Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
BAO §92 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 26. November 1996, Zl. GZ. 191-6/96, betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich der Vernehmung des Beschwerdeführers als Beschuldigter am 22. Dezember 1993 wurde in der Niederschrift des Zollamtes Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz festgehalten:
"Durch diese Unterfakturierung sind beträchtliche Eingangsabgaben verkürzt worden, weshalb gegen Sie seitens des Zollamtes Klagenfurt als Finanzstrafbehörde I. Instanz das Finanzstrafverfahren nach §§ 11, 35 (2) Finanzstrafgesetz eingeleitet wird, weil der Verdacht besteht, daß Sie im gemeinsamen Zusammenwirken mit Elmar R und Christian M durch die Erklärung eines unrichtigen Kaufpreises zum Zwecke der Verzollung unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht vorsätzlich eine Verkürzung von Eingangsabgaben in noch unbestimmter Höhe bewirkten. Gegen diese Einleitung, welche Bescheidcharakter hat, haben Sie die Möglichkeit, innerhalb eines Monats beim Zollamt Klagenfurt das Rechtsmittel der Beschwerde einzubringen."
Nach weiteren Erhebungen erließ das genannte Zollamt folgenden
"B e s c h e i d
über die Abänderung des am 22,12,1993 gem. § 83 Abs. 1
Finanzstrafgesetz eingeleiteten Strafverfahrens
...
Das gegen Sie am 22.12.1993 nach § 11, 35(2) FinStrG eingeleitete Finanzstrafverfahren wird abgeändert, weil aufgrund der zwischenzeitlich abgeschlossenen Ermittlungen und der daraus neu gewonnenen Erkenntnisse der Verdacht besteht, daß Sie sich keiner Beteiligung an einem Finanzvergehen schuldig gemacht haben, sondern daß Sie den verfahrensggstdl. PKW, hinsichtlich welchem von Elmar R im gemeinsamen Zusammenwirken mit Christian M anläßlich der Verzollung unter WENr. 942/000/801472/10/3 eine Verkürzung von Eingangsabgaben in der Höhe von S 121.491,-- begangen worden ist, vorsätzlich an sich brachten bzw. kauften und hiemit ein Finanzvergehen nach § 37(1) des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) begangen haben."
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Administrativbeschwerde bestritt der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Tat und beantragte die Einstellung des Strafverfahrens.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, auf Grund der eigenen Aussagen des Beschwerdeführers sowie jener des Christian M und des Elmar R stehe fest, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1993 den in Rede stehenden PKW über Vermittlung des Elmar R von Christian M aus den USA erworben habe. Der Kaufpreis für diesen PKW inklusive eines speziellen Verbreiterungssatzes (um angebliche US-$ 10.000,--) habe US-$ 54.500,-- betragen. Anläßlich der Verzollung beim Zollamt L sei jedoch ein Kaufpreis in Höhe von US-$ 24.985,-- erklärt worden. Nach dem Import sei das Fahrzeug samt den Verzollungspapieren vom Beschwerdeführer auf einem Parkplatz von Elmar R übernommen worden. Der Beschwerdeführer habe anläßlich der Übernahme der Zollpapiere laut eigenen Aussagen davon Kenntnis erlangt, daß anläßlich der Verzollung ein unrichtiger Kaufpreis erklärt worden sei. Damit lägen hinreichend Tatsachen vor, aus denen auf ein Finanzvergehen geschlossen werden könne. Maßgebend für die Prüfung des Vorliegens eines begründeten Verdachtes, das Finanzvergehen nach § 37 FinStrG begangen zu haben, sei die Tatsache, daß der Beschwerdeführer den PKW an sich gebracht habe und ihm die Verzollung zu einem unterfakturierten Betrag aufgefallen sei. Die Ausführungen in der Administrativbeschwerde, der Beschwerdeführer habe Elmar R zu keinem Zeitpunkt den Auftrag und die Vollmacht erteilt, das Fahrzeug auf den Namen des Beschwerdeführers zu kaufen, zu importieren und zu verzollen, sondern es sei vielmehr vereinbart gewesen, daß der Beschwerdeführer das Fahrzeug von Elmar R direkt kaufe, stelle eine Beschuldigtenrechtfertigung dar, die sich nicht unmittelbar auf die Verdachtsmomente bezögen. Es sei Aufgabe des nachfolgenden Untersuchungsverfahrens, den Wahrheitsgehalt dieser Rechtfertigung zu überprüfen. Im vorliegenden Fall sei jedoch auf Grund der Erhebungen der Finanzstrafbehörde erster Instanz, der Aussagen des Beschwerdeführers und der vorliegenden Belege naheliegend, daß die anläßlich der Eingangsabfertigung des PKW"s dem Zollamt L vorgelegten unrichtigen Unterlagen mit dem zu niedrig ausgewiesenen Kaufpreis dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt sei und er damit einen PKW an sich gebracht habe, von dem er gewußt habe bzw. hätte wissen müssen, daß dieser Gegenstand einer Hinterziehung von Eingangsabgaben im Sinne des § 35 Abs. 2 FinStrG gewesen sei. Im Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Vortat durch den Beschwerdeführer, wäre aber der dem Beschwerdeführer angelastete Tatbestand der Abgabenhehlerei im Sinne des § 37 Abs. 1 FinStrG erfüllt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich aus der Beschwerde erkennbar in seinem Recht auf Nichteinleitung des Finanzstrafverfahrens verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten für Anbringen, Niederschriften, Aktenvermerke, Vorladungen, Erledigungen, Fristen sowie Zwangs- und Ordnungsstrafen, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung sinngemäß.
Da die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen vorsätzlicher Finanzvergehen nach dem FinStrG mit Bescheid zu ergehen hat, sind für Inhalt und Form dieses Bescheides die Bestimmungen der BAO anzuwenden.
Nach § 92 Abs. 2 BAO bedürfen Bescheide der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.
Das Finanzstrafgesetz sieht die mündliche Form der Erlassung eines Bescheides über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht vor. Daher hat dieser Bescheid schriftlich zu ergehen.
Die anläßlich der Einvernahme vorgenommene Einleitung des Finanzstrafverfahrens erfolgte mündlich und wurde in einer Niederschrift festgehalten. Diese in der Niederschrift festgehaltene Einleitung des Finanzstrafverfahrens erfüllt die Erfordernisse eines schriftlichen Bescheides selbst dann nicht, wenn der in der Niederschrift enthaltene Abschnitt über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens als schriftlicher Bescheid zu behandeln wäre; so fehlt z.B. die Unterschrift des Genehmigenden. Überdies ist aus dem Akt nicht ersichtlich, daß eine Zustellung - wie bei schriftlichen Erledigungen erforderlich - erfolgt wäre. Eine wirksame bescheidmäßige Einleitung des Finanzstrafverfahrens lag somit anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme am 12. Dezember 1993 nicht vor. Das Finanzstrafverfahren wurde entgegen der Ansicht der belangten Behörde in dieser Sache gegen den Beschwerdeführer erst mit dem Bescheid vom 18. März 1996 eingeleitet.
Gemäß § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg. cit. zugekommenen Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt sich, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung des Strafverfahrens hat sie unter anderem dann abzusehen, wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann oder der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.
Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigten genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt.
Es ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG sich stellende Rechtsfrage des Vorliegens von genügend Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.
Der Beschwerdeführer steht in Verdacht, einen PKW, hinsichtlich welchem eine Verkürzung von Eingangsabgaben in der Höhe von S 121.491,-- begangen worden ist, vorsätzlich an sich gebracht bzw. gekauft zu haben und hiemit ein Finanzvergehen nach § 37 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben.
Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache, hinsichtlich welcher eine Verkürzung von Eingangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.
Der Verdacht der Verkürzung der Eingangsabgaben ist im angefochtenen Bescheid ausreichend umschrieben. Zwischen den tatsächlich getätigten Zahlungen für den PKW und dem erklärten Wert in der Anmeldung anläßlich der Zollabfertigung besteht eine erhebliche Differenz, die im Zusammenhang mit den weiteren angeführten Ermittlungsergebnissen den Verdacht der Verkürzung der Abgaben begründet.
Zum Verdacht des vorsätzlichen Verhaltens führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe den PKW, von dem er wußte bzw. hätte wissen müssen, daß er Gegenstand einer Hinterziehung von Eingangsabgaben war, an sich gebracht.
Wenn der Täter den Gewahrsam in Ansehung der Herkunft der Sache gutgläubig erlangt und sie in der Folge nicht den Kriterien des Verheimlichens entsprechend verwendet oder verwahrt hat, ist das Aufrechterhalten eines derartigen Gewahrsams nicht tatbestandsmäßig, und zwar auch dann nicht, wenn er inzwischen schlechtgläubig oder nachlässig geworden ist. Nur im Falle eines späteren (vorsätzlichen oder fahrlässigen) Verheimlichens hat er ausschließlich dafür einzustehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 91/16/0118).
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer schon anläßlich des Ansichbringens des PKW"s wußte oder hätte wissen müssen, daß dieser Gegenstand einer Hinterziehung von Eingangsabgaben gewesen war. Damit begründete sie hinlänglich, daß jedenfalls auch der Verdacht vorsätzlichen Verhaltens zur Zeit der Übernahme des PKW"s vorliegt.
Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Beschuldigte das Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den § 115 ff FinStrG vorbehalten. Verbleiben allenfalls nach Durchführung der Beweise nach eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten, dann hat nach dem Grundsatz von "in dubio pro reo" die Einstellung des Verfahrens zu erfolgen. Bei der Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist jedoch nicht erforderlich, daß das Finanzvergehen bereits zweifelsfrei nachgewiesen ist, sondern es genügen hinreichende Verdachtsgründe. Daß solche nicht vorlägen, hat die Beschwerde nicht aufgezeigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996160286.X00Im RIS seit
07.06.2001