TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/3 L527 2197566-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2020
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Entscheidungsdatum

03.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L527 2197566-1/12E

L527 2197561-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerden der XXXX , geb. XXXX , (Erstbeschwerdeführerin) und der XXXX , geb. XXXX , (Zweitbeschwerdeführerin), beide Staatsangehörigkeit Iran, beide vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2018, Zlen. XXXX (Erstbeschwerdeführerin) und XXXX (Zweitbeschwerdeführerin), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.02.2020:

I. den Beschluss gefasst:

A) Soweit die Beschwerden die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 56 AsylG 2005 beantragen, werden sie als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids der Erstbeschwerdeführerin zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 27.12.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen.“

B) Die Beschwerden gegen Spruchpunkt II der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 8 Absatz 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

C) Im Übrigen werden die Beschwerden gemäß § 57, § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Absatz 2 Z 2 und Absatz 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin sind die leiblichen minderjährigen Töchter des Ehepaares XXXX (L527 2197557-1) und XXXX (L527 2197570-1).

Die Erstbeschwerdeführerin durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin und die Eltern der Beschwerdeführerinnen stellten nach ihrer illegalen Ausreise aus dem Iran und der illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 27.12.2015 einen je Antrag auf internationalen Schutz. Am 28.12.2015 fanden die Erstbefragungen der Eltern der Beschwerdeführerinnen statt.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter am 29.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Jänner 2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) den Eltern der Beschwerdeführerinnen länderkundliche Dokumente zur Lage im Iran zur Abgabe einer Stellungnahme - schriftlich oder im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme. Des Weiteren wurde den Eltern der Beschwerdeführerinnen die Möglichkeit eröffnet, alle für ihren Antrag und ihr Vorbringen relevanten Unterlagen der belangten Behörde vorzulegen. Abschließend wurden die Eltern der Beschwerdeführerinnen aufgrund deren Ausführungen in der Erstbefragung aufgefordert innerhalb einer zweiwöchigen Frist einen Nachweis über einen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft vorzulegen oder andernfalls innerhalb dieser Frist zu begründen, weshalb keine Austrittserklärung beigebracht wurde. Die Eltern der Beschwerdeführerinnen äußerten sich bis zur Einvernahme vor der belangten Behörde weder zu diesen länderkundlichen Dokumenten noch zur Nichtvorlage eines Nachweises über einen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Sie brachten auch keine Dokumente in Vorlage.

Der Vater der Beschwerdeführerinnen wurde am 19.03.2018 und die Mutter der Beschwerdeführerinnen wurde am 20.03.2018 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Die Mutter der Beschwerdeführerinnen gab zu Protokoll, dass für sie selbst und die beiden minderjährigen Beschwerdeführerinnen die gleichen Fluchtgründe wie für ihren Ehegatten gelten würden. Sie habe eine bessere Zukunft für ihre Kinder gewollt.

Die belangte Behörde erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen und ihrer Eltern zu den Fluchtgründen - abgesehen von einer Ausreise aus wirtschaftlichen oder privaten Gründen - für nicht glaubhaft. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 25.04.2018 wies sie jeweils den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Sie erteilte jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI).

Gegen die angefochtenen Bescheide erhoben die Beschwerdeführerinnen und ihre Eltern in vollem Umfang die vorliegende - gemeinsam verfasste - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 14.02.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an und ersuchte die Eltern der Beschwerdeführerinnen in der Ladung um Mitwirkung am Verfahren. Die Eltern der Beschwerdeführerinnen ließen in der Folge die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme ungenützt verstreichen.

In der Verhandlung am 14.02.2020 vernahm das Bundesverwaltungsgericht - im Beisein eines Vertreters der belangten Behörde - die Eltern der Beschwerdeführerinnen, die mit einem Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation erschienen. Die Beschwerdeführerinnen und ihre Eltern legten zahlreiche Bescheinigungsmittel zum Beleg ihrer Integration und ihrer religiösen Aktivitäten in Österreich vor.

Die Beschwerden der Eltern der Beschwerdeführerinnen gegen die Bescheide der belangten Behörde wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sowie zum bisherigen Verfahren:

Die Beschwerdeführerinnen führen in Österreich den im Kopf der Entscheidung jeweils genannten Namen und wurden zum dort angegebenen Datum geboren. Sie sind unmündige minderjährige und weibliche Drittstaatsangehörige, konkret: iranische Staatsangehörige. Ihre Identität steht fest. Die Beschwerdeführerinnen wurden als Muslimas (Schiitinnen) geboren und gehören weiterhin der islamischen Glaubensrichtung an. Die Beschwerdeführerinnen leiden an keiner schweren oder gar lebensbedrohlichen Krankheit; sie sind gesund. Die Beschwerdeführerinnen sind die minderjährigen Töchter des Ehepaares XXXX (L527 2197557-1) und XXXX (L527 2197570-1). Innerhalb der Familie erfolgt die Kommunikation grundsätzlich in der Sprache Farsi; die Erstbeschwerdeführerin spricht mit ihren Eltern mitunter auch in deutscher Sprache. Die Beschwerdeführerinnen sprechen und verstehen ihrem Alter entsprechend die Sprache Farsi.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde am XXXX im Iran geboren und lebte bis zu ihrer Ausreise in XXXX in der Provinz Fars, und zwar gemeinsam mit ihren Eltern im Haus ihrer Großeltern väterlicherseits. Die Erstbeschwerdeführerin verließ den Iran vor Erreichen des schulpflichtigen Alters. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Österreich geboren. Die Beschwerdeführerinnen haben in ihrem Herkunftsstaat Familie/Verwandte, namentlich ihre Großeltern, drei Tanten und zwei Onkel sowie Großcousinen und Großcousins.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin nach ihrer illegalen Ausreise aus dem Iran und der illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 27.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Zweitbeschwerdeführerin stellte durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter am 29.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung der Eltern der Beschwerdeführerinnen fand am 28.12.2015 statt. Am 20.03.2018 vernahm die belangte Behörde die Mutter der Beschwerdeführerinnen als gesetzliche Vertreterin zu den Anträgen der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz niederschriftlich ein.

Eine nachhaltige Integration der Familie in Österreich liegt nicht vor. Die Erstbeschwerdeführerin und die Eltern der Beschwerdeführerinnen reisten illegal Ende November 2015 aus dem Iran aus und Ende Dezember 2015 illegal in Österreich ein. Die Erstbeschwerdeführerin und die Eltern der Beschwerdeführerinnen leben seither in Österreich. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am XXXX in Österreich geboren.

Die Erstbeschwerdeführerin lebt - nach einer anfänglichen (etwa einmonatigen) Unterbringung bei einem Onkel - seit dem 03.02.2016 gemeinsam mit ihren Eltern in einer Unterkunft für Asylwerber in der Gemeinde XXXX in Oberösterreich. Die Zweitbeschwerdeführerin lebt seit 23.12.2016 in dieser Unterkunft. Die Beschwerdeführerinnen beziehen seit 01.02.2016 (Erstbeschwerdeführerin) und XXXX (Zweitbeschwerdeführerin) bis dato laufend Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber.

Die Beschwerdeführerinnen haben - abgesehen von ihren Eltern und zwei Onkeln - keine Verwandten in Österreich. Zwei Cousins des Vaters leben in der Bundesrepublik Deutschland und ein Cousin ihrer Großmutter väterlicherseits lebt in Kroatien. Die Beschwerden ihrer Eltern gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2018 wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag ebenfalls rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Einer der beiden in Österreich aufhältigen Onkel besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft. Der andere Onkel hält sich als Asylberechtigter im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführerinnen verfügen weder über einen gemeinsamen Wohnsitz mit den beiden Onkeln noch besteht zwischen den Beschwerdeführerinnen und diesen Männern ein ein- oder wechselseitiges - finanzielles - Abhängigkeitsverhältnis, mögen der Onkel XXXX und dessen Ehegattin auch die Eltern der Beschwerdeführerinnen gelegentlich bei der Betreuung der und der Wissensvermittlung an die Beschwerdeführerinnen unterstützen.

Die minderjährige Erstbeschwerdeführerin besucht gegenwärtig an ihrem Wohnort die Volksschule. Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin plant den Kindergartenbesuch ab Herbst 2020 an ihrem Wohnort. Die Beschwerdeführerinnen verfügen über altersadäquate Kenntnisse der deutschen Sprache und pflegen einen altersentsprechenden Umgang mit Freunden und Mitschülern sowie Lehrern. Des Weiteren nimmt die minderjährige Erstbeschwerdeführerin seit dem Schuljahr 2018/19 am freikirchlichen Religionsunterricht ihrer Volksschule und seit Jänner 2019 am Integrationsprojekt XXXX für Kinder und Jugendliche teil. Ferner ist die Erstbeschwerdeführerin bei den Royal Rangers Österreich als Pfadfinderin aktiv. Schließlich lernte die Erstbeschwerdeführerin im Winter- und Sommersemester 2018/19 Violine. Seit Oktober 2019 erhält sie Klavierunterricht. Die Zweitbeschwerdeführerin ist nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich.

Die Klassenlehrerin der Erstbeschwerdeführerin bezeichnet diese als aufgewecktes und liebenswertes Mädchen bzw. im Umgang mit der deutschen Sprache als sicher. Darüber hinaus hält die Klassenlehrerin fest, dass sich die Erstbeschwerdeführerin unter ihren Klassenkameraden sehr wohl fühle und ihre Lehrerinnen über alles liebe sowie Freundschaften geschlossen habe. Abschließend stellt die Klassenlehrerin Vermutungen zur Ursache der Lernschwierigkeiten und den Konsequenzen einer negativen Asylentscheidung an. Unterstützerinnen der Erstbeschwerdeführerin bezeichnen diese ebenfalls als aufgewecktes und zudem intelligentes Mädchen, das die deutsche Sprache schnell erlernte und beherrscht. Ferner attestiert eine Unterstützerin der Zweitbeschwerdeführerin die deutsche Sprache altersadäquat zu beherrschen.

1.2. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation der Beschwerdeführerinnen bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Die Beschwerdeführerinnen leben im Familienverband und haben - abgesehen vom in der mündlichen Verhandlung seitens des Vertreters der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation erwähnten Besuch eines christlichen Religionsunterrichts durch die Erstbeschwerdeführerin - kein eigenes Vorbringen erstattet. Das Verfahren wird als Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 geführt. Das Vorbringen der Eltern der Beschwerdeführerinnen erachtete das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze als unglaubhaft bzw. nicht asylrelevant (siehe dazu detaillierter L527 2197557-1 und L527 2197570-1). Der Besuch des christlichen Religionsunterrichts durch die Erstbeschwerdeführerin entfaltet - wie das Bundesverwaltungsgericht in der Beweiswürdigung darlegen wird - ebenso wenig Asylrelevanz und jedenfalls keine ernsthafte Gefahr einer aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung im Falle der Rückkehr in den Iran.

Der Erstbeschwerdeführerin war in ihrem Herkunftsstaat keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt. Beide Beschwerdeführerinnen wären im Falle einer Rückkehr bzw. Ausreise in den Iran nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt:

1.2.1. Die Beschwerdeführerinnen liefen nicht ernstlich Gefahr, bei einer Rückkehr bzw. Ausreise in ihren Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Den minderjährigen Beschwerdeführerinnen würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung drohen.

Namentlich sind die Beschwerdeführerinnen im Falle einer Rückkehr bzw. Ausreise in den Iran auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher Gewalt, Zwangsprostitution, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit oder Zwangsehe betroffen.

1.2.2. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführerinnen in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für die Beschwerdeführerinnen als Zivilpersonen auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Die Beschwerdeführerinnen hätten auch nicht um ihr Leben zu fürchten und es würde ihnen nicht jegliche Existenzgrundlage fehlen. Die minderjährigen Beschwerdeführerinnen verfügen in ihrer Herkunftsregion bzw. der Herkunftsregion ihrer Eltern Fars über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage. Ferner sind eine hinreichende Betreuung durch ihre Eltern und den Familienverband und eine hinreichende Absicherung in ihren altersentsprechenden Grundbedürfnissen gegeben. Die Beschwerdeführerinnen haben überdies Zugang zum öffentlichen Schulwesen sowie leistbaren Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung in der Provinz Fars.

1.2.2.1. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.

Im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerinnen bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass die Beschwerdeführerinnen allein durch ihre Anwesenheit einem realen Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit oder ihr Leben ausgesetzt wären. Die Eltern der Beschwerdeführerinnen bzw. die Erstbeschwerdeführerin selbst stammt außerdem nicht aus einer Minderheitenregion, wie dem Nordwesten des Iran oder der Region um den Persischen Golf, sondern, wie bereits festgestellt, aus XXXX , wo etwa die Großeltern väterlicherseits nach wie vor ohne Probleme leben.

1.2.2.2. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung die Beschwerdeführerinnen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.

1.2.2.3. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, in Städten haben 100 % der Bevölkerung Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.

Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation der Eltern der Beschwerdeführerinnen (insbesondere - schulische - Ausbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Beziehungen und Lebensstandard) ist festzustellen, dass den Eltern der Beschwerdeführerinnen im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Sie werden in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, für sich und die Beschwerdeführerinnen zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation der Eltern der Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführerinnen selbst feststellbar.

Zudem ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerinnen in einem anpassungsfähigen Alter befinden; vgl. dazu statt vieler VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0059.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass von einer Rückkehr bzw. Ausreise der Beschwerdeführerinnen in den Iran gemeinsam mit ihren Eltern auszugehen ist, sodass die Betreuung und Beaufsichtigung der (minderjährigen) Beschwerdeführerinnen sichergestellt ist. Darüber hinaus ist in der Herkunftsregion ein familiäres Netzwerk vorhanden, welches ebenfalls subsidiär im Fall der Notwendigkeit für die Kinderbetreuung herangezogen werden könnte. Eine inadäquate Beaufsichtigung ist daher fallbezogen nicht zu befürchten.

1.2.2.4. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Mohareb“, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. Exemplarisch erwähnt sei, dass im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt wurden.

Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.

Im Hinblick auf ihr Vorleben im Iran und in Österreich sowie auf ihr Alter besteht jedoch keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerinnen im Falle ihrer Rückkehr bzw. Ausreise in ihren Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

Diese Vorgaben stehen im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Person, die internationalen Schutz beantragt und zur Stützung ihres Antrags eine Gefahr der Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs „Religion“ im Sinne der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) beziehen. Jedoch obliegt es dem Antragsteller, dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. mwN VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0376.

In ihrer Entscheidung, namentlich auch in der Beweiswürdigung und bei der Feststellung des Sachverhalts, sind die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht nicht an die Erwägungen Dritter gebunden – und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen; vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.1.4. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Die Eltern der Beschwerdeführerinnen wurde mehrfach eingehend über ihre Pflicht bzw. Obliegenheit zur (initiativen) Mitwirkung im Verfahren belehrt (vgl. insbesondere L527 2197557-1, AS 3 und L527 2197570,-1 AS 3 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], L527 2197557-1, AS 53, 120 und L527 2197570-1, AS 21, 80; L527 2197557-1/10, S 4 und L527 2197570-1/10, S 4). Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt seit Schluss der mündlichen Verhandlung (L527 2197557-1 und L527 2197570-1, OZ 10, S 42) keine Änderung eingetreten ist, da sich die Eltern der Beschwerdeführerinnen – im Wege der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation – seither abgesehen von der bereits in der Verhandlung angekündigten Übermittlung von Unterlagen zum Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin während der Schwangerschaft der Mutter und bei der Geburt nicht mehr geäußert haben. Wäre eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zwischenzeitlich eingetreten, hätten die Eltern der Beschwerdeführerinnen im Rahmen ihrer Pflicht bzw. Obliegenheit dies dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf allfällige Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten, sondern insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Umstände der Beschwerdeführerinnen, die diese bzw. deren gesetzliche Vertreter der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen haben; vgl. § 15 AsylG 2005; VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 16 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

2.3. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerinnen und zum bisherigen Verfahren:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerinnen ergeben sich aus den Angaben ihrer Eltern im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerinnen verfügen über keine iranischen Ausweisdokumente, sie sind allerdings aufgrund der iranischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern jedenfalls und unstrittig iranische Staatsbürgerinnen (vgl. auch Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 74). Die Geburt der Zweitbeschwerdeführerin am XXXX in XXXX wurde urkundlich auf Grundlage der in Kopie vorgelegten österreichischen Geburtsurkunde (Kopie, L527 2197561-1, AS 5) nachgewiesen. Zudem brachte der Vater der Beschwerdeführerinnen vor der belangten Behörde einen iranischen Personalausweis im Original (Kopie, L527 2197557-1, AS 43 [Übersetzung: L527 2197557-1, AS 45]) und eine iranische Heiratsurkunde im Original (Kopie, L527 2197557-1, AS 155 ff [Übersetzung: L527 2197557-1, AS 151 ff]) in Vorlage. Die Landespolizeidirektion XXXX unterzog den Personalausweis des Vaters einer kriminaltechnischen Untersuchung, bei dem - einem Originaldokument - keine Abänderungen in den Ausfüllschriften bzw. keine Auswechslung des Lichtbilds festgestellt werden konnte (L527 2197557-1, AS 51 f). Insoweit sind auch die jeweilige Identität - und Staatsangehörigkeit - in Zusammenschau mit diesen von ihrem Vater vorgelegten unbedenklichen Urkunden als erwiesen anzusehen.

Die weiteren Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerinnen, ihren Lebensverhältnissen in ihrem Herkunftsstaat und in Österreich waren auf Grundlage im Wesentlichen stringenter und insoweit glaubhafter Angaben im Verwaltungsverfahren (L527 2197557-1, AS 1 ff, 119 ff; L527 2197570-1, AS 1 ff, 79 ff) und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (L527 2197557-1/10, S 9 ff; L527 2197570-1/10, S 25 ff), teils in Zusammenschau mit Bescheinigungsmitteln (z. B. jeweils OZ 9, Beilage B), zu treffen. Die entsprechenden Aussagen der Eltern der Beschwerdeführerinnen konnten auch deshalb den Feststellungen zugrunde gelegt werden, weil keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass die Eltern der Beschwerdeführerinnen einen Grund haben könnten, insofern unzutreffende, wahrheitswidrige Angaben zu machen; z. B. wenn die Mutter der Beschwerdeführerinnen sagte, dass diese gesund seien (jeweils OZ 9, S 27). Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht noch näher ein:

Dass es sich beim Ehepaar XXXX (L527 2197557-1) und XXXX (L527 2197570-1) um die Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerinnen handelt, ergibt sich ebenfalls aus den eigenen Angaben der Eltern der Beschwerdeführerinnen (L527 2197557-1/10, S 9 und L527 2197570-1/10, S 25) in Zusammenschau mit der in Kopie vorgelegten österreichischen Geburtsurkunde (Kopie, L527 2197561-1, AS 5) sowie dem in Kopie vorgelegten Anerkenntnis der Vaterschaft (L527 2197561-1, AS 7) bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin.

Hinsichtlich der Religionszugehörigkeit verweist das Bundesverwaltungsgericht auf seine Ausführungen unten unter 2.4.

Zur festgestellten Kommunikation innerhalb der Familie in der Sprache Farsi, zu den Farsi-Kenntnissen der Beschwerdeführerinnen und dem Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Eltern mitunter auch in deutscher Sprache spricht, verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die glaubhaften Angaben des Vaters der Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung (jeweils OZ 9, S 13).

Wann die Beschwerdeführerinnen den Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, ist in unbedenklichen Urkunden/Unterlagen dokumentiert (L527 2197566-1, AS 3; OZ 8 (Auszug aus Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister; L527 2197561-1, AS 1 ff, OZ 8 [Auszug aus Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister]) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Dass die Erstbeschwerdeführerin und ihre Eltern illegal in das Bundesgebiet eingereist sind, steht außer Frage, zumal sie bei ihrer Einreise kein (gültiges) Einreisedokument vorlegen konnten. Zu ihrer Ausreise aus dem Iran und der Einreise in das Bundesgebiet haben die Eltern der Beschwerdeführerinnen des Weiteren im Verfahren gleichbleibende Angaben gemacht, die dementsprechend den Feststellungen zugrunde gelegt werden konnten.

Dass (und seit wann) die Beschwerdeführerinnen Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, ergibt sich aus aktuellen Auszügen aus dem entsprechenden Register (L527 2197566-1/11 und L527 2197561-1/12). Die Feststellungen zur gemeinsamen Unterkunft der Beschwerdeführerinnen mit ihren Eltern ergeben sich aus aktuellen Auszügen aus dem entsprechenden Register (L527 2197557-1/12; L527 2197570-1/12; L527 2197566-1/11 und L527 2197561-1/12).

Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren waren auf Grundlage der von der Behörde vorgelegten Akte zu treffen, insbesondere auf Grundlage der darin enthaltenen unbedenklichen Urkunden, namentlich: Niederschrift über die Erstbefragung der Mutter der Beschwerdeführerinnen (L527 2197566-1, AS 1 ff), Schreiben bezüglich des Antrags auf internationalen Schutz von einem in Österreich „nachgeborenen“ Kind bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin (L527 2197561-1, AS 3) und die Niederschrift der belangten Behörde über die Einvernahme der Mutter der Beschwerdeführerinnen zum Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerinnen (L527 2197566-1, AS 21 ff; L527 2197561-1, AS 17 ff).

Die Feststellungen zum Stand des Verfahrens ihrer in Österreich aufhältigen Eltern ergeben sich aus der Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zahlen L527 2197557-1 und L527 2197570-1. Dass sie in Österreich ansonsten - abgesehen von ihren Eltern und zwei Onkeln - keine Verwandten haben, wobei zu den in ihrem Wohnort lebenden Onkeln ein etwa wöchentlicher persönlicher und ein etwa täglicher telefonischer Kontakt bestehe, ergibt sich aus den Angaben des Vaters der Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (jeweils OZ 9, S 12 f). Die unter Punkt 1.1. getroffenen Feststellungen zu den in der Bundesrepublik Deutschland und in Kroatien aufhältigen Angehörigen des Vaters der Beschwerdeführerinnen und den im Bundesgebiet lebenden Onkeln gründen sich auf den Angaben im Rechtsmittelschriftsatz (Beschwerde, S 18) und des Vaters der Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (jeweils OZ 9, S 12 f und Beilage B) sowie einer Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktuellen Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister bezüglich der in Österreich lebenden Onkel (L527 2197557-1/9). Den Feststellungen zum Schulbesuch und Besuch eines christlichen Religionsunterrichts durch die Erstbeschwerdeführerin, zum zukünftigen Kindergartenbesuch durch die Zweitbeschwerdeführerin, zu den Deutschkenntnissen der Beschwerdeführerinnen, zu deren Freundes- und Bekanntenkreis sowie zu deren Freizeitaktivitäten in Österreich liegen - in Zusammenschau mit den in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Fotografien bezüglich der Aktivitäten in der christlichen Gemeinde (jeweils OZ 9, Beilage B) - die Aussagen der Eltern der Beschwerdeführerinnen (jeweils OZ 9, S 13 f und 28 f) und der Unterstützer der Beschwerdeführerinnen, insbesondere der Klassenlehrerin der Erstbeschwerdeführerin, der XXXX und der XXXX , in deren Empfehlungsschreiben (jeweils OZ 9, Beilage B) zugrunde. Das Bundesverwaltungsgericht stellt insgesamt nicht in Abrede, dass die Beschwerdeführerinnen private Kontakte zu verschiedenen österreichischen Staatsbürgern bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen unterhalten. Im Hinblick auf die festgestellten und im (gerichtlichen) Verfahren genannten Aktivitäten (z. B. jeweils OZ 9, S 29 und Beilage B [mehrere Empfehlungsschreiben]) kann jedoch keinesfalls ein Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung festgestellt werden. Die pauschale und nicht näher begründete Darstellung der Klassenlehrerin der Erstbeschwerdeführerin, dass die Erstbeschwerdeführerin ihre Lehrerinnen über alles liebe, erscheint – auch in Relation zur Darstellung des Verhältnisses zu den Mitschülern – maßlos übertrieben. Das Bundesverwaltungsgericht muss die entsprechenden Ausführungen als Gefälligkeit werten. Dabei ist zu bedenken, dass die Klassenlehrerin die Aussagekraft ihrer Ausführungen generell schon dadurch entscheidend relativiert, dass sie – tatsachenwidrig – von traumatischen Erlebnissen der Erstbeschwerdeführerin bei der „Flucht aus dem Iran“ schreibt. Dass die Erstbeschwerdeführerin Traumatisches erlebt habe, deuteten ihre Eltern im gesamten Verfahren nicht einmal an. Überdies steht jedenfalls seit den behördlichen Einvernahmen der Eltern im März 2018 außer Frage, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Eltern nicht – im eigentlichen Sinn – aus dem Iran geflüchtet war, sondern sie ihn aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hatten (vgl. auch unten unter 2.4.1.).

2.4. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation der Beschwerdeführerinnen bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.4.1. Die Beschwerdeführerinnen sind die – nach österreichischem und iranischem Recht (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 68) – unmündigen minderjährigen Kinder des Ehepaares XXXX (L527 2197557-1) und XXXX (L527 2197570-1).

Die Eltern der Beschwerdeführerinnen wurden – unstrittig – als Moslems geboren (vgl. etwa jeweils OZ 9, S 15, 30) und sie gehören, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Erkenntnissen vom heutigen Tag ausführlich dargelegt hat, weiterhin der islamischen Glaubensgemeinschaft an (vgl. L527 2197557-1 und L527 2197570-1). Dass die Eltern, wie sie anfänglich behaupteten, bereits im Iran zum Christentum konvertiert seien und deshalb Probleme bekommen haben, revidierten sie in der Folge (L527 2197557-1, AS 126; L527 2197570-1, AS 82, 86). Es steht damit außer Frage, dass die Eltern der Beschwerdeführerinnen in ihrem Herkunftsstaat Iran keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt waren. Die Hinwendungen zum Christentum in Österreich erwiesen sich als Scheinkonversionen, die der Erlangung des Status der Asylberechtigten dienen sollen. Die Eltern der Beschwerdeführerinnen haben sich nicht tatsächlich vom islamischen Glauben abgewandt, erst recht nicht aus innerer Überzeugung.

2.4.2. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerinnen:

2.4.2.1. Gegenüber der belangten Behörde erklärte die Mutter der Beschwerdeführerinnen als gesetzliche Vertreterin unzweifelhaft, dass die Beschwerdeführerinnen keine eigenen Fluchtgründe haben (L527 2197570-1, AS 86). Sie äußerte auch nicht, dass die Beschwerdeführerinnen eigene Befürchtungen für den Fall der Rückkehr bzw. Ausreise in den Herkunftsstaat hätten. Dass die Mutter der Beschwerdeführerinnen einen Grund haben könnte, insofern wahrheitswidrige Angaben zu machen, ist nicht ersichtlich. Es ist daher, auch unter Berücksichtigung der Ausführungen unter 2.4.1., unzweifelhaft und unstrittig, dass auch die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Österreich geboren und hielt sich bislang nie in ihrem Herkunftsstaat auf, sodass sie schon deshalb dort auch keiner Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt gewesen sein kann.

2.4.2.2. Soweit in der Beschwerde zwischen den einzelnen Familienangehörigen stellenweise nicht differenziert wird, sind die entsprechenden Ausführungen jedenfalls in Bezug auf die Beschwerdeführerinnen verfehlt. Angesichts des Alters der Beschwerdeführerinnen ist wenigstens zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ausgeschlossen, dass auch die beiden Vergleiche zwischen Islam und Christentum angestellt haben, im Zuge derer sie erkannt haben wollen, dass im Islam viel mehr Zwang herrsche, weil etwa der Ramadan unbedingt eingehalten werden müsse (L527 2197566-1, AS 123; L527 2197561-1, AS 117). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kinder, also Personen vor der Pubertät, nicht zum Fasten verpflichtet sind. In dieses Bild der verfehlten Ausführungen passt es, dass das Beschwerdevorbringen auch in Bezug auf die Eltern der Beschwerdeführerinnen vielfach tatsachenwidrig ist. So wird die behauptete Verletzung von § 18 Abs 1 AsylG 2005 damit argumentiert, dass der Vater bei der vermeintlich gebotenen konkreten Nachfrage durch die Behörde seine Einstellung gegenüber den Taliban in der behördlichen Einvernahme hätte darlegen können (L527 2197566-1, AS 125; L527 2197561-1, AS 119). Tatsächlich weist das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen und ihrer Eltern im gesamten verwaltungsbehördlichen und -gerichtlichen Verfahren abseits der – nicht nachvollziehbaren – Ausführungen in der Beschwerde nicht den geringsten Bezug zu den Taliban auf. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Eltern der Beschwerdeführerinnen zu Beginn der mündlichen Verhandlung befragt wurden, weshalb sie Beschwerde gegen den jeweiligen Bescheid erhoben haben und weshalb sie diesen für rechtswidrig halten. Die Eltern bemängelten weder die Einvernahme(situation) vor der belangten Behörde noch behaupteten sie, dass die Behörde in Bezug auf ihre minderjährigen Kinder, also die Beschwerdeführerinnen, falsch entschieden hätte (jeweils OZ 9, S 10, 26).

Dass der Iran, wie in der Beschwerde (L527 2197566-1, AS 136; L527 2197561-1, AS 30) erwähnt, das UN-Menschenrechtsabkommen „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ lediglich unter Vorbehalt des Einklangs mit islamischem Recht abschloss, stellt das Bundesverwaltungsgericht nicht in Abrede. Mit den weiteren Ausführungen, dass der Iran aufgrund dieses Vorbehalts eines von nur fünf Ländern sei, in denen auch Kindern die Todesstrafe drohe, machen die Beschwerdeführerinnen allerdings nicht geltend, dass gerade sie ernstlich Gefahr liefen, im Falle der Rückkehr bzw. Ausreise in den Iran mit der Todesstrafe bedroht zu sein. Im Hinblick auf ihr Vorleben im Iran (Erstbeschwerdeführerin) und in Österreich (Erst- und Zweitbeschwerdeführerin) besteht - unabhängig von ihrem Alter - keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerinnen im Falle ihrer Rückkehr bzw. Ausreise in ihren Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnten. Indem die Beschwerdeführerinnen zudem generell und pauschal in diesem Zusammenhang behaupten, dass ihnen eine Verletzung ihrer im „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ garantierten Rechte drohe, haben sie nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines derartigen Risikos glaubhaft nachgewiesen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass vollumfängliche Strafmündigkeit für Mädchen/Frauen nach iranischem Recht ab einem Alter von neun Jahren gegeben ist (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 64) und dass die Beschwerdeführerinnen deutlich jünger als neun Jahre sind.

2.4.2.3. Den Angaben des Vaters in der mündlichen Verhandlung, die Beschwerdeführerinnen haben keine Religion (jeweils OZ 9, S 13) und dass die Beschwerdeführerinnen im Falle einer Rückkehr in Gefahr sein werden, weil sie von Jesus gehört haben und über ihn sowie die Kirche sprechen werden, ist nicht zu folgen. Ebenso wenig begründet der Umstand, dass die Beschwerdeführerinnen von den christlichen Aktivitäten der Eltern Kenntnis haben und davon im Iran - in kindlichem Übermut – erzählen könnten oder würden (jeweils OZ 9, S 40), für die Beschwerdeführerinnen und/oder deren Eltern mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine aktuelle unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung. Dergleichen bzw. ein Nachfluchtgrund resultiert(e) entgegen dem Vorbringen des Rechtsvertreters in der Verhandlung auch nicht daraus, dass die Erstbeschwerdeführerin in Österreich einen christlichen Religionsunterricht besucht (jeweils OZ 9, S 27).

Dazu ist zunächst zu bedenken, dass die entsprechenden Äußerungen vereinzelt und weitgehend unsubstantiiert blieben. Ferner hatte die Mutter der Beschwerdeführerinnen als deren gesetzliche Vertretung, wie bereits unter 2.4.1.2. ausgeführt, gegenüber der belangten Behörde glaubhaft erklärt, dass die Beschwerdeführerinnen keine eigenen Fluchtgründe haben (L527 2197570-1, AS 86), und für die Beschwerdeführerinnen keine eigenen Befürchtungen für den Fall der Rückkehr bzw. Ausreise in den Herkunftsstaat geäußert. Im Hinblick auf die Angaben vor der Behörde in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gefragt, ob sich zwischenzeitlich etwas geändert habe, verneinte die Mutter der Beschwerdeführerinnen; die Beschwerdeführerinnen haben keine eigenen Fluchtgründe (jeweils OZ 9, S 27; vgl. auch jeweils OZ 9, S 39: gänzlich unspezifisch in Bezug auf allfällige Rückkehrbefürchtungen der Beschwerdeführerinnen). Angesichts dessen, dass nicht einmal die Mutter der Beschwerdeführerinnen, die den Großteil ihres Lebens im Iran verbrachte und ihren eigenen Antrag auf internationalen Schutz mit einer Verfolgung wegen der behaupteten Hinwendung zum Christentum begründet, das Bestehen eigener Fluchtgründe der Beschwerdeführerinnen bejaht, zeigt sich, dass es sich bei den vom Vater artikulierten Rückkehrbefürchtungen und beim vom Rechtsvertreter geäußerten Nachfluchtgrund lediglich um ein Konstrukt handelt, das der Erlangung von internationalem Schutz dienen soll.

Den Beschwerdeführerinnen mangelt es zudem bereits aufgrund ihres Alters von ca. acht und dreieinhalb Jahren an einer eigenen religiösen, insbesondere christlichen, Überzeugung. Nach geltendem Recht bestimmen die Eltern bis zum 10. Geburtstag die Religionszugehörigkeit des Kindes (Bundesgesetz über die religiöse Kindererziehung 1985). Auch der Besuch eines freikirchlichen Religionsunterrichts durch die Erstbeschwerdeführerin beruht somit auf der Entscheidung der nicht aus innerer Überzeugung konvertieren Eltern. Angesichts dessen, dass die minderjährigen Beschwerdeführerinnen von ihren Eltern zu Gottesdienstbesuchen und anderen Veranstaltungen in der Freien Christengemeinde XXXX mitgenommen werden (z. B. L527 2197557-1/10, Beilage B [Bestätigung der Mitgliedschaft und Integration vom 15.01.2020]), ist es naheliegend, dass die Beschwerdeführerinnen ihren Eltern aus kindlicher Neugier in diesem Zusammenhang Fragen stellen, sodass es nicht unglaubhaft erscheint, dass der Vater den Beschwerdeführerinnen beispielsweise etwas über Jesus erzählt (jeweils OZ 9, S 13). Eine christlich-religiöse Erziehung im eigentlichen Sinne kann darin allerdings nicht erblickt werden. Denn, wie unter 2.4.1.1. dargelegt, wurden die Eltern der Beschwerdeführerinnen als schiitische Moslems geboren und gehören, da sich ihre Hinwendung zum Christentum als Scheinkonversion erwies, weiterhin der islamischen Glaubensgemeinschaft an. Folglich sind auch die Beschwerdeführerinnen als Muslimas (Schiitinnen) geboren und gehören ebenso weiterhin dem Islam schiitischer Prägung an. Die Behauptung des Vaters der Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung, wonach diese keine Religion haben, entbehrt somit jeglicher Grundlage und ihr kann daher nicht gefolgt werden (jeweils OZ 9, S 13). Schon mangels eigener Identifikation mit dem Christentum können die Eltern eine innere christliche Überzeugung nicht (im Wege der Erziehung) an die Beschwerdeführerinnen weitergeben und auch nicht weiterzugeben versuchen. Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass die Eltern der Beschwerdeführerinnen – mit Bibelinhalten konfrontiert – nicht einmal plausibel und mit konkretem Bezug zu diesen Inhalten darlegen konnten, wie sich diese auf ihre persönliche Lebensführung auswirken (L527 2197557-1/10, S 17 und das Erkenntnis im Verfahren zur Zahl L527 2197557-1 vom heutigen Tag; L527 2197570-1/10, S 31 f, 35 und das Erkenntnis im Verfahren L527 2197570-1 vom heutigen Tag).

Schon aufgrund ihrer fehlenden Substanz kann mit der Befürchtung, wonach die Beschwerdeführerinnen in Österreich vom christlichen Glauben (der Eltern) Kenntnis erlangt hätten und diese hiervon, von der Kirche und von Jesus bei einer Rückkehr in den Iran - in kindlichem Übermut - erzählen würden, gemessen am unter 2.1.1. und 2.1.4. dargestellten Maßstab nicht begründet werden, dass die Beschwerdeführerinnen und/oder ihre Eltern im Iran ernstlich Gefahr liefen, einer Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt zu sein. Unabhängig von dem Umstand, dass den Schilderungen zweier Kinder im Kindergarten- und Volksschulalter – gegenüber den Ausführungen der Eltern – im Iran kein besonderes Gewicht beizumessen sein wird, kann den herangezogenen Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 51) entnommen werden, dass selbst eine Bekanntgabe einer Konversion auf Facebook allein nicht zu einer Verfolgung führen würde. Ebenso wenig würden daher mögliche unbedarfte Äußerungen der Beschwerdeführerinnen zu einer Verfolgung führen, zumal keine Anzeichen dafür vorliegen, dass es sich bei den Eltern der Beschwerdeführerinnen um einen „high-profile“-Fall handelt und mangels glaubhafter Hinwendung zum christlichen Glauben auch nicht angenommen werden kann, dass diese missionarisch tätig sind/sein würden bzw. andere Aktivitäten setzen (würden), die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden.

2.4.3. Zu den (weiteren) Feststellungen zur allgemeinen Lage im Iran und der Situation der Beschwerdeführerinnen bei einer Rückkehr bzw. Ausreise in den Herkunftsstaat:

2.4.3.1. Für diese Feststellungen waren neben den Erwägungen (insbesondere die Personen der Beschwerdeführerinnen und ihr Vorbringen betreffend) zunächst Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019) maßgeblich.

In Anbetracht der getroffenen Feststellungen zur sozioökonomischen Lage im Herkunftsstaat und des vorhandenen familiären Netzwerks besteht nicht die reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerinnen im Rückkehrfall von einer unzureichenden Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern oder von Unterernährung betroffen sind. Da keine existenzbedrohende Notlage vor der Ausreise vorgebracht wurde, kann ein Versorgungsengpass vor der Ausreise ausgeschlossen werden. Das Bundesverwaltungsgericht kann in diesem Zusammenhang nicht erkennen, weshalb für den Rückkehrfall zu einer anderslautenden Prognose zu gelangen wäre. Die bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Beschwerdeführerinnen sind in gutem Allgemeinzustand und es zeigen sich deren Eltern um ihr Wohlergehen bemüht, sodass von entsprechenden Anstrengungen im Hinblick auf die Sicherstellung der altersentsprechenden Bedürfnisse im Rückkehrfall ausgegangen werden darf.

Hinweise auf Versorgungsengpässe bzw. Engpässe bei der Versorgung mit Gütern, die Kinder benötigen (Obst, Milch etc.) liegen ausweislich der Feststellungen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt darüber hinaus im gegenständlichen Fall zur Einschätzung, dass die Beschwerdeführerinnen aufgrund des beruflichen Erfolgs des Vaters vor der Ausreise und der diesbezüglichen positiven Prognose für den Rückkehrfall einerseits und des leistungsfähigen familiären Netzwerks andererseits nicht vom Risiko betroffen sein werden, in Armut aufwachsen zu müssen.

Den Beschwerdeführerinnen steht – wie aufgrund des Länderinformationsblatts und mit Blick auf die Lebensverhältnisse ihrer Eltern festgestellt – auch ein adäquater Zugang zu medizinischer Versorgung offen. Gegenteiliges wurde im Verfahren nicht einmal vorgebracht.

2.4.3.2. Schwierigkeiten im Familienverband wurden nicht glaubhaft thematisiert. Der Vater der Beschwerdeführerinnen hinterließ in der mündlichen Verhandlung auch nicht den Eindruck, dass er gegenüber seinen Kindern unzumutbare patriarchale Strukturen etabliert hätte (vgl. jeweils OZ 9, S 13). Es bestehen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass er solche Strukturen im Rückkehrfall etablieren möchte.

Das Bundesverwaltungsgericht kann außerdem keine reale Gefahr erkennen, dass die Beschwerdeführerinnen im Fall der Rückkehr bzw. Ausreise in den Herkunftsstaat von häuslicher Gewalt betroffen sein könnten. Der Vater der Beschwerdeführerinnen vermittelte den Eindruck, am Wohlergehen seiner Kinder interessiert zu sein (vgl. jeweils OZ 9, S 10, 13). Hinweise auf gewalttätige Übergriffe auf die Beschwerdeführerinnen im Bundesgebiet liegen nicht vor. Die Eltern der Beschwerdeführerinnen brachten auch keine von Verwandten im Herkunftsstaat potentiell ausgehenden Gewalttätigkeiten vor. Ausgehend davon ist nicht zu befürchten, dass die minderjährigen Beschwerdeführerinnen im Rückkehrfall von häuslicher Gewalt betroffen wären.

Ebenso wenig ist ein Hinweis erkennbar, dass gerade den Beschwerdeführerinnen von deren Vater oder Dritten der Zugang zum Ausbildungssystem verunmöglicht werden sollte. Vielmehr lassen die Feststellungen zu den Familienverhältnissen erkennen, dass die Beschwerdeführerinnen aus bildungsnahen Schichten stammen und die Eltern bestrebt sind, ihren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen (z. B. jeweils OZ 9, S 10).

2.4.3.3. Die Beschwerdeführerinnen sind im Fall einer Rückkehr bzw. Ausreise in den Iran und dort in XXXX nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt einschließlich Zwangsprostitution, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit oder Zwangsehe betroffen:

In den gegenständlichen Verfahren wurde zunächst kein dahingehendes substantiiertes Vorbringen erstattet. Ein erhöhtes Risiko im Hinblick auf geschlechtsspezifische Gewalt kann der vorgebrachten und festgestellten Familienstruktur ebenso wenig entnommen werden, wie den Ausführungen der Eltern der Beschwerdeführerinnen. Im gegenständlichen Fall kann eine individuelle Betroffenheit der minderjährigen Beschwerdeführerinnen im Hinblick auf geschlechtsspezifische Gewalt der Sachlage nach ausgeschlossen werden. Der Vater der Beschwerdeführerinnen äußerte keine Absicht, seine Kinder der Prostitution zuführen zu wollen oder sie aus dem Familienverband verstoßen zu wollen. Die minderjährigen Beschwerdeführerinnen sind außerdem im Kindesalter und es kann eine im Rückkehrfall drohende Zuführung zur Prostitution ausgeschlossen werden.

Eine Zwangsehe bzw. Zwangsarbeit müsste (vorrangig) vom Vater oder allenfalls von der Mutter der Beschwerdeführerinnen ausgehen, entsprechende Absichten, die minderjährigen Beschwerdeführerinnen einer Zwangsverheiratung oder der Zwangsarbeit zuzuführen, traten im Verfahren nicht zutage. Ferner ergab das Beweisverfahren, dass den Beschwerdeführerinnen im Rückkehrfall ein leistungsfähiges familiäres Netz sowie eine Wohnmöglichkeit durch die im Herkunftsstaat aufhältigen Familienmitglieder zur Verfügung stehen. Der Eintritt einer existenziellen Notlage im Rückkehrfall, der Zwangsarbeit bzw. Kinderarbeit der minderjährigen Beschwerdeführerinnen erfordern würde, ist demnach nicht zu befürchten.

Zwangsrekrutierung kommt den Feststellungen zufolge beim iranischen Militär nicht vor. Hinsichtlich allfälliger Rekrutierungen durch extremistische Gruppierungen ist lediglich anzumerken, dass die Beschwerdeführerinnen weiblichen Geschlechts und Volksschul- bzw. in naher Zukunft Kindergartenkinder sind, sodass ein allfälliges Interesse an ihrer jeweiligen Person als Kämpferinnen von Vornherein ausgeschlossen werden kann.

2.4.4. Zu den Länderinformationen:

Das Bundesverwaltungsgericht zog an Länderinformationen das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, heran. Diese Länderinformationen, die das Bundesverwaltungsgericht seinen Feststellungen als Beweismittel zugrunde gelegt hat, erscheinen schlüssig, richtig und vollständig; sie sind (unter Bedachtnahme auf die Personen der Beschwerdeführerinnen und ihr Vorbringen hinreichend) aktuell. Sie basieren auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen, unter anderem auf Berichten des Deutschen Auswärtigen Amtes, von Amnesty International, Human Rights Watch, des US Departement of State und der Österreichischen Botschaft Teheran.

Das Bundesverwaltungsgericht brachte den Eltern der Beschwerdeführerinnen die Länderinformationen zur Kenntnis (L527 2197557, OZ 6; L527 2197570, OZ 7) und räumte ihnen die Möglichkeit der Stellungnahme ein (L527 2197557, OZ 6, OZ 10, S 23; L527 2197570, OZ 7, OZ 10, S 40). Die Eltern der Beschwerdeführerinnen sind den Länderinformationen nicht entgegengetreten (L527 2197557, OZ 10, S 23; L527 2197570, OZ 10, S 40). Auf im Beschwerdeschriftsatz zitierte Länderinformationen zu Konvertiten und die daraus von den Beschwerdeführerinnen bzw. deren gesetzlichen Vertretern gezogenen Schlüsse ist infolge fehlender Entscheidungsrelevanz - die Beschwerdeführerinnen sind weder aus innerer Überzeugung konvertiert noch (aus Überzeugung) vom Islam abgefallen - nicht einzugehen. Der Vollständigkeit halber merkt das Bundesverwaltungsgericht dennoch an: Soweit die Beschwerdeführerinnen in der Beschwerde monieren, die Behörde hätte ihrer Ermittlungspflicht entsprechend weitere Erkenntnisquellen zur Situation von Konvertiten und Rückkehrern aus dem westlichen Ausland nach erfolgloser Asylantragstellung sowie zur Schutzfähigkeit des iranischen Staats, konkret den Jahresbericht zur Religionsfreiheit (Beobachtungszeitraum Jänner 2016 bis Februar 2017) der US Commission on Religious Freedom und zwei Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2015, einbringen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass sie nicht einmal ansatzweise aufzeigen, dass die von der belangten Behörde herangezogenen Länderinformationen in einem (verfahrensrelevanten) Widerspruch zum Inhalt dieses Berichts bzw. den in den auszugsweise zitierten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts angeführten Berichten stehen. Anzumerken ist ferner, dass, wie die Beschwerdeführerinnen bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst einräumten, den Ausführungen der belangten Behörde ohnedies das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Iran vom 12.05.2017 zugrunde liegt und die Beschwerdeführerinnen bzw. deren gesetzliche Vertreter auch nicht dargelegt haben, inwiefern dieses für die maßgeblichen Feststellungen im jeweils angefochtenen Bescheid und die Person der Beschwerdeführerinnen nicht mehr hinreichend aktuell (gewesen) wäre. Dass, wie der Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation in der Verhandlung (jeweils OZ 9, S 40) ausführte, der Abfall vom Islam im Iran strafbar sei, bis hin zu Todesstrafe, folgt sowohl aus den von der Behörde als auch den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 47) und wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht angezweifelt. Die Beschwerdeführerinnen und deren Eltern sind allerdings, wie das Bundesverwaltungsgericht in der vorliegenden Entscheidung und in den Entscheidungen vom heutigen Tag in den Verfahren zu den Zahlen L527 2197557-1 sowie L527 2197570-1 eingehend dargelegt hat, nicht vom Islam abgefallen und ein Abfall vom Islam

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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