TE Bvwg Beschluss 2020/7/3 W242 2194089-2

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Veröffentlicht am 03.07.2020
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Entscheidungsdatum

03.07.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §32

Spruch

W242 2194089-2/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter im Verfahren über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens des XXXX XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und Migrantinnenbetreuung GmbH, Wien 17., Wattgasse 48/3:

I.) Der Wiederaufnahmeantrag wird gemäß § 32 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

II.) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Islamischen Republik Iran, stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am XXXX 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, GZ W242 2194089-12/E, vom 03.03.2020, abgewiesen wurde.

Am XXXX 2020 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG und begründete diesen damit, dass er weitere Beweismittel erhalten hätte, welche die Verfolgung im Iran belegen würden. Dem Antrag wurden unter anderem die deutschsprachigen Übersetzungen der Beweismittel beigelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht forderte den Übersetzter der Dokumente am 02.06.2020 schriftlich auf, die näheren Umstände, vor allem das genaue Datum der Übermittlung der iranischen Dokumente zur Übersetzung, bekannt zu geben.

Mit Schreiben vom 09.06.2020 legte der Vertreter aufgrund einer gerichtlichen Aufforderung eine mit XXXX 2020 datierte schriftliche Vollmacht vor.

Der Übersetzer kam der der gerichtlichen Aufforderung mit Schreiben vom 12.06.2020 nach und teilte mit, dass ihm die verfahrensgegenständlichen Dokumente bereits am 09.05.2020 vom Beschwerdeführer zur Übersetzung übermittelt worden wären.

Dem Beschwerdeführer wurden die Ermittlungsergebnisse mit Schreiben vom 19.06.2020 bekannt gegeben und ihm eine einwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

Am 26.06.2020 übermittelte der vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme und führte aus, dass eine persönliche Rechtsberatung sehr eingeschränkt möglich sei und vor allem über Telefon und E-Mail erfolgen würde. Der Kontakt zwischen Beschwerdeführer und Rechtsberatung sei im gegenständlichen Fall über eine Vertraute des Beschwerdeführers erfolgt und sei die Rechtsberatung erst durch den gerichtlichen Verspätungsvorhalt vom 19.06.2020 über eine mögliche Fristversäumung in Kenntnis gesetzt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Verfahrensaktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

I.) Zur Zurückweisung der Beschwerde

§ 32 VwGVG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2017, lautet:

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32 Abs. 1 Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Abs. 2 Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Abs. 3 Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

Abs. 4 Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Abs. 5 Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in der Rechtssache Ra 2018/09/0050 am 20.09.2018 aus, dass die in § 32 Abs. 2 VwGVG 2014 vorgesehene subjektive Frist bereits mit der Kenntnis des Antragstellers von dem Sachverhalt, der den Wiederaufnahmegrund bilden solle, beginne; entscheidend sei die Kenntnis von einem Sachverhalt, nicht aber dessen rechtliche Wertung. Für den Fristenlauf sei es daher nicht maßgebend, ob dem Antragsteller die mögliche Qualifizierung eines Sachverhalts als Wiederaufnahmegrund bewusst sei.

Der Beschwerdeführer übermittelte die Unterlagen in der Sprache Farsi, auf welche der Wiederaufnahmeantrag gestützt werden sollte, nachweislich bereits am 09.05.2020 an einen Übersetzer. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Farsi und ist er dieser in Wort und Schrift mächtig. Somit steht es für das Bundesverwaltungsgericht zweifelsfrei fest, dass er spätestens zum Zeitpunkt der Übermittlung an den Übersetzer vom Inhalt der Unterlagen und somit auch von einem Sachverhalt Kenntnis erlangt hat, der den Grund für eine Wiederaufnahme bilden sollte. Die Frist zur Einbringung des Wiederaufnahmeantrages begann somit am 09.05.2020 zu laufen. Auf die richtige rechtliche Beurteilung des Sachverhalts als Wiederaufnahmegrund kommt es nicht an, weshalb dem Einwand, die Rechtsberatung sei aufgrund von COVID-19 schwierig gewesen, keine Relevanz zukommt. Wobei anzumerken ist, dass die grundsätzliche Möglichkeit eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, eingeräumt wurde.

Der am XXXX 2020 eingebrachte Antrag auf Wiederaufnahme erweist sich vor diesem Hintergrund als verspätet und ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Fristablauf Fristversäumung Verfristung Verspätung Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W242.2194089.2.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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