TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/3 L527 2197570-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L527 2197570-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.02.2020:

I. den Beschluss gefasst:

A) Soweit die Beschwerde die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 56 AsylG 2005 beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 27.12.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen."

B) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 8 Absatz 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

C) Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Absatz 2 Z 2 und Absatz 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist mit XXXX (L527 2197557-1) in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX (L527 2197566-1) und XXXX (L527 2197561-1) sind die leiblichen minderjährigen Töchter der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten.

Die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und die minderjährige Tochter XXXX durch die Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin stellten nach ihrer illegalen Ausreise aus dem Iran und der illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 27.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. In ihrer Erstbefragung am 28.12.2015 gab die Beschwerdeführerin an, den Iran verlassen zu haben, da sie ihre Religion gewechselt haben und ihr Ehegatte große Probleme gehabt habe. Bei einer Rückkehr in den Iran würden sie in Lebensgefahr geraten. Zudem würden sich ihre Angaben zum Fluchtgrund auch auf die minderjährige XXXX beziehen.

Die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten XXXX wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter am 29.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Jänner 2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) der Beschwerdeführerin länderkundliche Dokumente zur Lage im Iran zur Abgabe einer Stellungnahme - schriftlich oder im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 20.03.2018. Des Weiteren wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit eröffnet, alle für ihren Antrag und ihr Vorbringen relevanten Unterlagen der belangten Behörde vorzulegen. Abschließend wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, innerhalb einer zweiwöchigen Frist einen Nachweis über einen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft vorzulegen oder andernfalls innerhalb dieser Frist zu begründen, weshalb keine Austrittserklärung beigebracht wurde. Die Beschwerdeführerin äußerte sich bis zur Einvernahme vor der belangten Behörde weder zu diesen länderkundlichen Dokumenten noch zur Nichtvorlage eines Nachweises über einen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Sie brachte auch keine Dokumente in Vorlage.

Die Beschwerdeführerin wurde am 20.03.2018 und der Ehegatte der Beschwerdeführerin bereits am 19.03.2018 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Eingangs verneinte die Beschwerdeführerin, die Frage, ob sie bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe. Demnach habe sie im Iran wegen ihrer Religion keine Probleme gehabt. Sie habe ihre Religion nicht gewechselt gehabt. Für sie und ihre beiden minderjährigen Töchter würden die gleichen Fluchtgründe wie für ihren Ehegatten gelten. Sie habe eine bessere Zukunft für ihre Kinder gewollt. Abschließend ergänzte die Beschwerdeführerin, dass sie als Frau für sich selbst bestimmen wolle. Sie wolle nicht in einer Gesellschaft leben, die sie zum Tragen einer Kopfbedeckung zwinge. Sie wolle auch ihre Religion frei wählen.

Die Behörde erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten zu ihren Fluchtgründen - abgesehen von einer Ausreise aus wirtschaftlichen oder privaten Gründen - für nicht glaubhaft. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 25.04.2018 bezüglich der Beschwerdeführerin, ihres Ehegatten und den beiden minderjährigen Kindern wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten jeweils ab (Spruchpunkte I und II). Sie erteilte jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI).

Gegen die angefochtenen Bescheide erhoben die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und ihre beiden minderjährigen Töchter in vollem Umfang die vorliegende - gemeinsam verfasste - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 14.02.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an und ersuchte die Beschwerdeführerin, deren Ehegatten und deren minderjährige Töchter in der Ladung um Mitwirkung am Verfahren. Die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und ihre minderjährigen Töchter ließen in der Folge die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme ungenützt verstreichen.

In der Verhandlung am 14.02.2020 vernahm das Bundesverwaltungsgericht – im Beisein eines Vertreters der belangten Behörde - die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten, die mit einem Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation erschienen. Die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatten und ihre minderjährigen Töchter legten zahlreiche Bescheinigungsmittel zum Beleg ihrer Integration und ihrer religiösen Aktivitäten in Österreich vor. Der Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation ersuchte um Gewährung einer zweiwöchigen Frist zur Vorlage medizinischer Unterlagen zum Beweis, dass die letzte Schwangerschaft und Geburt der jüngsten Tochter für die Beschwerdeführerin dramatisch gewesen seien und diese daher zu Gott gefunden habe. Das Bundesverwaltungsgericht entsprach dem Ersuchen.

Am 28.02.2020 übermittelte die Beschwerdeführerin im Wege der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation einen Arztbrief eines österreichischen Krankenhauses vom 25.12.2016. Im Zuge einer Stellungnahme legte die Beschwerdeführerin erneut dar, dass ihre in Österreich geborene Tochter eine Frühgeburt gewesen sei und anschließend knapp drei Wochen im Krankenhaus verbringen habe müssen. Durch diese dramatischen Erlebnisse habe sie zum christlichen Glauben gefunden und bezeichne sie das Überleben dieser Tochter und deren Gesundheit als Wunder.

Die Beschwerden des Ehegatten und der minderjährigen Töchter der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide der belangten Behörde wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Sie ist eine erwachsene, arbeitsfähige weibliche Drittstaatsangehörige, konkret: iranische Staatsangehörige. Ihre Muttersprache, die sie in Wort und Schrift beherrscht, ist Farsi. Die Beschwerdeführerin hat außerdem geringe Deutschkenntnisse (siehe unten). Die Beschwerdeführerin gehört der Volksgruppe der Perser und/oder der kurdischen Volksgruppe an und wurde als Muslima (Schiitin) geboren; mittlerweile bezeichnet sie sich als protestantische Christin. Sie gehört weiterhin der islamischen Glaubensrichtung an. Die Beschwerdeführerin leidet an keiner schweren oder gar lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung. Sie hat keine chronischen Erkrankungen und Leiden. Sie ist gesund. Die Beschwerdeführerin ist verheiratet und Mutter von zwei minderjährigen Töchtern.

Die Beschwerdeführerin in der zentralen Südprovinz Fars, geboren, wuchs in dieser Provinz auf und lebte dort bis zu ihrer Ausreise in XXXX , und zwar gemeinsam mit ihrem Ehegatten im Haus ihrer Schwiegereltern; sie und ihre Familie konnten den Alltag problemlos finanziell bestreiten. Die Beschwerdeführerin besuchte in ihrem Herkunftsstaat zwölf Jahre die Schule (Volksschule und Gymnasium) und schloss sie mit Matura ab. Anschließend arbeitete die Beschwerdeführerin für etwa zwei Monate als Putzfrau in einem Friseursalon. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Herkunftsstaat Familie/Verwandte, namentlich ihre Eltern, drei Schwestern und zwei Brüder. Die Eltern der Beschwerdeführerin besitzen in XXXX ein Haus und landwirtschaftlich nutzbare Liegenschaften. Die Beschwerdeführerin steht mit ihren Eltern etwa zweimal im Monat und mit einer Schwester ein- bis zweimal pro Woche in Kontakt.

Die Beschwerdeführerin reiste illegal Ende November 2015 aus dem Iran aus und gegen Ende Dezember 2015 illegal in Österreich ein. Am 27.12.2015 stellte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin bezieht seit Anfang Februar 2016 laufend Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber; sie wohnt gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihren minderjährigen Töchtern in einer organisierten Unterkunft für Asylwerber. Der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten wurden von einem ihrer in Österreich lebenden Schwager eine Einstellung in dessen Restaurant bei Erhalt eines positiven Asylbescheids und eine Wohnmöglichkeit zugesagt bzw. in Aussicht gestellt.

Die Beschwerdeführerin verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihr erlaubten, die in der Verhandlung am 14.02.2020 in deutscher Sprache gestellten (einfachen) Fragen auf einfache Weise zu beantworten. Die Beschwerdeführerin besuchte zunächst einen Deutschkurs der Volkshilfe - Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung. Anschließend hat sie an einem Deutschkurs A1 Teil 1 für AsylwerberInnen von 03.10.2018 bis 12.12.2018 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten mit Anwesenheit von mindestens 80 Prozent, an einem Deutschkurs A1 Teil 2 für AsylwerberInnen von 21.12.2018 bis 27.03.2019 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten mit Anwesenheit von mindestens 80 Prozent, an einem Deutschkurs A2 Teil 1 für AsylwerberInnen von 09.04.2019 bis 02.07.2019 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten mit Anwesenheit von mindestens 80 Prozent und an einem Deutschkurs A2 Teil 2 für AsylwerberInnen von 01.10.2019 bis 05.12.2029 im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten mit Anwesenheit von mindestens 80 Prozent teilgenommen. Sie hat ferner die Integrationsprüfung A1, bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau A1 und zu Werte- und Orientierungswissen, bestanden (Prüfungsdatum: 22.03.2019) und die Integrationsprüfung A2, bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen, bestanden (Prüfungsdatum: 14.12.2019). Die Beschwerdeführerin verrichtet gegen einen Anerkennungsbeitrag im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten seit Anfang Jänner 2020 gemeinnützige Arbeiten gemäß § 7 Abs 3 und 6 GVG-B. Konkret übernimmt sie als Remunerantin im Ausmaß von maximal 22 Stunden pro Monat die Reinigung eines Begegnungszentrums ihrer Wohnsitzgemeinde. Zudem hilft die Beschwerdeführerin seit Herbst 2018 regelmäßig mindestens einmal im Monat nach dem Sonntagsgottesdienst für mehrere Stunden im Kirchencafé ehrenamtlich mit und arbeitet bei Kreativworkshops des Internationalen Frauentreffs in ihrer Wohnsitzgemeinde mit.

Im Übrigen war und ist die Beschwerdeführerin weder ehrenamtlich/ gemeinnützig tätig noch erwerbstätig. Abgesehen von der Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinde und der Teilnahme am Gemeinschaftsleben der Glaubensgemeinschaft (siehe 1.2.) ist die Beschwerdeführerin nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv; sie ist ansonsten auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich.

Die Beschwerdeführerin hat - abgesehen von ihrem Ehegatten, ihren zwei minderjährigen Töchtern und zwei Schwägern - keine Verwandten in Österreich. Zwei Cousins des Ehegatten leben in der Bundesrepublik Deutschland und ein Cousin ihrer Schwiegermutter lebt in Kroatien. Die Beschwerden ihres Ehegatten und ihrer minderjährigen Töchter gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2018 wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag ebenfalls rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Einer der beiden in Österreich aufhältigen Schwager besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft. Der andere Schwager hält sich als Asylberechtigter im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte verfügen weder über einen gemeinsamen Wohnsitz mit den Schwägern noch besteht zwischen der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und diesen Männern ein ein- oder wechselseitiges - finanzielles - Abhängigkeitsverhältnis, mag der Schwager XXXX und dessen Ehegattin auch die Beschwerdeführerin gelegentlich bei der Betreuung der und der Wissensvermittlung an die minderjährigen Kinder unterstützen. Die Beschwerdeführerin verfügt hier über einen Freundes- und Bekanntenkreis, dem auch österreichische Staatsangehörige beziehungsweise in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen angehören. Dabei handelt es sich vor allem um Personen, die die Beschwerdeführerin aus der christlichen Gemeinde kennt. Darunter ist auch jene Person, die die Beschwerdeführerin als Frau XXXX bezeichnet und XXXX ; Letztere ist Lektorin (Prädikantin) der evangelischen Kirche. XXXX und die Beschwerdeführerin trafen/treffen sich regelmäßig insbesondere bei Gottesdiensten, Kursen sowie anderen Veranstaltungen in der christlichen Gemeinde. Sie stehen ferner privat in Kontakt und unternehmen gelegentlich gemeinsam Freizeitaktivitäten, z. B. treffen sich zu Tee und gutem Essen, mit den Töchtern der Beschwerdeführerin auf einem Spielplatz oder im Garten der XXXX . Gegenseitige Besuche und Treffen am Spielplatz erfolgen ferner zwischen der Beschwerdeführerin und einer Mutter einer Schulfreundin einer Tochter. Auch andere Gemeindemitglieder besuchen die Beschwerdeführerin und deren Familie gelegentlich privat und unterstützen sie. Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Verfahren mehrere Unterstützungserklärungen von Mitgliedern ihrer christlichen Gemeinde vorgelegt. Zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Bekannten/Freunden besteht kein ein- oder wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.2. Die Beschwerdeführerin war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle ihrer Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt. Dazu sei hervorgehoben:

1.2.1. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:

1.2.1.1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Herkunftsstaat illegal verlassen, sie wurde dort aber nicht verfolgt oder bedroht. Namentlich wurde sie nie von Behörden in ihrem Herkunftsstaat verfolgt; es gab keine Übergriffe oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden. Die Beschwerdeführerin war im Iran nie in Haft, wurde nie strafrechtlich verurteilt und es besteht auch kein Haftbefehl gegen sie. Die iranischen Behörden such(t)en nicht bzw. der iranische Staat sucht(e) nicht nach der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin war in ihrem Herkunftsstaat weder aus Gründen der Religion noch aus anderen Gründen (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Die Beschwerdeführerin hatte weder wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen ihrer politischen Gesinnung oder Religion Probleme.

Die Beschwerdeführerin pflegt in Österreich einen progressiven Kleidungsstil und trägt kein Kopftuch. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin sich mit den „westlichen“ Werten und einer „westlichen“ Lebensweise eindringlich auseinandergesetzt hat. Sie hat auch keine Lebensweise angenommen oder verinnerlicht, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung von Grundrechten zum Ausdruck kommt, wie sie in der Herkunftsregion der Beschwerdeführerin nicht möglich wäre. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthalts in Österreich eine Lebensweise oder Werthaltung verinnerlicht hat, die ein Leben im Herkunftsstaat im Sinne einer Verfolgung, Gefahr oder Bedrohung, unmöglich machen würde (etwa wegen gesellschaftlicher oder kultureller Einschränkungen).

Von etwaigen oberflächlichen Informationen, wie sie allenfalls durch Schulbildung und allgemeinen, das heißt nicht spezifisch auf christliche Inhalte ausgerichteten, Medienkonsum erlangt werden können, abgesehen, hatte die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat keine Kenntnisse über das Christentum. Die Beschwerdeführerin hatte sich vor ihrer Ausreise aus dem Iran nicht mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt, ihn nicht praktiziert und auch nicht beschlossen, Christin zu werden. Dergleichen und ein Abfall vom Islam wurden und werden der Beschwerdeführerin auch nicht unterstellt.

Die Beschwerdeführerin verließ den Iran aus wirtschaftlichen Gründen und zur Verbesserung der eigenen Zukunftsperspektive bzw. jener der Kinder.

1.2.1.2. Nach ihrer Einreise in Österreich suchte die Beschwerdeführerin erstmals im ersten Jahr ihres Aufenthalts in Österreich aus Neugier gemeinsam mit ihrem Ehegatten die Freie Christengemeinde XXXX auf. Die Freie Christengemeinde XXXX ist Mitglied des Bundes der Freien Christengemeinde - Pfingstgemeinde, welcher wiederum Mitglied der Freikirchen in Österreich ist. Seit Anfang 2018 besucht die Beschwerdeführerin nun diese Gemeinde und absolvierte dort im Herbst 2018 den so genannten Alphakurs - einen Grundkurs über den christlichen Glauben. Sie ließ sich nach Absolvierung eines Taufkurses am 06.01.2019 taufen. Im Herbst 2019 besuchte sie den Glaubensgrundkurs erneut. Sie nimmt regelmäßig an den Gottesdiensten, einer Bibel- und Gebetsrunde und anderen Veranstaltungen dieser Gemeinschaft teil. Außerdem hilft die Beschwerdeführerin im Caféteam der Kirchengemeinde mit und engagiert sich in den unterschiedlichen Bereichen der Gemeinde. Sie ist formell Mitglied der Freien Christengemeinde in XXXX .

Die Beschwerdeführerin hat oberflächliche Kenntnisse vom Christentum im Allgemeinen und von den Grundlagen der protestantischen Glaubensrichtung im Besonderen.

Die Beschwerdeführerin erklärte am 03.01.2019 gegenüber der Freien Christengemeinde in XXXX die Absage vom Islam in schriftlicher Form.

Die Beschwerdeführerin hat sich nicht tatsächlich vom islamischen Glauben abgewandt, erst recht nicht aus innerer Überzeugung. Die schriftliche Absage vom Islam ist allein asyltaktisch motiviert. In den vergangenen Jahren mag die Beschwerdeführerin zwar ein gewisses – geringes – Interesse am Christentum entwickelt haben, sie ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität der Beschwerdeführerin. Ihre Hinwendung zum Christentum erweist sich als eine Scheinkonversion, die der Erlangung des Status der Asylberechtigten dienen soll. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Die Beschwerdeführerin missioniert nicht und würde in ihrem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren.

Wenn von der christlichen Taufe und den christlichen Aktivitäten der Beschwerdeführerin jemand, z. B. Familienangehörige, im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin Kenntnis hat, kann es sich nur um Personen handeln, die die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte selbst informiert haben und von denen sie nichts zu befürchten haben.

Die Behörden im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin haben von der – nicht aus inneren Überzeugung geschehenen – Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie vom christlichen Engagement und der Taufe der Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden. Dasselbe gilt im Hinblick auf die - ebenso wenig aus Überzeugung - erklärte Absage vom Islam in schriftlicher Form.

Selbst für den Fall, dass weitere Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat von der Absage vom Islam, von der Taufe oder den religiösen Aktivitäten der Beschwerdeführerin in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe die Beschwerdeführerin nicht ernstlich Gefahr, im Zusammenhang damit, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführerin würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen.

1.2.2. Zur allgemeinen Lage im Iran und der Situation der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

1.2.2.1. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für die Beschwerdeführerin als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Die Beschwerdeführerin hätte auch nicht um ihr Leben zu fürchten, es würde ihr nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen. Vgl. die folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts.

Die von der Beschwerdeführerin geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr fußen in erster Linie auf der – nicht zutreffenden – Prämisse eines Abfalls vom Islam und/ oder einer echten inneren Konversion zum Christentum (AS 9, 207 f, 220; OZ 10, S 39 f). (Auch) ansonsten hat die Beschwerdeführerin kein substantiiertes Vorbringen erstattet und hat nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 2 oder 3 EMRK oder dem 6. und dem 13. ZPEMRK widersprechende Behandlung drohen würde.

1.2.2.2. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.

Im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass die Beschwerdeführerin allein durch ihre Anwesenheit einem realen Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit oder ihr Leben ausgesetzt wäre. Die Beschwerdeführerin stammt außerdem nicht aus einer Minderheitenregion, wie dem Nordwesten des Iran oder der Region um den Persischen Golf, sondern, wie bereits festgestellt, aus XXXX , wo etwa die Schwiegereltern nach wie vor ohne Probleme leben.

1.2.2.3. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung die Beschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.

1.2.2.4. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, in Städten haben 100 % der Bevölkerung Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.

Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation der Beschwerdeführerin (insbesondere - schulische - Ausbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Beziehungen, Lebensstandard) ist festzustellen, dass der Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Sie wird in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation der Beschwerdeführerin feststellbar.

1.2.2.5. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Mohareb“, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. Exemplarisch erwähnt sei, dass im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt wurden.

Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.

Im Hinblick auf ihr Vorleben im Iran und in Österreich besteht jedoch keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnte.

1.2.2.6. Zur Situation von Frauen im Iran ist festzuhalten:

Generell genießt die Familie in Iran, ebenso wie in den meisten anderen islamischen Gesellschaften, einen hohen Stellenwert. Der Unterschied zwischen Stadt und Land macht sich aber auch hier bemerkbar, in Bezug auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau sowie auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Auf dem Land hat das traditionelle islamische Rollenmodell weitgehende Gültigkeit, der Tschador, der Ganzkörperschleier, dominiert hier das Straßenbild. In den großen Städten hat sich dieses Rollenverständnis verschoben, wenn auch nicht in allen Stadtteilen. Während des Iran-Irak-Krieges war, allen eventuellen ideologischen Bedenken zum Trotz, die Arbeitskraft der Frauen schlicht unabdingbar. Nach dem Krieg waren Frauen aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken oder gar zu entfernen. Die unterschiedliche und sich verändernde Stellung der Frau zeigt sich auch an den Kinderzahlen: Während in vielen ländlichen, gerade den abgelegeneren Gebieten fünf Kinder der Normalfall sind, sind es in Teheran und Isfahan im Durchschnitt unter zwei. Viele junge Frauen begehren heute gegen die nominell sehr strikten Regeln auf, besonders anhand der Kleidungsvorschriften für Frauen wird heute der Kampf zwischen einer eher säkular orientierten Jugend der Städte und dem System in der Öffentlichkeit ausgefochten. Eine Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut, ist der islamische Feminismus. Dieser will die Rechte der Frau mittels einer islamischen Argumentation durchsetzen. Auch wenn die Stellung der Frau in Iran, entgegen aller Vorurteile gegenüber der Islamischen Republik, in der Praxis sehr viel besser ist als in vielen anderen Ländern der Region, sind Frauen auch hier nicht gleichberechtigt. Verschiedene gesetzliche Verbote machen es Frauen unmöglich, im gleichen Maße wie Männer am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (strenge Kleiderordnung, Verbot des Zugangs zu Sportveranstaltungen, Fahrradverbot). Eine Diskussion über den Zugang von Frauen zu Sportveranstaltungen ist im Gange.

In rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind iranische Frauen vielfältigen Diskriminierungen unterworfen, die jedoch zum Teil relativ offen diskutiert werden. Von einigen staatlichen Funktionen (u. a. Richteramt, Staatspräsident) sind Frauen gesetzlich oder aufgrund entsprechender Ernennungspraxis ausgeschlossen. Laut offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenrate bei Frauen bei 19,8 % (1,07 Millionen gegenüber 10,3 % und 2,25 Millionen in absoluten Zahlen bei den Männern). Unter Frauen mit höherer Bildung liegt sie noch deutlich höher. Auch nach der Population Situation Analysis der Universität Teheran vom Sommer 2016 besteht im Bereich der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt erhöhter Nachholbedarf. Die stagnierende wirtschaftliche Lage Irans hat ein stetiges Wachstum der Arbeitslosenrate in den vergangenen Jahren zur Folge gehabt. Insbesondere hat die hohe Arbeitslosigkeit im Land auch Einfluss auf die wirtschaftliche Situation von alleinstehenden Frauen genommen; u.a. sieht das Gesetz nicht die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern vor. Außerdem haben selbst gut qualifizierte Frauen Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden.

In rechtlicher Hinsicht unterliegen Frauen einer Vielzahl diskriminierender Einschränkungen. Prägend ist dabei die Rolle der (Ehe-)frau als dem (Ehe-)mann untergeordnet, wie sich sowohl in Fragen der Selbstbestimmung, des Sorgerechtes, der Ehescheidung als auch des Erbrechts erkennen lässt. Zum Beispiel legt das Gesetz es Frauen nahe, sich für drei Viertel der regulären Arbeitszeit von Männern zu bewerben und Frauen brauchen das Einverständnis ihres Ehemannes, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Außerdem werden Stellen oft geschlechtsspezifisch ausgeschrieben, sodass es Frauen verwehrt wird, sich – ungeachtet ihrer Qualifikationen – für bestimmte Positionen zu bewerben. Auch von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz wird berichtet. Die gravierenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit verhindern außerdem den Zusammenschluss erwerbstätiger Frauen in Gewerkschaften, um Frauenrechte effektiver vertreten und einfordern zu können.

Laut Gesetz darf eine jungfräuliche Frau nicht ohne Einverständnis ihres Vaters, Großvaters oder eines Richters heiraten. Väter und Großväter können bei Gericht eine Erlaubnis einholen, wenn sie das Mädchen früher verheiraten wollen. Das gesetzliche Heiratsalter für Mädchen liegt bei 13 Jahren. Auch können iranische Frauen ihre iranische Staatsbürgerschaft nicht an ausländische Ehemänner oder ihre Kinder weitergeben.

Im Straf- bzw. Strafprozessrecht sind Frauen bereits mit neun Jahren vollumfänglich strafmündig (Männer mit 15 Jahren), ihre Zeugenaussagen werden hingegen nur zur Hälfte gewichtet und bei bestimmten Straftatbeständen ist die Zeugenaussage von männlichen Zeugen Verurteilungsvoraussetzung. Weitere diskriminierende Vorschriften finden sich im Staatsangehörigkeitsrecht, internationalen Privatrecht, Arbeitsrecht sowie im Sozialversicherungsrecht.

Bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote müssen Frauen mit Strafen rechnen. So kann etwa eine Frau, die ihre Haare oder die Konturen ihres Körpers nicht verhüllt, mit Freiheitsstrafe (zehn Tage bis zu zwei Monaten) und/oder Geldstrafe bestraft werden. Grundsätzlich ist auch die Verhängung von bis zu 74 Peitschenhieben wegen Verstoßes gegen die öffentliche Moral möglich; dazu kommt es in der Regel nicht, da die Familien von der Möglichkeit des Freikaufs überwiegend Gebrauch machen. Ende 2017/Anfang 2018 kam es zu größeren Protesten von Frauen gegen den Kopftuchzwang, bei denen einige Frauen öffentlich ihren Schleier abnahmen. Die Proteste wurden von den Sicherheitskräften rasch eingedämmt, von der Judikative wurden schwere Strafen (z. T. mehrjährige Haft) verhängt. Dennoch wurde dadurch eine öffentliche Debatte angestoßen. Das Forschungszentrum des Parlaments veröffentlichte etwa eine Studie, welche die geringe Zustimmung zum Kopftuchzwang thematisierte und sogar dessen Abschaffung in Erwägung zog. Im Oktober 2018 kam es wieder zu vereinzelten Berichten über Frauen, die ihr Kopftuch abgenommen hatten. Letztlich erlebte auch die Diskussion rund um das Stadionverbot für Frauen wieder frischen Wind, nachdem bei WM-Spielen der Fußballnationalmannschaft im Juni 2018 im Azadi-Stadion auch Frauen zugelassen waren. Zudem wurden im Oktober und November 2018 auf Druck der FIFA – und trotz massiven Widerstands von Teilen des Klerus – zum ersten Mal ausgewählte Frauen zu zwei Livespielen eingelassen.

Gesetzliche Regelungen räumen geschiedenen Frauen das Recht auf Alimente ein. Angaben über (finanzielle) Unterstützung vom Staat für alleinerziehende Frauen sind nicht auffindbar. Das Gesetz sieht vor, dass geschiedenen Frauen vorzugsweise das Sorgerecht für ihre Kinder bis zu deren siebentem Lebensjahr gegeben werden soll. Danach soll das Sorgerecht dem Vater übertragen werden, außer dieser ist dazu nicht im Stande. Heiraten geschiedene Frauen erneut, verlieren sie das Sorgerecht für Kinder aus einer früheren Ehe.

Alleinstehende, nicht geschiedene Frauen haben Schwierigkeiten, selbstständig eine Wohnung zu mieten und alleine zu wohnen, da gesellschaftliche Normen verlangen, dass eine unverheiratete Frau im Schutze ihrer Familie oder eines männlichen Familienmitglieds lebt. Im Gegensatz dazu dürfte es gesellschaftlich akzeptiert sein, dass geschiedene Frauen alleine wohnen.

Aufgrund der Schwierigkeit für Frauen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist der familiäre Rückhalt für alleinstehende Frauen umso bedeutender. Jedoch erhalten manche Frauen, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm leben (wie zum Beispiel lesbische Frauen od. Prostituierte), keine Unterstützung durch die Familie und können Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat werden.

Häusliche Gewalt ist in Iran sehr weit verbreitet und die Gesetze dagegen sind schwach. Ein Drittel der Frauen gibt an, Opfer physischer Gewalt geworden zu sein, über die Hälfte gibt an, mit psychischer Gewalt konfrontiert worden zu sein. Krisenzentren und Frauenhäuser nach europäischem Modell existieren in Iran nicht. Angeblich sollen staatlich geführte Einrichtungen für alleinstehende Frauen, Prostituierte, Drogenabhängige oder Mädchen, die von Zuhause davon gelaufen sind, vorhanden sein. Jedoch sind Informationen über diese Einrichtungen der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Genauere Informationen über mögliche Unterstützungen des Staates für alleinstehende Frauen sind nicht eruierbar.

Der Staat ist verpflichtet, Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen. Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können aber nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Fälle von Genitalverstümmelung sind nicht bekannt. Vergewaltigung ist generell mit der Todesstrafe bedroht, bei Ehepartnern wird Vergewaltigung jedoch nicht als Vergehen gesehen. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen, wie häusliche Gewalt und Früh- und Zwangsverheiratungen, sind weit verbreitet und werden nicht geahndet. Geschlechtsspezifische Gewalt ist weiterhin nicht strafbar.

Der Wächterrat ließ keine der 137 Frauen, die bei der Präsidentschaftswahl 2017 antreten wollten, für eine Kandidatur zu. Aufgrund des gesetzlichen Zwangs, ein Kopftuch (Hidschab) zu tragen, stehen Frauen im Visier von Polizei und paramilitärischen Kräften. Sie können schikaniert und festgenommen werden, wenn Haarsträhnen unter ihrem Kopftuch hervorschauen, wenn sie stark geschminkt sind oder enganliegende Kleidung tragen. Frauen, die sich gegen die Kopftuchpflicht einsetzen, können Opfer staatlich unterstützter Verleumdungskampagnen werden. Nach anderen Berichten will die Polizei Frauen, die sich auf den Straßen „unislamisch“ kleiden oder benehmen, nunmehr belehren statt bestrafen. Frauen, die (in der Öffentlichkeit) die islamischen Vorschriften nicht beachten, würden laut Teherans Polizeichef seit einiger Zeit nicht mehr auf die Wache gebracht. Vielmehr würden sie gebeten, an Lehrklassen teilzunehmen, um ihre Sichtweise und ihr Benehmen zu korrigieren. In Iran müssen alle Frauen und Mädchen ab neun Jahren gemäß den islamischen Vorschriften in der Öffentlichkeit ein Kopftuch und einen langen, weiten Mantel tragen, um Haare und Körperkonturen zu verbergen. „Sünderinnen“ droht die Festnahme durch die Sittenpolizei, in manchen Fällen auch ein Strafverfahren und eine saftige Geldstrafe. Die Gesetze – und Strafmaßnahmen – gibt es schon seit fast 40 Jahren, genauso lange haben sie nicht viel gebracht. Die Kopftücher wurden und werden immer kleiner und die Mäntel immer kürzer und enger. Auch strengere Kontrollen der Sittenpolizei auf den Straßen führten nicht zu dem erhofften Sinneswandel der Frauen. Laut Polizeichef Rahimi gab es 2017 bereits mehr als 120 solcher Aufklärungsklassen, an denen fast 8.000 Frauen teilgenommen haben. Bewirkt haben sie anscheinend aber wenig. Nach der Wiederwahl des moderaten Präsidenten Hassan Rohani und der Ausweitung der gesellschaftlichen Freiheiten werden besonders abends immer mehr Frauen ohne Kopftuch in Autos, Cafés und Restaurants der Hauptstadt gesehen. Seit Ende Dezember 2017 fordern immer mehr iranische Frauen eine Abschaffung der Kopftuchpflicht. Als Protest nehmen sie in der Öffentlichkeit ihre Kopftücher ab und hängen sie als Fahne auf. Auch gläubige Musliminnen, die das Kopftuch freiwillig tragen, ältere Frauen, Männer und angeblich auch einige Kleriker haben sich den landesweiten Protestaktionen angeschlossen.

In rechtlicher Hinsicht gestaltet sich die Lage für Frauen im Iran wie folgt:

Aufenthaltsbestimmungsrecht:

Der Ehemann hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht für sich und seine Frau (Art. 1104 des iranischen Zivilgesetzbuchs, iZGB). Sie benötigt die schriftliche Einwilligung ihres Ehemannes, um einen Reisepass zu beantragen (Art. 18 III Passgesetz). Der Ehemann hat das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen eine Ausreisesperre gegen seine Ehefrau zu verhängen. Frauen benötigen einen männlichen Vormund oder eine Begleitperson auf Reisen. In einigen Städten benötigen allein reisende Frauen eine behördliche Erlaubnis, um in öffentlichen Hotels und Gästehäusern übernachten zu können.

Volljährigkeit:

Mädchen werden mit dem 9. Lebensjahr volljährig, Jungen mit Vollendung des 15. Lebensjahres. Geschäftsfähigkeit erlangen beide in der Regel erst mit 18 Jahren.

Eherecht:

Die Ehe eines nicht-muslimischen Mannes mit einer Muslimin ist verboten (Art. 1059 ZGB); für die Ehe einer iranischen Frau mit einem Ausländer ist eine behördliche Sondergenehmigung erforderlich (Art. 1060 ZGB). Eine ledige Frau benötigt unabhängig von ihrem Alter zur ersten Eheschließung die Zustimmung des gesetzlichen Vormunds, in der Regel die des Vaters (Art. 1043 ZGB). Laut Art. 1108 ZGB hat eine Ehefrau, die ihre Ehepflichten (Gehorsam und Ehebeziehungen) nicht erfüllt, keinen Anspruch auf Unterhalt. Der Ehemann hat das Recht zur Vielehe (bis zu vier Frauen).

Scheidungsrecht:

Der Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss. Ebenso kann er nach einer widerrufbaren Scheidung die Ehe innerhalb von drei Monaten wieder aufnehmen. Eine Frau kann bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemanns (Art. 1122, 1125 ZGB), wegen einer unerträglichen Härte im Falle der Fortführung der Ehe z.B. bei stark unislamischer Lebensführung des Ehemanns oder bei Verletzung der Unterhaltspflicht (Art. 1130 ZGB) die Scheidung beantragen. Zusätzlich zu diesen gesetzlich geregelten Fällen werden in standardisierten, notariell beurkundeten Eheverträgen oft weitere Scheidungsgründe vereinbart (z.B. für die Frau gefährliche Erkrankung, Drogenkonsum, weitere nicht abgestimmte Heirat des Ehemanns). Das Vorliegen der Scheidungsbedingungen nachzuweisen ist für die Frau sehr schwierig. Im Streitfall kann sich ein solcher Rechtsstreit über mehrere Jahre hinziehen. Die Frau hat jedoch in den meisten Fällen die Möglichkeit, dem Mann gegen die Scheidung die Morgengabe zu schenken, wobei es sich häufig um große Summen handelt. Lässt sich der Mann scheiden, muss er diese der Frau auszahlen. Einen besonders hohen Anteil stellen einvernehmliche Scheidungen dar.

Sorgerecht:

Das Sorgerecht gliedert sich nach den Vorschriften des iZGB in zwei Kategorien: Die Vermögenssorge sowie alle Fragen der Stellvertretung (sog. „Welayat“) liegen immer beim Vormund des Kindes, in der Regel also beim Vater. Über Fragen des körperlichen und geistigen Wohls des Kindes (sog. „Hezanat“) entscheiden beide Ehegatten gemeinsam. Bei einer Scheidung erhält die Frau für Kinder bis zum Alter von sieben Jahren die „Hezanat“ (Sorgerecht in Bezug auf körperliches und geistiges Wohl des Kindes) (Art. 1169 ZGB). Bei Erreichen der Altersgrenze fällt sie automatisch an den Vater. Nur in Fällen der Beeinträchtigung des physischen oder moralischen Wohls der Kinder kann das Sorgerecht ausnahmsweise durch ein Gericht auch nach Erreichen der Altersgrenze der Mutter zugesprochen werden. Sie verliert das Sorgerecht, wenn sie wieder heiratet.

Staatsangehörigkeit:

Die ausländische Ehefrau eines Iraners erwirbt durch die Eheschließung automatisch die iranische Staatsangehörigkeit und wird dann ausschließlich als Iranerin behandelt. Erwirbt die iranische Ehefrau unmittelbar durch eine Eheschließung die Staatsangehörigkeit ihres ausländischen Ehemannes, verliert sie die iranische Staatsangehörigkeit. Nach dem Tod des Ehemanns oder nach Trennung der Eheleute hat die Frau ein Recht auf Wiedererwerb der iranischen Staatsangehörigkeit. Wird der Ehemann eingebürgert, erwerben Ehefrau und minderjährige Kinder automatisch ebenfalls die iranische Staatsangehörigkeit. Eine mit einem iranischen Staatsangehörigen verheiratete Frau kann nominell weder eine andere Staatsangehörigkeit erwerben noch aus der iranischen Staatsangehörigkeit entlassen werden. Das Kind eines iranischen Vaters erwirbt seine Staatsangehörigkeit. Das Kind erwirbt in der Regel aber nicht die Staatsangehörigkeit von seiner iranischen Mutter, es kann sich jedoch nach Erreichen der Volljährigkeit einbürgern lassen.

Einwilligungsvorbehalt:

Der Ehemann einer iranischen Frau hat das Recht, der Ehefrau die Ausübung eines Berufs zu versagen, wenn dies den Interessen der Familie widerspricht und seiner Würde zuwiderläuft.

Sozialversicherung:

Das Sozialversicherungswesen ist darauf ausgelegt, dass der Mann die Familie unterhält. Der Fall, dass eine Frau für das Familieneinkommen sorgt, obwohl auch der Mann dazu in der Lage wäre, ist nicht vorgesehen. Eine Frau erhält in der Regel lediglich dann Leistungen aus der Sozialversicherung, wenn sie die einzige Ernährerin der Familie ist

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

Diese Vorgaben stehen im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Person, die internationalen Schutz beantragt und zur Stützung ihres Antrags eine Gefahr der Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs „Religion“ im Sinne der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) beziehen. Jedoch obliegt es dem Antragsteller, dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. mwN VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0376.

In ihrer Entscheidung, namentlich auch in der Beweiswürdigung und bei der Feststellung des Sachverhalts, sind die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht nicht an die Erwägungen Dritter gebunden – und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen; vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.1.4. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Die Beschwerdeführerin wurde mehrfach eingehend über ihre Pflicht bzw. Obliegenheit zur (initiativen) Mitwirkung im Verfahren belehrt (vgl. insbesondere AS 3 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], 21, 80; OZ 10, S 4). Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt seit Schluss der mündlichen Verhandlung (OZ 10, S 42) keine Änderung eingetreten ist, da sich die Beschwerdeführerin – im Wege der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation – seither abgesehen von der bereits in der Verhandlung angekündigten Übermittlung von Unterlagen zum Gesundheitszustand der jüngeren Tochter während der Schwangerschaft und bei der Geburt nicht mehr geäußert hat. Wäre eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zwischenzeitlich eingetreten, hätte die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Pflicht bzw. Obliegenheit dies dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf allfällige Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der subsidiär Schutzberechtigten, sondern insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Umstände der Beschwerdeführerin, die diese der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat; vgl. § 15 AsylG 2005; VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 16 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

2.3. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Zudem brachte der Ehegatte der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde einen iranischen Personalausweis im Original (Kopie, L527 2197557-1, AS 43 [Übersetzung: L527 2197557-1, AS 45]) und eine iranische Heiratsurkunde im Original (Kopie, L527 2197557-1, AS 155 ff [Übersetzung: L527 2197557-1, AS 151 ff]) in Vorlage. Die Landespolizeidirektion XXXX unterzog den Personalausweis des Ehegatten einer kriminaltechnischen Untersuchung, bei dem – einem Originaldokument - keine Abänderungen in den Ausfüllschriften bzw. keine Auswechslung des Lichtbilds festgestellt werden konnte (L527 2197557-1, AS 51 f). Insoweit sind die Angaben der Beschwerdeführerin zur Identität und zur Staatsangehörigkeit in Zusammenschau mit diesen von ihrem Ehegatten vorgelegten unbedenklichen Urkunden als erwiesen anzusehen.

Die weiteren Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, ihren Lebensverhältnissen in ihrem Herkunftsstaat und in Österreich waren auf Grundlage im Wesentlichen stringenter und insoweit glaubhafter Angaben im Verwaltungsverfahren (AS 1 ff, 79 ff) und dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (OZ 10, S 25 ff), teils in Zusammenschau mit Bescheinigungsmitteln (z. B. AS 91; OZ 10, Beilage B), zu treffen. Die entsprechenden Aussagen der Beschwerdeführerin konnten auch deshalb den Feststellungen zugrunde gelegt werden, weil keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass die Beschwerdeführerin einen Grund haben könnte, insofern unzutreffende, wahrheitswidrige Angaben zu machen. Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht noch näher ein:

Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ist festzuhalten: In der Verhandlung am 14.02.2020 fragte der Richter die Beschwerdeführerin konkret nach (chronischen) Krankheiten und Leiden. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie gesund und einvernahmefähig sei (OZ 10, S 4). Auch im behördlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin stets ausgesagt, gesund zu sein (AS 81). Dass die Beschwerdeführerin Gründe haben könnte, insofern wahrheitswidrige Aussagen zu tätigen, ist nicht im Geringsten ersichtlich.

Die Eheschließung wurde im Verfahren vor der belangten Behörde urkundlich durch die iranische Heiratsurkunde (Kopie, L527 2197557-1, AS 155 ff [Übersetzung: L527 2197557-1, AS 151 ff]) nachgewiesen.

Dass die Beschwerdeführerin der Volksgruppe der Perser und/oder der kurdischen Volksgruppe angehört, hat das Bundesverwaltungsgericht auf Grundlage ihrer Angaben im behördlichen Verfahren (AS 1, 83) festgestellt, wobei es keiner abschließenden Klärung dieser Frage bedarf, zumal die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine Bedrohung und/ oder Verfolgung wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit vorbrachte. Hinsichtlich des Religionsbekenntnisses legte die Beschwerdeführerin dar, als schiitische Muslima geboren worden zu sein (OZ 10, S 30). Dass sie sich mittlerweile als protestantische Christin bezeichne, trat in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu Tage (OZ 10, S 30). Was die fortdauernde Zugehörigkeit zur Islamischen Glaubensgemeinschaft betrifft, so ist auf die nachfolgenden - umfassenden - Ausführungen zum Ausreisegrund und zu ihrer nicht glaubhaften Hinwendung zum Christentum in Österreich unter dem Punkt 2.4.1. zu verweisen.

Von den Deutschkenntnissen der Beschwerdeführerin konnte sich das Bundesverwaltungsgericht am 14.02.2020 selbst ein Bild machen (OZ 10, S 28); im Übrigen fußen die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen und sprachlichen Qualifizierungsmaßnahmen auf den unbedenklichen im Akt enthaltenen Unterlagen (AS 91; OZ 10, Beilage B).

Für die Feststellungen bezüglich der bestandenen Integrationsprüfung A1, bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau A1 und zu Werte- und Orientierungswissen (Prüfungsdatum: 22.03.2019), und der bestandenen Integrationsprüfung A2, bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen (Prüfungsdatum: 14.12.2019), waren die unbedenklichen Zeugnisse maßgeblich (OZ 10, Beilage B).

Dass die Beschwerdeführerin formell Mitglied der Freien Christengemeinde in XXXX ist, folgt aus einem Bestätigungsschreiben dieser Glaubensgemeinschaft (OZ 10, Beilage B) und einer Taufurkunde (OZ 6). Zur Reinigung eines Begegnungszentrums ihrer Wohnsitzgemeinde als Remunerantin im Ausmaß von maximal 22 Stunden pro Monat seit Anfang Jänner 2020, hat sich die Beschwerdeführerin selbst geäußert (OZ 10, S 28), es liegen zudem eine entsprechende Bestätigung über die Beschäftigung als Remunerantin des Bürgermeisters der Wohnortgemeinde und eine Vereinbarung über die gemeinnützige Beschäftigung für Asylwerbende zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Wohnortgemeinde vor (OZ 10, Beilage B). Die Feststellung zur ehrenamtlichen Mithilfe im Kirchencafé seit Herbst 2018 basiert auf den Angaben der Beschwerdeführerin (OZ 10, S 37) sowie einer Bestätigung ihrer christlichen Gemeinde (OZ 10, Beilage B). Die Mitarbeit bei Kreativworkshops des Internationalen Frauentreffs in ihrer Wohnsitzgemeinde ist in unbedenklicher Weise belegt (OZ 10, Beilage B [Schreiben einer Unterstützerin vom 14.01.2020 und Fotografien, welche die Beschwerdeführerin bei dieser Aktivität zeigen]). Dass die Beschwerdeführerin im Übrigen nicht ehrenamtlich/gemeinnützig tätig, nicht erwerbstätig, abgesehen von der Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinde und Teilnahme am Gemeinschaftsleben der Glaubensgemeinschaft nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv und auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich ist, ist im Lichte der Aussagen der Beschwerdeführerin und der Bescheinigungsmittel (bisweilen im Umkehrschluss) nicht zweifelhaft.

Dass (und seit wann) die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus deren Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 10, S 29) und einem aktuellen Auszug aus dem entsprechenden Register (OZ 12). Die Feststellungen zur gemeinsamen Unterkunft der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten und ihren minderjährigen Töchtern ergeben sich aus aktuellen Auszügen aus dem entsprechenden Register (OZ 12; L527 2197557-1/12; L527 2197566-1/11 und L527 2197561-1/12). Dass der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten von einem der zwei Schwäger eine Einstellung in dessen Restaurant bei Erhalt eines positiven Asylbescheids und eine Wohnmöglichkeit zugesagt bzw. in Aussicht gestellt wurde, gründet sich auf die entsprechenden Ausführungen des Ehegatten der Beschwerdeführerin vor dem belangten Bundesamt (L527 2197557, AS 128) und zweier Unterstützerinnen der Beschwerdeführerin in deren Schreiben vom 13.01.2020 und 19.01.2020 (OZ 10, Beilage B). Die Vorlage einer Einstellungszusage unterblieb bislang.

Die Feststellungen zum Stand des Verfahrens ihres in Österreich aufhältigen Ehegatten und ihrer ebenfalls in Österreich aufhältigen minderjährigen Kinder ergeben sich aus der Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zahlen L527 2197557-1, L527 2197566-1 und L527 2197561-1. Dass sie in Österreich ansonsten - abgesehen von ihrem Ehegatten, ihren zwei minderjährigen Töchtern und zwei Schwäger

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten