TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 W222 2219954-2

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Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

W222 2219954-1/2E

W222 2219954-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nepal,

A)

I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2019, Zahl: XXXX wird gemäß § 33 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2019, Zahl: XXXX wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

A)

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nepals, stellte am 09.07.2016 den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 30.12.2016, Zahl: XXXX , ohne in die Sache einzutreten gem. §5 Abs.1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Deutschland gemäß Ast. 12 Abs.4 der Dublin III-VO zuständig sei. Ferner wurde gem. § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs.2 FPG dessen Abschiebung nach Deutschland zulässig sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 18.07.2017, Zahl: XXXX gem. § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

Am 07.01.2019 stellte der Beschwerdeführer den zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Dazu wurde er am 08.01.2019 Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Nach Durchführung einer Einvernahme am 21.03.2019 wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2019 der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepals (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nepal zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 04.04.2019 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt. Mit Ablauf des 02.05.2019 erwuchs der Bescheid des Bundesamtes in Rechtskraft.

Mit Fax vom 13.05.2019 stellte der Vertreter des Beschwerdeführers einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte gleichzeitig eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 02.04.2019, Zahl: XXXX ein.

Zum Wiedereinsetzungsantrag brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor: "Der Bescheid vom 02.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer (BF) am 04.04.2019 beim Postamt hinterlegt, sohin begann die Beschwerdefrist. Der BF hatte den gelben Benachrichtigungszettel zwar zugestellt erhalten, jedoch war dieser im der gleichzeitig zugestellten Reklamematerial untergegangen. Der BF vernahm erst am 25.04.2019 (innerhalb der Beschwerdefrist), dass ihm ein gelber Benachrichtigungszettel zugesendet wurde. Umgehend begab er sich zum zuständigen Postamt, jedoch wurde das Schriftstück schon an das BFA RD Wien zurückgesendet, da die Abholfrist abgelaufen war. Gleich am Tag darauf, 26.04.2019 (noch innerhalb der Beschwerdefrist) erkundigte sich der BF bei BFA RD Wien, ob ihm ein Bescheid zugestellt wurde. Die XXXX teilt ihm einen Termin für Akteneinsicht für den 07.05.2019 (Beschwerdefrist wäre abgelaufen). Nach Erkundigen durch Rechtsberater XXXX habe das BFA RD Wien noch am gleichen Tag gesehen, dass der BF sich noch innerhalb der Beschwerdefrist befindet und die Akteneinsicht für einen Zeitraum nach der Beschwerdefrist gegeben hatte. Obwohl die Teamleiterin des Team XXXX versucht hatte noch rechtzeitig zu reagieren und den Bescheid umgehend ausdruckte, um es dem BF noch vor Ort auszuhändigen, war es dennoch zu spät, denn der BF hatte das BFA RD Wien im guten Glauben verlassen, dass die Beschwerdefrist noch gewahrt ist. Nach der Akteneinsicht 07.05.2019 suchte der BF umgehend die Rechtsberatung des VMÖs auf, um eine Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren zu erhalten, es wurde ihm im Zuge dieser Rechtsberatung mitgeteilt, dass die Beschwerdefrist bereits am 02.05.2019 geendet hat. Der BF möchte eine Wiedereinsetzung beantragen, da er der Meinung ist, dass er noch binnen Beschwerdefrist beim BFA RD Wien war, um seinen Bescheid abzuholen und es dem BFA RD Wien anzulasten sei, dass er seine Beschwerdefrist versäumt habe. Er habe im guten Glauben den Termin zur Akteneinsicht am 07.05.2019 wahrgenommen und sei daher davon ausgegangen, dass er der BFA RD Wien vertrauen konnte, dass der Termin zur Akteneinsicht in der Beschwerdefrist liege.

Dem BF ist bewusst, dass durch sein fahrlässiges Wirken der ihm zugegangene gelbe Benachrichtigungszettel von der Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung erst nach Ablauf der Abholfrist aufmerksam geworden ist. Jedoch habe er noch innerhalb der Beschwerdefrist noch an das BFA RD Wien gewandt und hatte es auch durch Rücksendung des Bescheides Kenntnis, dass der BF noch nicht Kenntnis vom Inhalt der Sendung hatte, BF konnte nicht wissen, wielang die Beschwerdefrist sei und wann sie abgelaufen wäre. Daher hat der noch binnen der Beschwerdefrist versucht, den Bescheid zu erhalten. Hätte der BF am 26.04.2019 den Bescheid erhalten, wäre er noch in der Beschwerdefrist und wäre noch eine Woche Zeit, um eine Rechtsberatung zu erhalten und eine Beschwerde zu erheben."

Mit Bescheid vom 17.05.2019 wies das Bundesamt den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ab. Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Begründend führte das Bundesamt dazu aus: "Die Feststellung betreffend die Zustellung des genannten Bescheides konnte nach Einsichtnahme in den Akt IFA XXXX getroffen werden. So ist anhand der Schriftstücke sowie der Bestätigung der versuchten Zustellung und Hinterlegung zweifelsfrei nachgewiesen, dass versucht wurde Ihnen den Bescheid zuzustellen und Ihnen eine Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments hinterlegt wurde. Auch haben Sie im Rahmen Ihres Antrages auf Wiedereinsetzung nichts Gegenteiliges behauptet.

Alle weiter von Ihnen im Rahmen des Antrages auf Wiedereinsetzung vorgebrachten Sachverhalte sind dezidiert nicht als unvorhersehbares Ereignis zu werten. So geben Sie unter anderem an, dass Sie den gelben Benachrichtigungszettel der Post erhalten haben, jedoch erst nach drei Wochen kümmerten Sie sich um die Sortierung Ihrer Post. Aus Sicht der Behörde ist das Vernachlässigen der Post definitiv kein unerwartetes Ereignis.

Es darf vermerkt werden, dass dem IFA Protokoll zu entnehmen ist, dass Sie am 26.04.2019 in den Parteienverkehr der XXXX zur Außenstelle XXXX kamen und einen Abholschein vorwiesen. Die Frist auf demselbigen Abholschein war der 23.04.2019 und somit versäumt. Es wurde hiernach mit der Teamleitung Rücksprache gehalten und ein Termin avisiert. Sie warteten jedoch das Aushändigen einer Ladung nicht wie besprochen ab, sondern verließen bereits, nachdem Ihnen nur ein Vorschlag für einen Termin genannt wurde, das Amtsgebäude und waren hiernach nicht mehr aufzufinden. Mit 07.05.2019 begaben Sie sich dann erneut in die XXXX und es wurde Ihnen im Rahmen einer Akteneinsicht der Bescheid in Kopie ausgehändigt.

Es handelt sich bei Ihrer Person um einen gebildeten erwachsenen Mann, dem es durchaus zugetraut werden kann, dass er, sich im Asylverfahren um die Durchsicht der Post bemüht, zumal Sie dies auch zuletzt beim Erhalt Ihrer Ladung zur Einvernahme getan haben.

In diesem Zusammenhang darf darauf verwiesen werden, dass bis dato in Ihren Verfahren mehrere Entscheidungen gegen Ihre Person erlassen wurden. Unter anderem tauchten Sie während Ihres Dublin-OUT Verfahrens unter, bis die Überstellungsfrist abgelaufen war und den gegenständlichen Asylantrag stellten. Sie zeigten durch Ihr Verhalten, dass Sie nicht gewillt sind, sich an die österreichische Rechtsordnung bzw. Vorschriften zu halten. Aufgrund Ihrer diversen Verfahren haben Sie gewissermaßen auch Routine in der Abwicklung der Prozesse. Abschließend ist nochmals festzuhalten, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, da es sich definitiv bei dem genannten Vorbringen bzw. angeblichem kurzzeitigem "Verlust" des gelben Postzettels in anderem Reklamematerial um ein unvorhersehbares Ereignis im Sinne des AVG handelt."

Gegen diesen Bescheid erhob der Vertreter des Beschwerdeführers per Fax vom 11.06.2019 Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen

Der oben dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

3.Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I.)

§ 33 VwGVG lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Zur anzuwendenden Rechtslage ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei Versäumen der Beschwerdefrist § 33 VwGVG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung und nicht §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (VwGH, 05.12.2018, Ra 2018/20/0441). Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 71 AVG ist grundsätzlich auf Verfahren gemäß § 33 VwGVG anzuwenden (VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086 mit weiteren Nachweisen).

Die belangte Behörde hat zu Recht ihre Zuständigkeit zum Abspruch über diesen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trotz Vorlage der Beschwerde gegen den Bescheid angenommen, da dieser Antrag auf Wiedereinsetzung erkennbar bereits mit der Beschwerde eingebracht wurde (VwGH, 26.09.2018, Ra 2017/17/0015).

Der Bescheid vom 02.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 04.04.2019 rechtswirksam zugestellt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete demnach mit Ablauf des 02.05.2019, weshalb die am 13.05.2019 eingebrachte Beschwerde verspätet erfolgte. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde ebenfalls am 13.05.2019 abgeschickt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Ereignis "unabwendbar", wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann. Ein Ereignis ist "unvorhergesehen", wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Das im Begriff der "Unvorhergesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahingehend zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei (ihrem Vertreter) in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein "minderer Grad des Versehens" unterläuft. Ein solcher "minderer Grad" des Versehens (§ 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht (VwGH 22.01.1992, Zl. 91/13/0254).

Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist, als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen (VwGH 18.04.2002, Zl. 2001/01/0559; VwGH 29.01.2004, Zl. 2001/20/0425).

Das vom Beschwerdeführer getätigte Vorbringen zur Wiedereinsetzung vermag dem Erfordernis der Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht zu genügen.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt und auch aus dem Vorbringen in der Beschwerde unstrittig und zweifelsfrei ergibt, dass der den Antrag auf internationalen Schutz abweisende Bescheid des Bundesamtes vom 02.04.2019 dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt und daher rechtswirksam erlassen wurde. Dieser Bescheid enthielt auch eine korrekte Rechtsmittelbelehrung, die auch in die Sprache Nepalesisch übersetzt wurde. Dass die Rechtsmittelbelehrung allenfalls fehlerhaft gewesen wäre oder dass der Beschwerdeführer nicht lesen könnte, wurde weder vom Beschwerdeführer noch von seiner bevollmächtigten Vertretung behauptet.

Dem Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer den gelben Benachrichtigungszettel zwar zugestellt erhalten habe, jedoch dieser im gleichzeitig zugestellten Reklamematerial untergegangen sei, ist entgegenzuhalten, dass hierbei nicht davon gesprochen werden kann, dass der Beschwerdeführer an der zeitgerechten Vornahme der befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert war, dass er nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt er nicht abwenden konnte. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (VwGH 29.11.1994, 94/05/0318; 03.04.2001, 2000/08/0214). In Folge der bereits durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt musste dem Beschwerdeführer bewusst sein, dass er mit der Zustellung eines Bescheides hinsichtlich seines Antrages auf internationalen Schutz zu errechnen hat, sodass nicht davon gesprochen werden kann, dass das Ereignis, die Zustellung bzw. Hinterlegung des Bescheides, unvorhergesehen war, zumal gegen den Beschwerdeführer bereits im ersten Asylverfahren mehrere Entscheidungen erlassen worden sind. Ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann (VwGH 28.02.1974, 1700/73). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen vermochte daher nicht zu überzeugen.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer noch innerhalb der Beschwerdefrist beim BFA RD vorsprach und er lediglich einen Termin für die Akteneinsicht nachdem die Beschwerdefrist abgelaufen wäre erhalten habe, ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer das Amtsgebäude verließ ohne die Aushändigung eines Termins abzuwarten. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gebildeten Mann, der eine etwaige kostenfrei Rechtsberatung in Anspruch hätte nehmen können.

Auf Basis des festgestellten Sachverhaltes kann nicht davon gesprochen werden, dass der Beschwerdeführer an der zeitgerechten Vornahme der befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert war, dass er nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt er nicht abwenden konnte. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (VwGH 29.11.1994, 94/05/0318; 03.04.2001, 2000/08/0214).

Aus diesem Grund hat die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu Recht abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde ist somit abzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG liegen nicht vor.

Zu Spruchpunkt II.)

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

§ 32 AVG bestimmt:

"5. Abschnitt: Fristen

§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats."

Der Bescheid vom 02.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 04.04.2019 rechtswirksam zugestellt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete demnach mit Ablauf des 02.05.2019, weshalb die am 13.05.2019 eingebrachte Beschwerde verspätet erfolgte und somit als verspätet zurückzuweisen ist.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Bundesverwaltungsgericht hält eine Verhandlung im Verfahren über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 24 VwGVG aufgrund der klaren Aktenlage für nicht erforderlich. Daher konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Fristversäumung Hinterlegung Rechtsmittelfrist unabwendbares Ereignis Voraussetzungen Wiedereinsetzung Zustellung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W222.2219954.2.00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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