Entscheidungsdatum
30.06.2020Norm
AsylG 2005 §9 Abs1Spruch
W258 2227615-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über den Antrag des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, 1170 Wien, Steinergasse 3/12, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , AZ XXXX :
A)
Der Antrag wird mangels Versäumung der Beschwerdefrist abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang/Feststellungen:
Mit Bescheid vom XXXX , AZ XXXX , erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Antragsteller den ihm mit Bescheid vom XXXX , AZ XXXX , zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ab, wies seinen Antrag vom 12.09.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ab, entzog ihm die mit Bescheid vom XXXX , AZ XXXX , erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, erteilt ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 4 FPG 2005, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig sei und legte die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
Der Bescheid wurde durch die Österreichische Post AG versendet und am 18.11.2019 beim zuständigen Postamt hinterlegt. Auf den Zustellschein wurde – trotz vorgegebener Auswahlfelder – nicht angegeben, ob eine Verständigung über die Hinterlegung erfolgt ist. Der BF hat den Bescheid am 12.12.2019 physisch erhalten (OZ 1 S 247).
Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller am 18.12.2019 Beschwerde. Über hg. Verspätungsvorhalt vom 13.02.2020, wonach sich aufgrund der Aktenlage ergebe, dass der bekämpfte Bescheid schon am 19.11.2019 durch Hinterlegung zugestellt worden sei, teilte der BF mit Stellungnahme vom 05.03.2020 mit, dass er keine Benachrichtigung über die Hinterlegung des Bescheids erhalten hätte und ihm dieser tatsächlich erst am 12.12.2019 physisch ausgehändigt worden wäre. Eine Verspätung liege daher nicht vor.
Zusätzlich stellte der BF aus Vorsichtsgründen den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen eine allfällige Versäumnis der Beschwerdefrist.
Über Anfrage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2019 bzw. 09.12.2019 teilte die österreichische Post AG mit, dass eine Überprüfung der Zustellung nicht mehr möglich sei (OZ 1 S 239).
Über Anfrage des erkennenden Gerichts vom 09.03.2020, urgiert am 16.06.2020, teilte die Österreichische Post AG am 29.06.2020 mit, dass die damals für die Zustellung zuständige Mitarbeiterin nicht mehr im Unternehmen beschäftigt sei und nicht mehr befragt werden könne. Da es sich bei RSa- und RSb-Briefen um nicht bescheinigte Sendungen handle, sei eine weitere Überprüfung nicht möglich.
Ob der BF über die Hinterlegung des Bescheids vom XXXX informiert worden ist, kann nicht festgestellt werden.
Beweise wurden erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt.
2. Die Feststellungen gründen auf der folgenden Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen grundsätzlich auf den unbedenklichen Verwaltungsakt. Die Feststellung, wonach nicht festgestellt werden könne, dass der BF über die Zustellung des Bescheids vom XXXX informiert worden sei, gründet darauf, dass auf dem Rückschein keine Angaben enthalten sind, ob der BF über die Hinterlegung informiert worden ist bzw. der Zusteller die entsprechenden Angaben auf dem Rückschein nicht gemacht hat. Da dies im Einklang mit dem Vorbringen des BF steht, keine Hinterlegungsanzeige in seinem Briefkasten gefunden zu haben und die österreichische Post AG erklärt hat, die Zustellung nicht prüfen zu können (OZ 1 S 239 und OZ 2) konnte nicht mehr nachvollzogen werden, ob eine Hinterlegungsanzeige im Postfach des BF hinterlassen worden ist oder nicht. Entweder wurde tatsächlich der BF über die Hinterlegung des Bescheids nicht benachrichtigt oder hat die Zustellerin vergessen, einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellschein vorzunehmen. Da auf Grund des fast acht Monate zurückliegenden Zeitpunkts der angeblichen Zustellung und der Vielzahl an Zustellungen die ein Zusteller vornimmt nicht davon auszugehen war, dass die Zustellerin noch verlässliche Auskunft über die etwaige Benachrichtigung über die Hinterlegung des Bescheids geben könnte, konnte von ihrer – nicht beantragten – Einvernahme abgesehen werden und eine entsprechende Negativfeststellung getroffen werden.
3. Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Der Antragsteller bringt nun vor, er habe die Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl von XXXX , AZ XXXX , versäumt. Dies für den Fall, dass ihm der Bescheid, wie im Rückschein angegeben, durch Hinterlegung mit 19.11.2019 zugestellt worden wäre.
Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.
Gemäß § 13 Abs. 1 ZustG ist ein zuzustellendes Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.
Kann das Dokument nicht an der Abgabestelle zugestellt werden und hat der Zusteller unter anderem Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen (§ 17 Abs. 1 ZustG). Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Gemäß § 17 Abs. 4 ZustG ist die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn diese Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
Im gegenständlichen Fall konnte nicht festgestellt werden, ob der Antragsteller über die Hinterlegung des zuzustellenden Bescheids informiert worden ist. Es liegt daher kein Fall des § 17 Abs. 4 ZustG vor, wonach die Hinterlegungsanzeige beschädigt oder entfernt worden und die Zustellung nach wie vor wirksam wäre, sondern ein Fall vor, bei dem nicht nachgewiesen werden kann, dass der BF überhaupt über die Hinterlegung des Bescheids verständigt worden ist. Die Zustellung durch Hinterlegung war daher ungültig.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte somit erst durch physische Aushändigung an den BF am 12.12.2019, weshalb sich die gegen ihn gerichtete Beschwerde vom 18.12.2019 als rechtzeitig erweist.
Da der dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgebrachte Wiedereinsetzungsgrund, nämlich die Versäumnis der Beschwerdefrist, somit nicht vorliegt, war der Antrag abzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine im Rahmen der Grundsätze des Verwaltungsgerichtshofs vorgenommene Beweiswürdigung, hier die Frage, ob der Antragsteller über die Hinterlegung des zuzustellenden Bescheids informiert worden ist, ist nicht reversibel.
Schlagworte
Beschwerdefrist Empfänger Rechtzeitigkeit Wiedereinsetzungsantrag Zustellung Zustellung durch HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W258.2227615.2.00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021