würdigung der Stellungnahme des Beschwerdeführers, Stellung einer Anfrage an die Deutsche Post und Nachfrage bei der belangten Behörde sowie Einsichtnahme in die im Internet abrufbaren Gesetze und Entscheidungen zur Rechtslage in Deutschland.

1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang gründen auf dem unstrittigen und eindeutigen Akteninhalt.

2. Die Feststellungen zur Zustellung der Strafverfügung vom 26. September 2019 stützen sich auf den im Akt inliegenden internationalen Rückschein, welcher dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vorgehalten wurde. Das Fehlen eines Vermerkes über die Gründe der Ersatzzustellung stützt sich auf den Akteninhalt und die vom Verwaltungsgericht Wien im Verfahren gestellten Anfragen. Die Annahme, dass die Strafverfügung dem Beschwerdeführer nicht tatsächlich zugekommen ist, fußt auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers, an dem kein Grund zu zweifeln hervorgekommen ist.

3. Die Feststellungen zur deutschen Rechtslage ergeben sich aus den im Internet veröffentlichten Gesetzen und Entscheidungen sowie aus der einschlägigen Fachliteratur.

4. Die Feststellungen zum Nichtvorliegen eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie zur darauf bezogenen Belehrung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt.

IV. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Nach § 49 Abs. 2 VStG ist dann, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. 526/1990, werden Schriftstücke in Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 des Vertrages (darunter österreichische Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen „Eigenhändig“ und „Rückschein“ zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstücks nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

V. Rechtliche Beurteilung

1. Zunächst wird festgehalten, dass das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu entscheiden hat (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).

2. Im vorliegenden Fall ist aufgrund der Aktenlage davon auszugehen, dass die Strafverfügung vom 26. September 2019 mit internationalem Rückschein zugestellt wurde. Den Angaben auf dem Rückschein zufolge, wurde sie sodann am 1. Oktober 2019 an der darauf angegebenen – unrichtigen – Adresse an „Frau B.“ ausgehändigt.

Da dem Rückschein kein Vermerk iS § 5 Abs. 2 des deutschen Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zu entnehmen ist, aus dem hervorgeht, warum das Schriftstück an die genannte Ersatzempfängerin ausgehändigt worden ist, und ein solcher Vermerk auch sonst nicht hervorgekommen ist, war die Zustellung vor dem Hintergrund der oben näher dargestellten deutschen Rechtslage unwirksam. Bei diesem Ergebnis muss auf die Frage, welche Auswirkungen die falsche Angabe der Adresse auf der Strafverfügung und dem Rückschein hat, nicht weiter eingegangen werden.

In Ermangelung einer wirksamen Zustellung konnte auch die zweiwöchige Frist für die Erhebung eines Einspruches gemäß § 49 VStG nicht in Gang gesetzt werden, weshalb sich die Zurückweisung des Einspruchs wegen Verspätung als rechtswidrig erweist. Der angefochtene Bescheid war demnach zu beheben.

3. Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

4. Die ordentliche Revision ist – soweit eine Revision wegen Verletzung in Rechten nicht schon gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ausgeschlossen ist (vgl. VwGH 1.12.2015, Ra 2015/02/0224) – unzulässig, weil im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Revisionsausschluss betrifft die Revision wegen behaupteter Rechtsverletzung nach Art 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, weil der Begriff „Verwaltungsstrafsache“ auch verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem solchen Verfahren ergehen, einschließt (VwGH 10.10.2014, Ra 2014/02/0093; 5.3.2015, Ra 2015/02/0012; 1.12.2015, Ra 2015/02/0224).

Schlagworte

Strafverfügung; Einspruch; Rechtzeitigkeit; Zustellung; Ausland; Rückschein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.055.3938.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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