Entscheidungsdatum
03.08.2020Norm
BDG 1979 §36Spruch
W122 2138855-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Kommando Landstreitkräfte (nunmehr: Kommando Streitkräfte) vom 27.11.2018, Zl. GZP790773/227-KdoLaSK/G1/2018(1), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Der durch Weisung vom 29.06.2016 für den Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX ausgesprochene Verzicht auf die Dienstausübung der Beschwerdeführerin war nicht rechtswidrig oder willkürlich. Es bestand die Pflicht zur Befolgung dieser Weisung.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Streitkräfteführungskommandos vom 14.03.2016 wurde die Beschwerdeführerin zu einer ärztlichen Untersuchung zwecks Überprüfung der Dienstfähigkeit gemäß § 52 Abs. 2 BDG 1979 vorgeladen. Den nachfolgenden Untersuchungen leistete die BF Folge. Am 29.06.2016 ordnete die Dienstbehörde unter Bezugnahme auf das neuropsychiatrische Gutachten des Sanitätszentrums an, dass die Beschwerdeführerin „unverzüglich nach Hause zu schicken ist, da die Dienstfähigkeit nicht gegeben ist.“
Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.07.2016 die „bescheidmäßige Ausfertigung der ‚Dienstfreistellung‘ laut Mitteilung vom 29.09.2016“.
Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass aus den übermittelten Unterlagen keine Rechtsgrundlage für die erfolgte Dienstfreistellung erkennbar sei, sohin von einer willkürlichen, bewusst rechtswidrigen Vorgangsweise der Behörde auszugehen sei. Zwecks Beendigung der gesetzwidrigen Dienstfreistellung werde die Dienstbehörde nochmals aufgefordert, die Dienstfreistellung der Beschwerdeführerin mit sofortiger Wirkung aufzuheben oder mit Bescheid ein legales, gesetzmäßiges Verfahren einzuleiten.
Mit Bescheid vom 09.06.2016 wurde der Antrag vom 07.07.2016 um bescheidmäßige Klärung gemäß §§ 1 und 3 DVG zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2017 (W106 2138855-1/4E) aufgehoben. Begründend angeführt wurde dabei im Wesentlichen:
„Die Bestimmung des § 52 BDG 1979 ermächtigt zur "Anordnung", sich ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen; eine solche Anordnung ist nach ständiger Rechtsprechung als Weisung zu qualifizieren (vgl. etwa VwGH 28.03.2007, 2006/12/0182; 12.12.2008, 2007/12/0047). Nichts anderes hat für die in Folge einer ärztlichen Untersuchung angeordnete Dienstfreistellung – wie im Beschwerdefall geschehen – zu gelten.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag hat die BF unzweifelhaft auch die Verletzung einfachgesetzlicher subjektiver Rechte, insbesondere solcher, die sich aus § 52 BDG 1979 ergeben könnten, behauptet und damit einen zulässigen Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Dienstfreistellungsverfügung gestellt, der meritorisch zu behandeln gewesen wäre. Eine alternative Möglichkeit zur Feststellung der Rechtmäßigkeit der angeordneten Dienstfreistellung ist nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang ist auf das auch im öffentlich-rechtlichen Dienstrecht verankerte Legalitätsprinzip hinzuweisen, auf Grund dessen dienstrechtliche Personalmaßnahmen nur unter Beachtung der gesetzlichen Grundlagen getroffen werden können (dazu etwa VwGH 28.05.1997, 97/12/0118; BerK 16.01.2003, GZ 143/8-BK/02).
Mit der Zurückweisung des Antrags wurde die BF daher in ihrem Recht auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der angeordneten Dienstfreistellung verletzt.“
2. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 27.11.2018 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 12.10.2017 stattgegeben. Eine Feststellung wurde nicht ausgesprochen. Begründend angeführt wurde unter Verweis auf gutachterliche Äußerungen, dass der Beschwerdeführerin keinerlei erwerbsmäßige Tätigkeiten zumutbar gewesen wären.
3. Mit der dagegen erhobenen Beschwerde vom 21.12.2018 beantragte die Beschwerdeführerin, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und die Beschwerdeführerin wieder als leitende Ärztin einsetzen und eine mündliche Verhandlung durchführen.
Die Beschwerdeführerin fügte 37 Beilagen zu verschiedenen straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren an.
Begründend führte sie im Wesentlichen an, dass ihr jegliche Überprüfungsmöglichkeit genommen worden wäre und der Dienstgeber Willkür geübt hätte. Es wären keine berechtigten Zweifel an der Dienstfähigkeit vorgelegen. Die Beschwerdeführerin hätte ihre dienstlichen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit ihres Dienstgebers erfüllt.
4. In einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.04.2019 gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass sie seit XXXX dienstzugeteilt wäre und disziplinarrechtlich von einem Bezirksgericht freigesprochen worden wäre. Es sei gutachterlich empfohlen worden, dass die Beschwerdeführerin an einer Dienststelle ohne Parteienverkehr weiterverwendet werden sollte. Auf Vorhalt wurde der Antrag der Beschwerdeführerin von Ihrer Rechtsvertretung näher erläutert.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde der oben angeführte Spruch verkündet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wird als Ärztin beim Österreichischen Bundesheer verwendet.
Die Beschwerdeführerin wurde nach einem Rausch an Grimassen, undefinierbaren Gestikulationen, von sich gebenden Geräuschen und Gebärden angewiesen, sich einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen. Nach Untersuchung vom 07.04.2016 war eine Arbeitsfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht gegeben. Mit Gutachten vom 21.12.2016 wurde der Beschwerdeführerin Eignung zu exakten und vorschriftsmäßigen Tätigkeiten attestiert, Arbeiten in einem Team war nur sehr eingeschränkt möglich.
Auf die Ausübung der Dienstleistung der Beschwerdeführerin wurde im Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX verzichtet. Die Beschwerdeführerin war während dieses Zeitraumes einem Arbeitsplatz der Stellungskommission zugewiesen. Dieser war mit Parteienkontakt verbunden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Bescheid, der Beschwerde und dem vorgelegten Verwaltungsakt. Die Feststellung hinsichtlich des Gutachtens vom 21.12.2016 sind dem Gutachten von XXXX entnommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 (BDG 1979) lauten auszugsweise wie folgt:
„Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.“
„Ärztliche Untersuchung
§ 52. (1) Bestehen berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen gesundheitlichen Eignung des Beamten, so hat sich dieser auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
(2) Der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte hat sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen.“
„Arbeitsplatz
§ 36. (1) Jeder Beamte, der nicht vom Dienst befreit oder enthoben ist, ist mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung seiner Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes zu betrauen.
(2) In den Geschäftseinteilungen der Dienststellen darf ein Arbeitsplatz nur für Aufgaben vorgesehen werden, die die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordern. Soweit nicht zwingende dienstliche Rücksichten entgegenstehen, dürfen auf einem Arbeitsplatz nur gleichwertige oder annähernd gleichwertige Aufgaben zusammengefaßt werden.
(3) Mit Zustimmung des Beamten und wenn er die Eignung hiefür aufweist, kann der Beamte zur Besorgung von Aufgaben herangezogen werden, die regelmäßig von Beamten einer höheren Besoldungs- oder Verwendungsgruppe oder einer höheren Funktionsgruppe, Dienstklasse, Dienstzulagengruppe oder Dienststufe oder von Beamten mit einer im § 8 Abs. 1 angeführten Leitungsfunktion ausgeübt werden, falls entsprechend eingestufte, für diese Verwendung geeignete Beamte nicht zur Verfügung stehen.
(4) Der Beamte ist verpflichtet, vorübergehend auch Aufgaben zu besorgen, die nicht zu den Dienstverrichtungen der betreffenden Einstufung und Verwendung gehören, wenn es im Interesse des Dienstes notwendig ist.“
Das Recht auf faktische Ausübung der Tätigkeit eines Beamten ist zu verneinen. (Verwaltungsgerichtshof, vom 27. September 2011 bzw. zur Frage des Bestehens eines subjektiven Rechtes einer Landeslehrerin auf Vollauslastung im Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl. 2011/12/0027 = VwSlg. 18.302 A/2011)
Zum Verzicht auf die Dienstleistung entschied der Verwaltungsgerichtshof folgendermaßen:
„Im Übrigen kann hier dahingestellt bleiben, ob ‚Willkür‘ im Verständnis der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch dann der Befolgungspflicht einer Weisung entgegen stehen könnte, wenn diese nicht die Rechtssphäre des Beamten, sondern auch den davon unberührten Rechtsvollzug betrifft, weil die von der Verwaltungsbehörde vertretene Auffassung, auf die Dienstleistung einer Landeslehrerin könne zulässigerweise ohne Angabe von Gründen verzichtet werden, auch vor dem Hintergrund der objektiven Rechtslage nicht gänzlich unvertretbar erscheint“, Verwaltungsgerichtshof, 25.03.2015, Ro 2014/12/0036
Eine Dienstfreistellung bedeutet dienstrechtlich, dass der (aus einem bestimmten Grund) Freigestellte gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist, also keinen Dienst verrichten muss. Eine solche Möglichkeit einer Dienstfreistellung ist dem BDG zwar nicht explizit zu entnehmen, aber die Dienstbehörde kann, wie oben ausgeführt auf die Dienstleistung eines Beamten verzichten. Bescheidförmigkeit ist für diese Verzichtserklärung nicht vorgesehen. Eine formlose Weisung genügt den Erfordernissen eines Verzichts auf die Dienstleistung.
Die oben zitierte Judikatur, wonach es sich beim Verzicht auf die Dienstausübung nicht um einen Eingriff in die Rechtssphäre des Beamten handelt, genügt bereits, um Willkür zu verneinen. Hinzu kommt jedoch im gegenständlichen Fall, dass die Beschwerdeführerin fachärztlich begründet – im Hinblick auf ihren Arbeitsplatz als ärztliche Leiterin der Stellungskommission, bei dem sie auch Teamfähigkeit unter Beweis zu stellen hatte – sowohl aufgrund des Gutachtens vom 28.06.2016 als auch auf Grund des Gutachtens vom 21.12.2016 und 05.01.2017 nicht als fähig angesehen werden konnte, ihren Stammarbeitsplatz in der Stellungskommission auszuüben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Rechtslage und Judikatur hinsichtlich des Verzichtes auf die Dienstleistung und hinsichtlich des Anspruchs auf einen Feststellungsbescheid zur Befolgungspflicht und Rechtswidrigkeit einer Weisung und hinsichtlich der Formlosigkeit von Weisungen sind eindeutig.
Schlagworte
ärztliche Untersuchung Befolgung einer Weisung Dienstausübung Dienstfähigkeit Dienstfreistellung Verzicht WeisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2138855.2.00Im RIS seit
21.01.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2021